Wiederholungszwang

Regenwolke
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Registriert: 15. Apr 2006, 12:46

Re: Wiederholungszwang

Beitrag von Regenwolke »

Brittka, ja, ich glaube, Du hast recht mit dem heilen Selbst und dem unvollkommenen Ich.

Clown, Wasser finde ich auch ein sehr schönes Bild für die Seele, eigentlich sogar ein viel schöneres, als den Ballon. Bin ja nicht umsonst eine Regen-Wolke


Gute Nacht.
Eline
Beiträge: 30
Registriert: 30. Mai 2007, 10:03

Re: Wiederholungszwang

Beitrag von Eline »

Hallo Ihr Lieben,

ich habe eben ein paar eurer Sätze überflogen und finde mich in euren Worten zum Teil absolut wieder.

Alles Liebe & gute Nacht!
Eline
flora80
Beiträge: 3620
Registriert: 24. Mär 2003, 18:48

Re: Wiederholungszwang

Beitrag von flora80 »

Hallo ihr Lieben!

Wow, da hat sich ja einiges getan in diesem Thread. Danke, das freut mich!

Vieles von dem, was ihr schreibt, finde ich sehr, sehr nachvollziehbar. An der Geschichte mit den Löchern ist was dran. Mir ist dazu spontan eingefallen: Wenn ich nicht weiß, wo die Löcher sind, dann falle ich immer wieder hinein, wenn ich sie aber ausfindig gemacht habe, dann kann ich auch drüber springen. Ich muss sie nicht unbedingt füllen. Das geht ja eh nur sehr schwer...

Deshalb war es für mich ein so befreiendes Gefühl, das "Prinzip" erkannt zu haben. Ich kenne meinen Feind nun, weiß, wie er mich immer wieder provoziert. Das macht es mir leichter, ihn auszuspielen.

Das Beispiel mit der Vaterbeziehung und den späteren Männerbeziehungen erklärt das Prinzip des Wiederholungszwanges zwar super, ist aber überhaupt nicht mein Thema. Bei mir geht es ausnahmsweise mal nicht um Beziehungen. Zumindest in diesem Fall. Es geht um Arbeitsstörungen, Schreibblockaden, etc. Damit beschäftige ich mich quasi seit dem ersten Tag meiner ersten Therapie und konnte das Problem einfach nicht in den Griff bekommen, weil mir eben so gar nicht klar war, WARUM das so ist. Da haben mir dann irgendwelche VT mäßigen Tagespläne, etc. einfach null geholfen, weil ich immer und immer wieder in die selbe Falle getappt bin. Ein Schlüsselsatz für meine Erkenntnis war das berühmte "du hast es doch selbst gewollt, wir haben dich nicht gezwungen". Und auch in diesem Fall habe ich mein Studium natürlich "selbst gewollt". Das allererste "du hast es selbst gewollt" hat in einer für mich riesigen Katastrophe geendet ( es geht hier nicht um SM, sondern um etwas gaaanz anderes). Und ich war in meinem Schock und in meiner Angst total allein gelassen, weil "es ja nun nicht zu ändern war und ja außerdem meine Entscheidung". Damals war ich 14. Ich glaube kaum, dass eine 14jährige in der Lage ist, Entscheidungen so zu überblicken, wie eine Erwachsene. Und die große Katastrophe, die mein eh schon schwaches Selbstbild vollends zerstört hat, war nun also auch noch meine eigene "Schuld".

Und jetzt sitze ich seit Jahren in meinem Studium und kämpfe und kämpfe immer wieder mit meinen beschissenen wissenschaftlichen Arbeiten. Und es geht mir einfach nicht von der Hand, ich schaffe es nicht. Immer und immer wieder. Ich kann das eigentlich. Eigentlich sogar sehr, sehr gut. Aber es gibt eine Blockade, die es mir unmöglich macht, konzentriert und kontinuierlich zu arbeiten. Und es ist "meine Schuld". Ich habe dieses Studium "gewollt", niemand hat mich "gezwungen", es war "meine Entscheidung" und endet immer wieder in kleineren und größeren Katastrophen. Die letzte hat es mir versaut, in diesem Jahr fertig zu werden.

