step by step - Depression als Chance?

susan
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Re: step by step - Depression als Chance?

Beitrag von susan »

Liebe Martina,

dein Hausarzt scheint eine richtige Perle zu sein Schön, dass er sich so um dich sorgt und dass er weiss, was du jetzt am nötigsten brauchst. Sicher hast du Recht, dass es jetzt keinen Sinn machen würde, in der VT in die Verlängerung zu gehen, hatte nur daran gedacht, um evtl. Lücken zu überbrücken. Aber so wie es aussieht, ist ja alles im Fluss und das lässt hoffen. Gestaltungstherapie kann viel bewegen, jedenfalls habe ich das in der Klinik so erlebt. Da, wo Worte fehlen, kann sie wahre Wunder vollbringen. Jedenfalls ist es eine gute Möglichkeit, die eigenen Gefühle und Empfindungen nach außen zu transportieren. Hast du bereits Erfahrungen damit gemacht oder ist es Neuland für dich?

Die Therapeutensuche ist sicher nicht einfach, aber du hast ja schon einen guten Anfang gemacht und so wird auch der Rest gelingen - da bin ich zuversichtlich!

Ich bin in Bezug auf die Zusammenarbeit Arzt - Therapeut einen Schritt vorangekommen - mein Therapeut hat mir zugesagt, sich mit meiner Ärztin in Verbindung zu setzen. Finde ich gut, denn mir liegt viel daran, dass der eine weiss, was der andere tut, vor allem, dass es ein Miteinander wird, von dem ich profitiere. Was bringt es, wenn sie aneinandervorbeitherapieren, am Ende trifft es immer mich und da werde ich am Ball bleiben, um das für mich beste daraus zu machen.

Ansonsten habe ich das Gefühl, dass die letzten Therapiestunden ohne jeglichen Druck seinerseits gelaufen sind. Ihm ist wichtig - und mir natürlich auch, dass ich die Urlaubszeit durchstehe und das so stabil wie möglich. So ging es auch gestern um evtl. Krisenintervention, an wen wende ich mich im Notfall usw. Ich fühle mich gut damit, dass er sich auch Gedanken darum macht und seine Hinweise kann ich gut gebrauchen.

Liebe Martina, gutes Gelingen für all deine Vorhaben - mögen die 4 Stützpfeiler dich tragen und dir den nötigen Halt bieten - freue mich, zu hören, wie es weitergeht bei dir



Liebe Heike,
herzlichen Dank für deinen Beitrag. Auch wenn sich alte Muster und Denkweisen immer wieder einschleichen, so bist du sicher auf einem guten Weg, damit umzugehen. Es ist schon viel, das so zu erkennen und es zu akzeptieren. Sicher fällt es nicht leicht, solche immerwiederkehrenden Tiefs auszuhalten. Was bleibt, ist die Hoffnung, dass die Intensität und die Dauer dieser Depriphasen abnehmen kann.

Was den Absturz während meines Urlaubes angeht, so ist die ungewohnte Ruhe sicher ein wichtiger Aspekt, aber allein das war es nicht. Ich fühlte mich auf andere Art und Weise unter Druck gesetzt und konnte allein nicht damit klarkommen. Es war auch die Angst, mit dem Ungewohnten nicht fertig zu werden - da kam vieles zusammen. Hinterher habe ich mir auch überlegt, ob es nicht zu "mutig" war, diese Reise anzutreten - meine Schwierigkeiten damit waren mir immerhin bekannt Doch mein Therapeut hat mich darin bestärkt, dass es die richtige Entscheidung war und er hat mir Mut gemacht für's nächste Mal.

Euch allen liebe Grüße und einen guten Start ins Wochenende!

Susan



Bellasus
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Re: step by step - Depression als Chance?

Beitrag von Bellasus »

Ihr Lieben!

Mir gehen so viele Gedanken zu euren Postings durch den Kopf - ich sollte doch immer gleich antworten, dann ist es nicht so viel auf einmal Ich versuchs einfach mal.

