Wiederholungszwang

flora80
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Wiederholungszwang

Beitrag von flora80 »

Hallo ihr alle!

Ich bin in meiner letzten Therapiestunde auf etwas gestoßen, das sehr viel in mir bewegt und ich würde mich gerne über das Thema austauschen. Ich denke, dass bestimmt der/die ein oder andere in der Therapie schon mal auf ähnliche Dinge gestoßen ist.

Es geht um das, was Analytiker als "Wiederholungszwang" bezeichnen würden. Das hat nichts (!!!!) mit einer Zwangsstörung im eigentlichen Sinne zu tun, ist hier also nicht off topic. Es geht um die unbewusste Reinszenierung von "katastrophalen" Erlebnissen, in der (unbewussten) Hoffnung, irgendwann einmal zu einer befriedigenden Lösung zu gelangen, was natürlich so lange nicht funktionieren wird, wie das Ganze weiterhin unbewusst abläuft. Ich habe gerade angefangen, ein solches Muster zu durchschauen und finde es mehr als erstaunlich, dass diese Reinszenierung auf einem wirklich komplett anderen Gebiet stattfindet, als das ursprüngliche Trauma.

Ich versuche seit Jahren (!!!) mit therapeutischer Hilfe genau DIESEM Problem auf die Schliche zu kommen und nie ist es gelungen. Ich habe mich schon für eine absolute Versagerin auf dem Gebiet gehalten, weil ich einfach nicht in der Lage war/bin, etwas zu ändern. Jetzt stellt sich das alles in einem völlig anderen Licht dar. Die Depressiven Phasen werden im Grunde genommen immer wieder von ein und dem selben Muster ausgelöst, das sich aber hinter verschiedenen Masken verbirgt. Ich habe viele der Masken bereits ablegen können und das Problem von anderer Seite aus bearbeiten können, so dass ich nur selten wirklich wieder depressiv zu werden drohe. Aber ich bin eben nicht am Kern gelandet und die Gefahr brodelt immer und immer weiter. Nachdem ich in der letzten Woche das Gefühl hatte, es könnte wieder eine Depression entstehen, habe ich extrem gegengesteuert, was mir auch größtenteils gelungen ist. Aber es macht wohl mehr Sinn, gar nicht erst in solche Situationen kommen zu müssen. Ich fühle mich erleichtert, auch wenn ich ganz am Anfang dessen bin, was ich noch für mich auf diesem Wege erreichen kann.

Hat jemand schon mal ähnliches Erlebt? Ich komme aus dem Staunen kaum noch raus und muss mich bemühen, den Mund zugeklappt zu halten...

Liebe Grüße, Flora
Speranza
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Re: Wiederholungszwang

Beitrag von Speranza »

flora80
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Re: Wiederholungszwang

Beitrag von flora80 »

Hallo Ursula!

Vielen Dank für deinen Beitrag. Ja, manchmal hat man einfach Chaos im Kopf. Vielleicht siehst du die Dinge heute nach der Therapiesunde etwas klarer, das wäre doch schön!


Ich möchte den Thread einfach noch mal nach oben schubsen. Vielleicht gibt es ja hier doch noch jemanden, der ähnliches erlebt (hat).

Liebe Grüße, Flora
muckelmaus
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Re: Wiederholungszwang

Beitrag von muckelmaus »

Hallo Flora,

jetzt hat´s mich erwischt … … genauer gesagt vorhin in meiner Therastunde … ein sich immer wieder und wieder wiederholendes Muster, ganz alt, überhaupt nicht mehr dienlich, aber wie zwanghaft automatisiert … und ich wende es immer und immer wieder an … bislang nicht oder nur teilweise bewußt …

Aber das will ich ändern!!! Und werde es auch tun!!! Auch wenn ich NOCH nicht so genau weiß, wie.

Gestern fand ich Dein Thema sehr interessant, konnte (und kann) aber mit manchen Formulierungen nicht viel anfangen. Wahrscheinlich weil ich einfach andere Worte zur Beschreibung verwenden würde … … und es sich für mich auch anders zeigt.
Aber ich hatte Deine Erkenntnis im Kopf und es kann eigentlich kein Zufall sein, dass ich heute darauf stoße. Ich bin froh darüber, weil es ein wichtiger Schritt ist, und kann Dir nur Danke sagen, dass Du mir mit diesem Thema eine gewisse Begrifflichkeit und die Möglichkeits des eigenen Erkennens gegeben hast!