Und jetzt weiß ich um den Zusammenhang. UFF. Und ich versuche nun, die Katastrophe endlich mal zu einem guten Ende zu bringen. Klar, die Erkenntnis allein reicht da nicht. Aber wie gesagt, sie macht das Problem zumindest einmal greifbar, ich fische nicht im trüben Teich auf der Suche nach Erklärungen, sondern kann das Problem auf dem richtigen Weg angehen. Alle anderen Wege sind schließlich fehlgeschlagen.

Hm. Das war jetzt viel, aber ich hoffe, ein bisschen verständlich?

Lieber Gruß von Flora
muckelmaus
Beiträge: 211
Registriert: 4. Jan 2006, 21:03

Re: Wiederholungszwang

Beitrag von muckelmaus »

Hallo, jetzt hole ich den Thread wieder hoch und gebe meine spontanen Kommentare ungeordnet ab:

Was mache ich mit der Erkenntnis des Wiederholungszwangs?
Daran arbeiten wenigstens hinterher zu erkennen, hier war er wieder aktiv. Durch schnelleres Erkennen irgendwann auch vorher stoppen zu können und damit Wahlmöglichkeiten für die eigene Verhaltensweise zu bekommen
Ja, das ist mit Sicherheit ein langer Weg dahin …

Sich selber wertzuschätzen, Selbstvertrauen, Selbstwertgefühl, Selbstbewusstsein aufzubauen und damit von der Anerkennung anderer unabhängig(er) zu werden, dass ist der Weg, den ich aktiv einschlage (einzuschlagen versuche … ), anstrengend, mühsam, aber erste kleinere Erfolge habe ich schon gehabt.


@Brittka „…Konkret: Beziehungen wagen und ausprobieren, die nicht auf dem alten Muster beruhen. In der Beziehung bei sich selbst bleiben. Sich abgrenzen. Den Wechsel von Nähe und Abstand aushalten. …“

Genau das ist auch nach meiner Meinung der Weg. Den Mut sammeln und nehmen, um auf andere Menschentypen zuzugehen bzw. für diese offen zu sein.

Und die Löcher (= Bedürfnisse), tja, die kann ich nur für mich selbst füllen und da ist es die Herausforderung zu erkennen, wie.
Aber Glücklicherweise kann ich für mich sagen, dass ich eines der Löcher für mich schon zu einem Gutteil gefüllt habe und von da her zuversichtlich bin, dass ich zur rechten Zeit auch für die anderen geeignetes Füllmaterial finden werde …

@wolke:
Doch Schrittchen für Schrittchen können wir eine „runde Persönlichkeit“ entwickeln. Klar, die wird anders aussehen, als wenn wir den „Umweg“ über die Krankheit nicht genommen hätten, aber es ist nie zu spät, um nicht an sich zu arbeiten!


@flora: wie fies von Deinen Eltern, Dir zu sagen „Du hast es doch selber gewollt“ und Dich deshalb nicht mehr zu unterstützen! Irgendwie haben die da ihre Elternpflicht wohl gehörig missverstanden! Denn jeder Mensch hat das Recht auf seine eigenen Fehler – aber auch gerade als Jugendlicher das Recht auf Führung und Unterstützung, wenn es eben mal nicht klappt! Das ist Erziehung!
Heute als mündige Erwachsene hast Du ganz andere Möglichkeiten als als 14jährige!!!

Und noch ne Gedankenanregung: wie definierst Du Katastrophe?

Liebe Grüße
muckelmaus
flora80
Beiträge: 3620
Registriert: 24. Mär 2003, 18:48

Re: Wiederholungszwang

Beitrag von flora80 »

Hallo Muckelmaus!

Dass ich heute ganz andere Möglichkeiten habe, als damals, ist klar, sonst wär ich nicht hier Genau darum geht es ja: Das alte Muster zu einem befriedigenden Ende zu führen und nicht immer wieder am selben Punkt zu scheitern. Das geht natürlich nur dank der erwachsenen Kompetenzen, dich ich jetzt habe.

