Ich

Wandervogel
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Re: Ich

Beitrag von Wandervogel »

:hello: Hallo Leute,

wegen meiner spinnerten Idee habe ich nun doch große Bedenken.

Ich hatte ja geschrieben, dass ich Angst davor habe zum Gespött meiner Wohnanlage zu werden, wenn die Menschen erführen, dass ich psychisch krank bin. :(

Es gibt ja so viele Vorurteile und Mythen um die Krankheit "Depression", die ja auch zum Teil durch die Berichterstattungen in den Medien noch befeuert werden.

Ich bin sooft solchen Vorurteilen begegnet und immer wieder auf Unverständnis und Ablehnung gestoßen. Wenn ich mal Leute kennengelernt habe und die dann von meiner Erkrankung Wind bekamen, haben die sich gleich wieder zurückgezogen. :cry:

Ich habe das Gefühl, dass Depressionen eine sehr einsame Krankheit sind.
Und ich gebe auch zu, dass ich mich allmählich auch selbst immer mehr zurückgezogen habe, weil ich eben diese verletzenden Erfahrungen gemacht habe. :(

Ich will das eigentlich gar nicht. Ich möchte raus und unter Leute gehen, Kontakte knüpfen mich normal fühlen. :cry:

Wie geht Ihr mit Vorurteilen um?

Liebe Grüße
Femme
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Re: Ich

Beitrag von Femme »

Wandervogel hat geschrieben::hello: Hallo Malu,

ich habe meine spinnerte Idee mit meinem Menne besprochen. Der war nicht so angetan. Er meinte, dass es jetzt wohl zu spät sei, schließlich wohnen wir hier schon 13 Jahre.

Ich kriege jetzt auch Angst vor meiner eigenen Courage. :oops:
Ich habe Angst, dass mich die Nachbarn eher schief ansehen, weil so etwas blödes versucht habe und ich dann der totale Sonderling im Wohnblock bin. :?

Na ja, ich würde, wenn überhaupt, den Aushang eh erst nach Corona machen. Bin mit näheren Kontakten noch sehr vorsichtig, weil ich zur Risikogruppe gehöre. (Kommt mir aber irgendwie auch wie ne dumme Ausrede vor :( )

Außerdem habe ich auch Angst, wenn die merken dass ich ein "Psycho" bin, dass ich dann eher zum Gerede der Nachbarschaft werde und man mit dem Finger auf mich zeigt.

Insofern gehe ich auch schon konform mit der Aussage, lieber Nähe mit den engeren Bekannten halten.

Liebe Grüße


Hallo Wandervogel,

die Angst ist leider immer so ein Begleiter von der Depression, aber bezeichne Dich nicht als Psycho.

Liebe Grüße Femme
Nichts ist so wie es scheint.
Ich bin eine Romanfigur von Franz Kafka, ich weiß nie ob ich spinne oder die anderen.
Femme
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Re: Ich

Beitrag von Femme »

Hallo Ihr Lieben,

eine Woche war es mal wieder gut, Hoffnung und Zuversicht gehabt, keine Tränen und dann über Nacht schlich sich die Traurigkeit wieder an. Hört das denn nie auf? Ich habe mich sehr viel in das Krankheitsbild der Depression eingelesen, dabei kommen bei mir gemischte Gefühle hoch.

Verständnis und viel Wissen warum es so ist wie es ist, mir wurde klar das ich schon sehr lange damit zutun habe, ich sehe viele Etappen in meinem Leben die sich sehr ähneln. Mich oft versucht neu zu Erfinden, lief nicht denn sonst wäre ich ja jetzt nicht in Therapie und hier aufgeschlagen.

Es ist schwer den Fokus im hier und jetzt zuhalten, nicht zuweit in die Zukunft zu blicken, doch dies macht gerade meine Lage nicht einfach. Es beschleicht mich dann ein ungutes Gefühl und Angst.
Die Vergangenheit loslassen, so sagt man und liest man sehr viel. Klar bin da schon ein gutes Stück voran gekommen auch mit dem Tresor.
Ich hänge fest, habe das Gefühl das da noch ein Knoten zulösen ist, doch welchen?

Es ist nicht einfach, ja es ist sehr schwer soziale Kontakte zuknüpfen und wenn man gefühlte 1000 mal vor eine Mauer gelaufen ist dann nimmt man sich zurück.

Vorgestern war eine Tierheilpraktikerin bei mir zuhause, wegen meinem alten Kater, das erste was sie sagte war das ihr auffiel als sie im Haus auf zwei Damen traf, diese sie nicht gegrüßt hatten, gesehen ja jedoch ihren Gruß nicht erwidert hatten. Ich teilte ihr mit das es mir ständig hier so geht.

