Zu frühe Euphorie

Hoffentlich
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Re: Zu frühe Euphorie

Beitrag von Hoffentlich »

Danke für die Antworten.
Es geht immer weiter nach unten. Ich glaube, jetzt kommt eine aggressive Phase, die ich bisher nie hatte. Es ist mir schon aufgefallen, als ich meinen Partner wegen dem Putzen so angegangen bin.
Vorgestern hat meine Schwester angerufen und wollte mich sprechen, weil ich mich ewig nicht bei ihr gemeldet hatte. Mein Partner ist ans Telefon gegangen. Sie sagte ihm dann, dass sie wüsste, dass ich sie nicht sprechen möchte, er solle mir aber trotzdem den Hörer geben. Das hat er dann auch getan. Ich wollte mir am Telefon nichts anmerken lassen. Hab bloß gesagt, dass ich in letzter Zeit nicht dazu gekommen bin, sie anzurufen. Sie hingegen sagte sofort, dass sie mir doch nur helfen möchte. Da wusste ich, dass mein Partner mit ihr irgendwann darüber gesprochen hat.
Ich bin so furchtbar wütend auf ihn. Hab ihn auch gleich nach dem Telefonat wirklich angeschrien. Ich habe ihn gefragt, warum er hinter meinem Rücken agiert. Er würde Grenzen überschreiten, wenn er so etwas tut. Da war er beleidigt und hat nur noch gesagt, dass er jetzt gar nichts mehr machen wird, weil ohnehin alles falsch ist.

Nun fühle ich mich natürlich sehr schuldig. Aber sobald ich über die Situation nachdenke, bin ich einfach nur wütend. Aber jetzt habe ich mich selbst ins Abseits gestellt. Und dort grübele ich und grübele ich und ....

Wenn ich auf diese Zeilen keine Antwort bekomme, ist es auch gut. Das kann wohl sicher keiner verstehen. Mir hilft es einfach gerade, meine Gedanken aufzuschreiben. Mir geht es dann tatsächlich etwas besser. Es kommt wir vor, als würde sich dadurch etwas in mir lösen.

L. G. Hoffentlich
Bittchen65
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Re: Zu frühe Euphorie

Beitrag von Bittchen65 »

Liebe Hoffentlich,

ich verstehe dich sehr gut.
Das habe ich erst einmal ganz stark gehabt,ausgelöst durch das Medikament
Elontril.
Auch sonst in einer Krise bin ich sehr dünnhäutig und reagier schon mal heftiger,aber manchmal ist es auch gerechtfertigt.
Wenn sich dein Mann mit deiner Schwester unterhält,meint er es doch nicht böse oder will dir schaden.
Er muss doch auch mit seiner Sorge um Dich irgendwo hin.
Ich reagier auch verletzt wenn mein Mann mit unseren Töchtern über mich spricht und ich kriege das mit.Das ist so,weil dann meine,so wie ich im Moment bin ,bin ich nicht liebenswert.
Überlege mal,ob das mit deinen Medikamenten zusammen hängen kann.Dann solltest du mit deinem Arzt sprechen.
Wir muten unseren Partnern schon viel zu,aber es ist die Krankheit.Du kannst ihm das erklären und dich entschuldigen.

Liebe Grüße Bittchen
Nina345
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Re: Zu frühe Euphorie

Beitrag von Nina345 »

Liebe Hoffentlich,

du bist nicht allein. Ich kann das auch sehr gut verstehen. Ich werd zwar nicht aggressiv, sondern denke dass ich alles falsch mache und ein die Menschen n störender doofer Mensch bin.

Ich bin gerade nach hause geradelt und ein Transporter hat mitten auf dem Fahrradweg geparkt. Dann dachte ich der schämt sich jetzt bestimmt, dass ich so nen Umweg wegen ihm Fahren muss.

Pappenstiel, er hat - als er mich später überholt hat - total gemeckert und geschumpfen, weil er mich nicht sofort überholen konnte weil die Straße so eng war. Ich bin aber brav auf dem Fahrradweg gefahren und kann ja gar nix dafür, wenn die Straße so eng geschnitten ist.