Katastrophe ist für mich ganz klar definiert: Ein erschütterndes, traumatisches Ereignis, dass mich geschockt hat und zutiefst unglücklich gemacht hat. Und mit dessen Auswirkungen ich noch Jahre später sichtbar zu kämpfen hatte und eben teilweise auch noch habe. Ein Ereignis, dass mein Selbstbild noch mehr verzerrt und zerrüttelt hat, als eh schon und das es mir unmöglich gemacht hat, eine "normale" Pubertät und Jugendzeit zu durchleben. DAS empfinde ich in der Tat als eine Katastrophe. Und wenn man dann nicht die geringste Unterstützung bekommt, einen sinnvollen Umgang mit dem Problem zu erlernen, dann empfinde ich das als eine nicht endende Katasrophe. Jetzt, 14 Jahre später, kann ich mit Hilfe von einer Therapeutin versuchen, mein Leben trotzdem in den Griff zu bekommen, ich kann mich um mich selbst kümmern und mir suchen, was ich brauche. Mit 14 kann man das nicht.

Die "kleineren Katastrophen", von denen ich spreche, sind im Prinzip alles Folgen aus diesem einen Ereignis (welches sich über ca. sechs Monate audehnt...). Das sind dann natürlich nicht mehr so gravierende Dinge, wie damals, aber sie sie sind eben eine Reinszenierung des Ganzen und haben deshalb auch "katastrophalen" Charakter... Ich empfinde es als enorme Erleichterung, jemandem so sehr vertrauen zu dürfen, um DIESES Thema anzusprechen und mich damit ernstgenommen zu fühlen. Frühere Therapeuten haben sich immer auf ganz andere Dinge gestürzt und ich habe mich immer irgendwie nicht ganz verstanden gefühlt, obwohl ich auch da viel gelernt habe.

Hm... konnte man das jetzt verstehen???

Liebe Grüße, Flora
muckelmaus
Beiträge: 211
Registriert: 4. Jan 2006, 21:03

Re: Wiederholungszwang

Beitrag von muckelmaus »

Hallo Flora,

ja, das mit dem Vertrauen in eine Thera oder auch überhaupt in einen anderen Menschen ja das kenne ich! Die Entdeckung, dass da eben jemand nicht verurteilend die Hände entsetzt über dem Kopf zusammenschlägt ...

Nein, mit 14 kann man sich nicht um sich selbst kümmern - deshalb ist man in diesem Alter auch noch unmündig und unter Obhut von Eltern oder auch Vormündern.

Ich spüre viel Kraft bei Dir!

Liebe Grüße
muckelmaus
Iraida
Beiträge: 22
Registriert: 12. Jul 2006, 19:31

Re: Wiederholungszwang

Beitrag von Iraida »

Hallo Ihr SchreiberInnen,

ich finde diesen Thread unglaublich hilfreich und zum Nachdenken anregend.
Danke für Eure Offenheit!

LG Iraida
Liber
Beiträge: 1491
Registriert: 4. Jun 2006, 18:09

Re: Wiederholungszwang

Beitrag von Liber »

Hallo Flora,

"Du hast es doch selbst gewollt" - auch ich kenne diesen Satz von Seiten meiner Mutter sehr gut! Und dann schloss sich immer noch an: "Jetzt jammere auch nicht!".

Dass ich etwas zwar gewollt haben mag, dass es aber trotzdem schief gehen oder sich ganz anders entwickeln konnte, und ich allen Grund haben konnte, verzweifelt zu sein, zu "jammern" - dies war nicht akzeptiert.

Das führte dann irgendwann auch dazu, mich nicht mehr zu trauen, etwas zu "wollen". Denn, wenn es schiefgeht, oder auch nur anders, als ich es mir vorgestellt hatte, würde ich allein damit dastehen.

Und es führte extrem dazu, nach außen die Maske aufrechtzuerhalten. Wenn ich etwas angefangen hatte, war da auch der Zwang, es durchzuziehen, und wenn nicht, wenigstens so zu tun, dass es klappt, dass ich zurecht komme. Auch wenn es ganz und gar nicht stimmte. Bis es zum Zusammenbruch durch Krankheit oder Depression kam.

Zum einen habe ich in meiner PA erkannt, dass ich ganz und gar nicht alles "gewollt" hatte, was ich in meinem Leben getan habe. Da waren viel mehr innere Zwänge, Bedürftikeiten, Muster als mir je bewusst gewesen waren. Das, was ich wirklich wollte, war viel zu tief verschüttet, um es klar zu erkennen.

