Gehirnwsche!

[maggy]

Liebe Dan, ich mach mal diesen neuen Thread auf, weil es nicht so viel mit Gedichten zu tun hat. Du schreibst: Ich fühle mich noch teilweise ausgeliefert und habe noch riesigen Angst vor Gehirnwäsche. Ich habe das, als ich in der Klinik war auch so erlebt und es machte mir erstmal große Angst. Was ich mir dabei erarbeitet habe, möchte ich Dir gerne mitgeben (aber vielleicht ist es bei Dir ja auch ganz anders): Ich stellte irgendwann alles das, was ich wußte in Frage und es kam der Moment der absoluten Gehirnleere. Da stieg ein Bild in mir auf: Ich verglich mich mit einem Computer (also mit der Festplatte, die mein Gehirn darstellte), auf dem irgendwann, irgendwer eine Software installiert hatte, mit der ich zwar bis dahin gearbeitet hatte und mit der ich nicht mehr klar kam, und ich sah rund um mich Leute deren Software mir wesentlich mehr zusagte, als meine. Ich begrüßte, diese momentane Leere meiner Festplatte und fing an mir eigene Programme zu schreiben. Ich konnte sie benutzen und wieder löschen, ganz nach belieben. Und egal, wie verdreht sie teilweise waren, es waren MEINE. Die Therapeuten in der Klinik konnten das aushalten und ermunterten mich die "verrücktesten" Sachen zu probieren. Es ging sogar so weit, dass ich mir mit 36 Jahren rote Schleifen ins Haar band und wie ein Teenager durchs Haus sprang. Während meiner tatsächlichen Pubertät hatte ich nie Pickel im Gesicht, aber jetzt sprossen sie in voller Größe und ich habe es genossen, das alles nachzuholen. Ich wünsche Dir, dass Du Dich mit dem "programmieren" kannst, was Dir gefällt und was Dein Wesen ausmacht. Alles Liebe von Maggy

[dan]

Liebe Maggy, Danke viel Mals. Mir hilft schon den neuen Beruhigen Tabletten, ich schiesse jetzt nicht so schnell in der Tiefe. Es macht es leichter für mich zu wissen daß ich nicht die Einzige bin/war mit solchen Ängsten. Diesen Bild von Festplatte hat mein Mann mir auch gegeben. Jetzt habe ich daß zweifach und daß ist eine Ermutigung. Die Hoffnung wächst in mir daß es doch besser wird. Die Gedanken sind Teilweise noch schlimm aber ich bin die nicht mehr so ausgeliefert. Ich will jetzt meine Festplatte reinigen lassen. Es gibt eine Haufe von Viren und Wörme die meine eigenen Basis Programm durcheinander bringt. Ich komme auf eine Station wo ich mit "Interpersonellen Psychotherapie" (IPT)" behandelt wird. Kennst du daß? Die Station hat 14 Betten. Was mir stinkt ist wieder von vorne rein mit neuen Ärzte anzufangen. In den letzten 6 Monaten habe ich so viele Therapeuten und Ärzte kennen gelernt. Ich mag nicht immer wieder diesen Bloss stellen. Ich findet es mehr Intim als beim Frauenarzt. Jetzt habe ich 40 Stunden bis zur Aufnahme. Morgen kriege ich wahrscheinlich eine Krise beim Packen aber dann ist wieder meinen Mann zu Hause. Noch Mals danke, dan

[inka]

liebe maggy, liebe dan- auch ich habe mir das bild von der festplatte zu eigen gemacht. und ich lösche jetzt sogar gerne die fehlerhaften dateien. und ich kann jetzt ganz bewußt neue gedankengänge entwickeln. die alten haben sich ja mehr oder weniger unbewußt entwickelt. inka

[christabelle]

...mir ist das ein Rätsel, wie Ihr das macht, absichtlich alte Gedankengänge löschen und neue draufschreiben - bei mir klappt das nicht - ich kann nicht willentlich meine Einstellung ändern - gibt es da einen Trick? Oder braucht man ausreichend starke Psychopharmaka zum "Löschen"? Gruß Christabelle

[maggy]

Liebe Christabelle, außer mal einer Vitamin C Tablette im Winter nehme ich keine Medikamente. Das "Löschen" ist ja nichts was von jetzt auf gleich passiert. Bei mir ging es erstmal darum die alten Glaubenssätze (die Software, die irgendwann in meiner Kindheit von anderen und später auch von mir selbst "installiert" wurde) und die damit verbundenen Verhaltensmuster zu erkennen. Wahrzunehmen wieviel Schmerz und unangenehme Gefühle, diese Muster verursachten. Sie sind dann immer noch da, aber ich "spiele" einfach nicht mehr mit. Ich habe in langer Kleinarbeit rausgefunden, was mir gut tut und diese Muster prägen sich, je öfter ich sie anwende immer mehr ein. Und wenn ich mal wieder in meine alten Muster verfalle, lache ich und sage: aha, da seit ihr ja wieder, ausgetrixt, aber erkannt. Oder es macht mich traurig, weil diese Vergangenheitsmuster mein Leben so lange geprägt haben. So oder so, ich lerne mein Potenzial (absichtlich mit "z" geschrieben), das mein Leben ausmacht immer besser kennen und somit auch mich und meinen Weg. Und wenn das alles nichts hilft gibt es ja immer noch THE WORK . Alles Liebe und schlaf schön Maggy

[christabelle]

...danke, Maggy, für's Erinnern! ...aber Dich mit roten Schleifen im Haar hätte ich zu gerne über die Treppen hüpfen sehen... Dir auch eine gute Nacht! Christabelle

[inka]

hi christabelle,... einfach geht das löschen nicht. bei mir ist es so... ich hab mich gefragt, will ich weiterleben? .. die antwort war ja. will/kann ich so weiterleben wie bisher? die antwort war nein. was muß ich also ändern? mir fiel auf, dass ich von einem leiden ins nächste taumelte. es waren stets ähnliche situationen, allerdings mit anderen menschen. die anderen menschen kann ich nicht ändern. ich kann nichts tun, dass sie liebevoller, ehrlicher, usw. mit mir umgehen. aber ich kann meine gedanken und mein verhalten ädern. wenn ich also wieder mal mit angst reagiere oder mit kopfschmerzen usw. halte ich inne, analysiere die situation und vollziehe meine reaktionen nach. dann überlege ich mir wie ich das nächstemal anders reagieren könnte, damit es mir besser geht. vor allem lenke ich auch meine aufmerksamkeit jetzt mehr auf andere dinge als die störenden. die störenden dinge sind da, ich registriere sie, lege sie zu den akten und versuche, die vielen anderen dinge zu sehen die es auch noch gibt. das ist nicht leicht, aber ch übe das jeden tag den ganzen tag. gruß, inka