Und ich bedauere es jetzt noch mehr, dass Du morgen nicht nach Düsseldorf kommst … zumindest habe ich diese Info im Kopf … auch wenn ich nicht mehr weiß, wo ich es gelesen habe …

Liebe Grüße
muckelmaus
jujumaus1972
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Re: Wiederholungszwang

Beitrag von jujumaus1972 »

hallo flora, ich habe ein solches ding bei meinem letzten aufenthalt in einer tagesklinik erworben. bin nicht wirklich darüber erfreut, da ich keinen therapeuten zur seite habe. ich habe angefangen die dinge zu hinterfragen und stoße in allen möglichen situatiionen darauf. ich kann darauf schließe, wenn extreme gedankenschübe bei mir auftreteten. ich habe den willen, die sachen alle zu ergründen und ich weiß, das ich es irgendwie schaffen werde.wünsche dir, das es dir auch gelingt. es sind manchmal sehr schmerzhagte dinge die da kommen, aber irgendwie fügen sich die puzzelteilchen mal zusammen
lg juju
namsté
klatschmohn
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Re: Wiederholungszwang

Beitrag von klatschmohn »

hej!

wiederholungszwang - ich habe diesen thread vor ein paar tagen schon gelesen, konnte da aber so gar nichts damit anfangen. warum kann ich nicht so genau sagen. als ich gestern bei meinem thera war hatte ich ihn daher auch gar nicht im hinterkopf und auch jetzt bin ich nur durch zufall darauf gestoßen, aber ich glaube das, was ich gestern erkannt habe hat jetzt einen namen.
ich habe das bedürfnis auf einem ganz bestimmten gebiet zu einem ein anderes "ergebnis" zu erreichen, als ich erreicht habe, weil ich aber (irgendwie, irgendwo) genau weiß, dass ich es auf diesem gebiet nie erreichen werde, versuche ich es immer wieder auf´s neue auf anderen gebieten zu erreichen.
das ist jetzt immer noch sehr kryptisch, aber es passt irgendwie???

lg neka
-
flora80
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Re: Wiederholungszwang

Beitrag von flora80 »

Hallo zusammen!

Vielen Dank für die Anworten und sorry, dass ich noch nicht geantwortet habe. Ich hatte gestern und heute Seminar den ganzen Tag und konnte noch keinen klaren Gedanken dazu fassen.
Wollte auch jetzt nur kurz sagen "ich habs gelesen" und melde mich morgen dann ausführlicher.

Lieber Gruß, Flora
flora80
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Re: Wiederholungszwang

Beitrag von flora80 »

Liebe Muckelmaus, Juju und Neka!

SO, jetzt aber...

Ich finde es ehrlich gesagt schwierig, zu beschreiben, was ich eigentlich meine. Also, die Sache mit den sich wiederholenden Verhaltensmustern, etc. ja, das kenne ich auch und das habe ich auch in meiner Verhaltenstherapie ganz gut in den Griff bekommen. Aber irgendwie geht es nicht nur um die Wiederholung an sich (die war auch bei meinem "unbezwingbaren" Thema immer bewusst), sondern darum, dass man selbst unbewusst die Dinge immer so dreht, dass man gar nicht mehr anders kann, als sich SO zu verhalten. Und da das erstere eben komplett unbewusst abläuft, kann ich noch so viel verhaltenstherapeutisch versuchen, das Verhalten zu analysieren und zu regeln/ändern, weil der innere Widerstand viel zu groß ist, um das überhaupt zu können... hmpf. schon wieder so kompliziert... aber vielleicht trotzdem einigermaßen verständlich???

Juju, ich kann mir vorstellen, dass es schweirig ist, ohne Therapeuten ständig alles zu hinterfragen und auf "Ursachenforschung" zu gehen... Darf ich fragen, weshalb du keine Therapie mehr machst?

Muckelmaus und Neka, ihr merkt wahrscheinlich selbst, wie schwer es ist, das in Worte zu fassen... Aber vielleicht gelingt es uns ja noch, das irgendwie treffend zu formulieren. Das schwierige ist ja, dass man sich solche Dinge erst mal sehr kryptisch erarbeitet und sich nach und nach erst das komplette Bild entwickelt. Für mich war aber dieser Schritt der allerersten Bewusstmachung ein absolutes Schlüsselerlebnis. Kaum zu beschreiben.