Und zum anderen: ich darf falsche Entscheidungen treffen! Ich darf mich irren mit dem, was ich da mal "gewollt" habe. Ich darf Entscheidungen revidieren und neue Wege einschlagen.

Auf dein Arbeitsproblem bezogen, Flora, mal eine - eventuell völlig abwegige - Idee, nur zur Gedankenanregung: ob sich durch diese Blockade nicht durch die Hintertür eine Verweigerung "einschleicht"? Eine Verweigerung, die dich darauf aufmerksam machen will, mal zu hinterfragen, ob das, was du da tust, wirklich das ist, was du willst?

Viele Grüße

Brittka
flora80
Beiträge: 3620
Registriert: 24. Mär 2003, 18:48

Re: Wiederholungszwang

Beitrag von flora80 »

Liebe Brittka!

"Wenn ich etwas angefangen hatte, war da auch der Zwang, es durchzuziehen, und wenn nicht, wenigstens so zu tun, dass es klappt, dass ich zurecht komme. Auch wenn es ganz und gar nicht stimmte. Bis es zum Zusammenbruch durch Krankheit oder Depression kam."

- Oh ja, DAS kenne ich auch... erst gerade neulich, als ich einsehen musste, dass das mit dem Examen nichts wird, habe ich sehr lange gezögert, das meinen Eltern (die das ja immerhin finanziell unterstützen...), davon in Kenntnis zu setzen. Ich bekomme dann oft vorgeworfen, ja "nie etwas zu sagen, wie es läuft". Damit haben sie ja sogar sehr recht. ABer das geschieht genau aus den Gründen, die du genannt hast. Dennoch versuche ich, offener mit meinen Eltern umzugehen und mich gegebenenfalls besser abzugrenzen. Gelingt mir (noch) nicht ganz, aber ich arbeite dran. Meine Therapeutin spricht mich auch sehr oft auf die Maske an, die ich mir im Laufe der Zeit zugelegt habe...

"Auf dein Arbeitsproblem bezogen, Flora, mal eine - eventuell völlig abwegige - Idee, nur zur Gedankenanregung: ob sich durch diese Blockade nicht durch die Hintertür eine Verweigerung "einschleicht"? Eine Verweigerung, die dich darauf aufmerksam machen will, mal zu hinterfragen, ob das, was du da tust, wirklich das ist, was du willst?"

- Der Gedanke ist gar nicht so falsch. Ich weiß, dass der Beruf, den ich mir ausgesucht habe, zu mir passt und auch irgendwie "mein Ding" ist. Aber dennoch schwingt dabei immer auch noch ein bisschen der Gedanke mit, dass ich das vielleicht nur studiert habe, weil meine Eltern es für den besten Weg gehalten haben und nicht ich selbst. Ich habe das aber für mich noch nicht ganz klar... Und natürlich steigert das die Motivation auch nicht gerade.

Die suche danach, was ich will, beschäftigt mich in der Tat zur Zeit sehr, aber ich kann da noch nichts wirklich zu formulieren, das komm bestimmt demnächst.

Vielen Dank für die Anregungen und Antworten.

Flora
flora80
Beiträge: 3620
Registriert: 24. Mär 2003, 18:48

Re: Wiederholungszwang

Beitrag von flora80 »

Hallo nochmal!

Eigentlich bin ich im Moment sehr damit beschäftigt, Vertrauen aufzubauen zu meiner relativ neuen Therapeutin. Und auch hier sehe ich sich wiederholende Muster. Meine Erfahrung ist, ohne "Maske" mein nahes Umfeld zu überfordern. Ich glaube z.B. dass meine Eltern nicht aus bösem Willen so gehandelt haben und teilweise noch handeln, sondern, weil sie mit der Problematik überfordert sind. Aber seit ich ein Säugling bin, bin ich eigentlich in der Situation, überfordernd zu sein. Und in meiner Familie scheint die Prämisse zu herrschen, dass innere Konflikte und problematische Beziehungen totgeschwiegen werden, statt einen adäquaten Umgang damit zu finden. Ich habe also gelernt: "So wie du bist bist du eine Belastung!" Und jetzt habe ich unglaubliche Angst davor, nicht vertrauen zu dürfen und offen sein zu dürfen, weil ich sonst überfordere und überlaste. Und die Öffnung, die ich bereits zugelassen habe, ist mir unangenehm und peinlich. Ich kann es noch nicht genauer schreiben, aber vielleicht klingt an, was ich meine.