Ich kann mich nur schlecht daran gewöhnen unsichtbar zu sein, es tut einfach nur weh. Bis vor kurzem dachte ich noch das ich vielleicht zu hässlich bin, dies hat sich zum Glück gelegt.
Man strahlt aus was man fühlt und von sich denkt? Ich laufe mit zwei Masken durch mein Leben. Die eine ist aus einem blassblauen, waschbaren Stoff, für die körperliche Unversehrtheit, die andere trägt mein Lächeln das meine Traurigkeit versteckt.

Vor sieben Monaten bin ich aus der gemeinschaftlichen Wohnung mit meinem Ex(u.a. Alkoholiker) in eine eigene gezogen. Ich hatte schlimme Zeiten hinter mir und war da wirklich voller Hoffnung das nun alles gut wird. Und zack keine 4 Wochen später den Job verloren, immer noch zuversichtlich, mir selbst Hoffnung zugesprochen das es schon wird, es sich was anderes auftut, das zu mir passt.

Nein es wurde schlimmer, Stand heute, keine Kontakte, außer telefonisch zu meinem Bruder der ca. 650 km von mir entfernt wohnt und einen Freund der ebenso weit von mir wohnt, um den ich mir Sorgen mache da er an Blutkrebs erkrankt ist.
Der Job lässt auch auf sich warten, es gibt Tage da gehe ich voller Elan auf die Suche und werde jedesmal auf den Boden der Tatsache gezogen. Mittlerweile kraust es mich die Stellenangebote zu durchforsten. Fast schon Panik. Doch ich suche weiter.

Ok, nun habe ich meine Wohnung für Max noch mehr angepasst, es ist noch zu früh ihn gehen zu lassen, er gibt mir einen Sinn morgens aufzustehen. Gestern habe ich den großen Katzenbaum angefangen ihn Stück für Stück zu entsorgen, ich benötige den Platz um dort die Katzentoilette neu aufzustellen, man das hat mir das Herz zerrissen. Er benutze ihn schon lange nicht mehr, doch hängen an ihm viele Erinnerungen, es ist der Beginn von Abschied.

Was solls, dann steht halt eine Katzentoilette im Wohnzimmer, ich erhalte eh keinen Besuch.

Mag sein das dies für viele oder alle sehr armselig klingt, doch ich bin nun mal für Max verantwortlich und schiebe ihn nun nicht einfach ab oder lass die berühmte Spritze ansetzen nur weil er alt geworden ist. Der Zeitpunkt wo ich den letzten Weg mit ihm gehen werde, wird kommen.

Ich sitze hier auf meinem Balkon, trinke meinen Tee und genieße meine Zigarette, höre die Tagesmutter wie sie sich um die Kleinen kümmert. Man hört lachen, hin und wieder einen Unwillen von einem Kind und dann wie sie liebevoll mit ihnen umgeht.Schön das ich das hören darf und doch weine ich.
Schaue immer mal wieder nach Max.

Ja ich bin Einsam, alleine und habe das Gefühl das ich immer mehr verkümmere. Ich gebe mein Bestes, kämpfe mal sehen wo mich der Weg hinführt.
Werde jetzt gleich einmal duschen und mit dem Rad in den nächsten Ort fahren. Dort gibt es einen Bioladen und werde mir mal zu Abwechslung was für mich besorgen. Hatte die letzten Monaten viel für Max ausgegeben, was auch sinnvoll war. Vielleicht werde ich einen Espresso unterwegs zu mir nehmen, vielleicht gibt es etwas Zauber.

Dankbar bin ich dafür das ich ein Dach über meinem Kopf habe, Kleidung, mir meine spezielle Nahrung noch leisten kann, wach geworden bin und mich selbst versorgen kann und das Max noch da ist.

An alle die das hier lesen Dankeschön und habt eine gute Zeit.

Liebe Grüße Femme

Nachtrag, ich musste das loswerden, wenn nicht hier wo dann.
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Ich bin eine Romanfigur von Franz Kafka, ich weiß nie ob ich spinne oder die anderen.
Femme
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Re: Ich

Beitrag von Femme »

Hallo @All,

so ich bin dann wieder raus hier. Es bringt mir nichts, im Gegenteil es triggert mich nur.

Ich gehe meinen Weg weiter, solange mir nicht doch noch die Sicherungen durchbrennen, und da gebe ich sehr auf mich acht.

Ich wünsche Euch allen von Herzen das Ihr ankommt, da wo ihr Euch selbst lieben könnt, annehmen wie ihr seit und diese wirklich unschöne Krankheit wenigstens so in den Griff bekommt und gut damit leben zu können. Ich wünsche mir sehr das jeder geheilt wird.

Alles gute und nur das beste für Euch alle, gibt auf Euch acht.