Lieber Gruß von Flora
Liber
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Re: Wiederholungszwang

Beitrag von Liber »

Liebe Flora,

ich glaube, ich verstehe ziemlich gut, was du mit dem Wiederholungszwang meinst.

Ich bin während meiner PA auch auf solche - zunächst unbewusste - Zwänge gestoßen.

Katastrophale Erlebnisse aus der Kindheit ... nehmen wir einmal an, ein Mädchen fühlt sich während der Kindheit und der wichtigen Jahre der Pubertät von seinem Vater nicht wahrgenommen, so wie es ist, nicht gemocht und nicht geliebt. Es strengt sich furchtbar an, endlich seine Aufmerksamkeit, sein Interesse, sein Lob, gar seine Liebe zu bekommen. Aber es gelingt dem Mädchen nicht. Nichts, was es auch macht, bewirkt, dass der Vater sich ihm zuwendet. Es sucht die Schuld dafür bei sich, es kann gar nicht anders. Es fühlt sich als Mensch und als Frau unwert und nicht liebenswert.

Später als Frau verliebt sie sich immer wieder in genau solche Männer, die wie der Vater sind. Die kein wirkliches Interesse an ihr haben, die sie in ihrer Person nicht wahrnehmen, so sehr sie sich auch anstrengt. Sie wird immer wieder enttäuscht. Und ihr Selbstbild wird immer mehr bestätigt, nicht liebenswert usw. zu sein. Sie ist in einem Teufelskreis.

Aber sie kann diesen Wiederholungszwang auch nicht unterbrechen, denn da ist jedesmal die riesige unbewusste Hoffnung, dass es mit DIESEM Mann endlich anders wäre und dass es möglich wäre, dass das unerlöste Bedürfnis aus der Kindheit endlich befriedigt werde, wenn ER sie nur wahrnehmen würde. Sie bemüht sich wie damals als Mädchen. Aber weil sie sich ja genau in den Typ des Vaters verliebt hat, muss sie zwangsläufig scheitern.

Und so wiederholt sie dieses Szenarium immer und immer wieder.

Ein ganz wichtiger Schritt in der Therapie ist das Bewusstmachen eines solchen Wiederholungszwangs. Sie kann endlich erkennen, dass die zum Scheitern verurteilte Verliebtheit in einen solchen Mann sie nicht wie ein Schicksalsschlag überfällt, sondern dass sie selbst aktiv daran beteiligt ist, indem sie die ganze Situation sozusagen inszeniert.


Danke für das Thema, liebe Flora!

Liebe Grüße

Brittka
flora80
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Re: Wiederholungszwang

Beitrag von flora80 »

Hallo Brittka!

Ja, das ist ein super Beispiel und macht ziemlich gut deutlich, was ich meine! Danke! Ich hatte überlegt, wie ich ein Beispiel finden kann, ohne meine Geschichte auszubreiten. Das ist eins!

Lieber Gruß, Flora
jujumaus1972
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Re: Wiederholungszwang

Beitrag von jujumaus1972 »

hallo flora, du hast gefragt, warum ich keine std. mehr habe. das ist so, ich habe lange gebraucht um mich dahin zu bekommen wo ich jetzt bin. leider meint meine krankenkasse, das es genug sei. ich habe also anspruch erst wieder 03.08. das finde ich echt sch..... aber ok, da muss ich irgendwie durch. nebei hat meine langejährige therapeutin ihre praxis aufgegeben. muss also fast wieder von vorne anfangen. ich versuche gerade erstmal in eine gruppentherapie zu gelangen,um vielleicht dann tiefenpsy. einzusteigen. drückt mir mal bitte alle die daumen!!!!!
was ich dir noch sagen kann, diese verhaltensmuster die du beschreibst, kannst du verstehen lernen. je mehr du über dich weißt bzw. je mehr du in x-beliebigen situationen dich verstehst (evt. einen coach hast, der dir den spiegel vorhält), desto mehr lernst du deine unbewusten verhaltensweisen kennen. puh, ich hoffe das war jetzt nicht zu kompliziert.
freue mich wie immer auf nachricht
cu
juju
namsté
klatschmohn
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Re: Wiederholungszwang

Beitrag von klatschmohn »

SO, jetzt komme ich auch endlich dazu den thread ein bischen wiederzubeleben. (war am wochenende bei meinen eltern und konnte dort nicht ins internet.)

