Spagat zwischen Selbstfürsorge und der Versuch eine gute Stütze zu sein

Antworten
Traveltheworld
Beiträge: 5
Registriert: 18. Sep 2023, 13:29

Spagat zwischen Selbstfürsorge und der Versuch eine gute Stütze zu sein

Beitrag von Traveltheworld »

Hallo zusammen,

ich freue mich jetzt schon sehr über den Austausch mit euch, da es für mich mit Kleinkind gar nicht so leicht ist eine SHG oder Angehörigengruppe zu besuchen.

Wo fange ich an?

Mein Partner und ich sind seit 5 Jahren zusammen und haben eine wundervolle Tochter (1,5 Jahre). Mein Partner hat mir sehr zeitig offenbart, dass er an Depressionen leidet. Für mich war das aber erstmal kein Thema, da ich mich nun mal in ihn verliebt habe:)

1 Jahr nachdem wir uns kennengelernt haben, ist er in eine starke Depression gerutscht, es ging nichts mehr und er ließ sich für 3 Monate in eine Klinik einweisen mit anschließendem Besuch einer Tagesklinik. In der Zeit befasste ich mich sehr viel mit dem Thema Depression und wie ich mich schützen kann und gleichzeitig meinen Partner gut begleiten kann. Rückblickend ist mir das echt gut gelungen.

Seit dem gibt es immer wieder Phasen in denen es ihm "gut" geht und dann mal wieder schlechter.

Nun aber zu dem Anlass, weshalb ich diesen Post verfasse:

Seit einer Woche sagt er fast täglich, dass er keine Lust mehr auf das Leben hat. Er habe keine konkreten Suizidgedanken, aber für ihn ist das Leben einfach anstrengend. Hinzukommt, dass unsere Tochter ein sehr offenes Wesen hat. Das heißt, dass sie sehr gerne auf andere Menschen zugeht. So kommt es vor, dass sie bei Besuch eher die Nähe zu anderen sucht, als zu uns und eher stark protestiert wird, wenn sie bei uns sein muss. Ich kann das weitestgehend positiv einordnen, mein Partner jedoch bezieht das sehr stark auf sich und ist richtig wütend auf sie.

Äußerungen wie:
"So habe ich mir das mit einem Kind nicht vorgestellt, ich bin kein Vater mehr, sondern nur noch ihr Erzeuger"
"Ich will mit dem Kind nichts mehr zu tun haben"
"Ich habe keine Verwendung mehr für sie"
sind an der Tagesordnung.

Mir tut es in der Seele weh, da ich eben auch sehe, wie sie oft seine Nähe sucht und er sie dann ignoriert. Ich weiß auch, dass er sie unglaublich liebt und die Depression aus ihm spricht.

Für mich ist es gerade mit unserer Tochter nun oft schwierig für mich zu sorgen. Das Verhältnis zwischen meinen Eltern und meinem Partner ist sehr schwierig und mein Partner möchte keinen Kontakt zu ihnen. Am liebsten wäre ihm sicher, dass auch ich den Kontakt abbreche. Und somit kommt es immer zu Konflikten, da unsere Tochter ja irgendwie dazwischen hängt. Ebenso gibt es oft Streitereien, wenn ich mich mit Freundinnen treffen möchte und Zeit für mich brauche.

Mich plagt dann so oft ein schlechtes Gewissen, dass ich einfach nicht weiß, wie es einen guten und gesunden Mittelweg gibt.

Vielleicht gibt es ja unter euch wen, der/die ähnliche Erfahrungen macht oder gemacht hat.

Ich freue mich über einen Austausch.

Liebe Grüße :)
HappySandra
Beiträge: 1
Registriert: 20. Sep 2023, 13:54

Re: Spagat zwischen Selbstfürsorge und der Versuch eine gute Stütze zu sein

Beitrag von HappySandra »

Hallo,

Deinem Partner ist ja grundsätzlich bekannt, dass er Depressionen hat und weiß bestimmt auch, wie vielfältig die Krankheit ist.
Häufig werden stressige. negative Gefühle ja leider auch verstärkt- und so toll Kinder sind: So ist die Zeit auch anstrengend und nicht immer leicht!
Ist er aktuell in Therapie?
Ansonsten ist er vielleicht bereit, sich extern Hilfe zu suchen? Notfalls auch wieder in einer Klinik, sollte er kurzfristig keine Therapie bekommen?