Liebe Grüße Femme
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DasPhantastikS
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Re: Ich

Beitrag von DasPhantastikS »

Es ist immer schön wenn sich neue Leute uns alllen antrauhen.
<3
Femme
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Re: Ich

Beitrag von Femme »

Fast ein Jahr vergangen, Hallo an alle.

Heute beim aufräumen meiner Lesezeichen auf dieses Forum wieder gestoßen, für mich und vielleicht für den ein oder anderen der dies hier liest, ein Lichtblick.

So einiges ist geschehen, das Leben geht schließlich weiter. Max, meinen alten Kater musste ich am 12.09.2021 gehen lassen. Es ging mir nicht gut, der Fall war tief, mein Bruder besuchte mich, doch er kam nicht mit mir klar, obwohl ich mein Depression gut unter Kontrolle hatte, keine Tränen. Er reiste von heut auf morgen wieder ab, kein Kontakt mehr. Der nächste Fall war somit vorprogrammiert. Zu dieser Zeit war ich wenigstens mit dem Vorschlag meiner Therapeutin einverstanden den gemeinsamen kleinsten Nenner zu nehmen. Ich nahm hochdosiertes Johanneskraut zu mir, dies setzte ich jedoch wieder nach einem guten halben Jahr wieder ab. Ich vertrug es nicht wirklich und zu allem Überfluss beeinträchtigte es die Aufnahme meiner Lebenswichtigen SD Medikamente. Somit viel ich eine Unterfunktion, was die Symptome meiner Depression verstärkten. Klar ich hätte alles anpassen können, doch ich wähle immer den etwas anstrengenderen Weg.

Ich arbeite seit Januar diesen Jahres nun im Dienst für das RKI, befristet. Ich bin dankbar das ich diese Stelle bekam, sie gibt mir halt, lässt meine Ängste und das Gedankenkarussell eine Pause einlegen. Ich bin noch mehr strukturierter unterwegs.
Ich versuche nicht daran zu denken was nächstes Jahr ist, bzw. ich versuche generell nicht mehr in die Zukunft zu sehen. Ist nicht unbedingt immer leicht, denn immer noch spüre ich das langsame anschleichen von Ängsten, doch Dank meiner Therapeutin, können sie nicht mehr volle Fahrt aufnehmen lassen

Die Vergangenheit habe ich weiterhin Stück für Stück aufgearbeitet, habe noch mehr gelernt loszulassen und dies fühlt sich immer mehr nach Ruhe an.

Die große Angst, nun bis zu meinem natürlichen Ende alleine, durch mein Leben zugehen, habe ich akzeptiert. Wenn es so sein soll, dann ist dies nun so. Ich habe mehrfach versucht auszubrechen, ist mir nicht gelungen, lebe immer noch in DD, ohne Kontakte, außer die Kontakte die ich auf meiner Arbeit habe.

Meine Therapie neigt sich nun dem Ende hin, ob ich noch eine weitere im Anschluss anhänge, wie es meine Therapeutin vorgeschlagen hatte, steht noch offen im Raum.

Es war ein sehr harter, tränenreicher Weg bis hierhin, ich weiß das ich nie ganz geheilt werden kann, das eine rezidivierende Depression immer wieder aufschlagen kann, doch ich weiß auch das einem Tief immer ein Hoch folgt.
Ich habe bewusst auf Medikamente verzichtet, das ist der Weg den ich eingeschlagen hatte. Dafür immer und immer noch, hart an mir arbeite. Ja es gibt immer noch Tagen die nicht einfach sind, doch tief in mir weiß ich das ich stark bin, dies musste ich auch erst lernen meine Kraft zusehen. Diese Kraft lässt auch meine Traurigkeit zu, ich habe gelernt sie zu hinterfragen ob sie gerechtfertigt ist, oder warum sie da ist.

Mir ist soviel durch meine Verhaltenstherapie klar geworden, warum ich immer die falschen Menschen in meinem Leben angezogen habe, oder besser gesagt, auserwählt habe, warum ich so oft unzufrieden war, warum ich so bin wie ich bin.

Die Erkenntnis das es nicht meine Schuld ist, war, verschafft mir etwas mehr inneren Frieden. Gelernt habe ich auch mich mehr selbst anzunehmen, Stück für Stück werde ich ruhiger, selbstbewusster, nehme mich immer mehr selbst an.

Ich hoffe immer noch, das ich ankommen werde, auch wenn es Tage gibt wo es mir nicht leichtfällt diesen Glauben aufrecht zu erhalten. Doch ich bin hier, bin am leben und kämpfe, für mich.

Ich wünsche Euch allen eine schöne und gesunde Zeit, wo immer Ihr seid.

Femme
Nichts ist so wie es scheint.
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