@Lee:
>>>jedem Unglück eine gute Seite abzugewinnen<<<
Das ist so ziemlich der allerwichtigste Halt, den ich habe und der mich weitermachen läßt. Es gab Zeiten letztes Jahr, wo ich nicht mehr dran geglaubt habe, aber eigentlich bin ich fest überzeugt, dass das Ganze für irgendetwas gut ist, dass es mich - uns - in irgendeiner Form weiterbringt, und Möglichkeiten eröffnet, die sonst uns sonst verschlossen geblieben wären. Ich habe so meine Hoffnungen, was ich durch diese schlimmen ERfahrungen und die Auseinandersetzung mit mir vielleicht irgendwann mal besser hinbekomme als früher: im Wesentlichen Beziehungen und Berufstätigkeit. Vielleicht ist aber auch etwas ganz anderes, vielleicht führt mich mein Weg irgendwo hin, wovon ich heute noch keinerlei Ahnung habe. Vielleicht auch nicht, vielleicht klappt weiterhin nichts. Auf jeden Fall sind aber 20 Jahre, in denen es mir mehr oder wenig schlecht ging und ich mit meinem Leben nicht zurechtkam, endlich vorbei. SO wird es nie wieder werden, und da bin ich mehr als froh drüber.

Du hast dich vermutlich auch noch nie in deinem Leben so intensiv mit dir auseinandergesetzt? Ich bin immer wieder fasziniert, wie klar und strukturiert du denkst und schreibst. Vielleicht bist du wirklich in der Lage, dir deine Heilung (oder zumindest Linderung) selber zu erarbeiten, und deine Theras sind so "nett", dir das durch ihr unmögliches Verhalten zu ermöglichen? Hättest du jemanden, bei dem du dich sicher fühlen würdest, der gut auf dich aufpassen würde, vielleicht würdest du überhaupt nicht gefordert werden und deine Stärken blieben verbuddelt? Ich weiß, wenn man sich einfach nur Sch... fühlt und dann gesagt bekommt, dass man stark ist, ist ganz furchtbar, aber ich mußte mir das von dir auch schon anhören Und ich bin mir auch (zu ca. 99,7%) sicher, dass ich immer die Kraft haben werde, nicht unterzugehen, aber sie ist eben viel zu oft nicht zu spüren. Vielleicht geht es dir ähnlich.

Mein Profil mache ich gleich auf, wenn du magst schreib mir auch mal eine mail. Ich warne dich aber lieber gleich, e-mail-Austausch ist nicht so mein Ding, irgendwie ist es mir zu verpflichtend. Finde ich selber schade, aber so fühle ich es.

Ich freue mich sehr, dass du wieder hier bist, ganz liebe Grüße von
Annette


@Susan:
In deinem Beitrag von heute vormittag kann ich mich an einigen Stellen gut wiederfinden, insbesondere die Frage nach dem Beschäftigen mit alten Traumata oder sich auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren. Ich trenne hier eigentlich die Depression von den Traumata. Letztere stürzen mich immer wieder in Krisen, manches braucht nur erwähnt zu werden und hat schon Folgen. Hierbei spielt sicher meine PS eine große Rolle, dass ich immer und immer wieder so reagiere wie ein Kind, das Angst vor dem Verlassenwerden hat, am liebsten im Arm gehalten und nicht für sich selbst sorgen möchte. Ich rutsche dann sozusagen in die Identität meines inneren Kindes und verlasse das Heute. Da wieder rauszukommen ist immer wie ein Auftauchen aus einer anderen Zeit. Da paßt meine Thera also auf, dass das möglichst nicht passiert und verhindert bei solchen Themen energisch zu viel Tiefe. Letzte Woche die Krise kam dann trotzdem nach der Stunde, es ging um meine Fortschritte, die mir Angst machen (=Angst vor Verantwortung für mich zu übernehmen) und Trennungen- habe jetzt schon Angst vor dem Therapieende, was noch rd. 50 Stunden entfernt ist... Da kam dann ein Crash, noch bei ihr im Haus war ich plötzlich unfähig, auch nur einen Schritt weiterzugehen, bin an die Wand gelehnt völlig benommen klebengeblieben. Sie hatte glücklicherweise noch Zeit und hat mir geholfen, wieder auf die Beine zu kommen.
Mit der Depression alleine kann ich erheblich besser umgehen (als es ganz schlimm war letztes Jahr allerdings auch nicht), dann quälen mich wenigstens nicht diese wahnsinnigen Ängste und das Gefühl, jegliche Sicherheit zu verlieren.

