Muss ich als Depri immer lieb sein?

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imagine
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Muss ich als Depri immer lieb sein?

Beitrag von imagine »

An alle Harmoniesüchtigen, und solche, die es nicht mehr sein wollen!

Ich greife eine Idee von Trude auf, da auch mir dieser Zwiespalt zunehmend misshällt.
Da bin ich auf der einen Seite, immer lieb und nett, meistens höflich, freundlich und hilfsbereit.
Ich bin selten in der Lage gut für mich und meine Bedürfnisse zu sorgen


Und da bin ich wieder, verletzt, weil niemand erraten hat, was ich jetzt grade gebraucht hätte.
Traurig und ungeheuer wütend auf mich, aber auch auf meine Umwelt
Und nochmal ich, voller Angst vor Ablehnung, voller Angst auch die kleinste Wunschäusserung meinerseits würde mich ins "Verderben" stürzen

Ich stecke voller Sehnsüchte und Träume und bin so vollgefüllt mit Angst

imagine
Schweigen ist die unerträglichste Art der Erwiderung (Chesterton)
Mrs.DeepSea
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Re: Muss ich als Depri immer lieb sein?

Beitrag von Mrs.DeepSea »

Hallo Imagine,

das ist eine super Idee mit dem neuen Thread
Danke!

Leider habe ich keine Zeit mehr heute Abend um auch noch mal meinen Teil dazu bei zu tragen...

Aber ich sage: bis bald

LG
Claudia

@ bin übrigens die ehemalige "Trümmerpaula" - hast mich ja schon im "..harschen Ton.." kennen gelernt
gfb
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Re: Muss ich als Depri immer lieb sein?

Beitrag von gfb »

@imagine,

===================================
Ich bin selten in der Lage gut für mich und meine Bedürfnisse zu sorgen
===================================

Aber eben DAS ist wichtig!

Wer - wenn nicht du - soll für deine Bedürfnisse sorgen?

Mir scheint, dass eines der wichtigsten Worte für Depris das Wort NEIN ist:

NEIN: das passt jetzt nicht!
NEIN: das möchte ich so nicht!
NEIN: das mach ich jetzt SO und nicht anders!
NEIN: morgen hab ich schon was vor!

undsoweiterundsofort...

Es ist nicht einfach, das einzuüben, aber es geht (ich probier das ab und an mal anlässlich gewisser "social events" der Ex-"Familienbrut" nebst Anhang wie Onkel und Tanten und Grosseltern meines Kindes; derlei bleibt nicht aus, da ich grad mal 500 m weiter weg wohne.

Und wenn ich im Vorfeld schon weiss, dass eine Geburtstagsfeier mit lauter wohlbestallten Leuten, denen es einfach nur gut geht, zu einem Deprischub führen würde sage ich einfach NEIN zu einer Einladung - und siehe da: ich fühl mich wesentlich besser als wenn ich den Fremdkörper in einer fröhlichen Runde spielen würde...)


======================================
Und da bin ich wieder, verletzt, weil niemand erraten hat, was ich jetzt grade gebraucht hätte.
======================================

Dann SAG das deiner Umwelt bzw. versuche erst mal zu sagen, was DU JETZT GERADE NICHT brauchst!

========================================
Und nochmal ich, voller Angst vor Ablehnung, voller Angst auch die kleinste Wunschäusserung meinerseits würde mich ins "Verderben" stürzen
========================================

Ähemmm...

Ich kann dir das halbwegs nachfühlen, aber: liegt dir wirklich SO VIEL an Leuten, deren Reaktion auf eine Wunschäusserung deinerseits dich ins "Verderben" stürzen könnte?

Gibts nicht auch ne Menge anderer Leute (z.B. hier im KND), bei denen du eine derartige Reaktion nicht zu gegenwärtigen hättest?

Alles Gute für dich

Friedrich
------------

"Warum sind wir so kalt?

Warum? Das tut doch weh!"



Erika Mann, "Die Pfeffermühle"
imagine
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Re: Muss ich als Depri immer lieb sein?

Beitrag von imagine »

Hallo Claudi, bis bald, ich freu mich!

Hallo Friedrich,
sich ins Verderben stürzen kann man überall, auch hier im Forum.
Wenn ich von Verderben spreche, dann meine ich nicht nur das, was meine Umwelt so von mir denkt, damit könnte ich noch einigermassen umgehen, sondern, das was mit mir passiert, ich fühle mich schuldig und das strahle ich aus und das veranlasst die anderen die Schuld auch bei mir zu belassen.