das beispiel ist unglaublich und trifft es genau, ich habe bis ich das gelesen habe auch ständig überlegt, wie ich beschreiben kann was ich meine ohne "mich zu verraten".

was mir ansonsten noch dazu einfällt sind die suche nach anerkennung, der wunsch danach, dass doch irgendetwas auch mal von anfang bis ende klappen muss... und das sich-dabei-nicht-mit-kleinen-schritten-zufrieden-geben, sondern die suche nach dem 100%igen.

bisher konnte ich mein verhalten auch noch nicht so sehen, aber so langsam... wenn ich ein bischen schlauer bin melde ich mich wieder.

lg neka
-
Frauw
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Re: Wiederholungszwang

Beitrag von Frauw »

Hallo liebe Flora, liebe Brittka und all ihr anderen,

ja, Dein Beispiel Brittka fand ich auch sehr gut und passend und da dieses Thema mich auch sehr beschäftigt würde ich auch gerne meinen "Senf" dazugeben, auch wenn er teilweise sehr schwammig ist
Liebe Flora, ich hoffe, es trifft ein wenig, das, was Du meinst:

Ich würde zu dem Beispiel von Brittka noch zufügen, dass dieses Mädchen, immer die Zähne ausbeißend am Vater und der Hoffnung diesen Menschen "knacken" zu können und doch immer wieder zurück gestossen zu werden und immer wieder mit dem Gefühl nicht gesehen zu werden zurückgelassen wird, denkt vielleicht auch in "stabilen" zwischenmenschlichen Beziehungen, dass der andere einen nicht sieht.
Obwohl dies in Wirklichkeit gar nicht so ist - anders als bei den Männern die sie sich aussucht und die wirklich unerreichbar sind - sind manche Beziehungen gar nicht unerreichbar (Beziehungen zu Freundinnen zum Beispiel), sondern auf einer "Ebene", aber diese Person, fühlt sich doch immer wieder "nicht gesehen", wird immer wieder an die Situation mit ihrem Vater erinnert, obwohl es gar nicht mehr so ist - aber das Gefühl des "nicht gesehens zu werden", das Gefühl "unerreichbare" Beziehungen zu haben, klein zu sein, gibt Sicherheit und deswegen wird immer wieder dieses Gefühl gewählt.

Hmm, ich bin gerade unsicher, ob Du so etwas überhaupt meinst Flora........Vielleicht denkst Du an etwas ganz anderes......

Naja, freu mich aber über Feedback und weiteren regen Austausch.

Liebe Grüße
Silke
Zazou
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Re: Wiederholungszwang

Beitrag von Zazou »

Ich kann zwar nichts inhaltliches beistuern, aber ich freue mich für Euch über die Fortschritte in der Therapie!!!
Ele
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Re: Wiederholungszwang

Beitrag von Ele »

Brittka, Flora und alle Anderen,

das Beispiel hat mich tief berührt. Mir ist auch durchaus bewußt und zwar schon seit längerer Zeit, dass ich etwas suche, was ich schon in meiner Kindheit nicht bekommen habe.

Aber wie kann man dieses Schema durchbrechen? Das Bewußtmachen alleine genügt ja nicht.

Liebe Grüße

Ele
>> Du mußt Chaos in dir tragen um einen tanzenden Stern zu gebären...>>

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Regenwolke
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Re: Wiederholungszwang

Beitrag von Regenwolke »

Liebe Flora und alle anderen,

Brittkas Beispiel finde ich total treffend, umso mehr, als daß ich zufällig genau das erlebt habe, was Du beschreibst, Brittka.

Obwohl ich zwei analytische Klinikaufenthalte und eine tiefenpsychologisch fundierte Therapie hinter mir habe, bin ich aber auf solche "treffenden" Wiederholungszwänge weniger in der Therapie gestoßen, als durch Bücher, wo ich mich dann in Beispielen "wiederentdeckt" habe, wie eben auch in Brittkas Beispiel. In der Therapie habe ich es eher so erlebt, daß die therapeutische Beziehung als Maßstab genommen wurden, d.h. Schwierigkeiten mit meinen Therapeuten immer wieder auf alte Muster zurückgeführt wurden, oft an Punkten, an denen das für mich überhaupt nicht nachvollziehbar war und ich lieber auf die aktuelle Beziehung geguckt hätte. Mein "Widerstand" gab dann den Therapeuten wiederum das Gefühl, mit ihrer Deutung richtig zu liegen, so daß ich keine Chance mehr sah, mit meiner Sicht der Dinge ernst genommen zu werden. Meine eh unsichere Selbstwahrnehmung ist dadurch nicht gerade gestärkt worden. Ich glaube, wenn es wirklich um einen Wiederholungszwang geht, muß irgendwas "klick" machen, einem wie Schuppen von den Augen fallen. Hört sich an, als wäre das bei Dir so gewesen, Flora.