Susan, gut dass dein Thera dir hilft, dich auf die therapielose Zeit einzustellen. Diese Hilfe habe ich auch von meiner Thera, und eigentlich finde ich auch, dass das dazugehört, oder nicht? Was man so liest, ist das anscheinend aber nicht selbstverständlich.
Dass dir eine Zusammenarbeit zwischen Arzt u. Thera wichtig ist, verstehe ich auch sehr gut, du fühlst dich dann bestimmt noch sicherer und nicht noch mit der Vermittlerrolle belastet. Schön, dass er sich dazu bereiterklärt hat.

Wenn die letzten Stunden ohne Druck waren, ist das vielleicht auch ein Zeichen, dass du mal eine etwas ruhigere Zeit gebrauchen könntest, es kann ja nicht immerzu im gleichen Tempo weitergehen, irgendwann muß man ja auch mal verdauen (wie die Mukuhs alles noch mal gründlich durchkauen ).

Dir, Heike, Martina und allen Lesern ein schönes Wochenende mit vielen Sonnenstrahlen zum Speichern für schlechtere Zeiten

Annette




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Lee
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Re: step by step - Depression als Chance?

Beitrag von Lee »

häslein
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Re: step by step - Depression als Chance?

Beitrag von häslein »

Hallo, ihr Lieben,

ich bin's mal wieder. Ich habe noch einen interessanten Text zum Thema "Chance" gefunden. Ich hoffe sehr, daß genau dieser Mechanismus des Aussteigens aus der Vergangenheit endlich mit der neuen Therapie einsetzt. Nächste Woche habe ich ein Erstgespräch... hoffentlich dauert das alles nicht zu lange, seit gestern geht es mir nämlich ziemlich bescheiden. Nun habe ich die Medis hochgefahren, was zur Folge hat, daß ich schlaff herumhänge (nichts bleibt einem erspart, seufz). Kann mir jemand kühle Luft aus dem Norden schicken? Hier herrscht immer noch keine Abkühlung, trotz Regengüssen. Die Hitze macht mir zusätzlich zu schaffen.

Ich wünsche euch ein schönes Wochenende,
liebe Grüße, Martina.

Textquelle: www.denkepositiv.com

Depression - eine Zeitkrankheit?

Wenn davon gesprochen wird, dass die Depression eine Zeitkrankheit ist - was ist damit gemeint? Ein kurzer Blick auf Krankheitsbild und Hintergrund verdeutlicht dies.

Depression als Fähigkeit

Bei Depression handelt es sich zunächst um eine psychische Krankheit, keine Geisteskrankheit. Ein Mensch, der an einer Depression erkrankt, wird nicht "irre" oder "verrückt". Neuere wissenschaftliche Untersuchungen belegen, dass eine in ihren Grundlagen intakte Hirnfunktion und ein "normales" soziales Umfeld geradezu die Voraussetzungen zur Entwicklung einer Depression sein können. Man weiß heute, dass eine Depression sogar als eine besondere Fähigkeit gewertet werden muss. Sie stellt eine Möglichkeit dar, auf belastende Situationen zu reagieren, als Schutzreaktion, die dann eine Bremswirkung ausübt und zur Sicherung beiträgt, wenn der äußere Schutz verloren geht.

Depression als Reaktion

Der Depressive nimmt schon die kleinste Lebensanforderung als Bedrohung wahr. Er ist mit seinen Kräften so am Ende, dass er sich nur noch abschotten kann. Der Schweizer Psychiater Dr. Raymond Battegay sieht in Angst, Panik und Depression drei abgestuft wirksame Reaktionen, um auf existentielle Bedrohung zu reagieren. Nach seiner Erfahrung wird eine Depression erst ausgelöst, wenn Angst- und Panikreaktionen als Schutzschilde nicht mehr ausreichen.
Diese Erklärung der Depression als Abwehrmechanismus in hoffnungslosen Situationen wird durch die Erfahrung des amerikanischen Arztes und Psychotherapeuten Alexander Lowen sehr gut ergänzt. Er stellte bei seinen depressiven Patienten die Tendenz fest, dass sie in ihren Gedanken immer wieder in die Vergangenheit gehen. Patienten, die z.B. in ihrer Kindheit von einem Elternteil Ablehnung erfahren hatten, hielten das Erlebnis der Ablehnung dadurch lebendig, dass sie sich selbst ständig ablehnten. So wurden die Verletzungen der Vergangenheit fortgesetzt, die Bedrohung hielt weiter an und konnte auch nicht abgewehrt werden, weil die Patienten die Verletzung der Vergangenheit in der Gegenwart immer wieder durchspielten und sie so nicht überwinden.