Normale Reaktion wäre: Ihm den Vogel zeigen, laut schimpfen und nie wieder drüber nachdenken.

Meine Reaktion: überlegen, ob ich nen Fehler gemacht habe (bin sogar nochmal zurückgefahren um zu gucken, ob ich mich StVOmäßig verhalten habe), mich dann Fragen, ob ich diesem Menschen vielleicht an nem anderen Tag mal die Vorfahrt genommen habe oder ob es generell zu gefährlich ist bei dieser Uhrzeit Fahrradzufahren,..............

Mit etwas Abstand weiß ich natürlich, dass der Transportertyp n Trottel ist. Genau so weißt du im Nachhinein, dass es nicht ok war deinen Partner so anzupflaumen. Ich hoffe du konntest ihm erklären, was in dir vorgeht. Wichtig ist, dass wir unsere Denkfehler erkennen und lernen damit künftig besser umzugehen.
Be a PINEAPLLE: Stand tall, wear a crown and be sweet on the inside!
Sonnenblume14
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Re: Zu frühe Euphorie

Beitrag von Sonnenblume14 »

Hallo Hoffentlich,

ich kann dir nur raten: rede mit deinem Partner. Kommunikation ist das wichtigste Mittel in dieser Zeit. Du bist mit diesen Reaktionen nicht allein - im Nachhinein habe ich das Gefühl, ich habe die gesamte Familie tyrannisiert während der Depri-Phase. Weil ich dünnhäutig war, mich kleinste Geräusche massiv gestört haben. ABER: dein Partner kennt dich im "Normalzustand" - kann deine Reaktion hoffentlich der Krankheit zuordnen.

Natürlich spricht er darüber, er ist doch ebenso belastet wie du. Er möchte von der Außenwelt Verständnis für die Situation, damit ihr nicht ganz allein dasteht.

Die Antwort habe ich von meinem Mann übrigens auch öfter bekommen. Dieses "ins Negative kehren" ist wirklcih heftig, der Partner kann tatsächlich weder etwas sagen noch etwastun ohne dass der/die Depressive etwas Negatives darin sieht. Für beide eine starke Belastung. Uns hat übrigens ein gemeinsames Gespräch mit der Therapeutin sehr geholfen, weil es Verständnis für beide Situationen weckte.

LG Sonnenblume
"Depressionen sind kein Zeichen von Schwäche, sondern dafür, dass jemand zu lange zu stark sein musste" (Johnny Depp)

"Verstehen kann man das Leben nur rückwärts. Leben muss man es vorwärts." Sören Kierkegaard
Hoffentlich
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Re: Zu frühe Euphorie

Beitrag von Hoffentlich »

@ Bittchen: An den Medikamenten liegt es eher nicht. Ich bin so oft bei meiner Ärztin. Sie kennt meine Probleme und Verhaltensmuster sehr gut. Und ich vertraue ihr - muss ich ja.

@ Nina: Deine Denkweise kann ich sooooo gut nachvollziehen. Wenn ich nicht aggressiv bin, gebe ich mir an allem die Schuld. In meinem Entlassungsbericht von der Reha hat die Psychologin geschrieben, dass meine Schuldgedanken wahnhaften Charakter haben. Das ist übrigens etwas, was mir am meisten zu schaffen macht, weil mein Umfeld schon echt barsch reagiert, wenn ich mir mal wieder Schuld für etwas gebe, wofür ich ihrer Meinung nach überhaupt nichts kann.

@ Sonnenblume: Mein Partner ordnet meine Reaktionen schon der Krankheit zu. Aber er ist genervt. Und wenn er das sagt oder zeigt, ist das für mich kaum zu ertragen. Dabei hat er ja Recht, wenn er ärgerlich ist. Allerdings möchte ich unter keinen Umständen, dass er mit jemandem aus meiner Familie über mich spricht. Wenn er reden muss, soll er das mit jemandem tun, der neutral ist und mich dann nicht versucht zu trösten oder irgendwas sonst.