Ich sehne meine nächste Therapiestunde herbei, damit ich dieses Gefühl, über das ich jetzt schon seit Tagen brüte, endlich ansprechen kann...

Lieber Gruß von Flora
klatschmohn
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Re: Wiederholungszwang

Beitrag von klatschmohn »

hallo!

es geht mir leider gerade nicht so ganz toll, aber ich lese eifrig mit und finde mich in fast allem wieder - überall ein bischen.

was ich auch nur zu gut kenne sind aussagen wie "du hast es doch selber gewollt", "da muss du jetzt eben durch", "da muss man jetzt eben durch", "das ist jetzt eben so", "das kann man jetzt eben nicht ändern" und so weiter und so weiter.

noch schlimmer finde ich es gerade aber, wenn mir jemand sagt, dass ich mich eben einfach von meinen eltern abgrenzen müsse - einfach!

bis bald,

neka
-
Liber
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Registriert: 4. Jun 2006, 18:09

Re: Wiederholungszwang

Beitrag von Liber »

Hallo Flora,

nach deinem letzten Posting kann ich jetzt viel besser verstehen, warum du in diesem Thread meist nur in Andeutungen und recht zögerlich über das, worum es eigentlich bei deinen Problemen geht, schreibst.

Könnte das auch seinen Grund in der Angst haben, uns andere hier zu überfordern? Und dass ein Öffnen der Mauer dir auch hier peinlich wäre? (Mal abgesehen davon, dass der öffentliche Rahmen hier sowieso viele Grenzen setzt!)

Wenn ja, würde ich das sehr gut verstehen!

Das alte erlernte Muster ist ja anscheinend, dass Sich-Öffnen zur Folge hat, die anderen zu "überfordern". Hierbei interessiert es mich noch sehr, worin sich die Überforderung bei deinen Eltern geäußert hat. Könnte die Reaktion auch - zumindeste teilweise - auf Unverständnis zurückzuführen sein?

Wie auch immer, die Reaktion der Eltern war nicht den Äußerungen und Bedürfnissen ihres Kindes, dir, angemessen. Sie konnten nicht adäquat reagieren. Ich nehme mal an, sie reagierten hilflos oder panisch oder vielleicht auch genervt.

Offensichtlich hast du dies als Kind sehr deutlich wahrgenommen und hast entsprechend Lebensäußerungen, von denen du angenommen hast, sie würden deine Eltern überfordern, zurückgehalten.

Aber hat wirklich das Kind die Verantwortung dafür, die Eltern nicht zu überfordern? Ist das nicht ausgesprochen viel verlangt (von dem Kind)? Wäre es nicht vielmehr Aufgabe der Eltern, sich fachkundige Hilfe zu holen, wenn sie sich überfordert fühlen?

Ganz bestimmt haben deine Eltern dir nicht absichtlich die ganze Verantwortung dafür, dass sie nicht überfordert werden, aufgebürdet. Sie konnten mit Sicherheit nicht anders reagieren als sie es eben getan haben.

Aber so ist, wie ich vermute, dieses Muster entstanden, das sich bis heute auswirkt.

Denn hat wirklich die Patientin die Verantwortung dafür, dass die Therapeutin nicht überfordert wird? Es ist, wie gesagt, gut nachvollziehbar, dass sich dies alte Muster nun in der Beziehung zur Therapeutin wiederholt.

Hier ist aber auch die große Chance, es zu verändern!

Nämlich zu erleben, dass die Therapeutin genügend Kompetenz und Selbst-Sicherheit hat, um mit den Äußerungen, Bedürfnissen, Problemen und Forderungen ihrer Patientin adäquat umzugehen, indem sie auf sie eingeht, aber auch Grenzen setzen kann, um nicht von ihnen überfordert zu werden.


Liebe Grüße

Brittka
flora80
Beiträge: 3620
Registriert: 24. Mär 2003, 18:48

Re: Wiederholungszwang

Beitrag von flora80 »

Hallo zusammen,

ich bin beim Suchen nach etwas auf diesen alten Thread von mir gestoßen und habe ihn einfach noch einmal durchgelesen. Ich finde es gerade sehr bewegend, weil das sozusagen ein Startschuss war für die Entwicklung, die in letzter Zeit stattfindet. Ich freue mich sehr darüber, gerade weil es mir die letzten Tage nicht so sehr gut ging.