Eles Frage, was man dann mit dieser Erkenntnis macht, finde ich sehr wichtig. Meine Erfahrung ist auch, daß sich allein durch das bewußte Erkennen solcher Muster nichts ändert. Um auf das Beispiel zurück zu kommen: Ich neige immer noch dazu, mich in Menschen zu verlieben, die mich mißachten, das läuft automatisch ab, da bleibt der Verstand völlig draußen. Allerdings hat sich mit den Jahren (durch Therapie aber auch durch andere Dinge) meine Fähigkeit gestärkt, gut für mich zu Sorgen, Selbstachtung und Stolz sind gewachsen, d.h. mein Selbsterhaltungsbedürfnis ist mittlerweile stärker, als der Drang, mich auf jemanden einzulassen, der mir nicht gut tut. Darin sehe ich den eigentlichen Schutz vor dem Wiederholungszwang.

Liebe Grüße,
Regenwolke
Ele
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Re: Wiederholungszwang

Beitrag von Ele »

Hallo Regenwolke,

ich möchte ebenso die sich immer wiederholenden "kranken" Beziehungsmuster vermeiden und vermeide daher den Kontakt zu Männern, wo es nur geht. Eine Zeit lang ist das ja auch o.k. und mir gings sicherlich besser als in meinen immer gleich ablaufenden Partnerschaften, aber das kann doch nicht die Lösung des Problems sein.

Mein Ziel wäre es mich selber wertzuschätzen und dadurch unabhängiger von einem Partner zu werden, aber wie schafft man das, ohne sich immer zu fühlen, wie das kleine Kind, das einfach nur in den Arm genommen werden möchte und unter der Ablehnung oder Nichtbeachtung so leidet?

Liebe Grüße
Ele
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flora80
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Re: Wiederholungszwang

Beitrag von flora80 »

Hallo ihr lieben.

So, bin zwar wieder zu Hause, aber schaffe es heute nicht, meine Gedanken wirklich zu sortieren. Ich wollte mich nur kurz mal wieder melden und sagen, dass ich mitlese. Hab die letzten vier Tage quasi durchgearbeitet, geht heute noch weiter, abends dann konzert. Ich nutze die freien Stunden, die ich jetzt noch habe, um gleich joggen zu gehen und mich dann an den Flügel zu schmeißen. Bis ganz bald,

Flora
Liber
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Re: Wiederholungszwang

Beitrag von Liber »

Hallo, Ihr Lieben

die Erkenntnis allein ändert noch nichts, das kann ich nur bestätigen.

Ich erkenne dann zwar, dass ich wieder ins Loch gefallen bin (um das Bild von der Geschichte vom "Loch in der Straße" zu verwenden, das ich für mich hier als sehr passend empfinde), ich erkenne sogar auch noch, warum - aber das ändert nichts daran, dass ich ja doch wieder ganz tief unten drin sitze.

Vor meiner Therapie hatte ich die Hoffnung, die Illusion, durch irgendetwas diese Löcher "aufgefüllt" zu bekommen - und dann wäre alles gut.

Aber mir ist allmählich klar geworden, dass es viel mehr um meinen Umgang mit diesen "Löchern" geht.

Als erstes muss ich akzeptieren, dass es diese "Löcher" in meiner Straße (meinem Leben) nun mal gibt. Sie werden nicht wie durch ein Wunder von außen irgendwann "aufgefüllt" sein. Sie entstanden in meiner Kindheit und alles, was ich heute tun kann, und alles, was ich heute bekomme, wird DIESE Löcher nicht mehr füllen. Das ist eine Tatsache.

Wenn mein Vater mir beispielsweise HEUTE sagen würde, dass er mich liebte, würde das DIESE Löcher nicht mehr füllen können.

Also sind diese Löcher da, aber neu ist, dass ich selbst etwas dafür tun kann, nicht mehr magisch von ihnen angezogen zu werden und als Folge wieder und wieder hineinzufallen.

