Was machen für euch gute Freunde aus ?

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Senif
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Registriert: 23. Jul 2023, 21:42

Was machen für euch gute Freunde aus ?

Beitrag von Senif »

Hallo,

ich habe ein Problem mit "Freunden". Lange glaubte ich, ich hab wieder welche, nach Jahren der Isolation durch psychische Erkrankung. Wir lernten uns in der Klinik kennen und ich ignorierte mein Bauchgefühl 4 Jahre lang.
Am Ende wurden Freunde über den Tisch gezogen (respektive ich, weil ich viel Mitleid hatte und dann Geld geliehen habe, in der Annahme, dass sie sich was zu Essen kaufen - sie kauften wohl Drogen). Nach dem sie auch jemanden beklaut hatten, bin ich richtig vom Glauben abgefallen und hab die Freundschaft gekündigt. Ich fühlte mich belogen, betrogen und aufs derbste ausgenutzt.
Danach sind sie noch unverschämt geworden.
Das ist die Vorgeschichte.
Aus diesem Freundeskreis gibt es noch jemanden, wo es aber vorher auch schon gekriselt hat. Als es ihm zwischendurch besser ging, wurde er ungehalten und genervt von den anderen. Er redet auch sehr viel über das Vermögen anderer - kurz so Sozialneiddiskussionen mit denen ich nicht viel anfangen kann. Mir ist es egal, was mein Nachbar für ein Auto fährt. Einmal meinte er, er hat den Gedanken, dass ich ihn daran hindere, vorwärts zu kommen. Das fand ich echt krass - muss dazu sagen Psychose. Dann wieder möchte er mein Wissen zu einem Thema anzapfen - und ich fühle mich ein weiteres mal ausgenutzt. Anfänglich habe ich versucht Wissen zu vermitteln, aber mir fehlt dazu auch die Kraft und wenn ich was wissen will, recherchiere ich. Warum können das andere nicht ?
Ich merke, wie ich immer mehr auf Abstand gegangen bin, weil vieles mir ein ungutes Gefühl bereitet.
Jetzt, wo mein Kleiner gestorben ist, hab ich überhaupt keine Ambitionen mehr Kontakt aufzubauen. Ich vermeide den Kontakt regelrecht.
Ich glaube, ich habe mich in eine andere Richtung entwickelt. Früher hatte man eine Gemeinsamkeit: die Klinik und die psychische Erkrankung.
Mein Wunsch gesunde Beziehungen zu führen ist nach all den Erfahrungen irgendwie größer geworden.
Trotzdem denke ich dann manchmal, ich kann doch nicht einfach den Kontakt abbrechen. Mein Impuls geht aber dahin.
Wie oft habe ich früher mein Bauchgefühl ignoriert - weil ich auch oft dachte, ich bin ein schlechter Mensch, wenn ich dieses und jenes mache. In Wirklichkeit hab ich mir irgendwie immer geschadet damit.

Eigentlich ist mein Wunsch, den Kontakt zu meinen Sportkollegen zu intensivieren. Weil ich da ein besseres Gefühl habe. Wenn ich es mir recht überlege, ist mir an Freundschaften wichtig:

- Gemeinsamkeiten - wie Unternehmenslust, Bewegung etc....
- nicht ausgenutzt werden
- auch mal zuhören
- aber auch eine ehrliche Meinung, auch wenn es manchmal weh tut - Authentizität
- Emotionalität ist mir auch noch wichtig .... also nicht einfach bloß die platonische Frage, wie geht's etc... wisst ihr was ich meine ?

Was ist euch denn wichtig ?

Ich hadere noch sehr mit mir, einen Kontaktabbruch - innerlich bin ich grad total blockiert, wieder Kontakt aufzunehmen. Es fühlt sich für mich einfach nicht richtig an. Seit 2 Wochen schon denke ich oft an dieses Thema und es hängt irgendwie in der Luft.

Was würdet ihr machen ?

Ich bin eigentlich auch ein Mensch, der sagt, lieber keine Freundschaft, als eine schlechte Freundschaft.

Danke und LG Senif :hello:
Katerle
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Registriert: 25. Sep 2014, 10:30

Re: Was machen für euch gute Freunde aus ?