Das Problem ist aber primär, dass ich es zulasse, dass ich es nicht fertigbringe mal kurz über die Schulter zu blicken und zu fragen"ist was"
Wobei ich sagen muss, es geht mir im Moment gut, deshalb kann ich ja diesen Thread aufmachen, kann mich äussern, will nicht nur mehr träumen...

Nein sagen ist das eine Problem, das stimmt, aber zu sagen, ich möchte das jetzt so, ohne Angst im Nacken, das ist das andere Thema, um das es mir hier geht.

Wahrscheinlich bist du mir schon einige Schritte voraus, aber im Moment kann ich ziemlich schnell laufen...

Freundliche grüße
imagine
Schweigen ist die unerträglichste Art der Erwiderung (Chesterton)
Chiron
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Re: Muss ich als Depri immer lieb sein?

Beitrag von Chiron »

Hallo Imagine,

willkommen im Club der Harmoniesüchtigen.

Es ist, als würdest Du mir mit Deinen Ängsten und Befürchtungen aus der Seele sprechen.
Weißt Du, woher Dein diesbezügliches inneres Muster kommt?
Bei mir wurde der Grundstein dazu in der Kindheit gelegt.
O-Ton meine Mama:"Wenn du nicht brav bist, kommst du ins Heim."
Damit hält sie mich bis heute in Schach um ihre Wünsche mir gegenüber in die Tat umsetzen zu können.
Nach 6,5 Wochen in der Psychosomatik, habe ich immer noch Angst davor, ihr gegenüber zu treten und nicht standhalten zu können.
Mein Thera riet mir, mein schlechtes Gewissen, das sich nach einem NEIN meinerseits, ständig bei mir einschleicht, einfach mal auszuhalten und zu warten was passiert.

Ja, eigentlich kann ich Dir nur raten es auch mal so zu versuchen und endlich, endlich mal einen gesunden Egoismus zu entwickeln.

Alles andere lässt uns leider immer wieder in die Depri stürzen.

Und, warum muss ein Depri immer lieb sein?

Übrigens habe ich meinem Freund gegenüber diese Gefühle der Überforderung oder Harmoniesucht nicht.
Bei ihm fühle ich mich wohl und geborgen, ohne dass ich mich unter Druck gesetzt fühle, irgendwelche Bedingungen von ihm erfüllen zu müssen.
Deshalb werde ich im Anschluss des Klinikaufenthaltes 2 Wochen der Nachsorge bei ihm verbringen.

Gibt es bei Dir auch einen Menschen bei dem Du Dich frei und geborgen fühlen kannst?

Liebe Grüße,
Chiron
"Was mich nicht umbringt, macht mich noch stärker."
skip
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Registriert: 18. Feb 2006, 18:59

Re: Muss ich als Depri immer lieb sein?

Beitrag von skip »

Liebe Imagine,

du hast auch bei mir ins volle getroffen.
Genauso bin ich und vor allem müssen alle anderen immer erraten, wie es mir wirklich geht.

Die andere Seite habe ich auch schon versucht, bin aber immer damit angeeckt und habe deswegen am liebsten Friede, Freude und Eierkuchen um mich selbst herum.

Manchmal tut es mir gut, aber viel zu oft vergesse auch ich mich selber dabei.

Auch bei mir kommt das ganz klar aus der Kindheit. War zwischen zwei Brüdern das einzige Mädchen und so süss, weil ich immer sooo lieb war. Aber eine andere Chance hatte ich nicht, ich musste schon immer funktionieren, sonst wäre ich schon damals untergegangen.

Komischwerweise habe ich meinen Sohn ganz anders erzogen, er ist wirklich manchmal ein Kotzbrocken und wenn der Wind dann verraucht ist, freue ich mich eigentlich doch immer wieder darüber, wie Selbstbewusst er ist und das er immer versucht, für sich das beste rauszuziehen. Manchmal wünsche ich mir etwas mehr wie er zu sein, die Ellenbogen auszufahren und einfach mal nur das zu tun, was mir gut tut und nicht was die anderen von mir erwarten. Leider bin auch ich zu schwach für diesen Kampf.Oder ist es nur die Angst?