Depression als Zeitkrankheit

Wenn ein Mensch in der Vergangenheit eine Verletzung erlebt hat, projiziert er in seine Vorstellung von der Zukunft hinein, dass sie das Erleben seiner Vergangenheit umkehren soll. Am konkreten Beispiel: Ein Kind erfuhr von seinen Eltern Ablehnung. Die Zukunft stellt es sich so vor, dass es Bestätigung und Angenommensein erfährt. In seinen Phantasien und Tagträumen versucht dieser Mensch, seine ungünstige und unannehmbare Vergangenheit dadurch umzukehren, dass er sich eine Zukunft schafft, die ihn aufwertet. Diese Träume können aber vor allem deshalb nicht in Erfüllung gehen, weil er die Vergangenheit, in der er diese Verletzung erlitten hat, fortsetzt, indem er sich selbst ablehnt und sich als unwert erachtet. Lowen beschreibt seine depressiven Patienten als Menschen, die in einer Falle aus Vergangenheit und Zukunft sitzen und einen Weg in die Wirklichkeit finden müssen.
Dadurch erscheint die Depression als Zeitkrankheit im wörtlichen Sinne. Der Depressive krankt an einer Wahrnehmung, in der es nur noch Vergangenheit und Zukunft gibt. Seine Depression äußert sich als ein erstarrtes Verweilen zwischen der Zeit, das ihn zu einer inneren Suche nach seinem Wert und nach seiner persönlichen Lebensorientierung zwingt. Er kann und wird sich seiner Umgebung erst wieder öffnen, nachdem er für sich und sein Leben einen eigenen Wert und Sinn gefunden hat und so seine Verletzung und die mit ihr noch immer verbundene Bedrohung in der Gegenwart wirklich überwinden kann.
paradiddler
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Re: step by step - Depression als Chance?

Beitrag von paradiddler »

Nur kurz:
Der Text ist der Hammer!


---

Der Kampf gegen den Gipfel vermag ein Menschenherz auszufüllen. Wir müssen uns Sisyphos als einen glücklichen Menschen vorstellen.
Bellasus
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Re: step by step - Depression als Chance?

Beitrag von Bellasus »

Liebe Martina,

danke für diesen Text und die denkepositiv-Seite. Der Text spricht mich ziemlich an, besonders der Satz "Der Depressive krankt an einer Wahrnehmung, in der es nur noch Vergangenheit und Zukunft gibt."
Eben habe ich mir die anderen Texte von der Seite kopiert, werde mich damit mal in Ruhe beschäftigen.

Für das Gespräch drücke ich dir die Daumen, dass es "paßt".

Liebe Grüße
Annette




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malin
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Re: step by step - Depression als Chance?

Beitrag von malin »

Hallo!
Ich lese hier im Thread immer wieder mal mit und hoffe es ist ok, wenn ich mich heute mal "einmische"...?
Mich trifft der Satz bzw. die Überlegung, daß die Krankheit einen Sinn hat, den Sinn, daß man sich dadurch weiterentwickelt und andere Einstellungen dem Leben gegenüber gewinnt...
Theoretisch weiß ich, daß diese Sichtweise gut ist und irgendwo auch richtig, ABER
im Moment denke ich manchmal, daß mir der Preis dafür viel zu hoch ist...?
Sicher, ich bin ein anderer Mensch geworden und habe mich anders entwickelt, als es ohne die Krankheit gewesen wäre...aber ist es das wert???
Die Frage kann ich mir zur Zeit nicht beantworten...
Liebe Grüße
Nele
Bellasus
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Re: step by step - Depression als Chance?