Das ist schwer, denn es war ja ein sehr lange wirksames unbewusstes Muster.

Du hast den Selbstschutz angesprochen, Regenwolke. Das sehe ich auch so. Wenn ich auf mich achte, kann ich mit der Zeit "von weitem" erkennen, dass da wieder so ein Loch kommt. Und ich kann es dann meiden. Um das Loch herum gehen. Mich davor schützen, wieder hineinzufallen.

Aber das Meiden allein genügt noch nicht. Jetzt kommt es darauf an, neue Wege zu erkunden, vielleicht sogar erst zu schaffen.

Konkret: Beziehungen wagen und ausprobieren, die nicht auf dem alten Muster beruhen. In der Beziehung bei sich selbst bleiben. Sich abgrenzen. Den Wechsel von Nähe und Abstand aushalten.

Bin gespannt auf Eure Meinungen!

Einen schönen Sonntag und liebe Grüße

Brittka
jujumaus1972
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Re: Wiederholungszwang

Beitrag von jujumaus1972 »

hallo regenwolke, du hast den selbstschutz aufgeschrieben. mir geht es in den guten phasen auch so. dann achte ich auf mich, entwickle fürsorge für mich und bin meinem inneren kind eine gute mutter. das ist ein wichtiger schritt dafür, nicht wieder in solche kranken muster zu verfallen. da kann ich dir nur zustimmen. ich habe die hoffnung, das ich das irgendwann auch mal mit der beziehung hinbekomme.lg juju
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Clown
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Re: Wiederholungszwang

Beitrag von Clown »

Liebe Brittka,

gerade hatte ich eine schöne, lange wohlformulierte Antwort an dich geschrieben - ein falscher Klick, weg isses

Jetzt nur noch die Kurzform :

Meine Löcher füllt mir niemand, auch nicht mein wirklich guter, professioneller Therapeut, es geht um den anderen Umgang mit den Löchern, soweit bin ich einer Meinung mit dir.

Ich denke aber zusätzlich, dass die Löcher eben doch gefüllt werden können und auch gefüllt werden müssen!

Und zwar durch mich selbst.

Edit Gedankenblitz: Durch mein SELBST! ( Thomas)

Dadurch werde ich dann auch von meinem Wiederholungszwang 'erlöst'.

Lieben Gruß an alle hier,
Clown

@Maruschka: Nochmal , hab deine Mail gerade gelesen. Freue mich!
"Realize deeply that the present moment is all you ever have. Make the Now the primary focus of your life."
Eckhart Tolle
Regenwolke
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Re: Wiederholungszwang

Beitrag von Regenwolke »

Hallo ihr Lieben,

Brittka, du schreibst:

>Aber das Meiden allein genügt noch nicht. Jetzt kommt es darauf an, neue Wege zu erkunden, vielleicht sogar erst zu schaffen.

>Konkret: Beziehungen wagen und ausprobieren, die nicht auf dem alten Muster beruhen. In der Beziehung bei sich selbst bleiben. Sich abgrenzen. Den Wechsel von Nähe und Abstand aushalten.

Genau das finde ich das eigentlich schwierige. Ele, Du hast geschrieben, daß Du den Kontakt zu Männern z. T. meidest, um nicht wieder in alte Muster zu geraten. Genauso ergeht es mir auch. Aber das kann tatsächlich keine Lösung sein, der Preis dafür ist Einsamkeit. Andererseits habe ich mit dem Wagen von Beziehungen, die nicht auf dem alten Muster beruhen, auch keine guten Erfahrungen gemacht, ich kann mich nicht mit "Vernunft" und "Erwachsenheit" (so hab ich das versucht) auf jemanden einlassen, der mich nicht wirklich anzieht. Das war fast noch schlimmer, als das andere, ich hab mich vor mir selbst geekelt.

Ich glaube, die Lösung liegt in dem, was Clown geschrieben hat. Die "Löcher" müssen und können wir selbst füllen, nur das kann uns erlösen von dem Bedürfnis, doch immer wieder in die schädigenden Muster zu verfallen. Erst wenn ich gelernt habe, mich selbst so zu wertschätzen, daß ich nicht mehr überall außen (Papas) Wertschätzung suchen muß, krieg ich den Blick frei für das, was ich brauche und was mir wirklicht gut tut. Und ich denk mal, die Löcher haben dann einfach keine Anziehungskraft mehr.