@ Alle: Wie immer, wenn ich das Gefühl habe, dass ich eine zu große Belastung für eine Beziehung bin, habe ich gestern meinen Partner gesagt, dass er gehen soll. Ich weiß, dass es mich total aus der Bahn werfen würde, wenn er es eines Tages wirklich tut. Aber auch, wenn es mir gut geht und ich mir bewusst mache, was und wie lange er meinen Zustand ertragen musste, halte ich es für besser, wenn ich alleine wäre, um nicht ständig jemandem weh zu tun.

Vermutlich kommt jetzt von jemandem hier, dass es allein die Entscheidung meines Partners ist, ob er das aushalten kann. Das ist im Prinzip richtig. Nur ist es für mich auch sehr schwer - nein fast schmerzhaft -, wenn ich wieder und wieder in diesen kranken Zustand gerate und er das "aushalten will".

L. G.
Hoffentlich
Bittchen65
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Re: Zu frühe Euphorie

Beitrag von Bittchen65 »

Liebe Hoffentlich,

die Beziehungen die wir Betroffenen führen,sind nicht einfach.
Wir sind 40 Jahre verheiratet,erkrankt bin ich schon schon sehr lange.
Mit 20 Jahren hatte ich meinen ersten SV.
Wie ich 30 J.war hatte ich das erste mal die Diagnose,dann hat es aber noch sehr lange gedauert,bis ich richtig behandelt wurde.
Da hatte ich einen Zusammenbruch und musste in die Klinik.
Heute ist die Krankheit chronisch.
Was soll ich jetzt machen,ich habe mir das nicht gewünscht,es ist wie es ist.
Wenn man erkrankt ist,kann mann nicht von Schuld sprechen,sondern von Schicksal.
Mein Mann will mich nicht verlassen,er liebt mich und ich ihn auch.
Bei anderen chronischen Krankheiten ist es auch nicht immer einfach.
Aber alleine Leben möchte ich nun wirklich nicht,im Gegenteil,die Vorstellung das mein Mann nicht mehr da wäre,löst bei mir Angst aus.
In unserer Ehe ging es bestimmt nicht immer harmonisch zu,es gab auch viele Verletzungen.
Wenn es mir schlecht geht,ziehe ich mich sehr zurück ,ich möchte dann nur meine Ruhe.
Keinen Hunger, keinen Durst,keine Bedürfnisse,Grübeln und Selbstmitleid belasten mich da sehr.Mein eigenes Gejammer geht mir auf die Nerven.
Mein Mann sorgt dann für das Nötigste,das gefällt mir nicht immer,aber was ist die
Alternative?
Sehr lange bin ich jetzt schon in einem Tief,es ist für die ganze Familie belastend.
Aber für mich ist es noch am allerschlimmsten!!! 1 1/2 Jahre,so lange hatte ich den Zustand noch nicht,doch ich mache weiter und hoffe ,das es bald besser wird.

Liebe Grüße Bittchen
Hoffentlich
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Re: Zu frühe Euphorie

Beitrag von Hoffentlich »

Liebe Bittchen,
ich bin beeindruckt, wie du offensichtlich mit der Krankheit umgehst. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass du Angst bekommst, wenn du daran denkst, dein Mann wäre nicht mehr da - nach 40 Jahren Ehe.

Mir macht ja der Gedanke auch Angst, alleine zu sein. Und ich liebe meinen Partner auch - sehr sogar. Wir sind allerdings erst seit 6 Jahren zusammen. Vorher war ich 25 Jahre verheiratet. Und die Trennung von ihm war alles andere als einfach. Und wenn ich meinen jetzigen Partner so hilflos sehe, sage ich mir immer, dass ich eine Trennung schon einmal geschafft habe. Ich schaffe diese auch noch, damit er vielleicht doch noch glücklich werden kann. Genau in den Jahren, in denen wir zusammen sind, sind die Depri-Episoden nicht nur in kürzeren Abständen aufgetreten, nein - sie halten auch viel länger an und sind schlimmer.