Beitrag von Bellasus »

Liebe Nele,

klar bist du hier willkommen

Also ich beantworte deine Frage ganz klar mit JA. Aus dem Grund, dass der akute Zusammenbruch mit anschließender schwerer Depression einen 20 Jahre andauernden Kampf mit dem Leben beendet hat. Da sollte ich meinem Innersten wohl dankbar sein, dass es so reagiert hat, dass mir die Chance bleibt, etwas zu verändern. Es hätte ja auch etwas anderes passieren können, als meine absolute Grenze erreicht war, wo es dann kein Nachher mehr gegeben hätte. Dass ich zumindest die letzten 10 Jahre nicht auf die ganzen Warnzeichen gehört und mich nicht als krank, sondern unfähig betrachtet habe, dafür kann ja die Depression nichts.

Ich denke, ob es einem das ganze Leid wert ist, kommt sehr auf die Umstände und das Leben vorher an, aus dem man herausgerissen wurde. Trifft dich aus heiterem Himmel eine endogene Depression, bist du dieser sicher nicht sehr dankbar für ihre ungefragte "Hilfe", dein Leben zu verändern, dass eigentlich ganz in Ordnung war.

Nun quäl dich bitte nicht, wenn du darin erstmal nichts positives siehst ist es doch auch ok. Oft erkennt man ja auch erst viel später, wozu etwas gut war.

Nun muß ich in die Heia und wünsche allen eine gute Nacht und einen brauchbaren Montag.

Liebe Grüße
Annette




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malin
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Re: step by step - Depression als Chance?

Beitrag von malin »

hm...ich kann das im Moment gar nicht klar beantworten, ob es das alles wert ist...
Was, wenn ich in der Depression keinen Sinn finde? Außer dem Sinn, daß sie mich schützt, wenn zuviel in meinem Leben passiert...
Aber einen "höheren" Sinn?
Ich war vorher ziemlich glücklich (natürlich nicht durchgehend, aber ich hatte meinen Beruf gefunden, meine Musik als Ausdrucksmöglichkeit, Freunde, einen Ehemann, den Kinderwunsch, ich war gesund...) und da ich davor auch schon mal ernsthaft krank gewesen war, wußte ich auch um die Schattenseiten und darum, daß Glück nicht selbstverständlich ist...es war damals schon alles "hart erarbeitet"...
Aber nun??
Fange ich wieder von vorne an??
Welche Weisheiten kann ich aus dieser Depression ziehen??
Neu ist daran nur die Erkenntnis, wie es ist, wenn ich nicht mehr leben kann...das ist das einzige, was bisher nicht vorkam...und was mache ich nun damit???

In welche Richtung wird mich die Depression verändern? In eine, in die ich gar nicht will??
ich kann nicht mehr dahin zurück, wo ich mal war und ich habe das Gefühl, daß diese Krankheit viel mehr Narben hinterläßt als alles andere vorher...wohin geht diese Reise nur???
Liebe Grüße
Nele
susan
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Re: step by step - Depression als Chance?

Beitrag von susan »

Liebe Martina,
der Text gefällt mir - danke dafür

Es freut mich, dass du schon bald ein Erstgespräch hast und ich drück' dir die Daumen, dass die Chemie stimmt und du somit nicht allzu lange nach dem "Richtigen" suchen musst.

Deine Entscheidung, die Medis erst mal zu erhöhen, war sicher richtig, auch wenn du dich körperlich schlapp fühlst, so kannst du doch eine gewisse Stabilität erreichen, die für die nächste Zeit erforderlich ist. Ich wünsch' dir alles Gute!


Liebe Annette,
auch ich ertappe mich dabei, dass ich jetzt schon an's Therapieende denke, obwohl das noch gar kein Thema ist. Es ist wohl die Angst, diesen Halt zu verlieren und es vermischen sich alte Ängste mit aktuellen und so empfinde ich den Schmerz größer als er ist. Das geht mir im Alltag auch oft so, dass kleine Anlässe eine Lawine ins Rollen bringen, die nur schwer zu stoppen ist.

"Da wieder rauszukommen ist immer wie ein Auftauchen aus einer anderen Zeit."