Alles Liebe
Skippy
Der Weg war schon immer das Ziel
maggy
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Re: Muss ich als Depri immer lieb sein?

Beitrag von maggy »

Hallo Ihr Lieben,

weil es so gut zum Thema paßt, für alle Harmoniesüchtigen, die gerne Konfliktfreudig werden möchten :

Auszug aus: "Gewaltfreie Kommunikation" von Marshall B. Rosenberg:

Ich möchte gerne von einem Dialog berichten, den ich in meiner Praxis als klinischer Psychologe in fast unveränderter Form mit den vielen Patienten führte, die wegen ihrer Depressionen zu mir kamen. Nachdem ich auf die tiefen Gefühle eingegangen war, die der Patient gerade gezeigt hatte, ging unser Gespräch meistens folgendermaßen weiter:

Marshall B.Rosenberg: Was ist es, was Sie haben wollen und nicht bekommen?
Patient: Ich weiß nicht, was ich will.
MBR: Ich dachte mir schon, dass Sie das sagen.
Patient: Wieso?
MBR: Meine Theorie ist, dass wir depressiv werden, weil wir das, was wir wollen nicht bekommen; und wir bekommen nicht was wir wollen, weil uns nie beigebracht wurde, das zu bekommen, was wir wollen. Statt dessen haben wir gelernt brave kleine Jungs und Mädels und gute Mütter und Väter zu sein. Wenn wir eine von diesen guten Eigenschaften haben, gewöhnen wir uns am besten gleich daran depressiv zu werden. Depression ist die Belohnung fürs Bravsein. Aber wenn Sie sich besser fühlen wollen, dann möchte ich Sie bitten herauszufinden, was Sie sich wünschen. Was genau sollen andere Menschen tun, damit Ihr Leben besser für Sie wird?
Patient: Ich möchte gerne, dass mich jemand liebt. Das kann ja nicht so falsch sein, oder?
MBR: Das ist ein guter Anfang. Jetzt möchte ich Sie bitten, genauer zu bestimmen, was jemand anders konkret tun soll, damit sich Ihr Bedürfnis, geliebt zu werden, erfüllt. Was könnte ich z.B. jetzt tun?
Patient: Ach, Sie wissen doch...
MBR: Ich bin mir nicht so sicher, ob ich das weiß. Ich möchte Sie bitten, mir zu sagen, was ich oder andere machen sollen, damit Sie die Liebe bekommen, nach der Sie suchen.
Patient: Das ist schwierig.
MBR: Ja, es kann schwierig sein, klare Bitten zu formulieren. Aber denken Sie daran, wie schwer es für andere ist, auf unsere Bitte zu reagieren, wenn uns selbst nicht einmal klar ist, was wir wollen!
Patient: Mir wird langsam klar, was ich mir von anderen wünsche, um mein Bedürfnis nach Liebe zu erfüllen, aber es ist mir peinlich.
MBR Ja, es ist sehr oft peinlich. Also, was soll ich oder jemand anders tun?
Patient: Wenn ich mir genau überlege, was ich möchte, wenn ich um Liebe bitte, dann möchte ich, daß Sie erraten, was ich will, möglichst bevor es mir selbst klar wird. Und dann möchte ich, dass Sie das immer so machen.
MBR: Ich bin dankbar für Ihre Klarheit. Ich hoffe, Sie können jetzt erkennen, dass es für Sie unwahrscheinlich ist, jemanden zu finden, der Ihr Bedürfnis nach Liebe erfüllt, wenn er das dafür tun soll.

Sehr oft konnten meine Patienten dann erkennen, wie stark ihr Mangel an Bewußtheit darüber, was sie sich von anderen wünschten, zu ihren Frustrationen und Depressionen beigetragen hatte.
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Depression ist die Fähigkeit mit tiefster Gefühlsbereitschaft auf Konflikte zu reagieren
trude
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Registriert: 13. Okt 2005, 14:05

Re: Muss ich als Depri immer lieb sein?

Beitrag von trude »

Hallo ihr,

danke schon mal für den Thread, auch wenn er etwas konfus scheint.

Ich glaube die meisten hier wissen um ihr Problem der Harmoniesüchtigkeit, aber es ist einfach verdammt schwierig damit umzugehen, auch wenn einem eigene Bedürfnisse und Wünsche bewußt sind.