Liebe Brittka,

das, was du in dem letzten Posting geschrieben hast, ist natürlich richtig und wichtig. Und genau so ist es auch letztendlich weitergegangen. Ich habe (unbewusst) meine Therapeutin ständig "getestet", ob sie mich wohl aushalen kann und ob ich wohl wirklich vertrauen kann. Nachdem wir dann immer mal wieder eine Stunde mit "Beziehungsklärung" verbracht haben, fühle ich mich mittlerweile noch sehr viel sicherer.

Bei der Gelegenheit möchte ich einfach mal meine Dankbarkeit für dieses Forum zum Ausdruck bringen. Es ist so wohltuend, sich hier mitteilen zu können und dabei fruchtbare Gedanken mitzunehmen und Erfahrungen zu teilen und weiterzugeben.

Ein bisschen platt von der letzten Zeit,

Flora
rm
Beiträge: 2209
Registriert: 5. Nov 2006, 15:46

Re: Wiederholungszwang

Beitrag von rm »

>Bei der Gelegenheit möchte ich einfach mal meine Dankbarkeit für dieses Forum zum Ausdruck bringen. Es ist so wohltuend, sich hier mitteilen zu können und dabei fruchtbare Gedanken mitzunehmen und Erfahrungen zu teilen und weiterzugeben.<

Liebe Flora,

da kann ich mich vorbehaltlos anschließen !
Schön, daß Du 'Dein' Thema wieder aktiviert hast, ich hatte es komplett vergessen.
Habe es auch jetzt nur ansatzweise überflogen, da mir im Moment die Konzentration fehlt, werd's mir aber ausdrucken, da geht es mir nicht wieder verloren!
Ich vermute bei mir im Unbewußten ebenso Wiederholungstendenzen, ohne sie im Moment 'greifen' zu können, vielleicht werde ich auch nie dahinter kommen, aber versuchen will ich es, wenn ich 'denkfähiger' bin.

Dir wünsche ich mentale Stärke!

LG Reinhart
Liber
Beiträge: 1491
Registriert: 4. Jun 2006, 18:09

Re: Wiederholungszwang

Beitrag von Liber »

Liebe Flora,

danke für deine Rückmeldung !

Ich habe auch eben nochmal einige Beiträge des Themas durchgelesen und dabei festgestellt, dass es noch einen - oder mehrere - Schritte weitergeht.

Ein ganz wichtiger Schritt ist also das Bewusstmachen dieses Musters, das zum Wiederholungszwang führt. Der nächste Schritt ist dann zu erkennen, dass ich selbst es bin, die dies Muster immer wieder herbeiführt und inszeniert.

Und dann ist da noch eine Schwelle, nämlich die, zu erkennen, dass das, was ich an Angenommensein und Liebe von jemand anderem erträume und erwarte (sei es von einem Partner, einem Freund, von der Therapeutin) ein Abbild dafür ist, dass ich mich selbst noch nicht lieben und annehmen kann. Ja eigentlich, dass ich mich selbst noch nicht "gefunden" habe und dass darin, mein Selbst zu finden, das eigentliche Ziel liegt.

Ich möchte nochmal dies tolle Buch erwähnen, das ich gerade lese "Die Wunde der Ungeliebten" von Peter Schellenbaum. Da heißt es im Klappentext:
"Ungeliebte meinen sich von aller Welt verlassen. Dass sie sich selbst verlassen, wissen sie nicht. Sobald wir aber begreifen, dass der springende Punkt nicht im Verlassenwerden durch andere, sondern in der Selbstverlassenheit, in der Absonderung vom eigenen Wesen liegt, fangen wir an, die Blickrichtung zu ändern."

Ich las das und spürte: Das bin ich.

Ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Änderung der Blickrichtung und zur Heilung dieser Wunde ist auf jeden Fall die Therapie.

Wir brauchen es ja, erst (vielleicht erstmalig!) zu erleben, dass wir "annehmbar" sind MIT allen unseren Schatten, dass alles, was da in mir ist und was ich bin ok und gut ist.

Liebe Grüße !

Brittka
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