Da scheint es uns ähnlich zu gehen. Es braucht Zeit, bis ich mir im Klaren darüber bin, dass jetzt so was wie ein Film abgelaufen ist und dass es die Vergangenheit war, die mich da wieder eingeholt hat. Wir haben in der Therapie darüber geredet, dass das Ziel ist, diese "Verknüpfungen" zu lösen, vergangenes und gegenwärtiges zu trennen und diese "Zeitreisen" zu beenden. Noch scheint dieses Ziel für mich weit entfernt und ich fühle mich dem mehr ausgeliefert als dem etwas entgegensetzen zu können, aber einen Funken Hoffnung habe ich schon, dass es besser werden könnte

Sicher ist es gut, dass deine Therapeutin mitbekommen hat, wie es dir nach der Stunde ging. Es ist doch ein Zeichen dafür, dass sie dich überfordert hat und in Zukunft achtsamer mit einigen Themen umgehen muss. Habt ihr nochmal darüber geredet?


Liebe Nele,
klar kannst du dich "einmischen"

"In welche Richtung wird mich die Depression verändern? In eine, in die ich gar nicht will??"

Das ist eine gute Frage. Ich denke nicht, dass die Veränderungen, die die Depression hervorruft, dich irgendwo hinführen, wo du es nicht willst. Es gibt eher Phasen der Orientierungslosigkeit und der Sinnsuche, wie du sie jetzt wahrscheinlich erlebst, die es schwer machen, dem ganzen Prozess positive Seiten abzugewinnen. Zudem halten wir an "Altem" auch dann fest, wenn es uns eher schadet, erst mal aus Gewohnheit und dann ist die Angst vor Neuem und vor allem die Ungewissheit, die diese Trennung mit sich bringt, zu gross, um loszulassen.

Ich weiss nicht, ob es für dich zutrifft, aber ich erlebe es so, dass mich die Depression nur dann zwingt, etwas zu verändern, wenn es mir nicht gut tut. Nicht immer sind diese Anzeichen offensichtlich und der "Gewinn" wird erst viel später sichtbar. So glaube ich, dass alles, was passiert und jedes Stopp des Körpers oder der Seele einen Sinn hat und es wichtig ist, darauf zu hören und es ernst zu nehmen.

Euch allen liebe Grüße
Susan


Lee
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Re: step by step - Depression als Chance?

Beitrag von Lee »

Lee
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Re: step by step - Depression als Chance?

Beitrag von Lee »

susan
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Re: step by step - Depression als Chance?

Beitrag von susan »

Hallo Lee,

danke für das Zitat... So erlebte ich es auch viele Jahre mit der Migräne. Sie kam immer dann ,wenn Ruhe angesagt war und ich mich eigentlich hätte erholen können - nach Stressituationen.

Nach anstrengenden Wochen war es am Wochenende besonders schlimm. Heute kann ich sagen, dass mir das weniger Probleme macht, die "schlechten" Tage sind weniger planbar und somit muss ich den Tag so nehmen wie er ist und das Beste draus machen.

Damit komme ich am besten zurecht - mein Umfeld - meine Familie, kommt damit nicht so gut klar. Planen ist angesagt, oft Jahre im Voraus - für mich ein Hindernis - so gibt es immer wieder Reibungspunkte, und es strengt ungeheuer an, an den eigenen Massstäben festzuhalten und nicht dem nachzugeben, was die anderen erwarten.

Habe ein paar Zeilen im Netz gefunden, die mich sehr angesprochen haben:


ICH BIN NICHT ICH.
Ich bin jener,
der an meiner Seite geht, ohne daß ich ihn erblicke,
den ich oft besuche,
und den ich oft vergesse.
Jener, der ruhig schweigt, wenn ich spreche,
der sanftmütig verzeiht, wenn ich hasse,
der umherschweift, wo ich nicht bin,
der aufrecht bleiben wird, wenn ich sterbe.

Juan Ramón Jiménez
(1881-1958)

Gruss an alle hier
Susan


Dendrit
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Re: step by step - Depression als Chance?

Beitrag von Dendrit »

Hallo Zusammen,

weil's doch schon ziemlich lang ist, habe ich einen neuen Thread aufgemacht.

LG, Manuela
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