Irgendwie geht es auch um Bilder und vor allem die eigenen entwickelten moralische Instanzen, die unser Verhalten immer wieder bewerten.

Sprich: ich kann eigentlich gar nicht oder ganz schlecht damit umgehen, daß jemand böse auf mich ist. Vor allem ungerechtfertigt. Wenn die andere Person dies fest bestätigt (ohne Angabe von Gründen), dann fange ich an an zu grübeln, ob da vielleicht doch was dran ist (denke plötzlich in der anderen Person und suche Argumente für die andere Person), und schon hat es mich erwischt und ICH fühle mich am Ende schuldig.

Dazu kommt natürlich die massive Angst Konflikte zu führen, die dann letztendlich auch dazu führt der anderen Person recht zu geben, weil ich
a.) den Konflikt nicht führen kann/will (in der Erde versink- schwarz werde - kein Stimmbänder mehr besitze etc.)
und b.) weil ich weiß daß die Konfliktvermeidung meinerseits feige und erbärmlich ist und ich mich so zusätzlich noch mit dem Gefühl des Versagens rumschlagen muß,
deshalb verleugne ich den Konflikt um mich nicht komplett selbst niederzumachen.

Außerdem erwarte ich natürlich meine Verhalten auch von anderen und kann oft gar nicht verstehen, daß sich vielleicht jemand einfach mal -gemein- verhält...

- So jetzt laße ich euch mit dem verwirrten Sermon von mir alleine -



und manchmal möchte ich gerne mal eine Auszeit von mir selber haben, vom Lieb-Sein, vom Stimmig-Sein und einfach mal frech, unverschämt, egoistisch daherkommen...

Trude
imagine
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Re: Muss ich als Depri immer lieb sein?

Beitrag von imagine »

Hallo ihr "lieben" Harmoniesüchtigen,

ich kann jetzt leider nicht alles beantworten, obwohl viele Dinge dabei sind, die ich ganz genau so erlebe, aber meistens bin ich nachts fitter und dann müsste das mit der Antwort dann auch klappen.

Freundliche Grüße
vielleicht schaut Albert in diesen Thread, der eigentlich ein böses Mädchen sein will, hiermit grüße ich dich

Eure imagine
Schweigen ist die unerträglichste Art der Erwiderung (Chesterton)
imagine
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Re: Muss ich als Depri immer lieb sein?

Beitrag von imagine »

Also, hier bin ich wieder,
Ja Trude, das wünsche ich mir auch, einfach so daher kommen zu können, ohne, nachdem was ist danach, zu fragen
Ich erlebe ähnliches wie Chiron, danke dir, dass du so besorgt um mich bist, aber ich finde es toll, dass du bei deinem Freund so sein kannst wie du bist, denn das ist nicht selbstverständlich.
Bei mir wurde der Grundstock sicher auch in der Kindheit gelegt, zwar nicht mit so massiven Drohungen, aber ich hatte auch ständig das Gefühl eine Riesenenttäuschung für meine Mutter zu sein.
ich habe einen Mann, der mich eigentlich so lässt, wie ich bin, wenn ich nicht über seine gesteckten Stränge schlage...
Es ist schon spät, gute Nacht ihr Lieben, ich würde mich freuen, bald wieder von euch zu lesen

Freundliche, nächtliche grüße
imagine

Liebe Grüße auch an Skippy, der es ähnlich geht, wie mir
und auch vielen Dank an dich Maggy
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Mrs.DeepSea
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Re: Muss ich als Depri immer lieb sein?

Beitrag von Mrs.DeepSea »

Liebe Imagine und ihr lieben anderen,

ich stecke gerade mal wieder in einem akuten, sehr extremen Streit mit meiner Ausgabe von "Partner/Beziehung/Freund" (habe eigentlich keine treffende Benennung, weil es einfach total verkappt ist )
Ich würde SOFORT unterschreiben, dass ich harmoniesüchtig bin -
und die letzten Worte der Oberärztin aus der Klinik an mich waren: "Frau O. passen Sie auf Ihr Harmonie-Bedürfnis auf, das ist Ihre Schwachstelle!"