L. G. Hoffentlich
Nina345
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Re: Zu frühe Euphorie

Beitrag von Nina345 »

Huhuu Hoffentlich,

im Zweifel wirst du ne Trennung überstehen. Ich bin zwar noch jung. Ich finde aber 6 Jahre sind generell ne lange Zeit und mit so vielen Tiefen ist es sogar so wie bei katzenlebensjahren. Gilt vielleicht doppelt oder so.

Er macht das jetzt schon 6 Jahre mit, iwas wirst du ihm geben können. Du zwingst ihn ja nicht zu bleiben oder setzt ihn unter Druck. Er ist nicht Mutter Theresa, wenn es ihm nicht passt, packt der ganz von alleine seine Sachen. Da musst du dich nicht unter Druck setzen oder Schuldgefühle machen, dass er wegen dir unglücklich ist. Jeder ist seines eigenes Glückes Schmied. Auch er.. Er ist selber groß und muss selber wissen was er tut. Iwas im Gesamtmensch Hoffentlich scheint ihm zu gefallen. Die Krankheit macht einen großen Teil von dir aus, aber nicht alles. Und das was da ist scheint er richtig gut zu finden. Warum sollte er sonst 7 h aufräumen und sich ampflaumen lassen. Er ist kein Sozialarbeiter. Er gibt nicht nur, iwas scheint er auch zu nehmen. "Jemanden zu lieben, der Depressionen hat, ist wie London. Es ist die tollste Stadt der Welt, aber es regnet jeden Tag." Die Leute lieben London trotz Regen.

Hattest ihn jetzt mal in der Therapie dabei?

Ganz liebe Grüße,

Nina
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Bittchen65
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Re: Zu frühe Euphorie

Beitrag von Bittchen65 »

Liebe Hoffentlich,

Das ist bei mir auch so,die Phasen kommen öfter und länger.
Es kann mit dem Alter zusammen hängen,was mich ja auch nicht gerade beruhigt.
Was deinen Mann betrifft,er wird selber wissen wie er leben will.
Im Moment noch nicht ohne dich,das ist doch erst mal gut.
Gestern hat Luna hier im Forum ein Thema eröffnet,es heißt Depression und Liebe.
Da ist ein ergreifender Brief von einer depressiven Frau an ihren Mann abgedruckt.
Meinen Mann habe ich gebeten,den Brief zu lesen.Er war sehr gerührt und nahm mich fest in den Arm.Das sind Höhen in unserer Ehe,die uns weiter machen lassen.
Nach deiner langen Ehe sich zu trennen,wird für dich auch mit viel Verletzungen zusammen hängen.
Du musst ja nicht noch mal eine Trennung durch stehen!!!Dein Mann will das doch nicht.

Liebe Grüße Bittchen
Hoffentlich
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Re: Zu frühe Euphorie

Beitrag von Hoffentlich »

Liebe Nina,
ich weiß ja nicht, wie jung du bist. Ich finde ganz toll, wie du analysierst. Und der Vergleich mit London - wirklich treffend. Vielen, vielen Dank.

Liebe Bittchen,
ich danke dir sehr, dass du mich auf den Beitrag von Luna aufmerksam gemacht hast. Das ist ein so toller Brief. Ich werde mir überlegen, ob ich meinen Partner bitten werde, ihn zu lesen.
Das mit den Verletzungen hast du natürlich richtig erkannt.

Ich wünsche allen schöne und HELLE Ostertage. Meine Freude beschränkt sich erst einmal nur auf die freien Tage. Ich werde sie nutzen, indem ich viel spazieren gehen werde. Das habe ich mir ganz fest vorgenommen. Ich hoffe, dass ich das schaffe. Nein - ich schaffe das!!!
Nina345
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Re: Zu frühe Euphorie

Beitrag von Nina345 »

Huhuu Hoffentlich,

hihi das freut mich, analysieren hab ich mit Jura quasi studiert. :)

Wie war deine Spaziergänge? Was gibts Neues bei deinem Partner und dir?

Ich war im Oster-Urlaub. Bis auf 2 Depri- Attacken war ich aber ganz friedlich. Konnte viel Ruhe tanken.
Be a PINEAPLLE: Stand tall, wear a crown and be sweet on the inside!
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