Beitrag von Katerle »

Hallo Senif,

eine gute Freundschaft bedeutet für mich, Vertrauen zu einander haben und in guten, sowie in schwierigen Zeiten auch füreinander dazusein, Ehrlichkeit und Offenheit, mitfühlend sein.

Wenn du kein gutes Gefühl hast bei ner Freundschaft, könntest du abbrechen oder auf Abstand gehen und dich mit Leuten umgeben, die dir guttun, wie eben mit deiner Sportgruppe, in der du dich ja wohlfühlst.

Liebe Grüße
Katerle
Niri
Beiträge: 288
Registriert: 21. Mai 2022, 12:26

Re: Was machen für euch gute Freunde aus ?

Beitrag von Niri »

Vertrauen, füreinander da sein und den anderen mögen. Sich für ihn interessieren, (wirlkich) wissen wollen wie es ihm geht, was, wie und warum er (so) denkt.

Ausgenutzt werden geht für mich gar nicht, da würd ich mich unbedingt abgrenzen. Klar sollte man auch mal nachsichtig sein und verzeihen können, aber da würd ich immer auf mein Gefühl hören.
Freundschaften unterliegen halt auch einem Wandel, wie alle menschlichen Beziehungen un das Leben insgesamt.
Nix bleibt wie es ist.
Bei mir haben sich Freundschaften meistens eher "ausgeschlichen" und manche wurden auch schon (z.T. nach Jahrzehnten) "wiederbelebt" .
Bei mir heißt Freundschaft auch nicht ständig Kontakt zu haben, da wiederum braucht es Freunde, die mit mir nachsichtig sind....

Hör auf dein Gefühl, liebe Senif, und hab Kontakt zu Menschen wo es dir Spaß macht, wo es dir gut tut und vielleicht werden dann Freundschaften draus.

Liebe Grüße an alle
Niri
Senif
Beiträge: 1307
Registriert: 23. Jul 2023, 21:42

Re: Was machen für euch gute Freunde aus ?

Beitrag von Senif »

Hallo, danke.

Ja, das Thema Grenzen setzen war schon früher auch irgendwie ein Thema von mir. Momentan hab ich einfach keine Motivation den Kontakt zu halten. Sicher verstärkt auch durch den Tod meines kleinen Lieblings (Kater).
Auch keine Kraft hab ich momentan, einen Konflikt auszutragen, so dass ich den am Liebsten vermeiden möchte, in dem ich einfach den Kontakt abblocke. Auf der anderen Seite möchte ich natürlich der ehrlichkeitshalber ihm sagen, was Sache ist. Wird ihn mit Sicherheit verletzen. Allerdings denke ich, dass er den Kontakt nicht aus emotionalen Gründen halten will, sondern weil er mein Wissen für ein gemeinsames Projekt (was noch nicht gestartet ist) haben will. Ich hab ihn nie daran gehindert, was zu machen, weshalb schon so eine Aussage, ich würde ihn daran hindern, vorwärts zu kommen krass ist, finde ich irgendwie.
Ich bin mir unschlüssig, wie weiter verfahren.
Durch den neuen Job, welcher bei mir die Priorität 1 hat, möchte ich auch ungern Zeit in eine Bekanntschaft investieren, die vielleicht nie eine richtige Freundschaft war (so wie ich mir das vorstelle), sondern nur darauf beruhte, dass wir eine gemeinsame Klinikerfahrung haben.

Denke ich zu kompliziert ?

LG Senif
Luna1959
Beiträge: 679
Registriert: 20. Mai 2015, 17:35

Re: Was machen für euch gute Freunde aus ?

Beitrag von Luna1959 »

Hallo Senif,
ich finde nicht, dass du kompliziert denkst, du drückst alles ganz klar aus.

Freundschaften zwischen Menschen mit Depressionen können manchmal sehr schwierig sein. Einerseits hat man zwar Verständnis füreinander, andrerseits sind wir dadurch auch empfindsamer, verletzlicher und ich glaube, man triggert sich eher.
So wie du den letzten Freund aus dieser Gruppe beschreibst, empfinde ich ihn als ziemlich ambivalent. Einerseits meint er, du würdest ihn in seiner Entwicklung behindern, andrerseits braucht er dein Wissen. Kommst du in Gesprächen überhaupt vor, bzw. hast du Raum bei Treffen?
So ambivalente Freunde täten mir nicht gut.