Die Loch-Metapher finde ich einerseits nicht schlecht, weil ich bei "Löchern" an diese schwarzen Löcher denke, die Materie in sich hinein schlingen, also ungeheuer große Anziehungskraft besitzen. Andererseits muß ich dabei aber an eine Bemerkung meiner Klinik-Therapeutin denken, die ich mittlerweile ziemlich ärgerlich finde.

Sie sagte so in etwa: "Sie haben da etwas nicht bekommen, was sie gebraucht hätten. Aber der Zeitpunkt ist vorbei, Sie können das nicht mehr kriegen, so sehr sie es auch versuchen. Sie können nur lernen, mit einer Krücke zu leben. Aber auch mit Krücken kann man sehr gut laufen lernen."

Mich hat das traurig gemacht und bestürzt, ich fühlte mich "behindert", hab aber die Aussage an sich nicht angezweifelt. Bis mir eine andere Therapeutin ein ganz anderes Bild geliefert hat:

" Wissen Sie, Sie können sich eine Seele vorstellen, wie einen Luftballon, der unzerstörbar ist. Es kann dann passieren, daß auf diesen Luftballon immer mehr schwere Gewichte, Lasten, Steine gelegt werden, so daß er sich immer weiter verformt, bis von seiner ursprünglichen Form nichts mehr sichtbar ist. Was man dann tun muß, ist, daran zu arbeiten, die Lasten weg zu schaffen, Schritt für Schritt. Manchmal geht vielleicht nur ein kleines Steinchen, manchmal auch ein größerer Brocken. So lange, bis der Ballon wieder seine schöne Form zurückerhalten hat. Und er kann sie zürück erhalten!"

Dieses Bild habe ich seitdem vor Augen und mir ist ganz klar geworden: Ich brauch keine scheiß Krücken. Und so langsam krieg ich auch das Gefühl, daß wirklich keine Löcher gibt, die nicht gefüllt werden können.

Liebe Grüße,
Regenwolke
rm
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Re: Wiederholungszwang

Beitrag von rm »

Hallo Regenwolke,

>" Wissen Sie, Sie können sich eine Seele vorstellen, wie einen Luftballon, der unzerstörbar ist. Es kann dann passieren, daß auf diesen Luftballon immer mehr schwere Gewichte, Lasten, Steine gelegt werden, so daß er sich immer weiter verformt, bis von seiner ursprünglichen Form nichts mehr sichtbar ist. Was man dann tun muß, ist, daran zu arbeiten, die Lasten weg zu schaffen, Schritt für Schritt. Manchmal geht vielleicht nur ein kleines Steinchen, manchmal auch ein größerer Brocken. So lange, bis der Ballon wieder seine schöne Form zurückerhalten hat. Und er kann sie zürück erhalten!"<

Dieses von Dir geschilderte Bild tut mir gut und hilft mir wieder weiter. Danke dafür!

Noch einen schönen Sonnentag!
LG, Reinhart
Liber
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Re: Wiederholungszwang

Beitrag von Liber »

Hallo Regenwolke, hallo Clown,

Loch oder Luftballon ...

Vielleicht geht es hier um Zweierlei. Das Ich und das Selbst ....

Das Ich fühlt sich unvollkommen und bedürftig und leidet an den "Löchern". Es glaubt, dass irgendetwas noch "gefüllt" werden müsste, um sich zufrieden und ganz fühlen zu können. Es bemüht sich und strengt sich an, aber irgendwie fehlt immer noch etwas.

Das Selbst dagegen ist von sich aus heil und ganz und es fehlt nichts.

Nur bin ich mir meines heilen Selbst meistens nicht bewusst und spüre nur das unvollkommene Ich.

Vielleicht liegt hier ein Weg???

Nächtliche Grüße

Brittka
Clown
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Re: Wiederholungszwang

Beitrag von Clown »

«Nur bin ich mir meines heilen Selbst meistens nicht bewusst und spüre nur das unvollkommene Ich. »

Ja, natürlich, das ist es, Brittka!

So, sofort mache ich mich wieder auf die Suche!

LG, Clown

PS @ Regenwolke und Reinhart: Wasser finde ich auch ein schönes Bild für Seele ...
"Realize deeply that the present moment is all you ever have. Make the Now the primary focus of your life."
Eckhart Tolle
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