Im Moment sieht es allerdings eher so aus:
(Eigentlich) denke ich, dass ich darum weiß, dass ich SAGEN/DEUTLICH MACHEN muss, was ich brauche, was mich verletzt, was ich mir wünsche - dass ich bitten muss und Hilfe annehmen lernen und auch ein Nein nicht persönlich nehmen lernen muss.
Und ich meine auch, dass ich auf einem gutem Weg dorthin BIN.
Doch jetzt kommt es:
Ich ecke NUR NOCH damit an. Stoße auf Widerstand. Stehe vor ständigen "Rechtfertigungsanforderungen" von anderen an mich.
Habe etliche Freundschaften (mitunter auch meine mittlere Schwester) verloren - und zwar nicht 'auseinander gelebt', sondern bitter böse, im Streit.

Meine Schwachstellen:
Ich falle immer wieder in die "Mich-erklären/rechtfertigen-wollen-Falle" anstatt einfach mal nach meinem NEIN einen dicken fetten Punkt zu setzen.
Bei vielem geht es doch gar nicht um meine Begründung oder um das "Verstehen-wollen" meiner Entscheidungen... Jede Rechtfertigung meinerseits bietet einfach zu viel Raum für andere, mir 10 Argumente dagegen zu setzen und mich K.O. zu schlagen.
Es gibt kein "OK - Claudia will es jetzt einfach so - weil sie sich danach fühlt" - das akzeptiert niemand.
Damit wären wir bei der weiteren Schwachstelle:
Ich kann schlecht damit leben, wenn jemand mein "Nein" nicht akzeptiert und 'verurteilt'.
Ich gebe diesem anderen viel zu viel Raum.
Fühle mich ungeliebt, zweifle und fühle mich letztendlich klein und dumm - und vielleicht sogar noch zu Recht verlassen...

Denn was mir in letzter Zeit wieder viel zu oft passiert ist, dass ich AUSRASTE.
Ja - ICH - die "Harmonie-Süchtige"
Passt nicht zusammen?
Und wie........!!!

Ich bin nämlich einfach WÜTEND.
Vor allem auf MICH.

Ich sage laut und deutlich, was ich brauche.
Kann es vielleicht sogar begründen - notfalls sogar mit Fakten und total logisch.
Doch sobald jemand "BUH" schreit oder schlimmsten Falls es total IGNORIERT,
dann fühle ich mich verletzt, verurteilt usw.
Nehme das VIEL ZU WICHTIG.
Es raubt mir die Luft zum Atmen.

Und anstatt den Menschen, die mir in dieser Hinsicht nicht gut gehen, den Rücken zu kehren...
steigt in mir gerade nur noch PANIK auf, weil ich einen nach dem anderen 'verliere'.

Mal zu meinem Streit mit meinem, oben schon erwähnten, hier im Forum schon als "Ruhr-Ausgabe" bekannten Mann:
Ich bin dabei meine neue Wohnung zu renovieren - gestern haben wir den ersten Raum gestrichen.
Der kluge, technisch-hochversierte Mann wollte bei Tageslicht am Abend streichen.
Ich wollte zumindest Glühbirnen haben und am Besten noch einen Strahler - damit man die Abtönungen besser erkennt.
Ihr könnt euch nicht vorstellen, was für ein Akt erst durchlebt werden musste, bis ich mich ENDLICH im Baumarkt wieder fand und diese schei*** Birnen (UND den Strahler) in den Händen hatte...
Dass ich nicht vor dem Baumarkt wegen Luftnot verreckt bin, war alles
Warum diese ganze Energie?
Warum kaufe ich mir nicht einfach selber meine blöden Birnen - ich weiß doch, dass auf ALLES, was ich sage, will, wünsche erst mal ein NEIN von anderen kommt.
Hab ich das nötig?
Es geht doch um MEINE Wohnung.
Und soooooo dämlich war mein 'Wunsch' jetzt nun wirklich nicht.
ALSO - WAS HABE ICH EIGENTLICH FÜR PROBLEME MICH DURCHZUSETZEN

Nun ja...
Ich habe sonst niemanden!

Und dieser Satz wiegt so schwer,
(und ich denke, meine Kindheit und die "Schlechtes-Gewissen-Erziehung meiner Mutter" sind noch viel zu viel in mir DRIN),
dass ich aus Angst davor alleine da zu stehen,
mich selber immer noch in Frage stelle
und vor Wut darüber trotzdem alles um mich rum kaputt mache (weil ich mich provozieren lasse, wütend werde, laut) -
und mein Gesicht vielleicht schön längst in den letzten Gulli geschmissen habe

Mit total frustrierten Grüßen
Claudia

PS - Entschuldigt - ich glaube: viel zu lang und viel zu konfus
imagine
Beiträge: 1068
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Re: Muss ich als Depri immer lieb sein?