Seit meine Freundin (auch schwierigste Kindheit) mir nach langjährige Freundschaft per SMS die Freundschaft gekündigt hat, ohne weitere Auseinandersetzung bin ich sehr vorsichtig. Muss sogar sagen, dass ich heute fühle, dass ich zu oft geschwiegen habe, wenn mir was eigenartig vorkam, um die Freundschaft ja nicht zu gefährden.
Ich kann momentan auch nicht sagen, dass mir eine Freundschaft fehlt. Ich habe gute, aber nicht allzu tief gehende Kontakte, die mir sehr gut tun. Tiefergehendes bespreche ich nur mit meiner Therapeutin.

Nachdem dir dein Bauchgefühl schon länger signalisiert, dass du dich in der Beziehung unwohl fühlst, solltest du vielleicht drauf hören. Die Idee, mehr auf die Kontakte bei deinem Sport bzw. in der Arbeit zu setzen finde ich gut.

Ich bin sicher, du wirst für dich zur richtigen Entscheidung kommen. Alles Gute Luna
Die Vernunft empfiehlt immer das, was andere gerne möchten.
Senif
Beiträge: 1307
Registriert: 23. Jul 2023, 21:42

Re: Was machen für euch gute Freunde aus ?

Beitrag von Senif »

Hallo Luna,

ich glaube, das ist bei ihm keine Ambivalenz. Meine Vermutung geht dahin, dass er sich geärgert hat, dass ich bei dem Projekt mich zurückgehalten habe und er wohl davon ausging, dass ich ihm alles auf dem Silbertablett serviere. Und ich hab das aber nicht eingesehen und wollte mehr Eigeninitiative. Deshalb die Aussage, ich würde ihn daran hindern vorwärts zu kommen. Ich habe ihn nie gehindert, was zu machen und ich bin ja auch nicht sein Mentor. Deshalb auch die Aussage, er will mein Wissen anzapfen. Beides ist eigentlich das selbe.
Ich halte es mittlerweile nicht mehr für gut, wenn 2 Menschen in Beziehung krank sind und die kranken Anteile voll mit in die Beziehung nehmen. Das glich in der Vergangenheit bei mir oft einer emotionalen Achterbahnfahrt. Und die tut mir nicht gut. Ich hatte all die Jahre wirklich viel Geduld, aber nun will ich diese Geduld nicht mehr aufbringen. Deshalb ist auch der Wunsch nach gesunden Beziehungen so stark geworden.
Das sind auch meine Bedenken be iSelbsthilfegruppen. Ich hätte da viel zu viel Angst, dass sich gegenseitig im Elend bestätigt wird, und die Menschen dadurch dann drin stecken bleiben. Aber viele sagen auch, dass ihnen eine SHG gut tut. Vielleicht bin ich in meiner Einstellung da auch schief gewickelt.

Ein Freundschaftsabbruch bedeutet ja nicht gleich, dass der Andere schlecht ist. Es bedeutet, dass es nicht (mehr) passt. Es ist wie Niri gesagt hat, Beziehungen verändern sich. Und ich hab meine Prioritäten anders aufgestellt. An erster Stelle steht der Job, an 2. meine Weiterbildung, an 3. Stelle kommt mein Sport und meine Sportkollegen usw..... und dann bin ich eigentlich fast schon ausgebucht.
Ich kann momentan auch nicht sagen, dass mir eine Freundschaft fehlt. Ich habe gute, aber nicht allzu tief gehende Kontakte, die mir sehr gut tun.
Darauf wird es bei mir auch hinauslaufen. Außer, dass mit der Therapeutin. Da will ich die Thera durch jemand ersetzen, wo das keine professionelle Beziehungsebene ist. Da ja auch die Therapie irgendwann zu Ende geht.

Ich denke, eins ist klar. Ich werde den Kontakt zu ihm nicht weiter führen. Die Frage ist eigentlich nur noch, wie beende ich es.

Ich danke euch für euer Antworten.