Ich bin genetisch vorbelastet ( das ist mir jetzt erst bewusst), hatte leichte Schübe, bin allerdings als 'die, die immer lacht' bisher super durchs Leben gekommen....
Bis meine zwei Töchter größer wurden. Als diese ins Grundschulalter kamen, war ich mit allem überfordert: 36h Arbeit,, Familie- meine große Tochter hat ADS, Schulprobleme und Schwierigkeiten Freunde zu finden und ich bin zusammengebrochen, hab mir an Allem die Schuld gegeben und war fest davon überzeugt, eine schlechte Mutter zu sein und meine Familie sei ohne mich besser dran.
Nachts und Morgens geweint und im Büro und nach Außen gelächelt.
Mir halfen Gespräche und die Therapeutin hat erstmal ordentlich an meinen vermeintlichen Verpflichtungen gekürzt!

Mir halfen diese externen Gespräche sehr!
Und auch bei deinem Mann hört sich das so an, als ob er aktuell in einer Phase steckt, die alles Negative verstärkt.

Bzgl. Dir und deinen Eltern: Ich fand den Poscast 'Raus aus der Depression' sehr gut. Vl..hilft dir das auch weiter und vielleicht bekommen deine Eltern auch mehr Verständnis für deinen Partner!

Ansonsten ist jede Situation anders- wie sich deine Beziehung und die Vater-Kind-Beziehung entwickelt, weiß heute keiner...
Bis dahin: Einen Sxhritt vor den Anderen setzen und jeden Tag neu beginnen lassen!

LG
Sandra
Fennek
Beiträge: 11
Registriert: 12. Sep 2023, 18:34

Re: Spagat zwischen Selbstfürsorge und der Versuch eine gute Stütze zu sein

Beitrag von Fennek »

Hallo,

was ich neben der Selbstfürsorge und der Fürsorge für deinen Mann einwerfen möchte, ist die Fürsorge deiner Tochter gegenüber. Sie ist noch klein, aber trotzdem kann sie dieses ablehnende Verhalten deines Mannes, ihres Vaters, prägen.
Traveltheworld
Beiträge: 5
Registriert: 18. Sep 2023, 13:29

Re: Spagat zwischen Selbstfürsorge und der Versuch eine gute Stütze zu sein

Beitrag von Traveltheworld »

Hallo Fennek,
genau der Gedanke treibt mich auch sehr um und ich habe das Gefühl ich versuche all das ablehnende Verhalten meines Partners unserer Tochter gegenüber abzuwenden. Ich verstehe ihn oft auch total. Erst gestern kam ich nach einem Wochenende mit unserer Tochter nach Hause und er öffnete die Tür. Unsere Tochter schüttelte direkt den Kopf und wollte auf meinen Arm. Seine Reaktion war natürlich, dass er es ja wusste, dass sie ihn nicht braucht und mag. Was er aber vollkommen außer Acht lässt ist, wie er sich ihr gegenüber verhält. Zugleich verstehe ich, dass es wehtut, wenn man abgelehnt wird, aber ich vermute einfach, dass es nur eine Reaktion auf sein Verhalten ihr gegenüber ist.


Hallo Sandra,
danke dir für deine ausführliche Antwort.
Seine ambulante Therapie ist nun vorbei und er sieht auch keinen Sinn darin. Ich hatte ihn auch gebeten über seine Suizidgedanken mit der Therapeutin zu sprechen und nach Rat/Hilfe zu fragen. Er ist jedoch der Meinung, dass sie ihm eh nicht helfen kann.
Ich merke im Moment nur, dass es mir alles etwas viel ist und jegliche Pausen, die ich mir versuche einzuräumen, werden von ihm versucht mir auszuräumen, indem er mich wahnsinnig unter Druck setzt. Versuche ich ihm vorsichtig zu erklären, dass ich ab und an auch Zeit für mich brauche, dann zählt er mir auf, was er alles aufgegeben hat und dass unsere Familie doch das Wichtigste ist.
Somit fällt es mir oft nicht leicht bei meinen Pausen abzuschalten.
Antworten