Beitrag von imagine »

Liebe Claudia,
deine Antwort verdient eine längere Antwort, als die, die ich jetzt schreibe, aber glaube mir, ich weiß genau von was du schreibst, so als wäre ich dabeigewesen.

Da sitzt man nun als absolut Harmniesüchtiger und provoziert einen Streit nach dem anderen.

Wo bei meinem Mann ein einfaches NEIN, noch nicht einmal laut gesprochen genügt, da erzähle ich ganze Romane, oft mit dem Ergebnis, dass nichts von dem geschieht, was ich ursprünglich mal wollte, weil ich vor lauter Schiß wieder aufgegeben habe.

Oh, wie gut kenne ich diese Situationen, viel,viel besser als mir lieb ist.

Morgen mehr, ja?
ganz liebe Grüße
von imagine
Schweigen ist die unerträglichste Art der Erwiderung (Chesterton)
Mrs.DeepSea
Beiträge: 196
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Re: Muss ich als Depri immer lieb sein?

Beitrag von Mrs.DeepSea »

Liebe Imagine,

du hast es in kurzen Worten auf den Punkt gebracht - wozu ich Zeilen über Zeilen schreiben muss
Das ist auch so ein Punkt, an dem ich arbeiten muss - wenn es um mich geht, ringe ich nach Worten und scheine den einen Satz nicht für so aussagekräftig zu halten, dass ich gleich noch einen mit dran packe - man könnte mich ja falsch verstehen?
Und alles, was ich erreiche ist dann, dass mein Gegenüber verwirrt ist und sich denkt: die weiß ja gar nicht, was sie will - also ziehe ich jetzt mein Ding durch. (weil es ihm zu anstrengend geworden ist, mir folgen zu müssen..)

*grmpfh* *grmpfh* *grmphf*

Aber dafür mache ich JETZT einen Punkt -
und freu mich schon über deine Antwort.

Es ist zwar nicht schön, wenn jemand die gleichen Probleme hat - aber ungemein beruhigend, dass ich nicht alleine in so einem Desaster stecke...
Scheint noch alles irgendwie MENSCHLICH zu sein.

Also, AUFRUF: aufstehen! Und sich nicht verbiegen lassen! Und dazu STEHEN, was man meint. Und mal wieder an sich selbst glauben und darauf vertrauen, dass es GUT sein kann.............!

Hab(t) einen schönen Tag!

Ganz liebe Grüße
Claudia
Onkel_Albert
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Registriert: 11. Nov 2005, 07:29

Re: Muss ich als Depri immer lieb sein?

Beitrag von Onkel_Albert »

Liebe imagine, liebe Clubmitglieder,
ich gehöre zu euch!

Zuhause in der Familie gibt es schon genug Reibereien,
da muss ich nicht auch noch mitmachen.
Und bei der Arbeit kann ich's dann trotzdem meinem Chef nicht recht machen ...

Aber trotzdem -
bei all den guten Ratschlägen höre ich immer heraus:
Du MUSST auch mal "nein" sagen!
Du MUSST auch mal deinen eigenen Wünsche formulieren!

Warum, zum Teufel, MUSS ich immer was müssen?


--------------------------------------

Ein jegliches hat seine Zeit,

und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde ...

(Prediger Salomo)
Lee
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Registriert: 5. Jul 2004, 16:42

Re: Muss ich als Depri immer lieb sein?

Beitrag von Lee »

Mrs.DeepSea
Beiträge: 196
Registriert: 15. Jun 2006, 21:11

Re: Muss ich als Depri immer lieb sein?