LG Senif :hello:
Katerle
Beiträge: 11265
Registriert: 25. Sep 2014, 10:30

Re: Was machen für euch gute Freunde aus ?

Beitrag von Katerle »

Hallo Senif,

mir ging es da auch eher wie Niri, dass sich manche Freundschaften nach Jahren wiederbelebt hatten. Ganz ohne Freundschaften war ich aber nie, zum Glück. Als ich damals krank wurde, hatte ich auch noch Freundschaften. Nur die Leute waren halt alle noch in Arbeit und da hatten sie leider wenig Zeit für mich. Doch abgebrochen hatten wir nie. Habe heute noch ein paar langjährige Freundschaften und wir treffen uns auch bald mal wieder, worauf ich mich auch sehr freue.
Allerdings war ich auch über zwei Freundschaften traurig, weil ich da eher den Anfang machte und kaum was zurück kam und wir uns nun länger nicht mehr gesehen hatten. Es könnte sich aber auch wieder zum Positiven entwickeln, mal schauen. Ansonsten habe ich auch zwei neue Freundinnen hinzugewonnen und sogar eine in meiner Nähe. :)

LG Katerle
Lilofee62
Beiträge: 127
Registriert: 12. Feb 2021, 13:15

Re: Was machen für euch gute Freunde aus ?

Beitrag von Lilofee62 »

Hallo Senif,

Was macht gut Freunde aus? Sie nutzen nicht aus, sondern sind auch in schweren Zeiten für einander da.

Ein Freundschaftsabruch kann etwas positives sein. Auch ich musste vor einigen Jahren einsehen, daß der damalige Freundeskreis mir nicht gut tat. Viele Jahre war dieser Kreis wichtig für mich, bis ich feststellen musste, dass es wenn die Probleme meiner Familie zur Sprache kamen, sich umgedreht wurde oder darüber gesprochen wurde wenn ich nicht dabei war. Und dass nicht immer mitfühlend.
Das ich noch Jahre nach dem Tod meines Babys Trauerphasen hatte stieß auf wenig Verständnis.
Diese Freundschaft hab ich dann beendet und muss sagen, es war richtig. Es hat mich befreit.

Ich wünsche dir viel Kraft.
Liebe Grüße Lilofee
Senif
Beiträge: 1307
Registriert: 23. Jul 2023, 21:42

Re: Was machen für euch gute Freunde aus ?

Beitrag von Senif »

Hallo,
Sie nutzen nicht aus, sondern sind auch in schweren Zeiten für einander da.
Das mit dem Ausnutzen unterschreibe ich sofort. Was die schweren Zeiten angeht, bin ich noch am Rudern. Ich hatte das früher auch so gedacht - damals hab ich aber auch meine Grenzen total ignoriert. Wie bei meinen Drogenfreunden. Ich war eigentlich immer da gewesen zur Krisenintervention etc.... aber niemals wurde auch nur einmal gefragt, wie es mir damit geht. Klar hatten sie jetzt zum Schluss eine schwere Zeit, aber bei mir war dann sowas von eine rote Linie überschritten, dass ich die Freundschaft beendet habe. Geld klauen bei der eigenen Mutter, Freunde über den Tisch ziehen und dann hinter her noch unverschämt werden geht gar nicht. Bei dem Geld klauen bin ich wirklich vom Glauben abgefallen.

Und hier hab ich auch erkannt, dass ich Grenzen habe. Ich bin ja auch ein Mensch mit Gefühlen, auf denen man nicht einfach rumtrampeln kann.Die ganze Geschichte hat mich gelehrt, dass ich Grenzen habe und es immer eine schlechte Idee ist, diese zu ignorieren. Ein ungutes Gefühl ist manchmal noch da, wenn ich meine Grenzen achte und dafür vielleicht jemanden vor den Kopf stoße. Und ich muss mir dann auch sagen, es ist ok, wenn ich meine Grenzen verteidige.

Als ich so schwer krank war, haben auch Menschen Grenzen gezogen mir gegenüber. Und heute kann ich das absolut verstehen.

In meinen schweren Krankheitszeiten war ich total isoliert - hab das aber selbst so forciert. Selbstgemachtes Leid eben.

LG Senif :hello:
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