Beitrag von Mrs.DeepSea »

Liebe Lee,
herzlichen Glückwunsch

Es ist zwar typisch depri, was ich jetzt schreiben werde, aber ich schreibe es trotzdem:

ich ahnte mich auf einem guten Weg dorthin - zu der Claudia, die auch mal nein sagte und JA zu ihren eigenen Gefühlen. Ich wagte, mich zu äußern! Ich wagte, mich selbst ernst und wichtig genug zu nehmen.
Und ich glaube, so richtig zurück kann ich jetzt auch nicht mehr - nicht mehr dahin zurück, dass ich schweige!
Ich klebe irgendwie zwischen den Stühlen und schaffe den nächsten Schritt nicht.
Es scheint verhext - und "alles gegen mich gerichtet"
Denn es klappt nicht - ich äußere mich und stoße auf Widerstand und auf Ablehnung.
Da geht keine andere Tür auf - im Gegenteil.
"So lange ich so bin, wie die Menschen mich wollen bin ich liebenswert..."

Ich sollte meine Erwartungshaltung an andere runter schrauben. So nach dem Motto: sobald ich an mir arbeite und mich ändere, MUSS ja alles endlich besser werden.
Aber es heißt eben nicht, dass andere dann plötzlich 'nur noch' dran sind, mir meine Wünsche zu erfüllen und meine Grenzen liebevoll zu respektieren.
Tja.

Mit so viel Neins gegen mich fällt es mir schwer.
Es fällt auch schwer, dann nicht mehr alles gegen sich persönlich zu empfinden. Woher die Gelassenheit nehmen???

Wenn eine andere Tür aufginge... mhm... das wäre schön!
Das wäre wie Urlaub - vom Kämpfen gegen den eigenen Unmut.
Das wäre mal ein Häppchen für die gestresste Seele...
Das tut doch jedem gut.
Wie soll man (an sich selbst) lernen, wenn man nicht ab und zu ein "Lob" oder "Bonbon" dafür kriegt?

Ich grüße alle Harmoniesüchtigen und alle Ex-Harmoniesüchtigen und wünsche euch einen HARMONISCHEN Abend

Claudia
imagine
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Re: Muss ich als Depri immer lieb sein?

Beitrag von imagine »

Liebe Claudia,

oh nein, so schnell geht keine neue Tür auf, zuerst einmal gehen alle zu und zwar mit einem lauten Knall.

Ich bin auch kein Held, möchte manchmal(naja meistens jedermanns Freund und Liebling sein)

Aber das war ich auch in meiner Ja Sager Phase nicht, weil ich dann wenn ICH mal NEIN sagte, alle Leute vor den Kopf gestoßen habe.

Ich habe eine ziemlich
harte Zeit hinter mir, liebe Claudia, aber du darfst nicht aufgeben, wenn du so weit bist und lange nachdem sich die letzte Tür geschlossen hat, geht eine neue auf

und dahinter bist dann DU, ein Mensch, der ehrlich und aufrecht durchs Leben geht und weitgehend mit sich und der Welt um sich herum in Frieden leben kann, eben weil er nicht dauernd nach Liebe sucht, sondern darum bemüht ist, sich selber zu finden, seine eigenen Bedürfnisse zu stillen, nicht auf Kosten anderer, das wäre der falsche Weg.

Ich habe mir eigentlich damit am schwersten getan, die starke Maske fallen zu lassen und klein und schutzbedürftig zu sein, und dann habe ich zu meiner eigenen Überraschung festgestellt, dass ich ganz schön viel Power habe, dass ich immer noch lebe und das im Moment gern(das kann ich selber kaum glauben)

und dass es Menschen zum Teil neue Menschen gibt, die mich so schätzen, wie ich jetzt bin.

Leider, denn ich würde gerne in diesem Tgread weiterschreiben, gehe ich am Dienstag in Urlaub auf den ich mich sehr freue, aber wenn ich zurück bin, dann lass ich ihn wieder aufleben, oder ihr haltet ihn so lang am Leben.


Hallo Albert,
ich freue mich ganz einfach, dass du da bist.
Ich habe im öffentlichen Dienst gearbeitet, da ist es etwas leichter, dem Chef die Meinung zu sagen,in einem anderen Job hätte ich dazu im Moment auch keinen Mut


Euch allen ganz liebe herzliche Grüße und

ich schicke denen schwarze Wolken, die diese gerade mögen und jenen Sonne, die sie brauchen
und da sind ja noch die tausend kleinen Sonnen, die mir Albert geschenkt hat, von denen gebe ich auch ein paar ab (die allermeisten behalte ich allerdings für mich, denn so groß, wie ich hier daherrede bin ich noch lange nicht und dann brauche ich sie auch)

imagine
Schweigen ist die unerträglichste Art der Erwiderung (Chesterton)
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