Macht Depression... ich finde kein Wort dafür

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Tess_123
Beiträge: 22
Registriert: 20. Feb 2022, 16:07

Macht Depression... ich finde kein Wort dafür

Beitrag von Tess_123 »

Hallo,

bevor ich krank wurde, war ich ein sehr leidenschaftlicher Mensch. Ich habe gerne und viel gelacht, mich aber auch oft aufgeregt und oft in Sachen, die mich wütend gemacht haben rein gesteigert.

In letzter Zeit höre ich von verschiedenen Menschen, wie ruhig ich bin oder was ich mir so alles sagen lasse oder das manche Sachen an einem auch gerne so abprallen sollen wie bei mir.

Wenn Kollegen z.B. über mich und meine Krankheit hinter meinem Rücken lästern, ist es mir egal. Ich habe keine Lust und auch keine Kraft derart toxischen, negativen Menschen etwas von mir/meiner Krankheit zu erzählen.

Mit der Depression verlor ich die Fähigkeit meine Gefühle wahrzunehmen.

Jetzt frage ich mich: Warum sind mir viele Sachen so egal? Warum prallen manche Sachen einfach so an mir ab?

Ich bin auch mutiger geworden. Ich mag keine Menschen, die ständig lästern und über andere Menschen werten. Finden solche Gespräche statt sage ich ganz offen und ehrlich das das nicht mein Thema ist und wende mich ab. Letzte Woche habe ich sogar einer Kollegin eine Ansage gemacht, wie sehr mich das Gelästere nervt und wo da der Sinn steckt?! Das hätte ich mich früher nie im Leben getraut.

Abgrenzung habe ich mittlerweile gelernt.
Ob die gleichgültigkeit ein Produkt daraus ist?
Oder ,, sterbe" ich innerlich einfach noch mehr ab?

Das ist wieder einmal so ein Moment, in dem ich mich nicht wieder erkenne.
Angelika 1964
Beiträge: 323
Registriert: 15. Okt 2021, 20:10
Wohnort: Baden Württemberg

Re: Macht Depression... ich finde kein Wort dafür

Beitrag von Angelika 1964 »

Hallo Tess,
Als ich Deinen Post gelesen habe dachte ich dass ich das hätte schreiben können. Mir geht es seit Beginn meiner Erkrankung ganz genauso! Ich bin mir nicht sicher ob die Gleichgültigkeit ein Produkt aus der Abgrenzung heraus ist, für mich empfinde ich es eher als Selbstschutz. Die Depression hat mich furchtbar dünnhäutig werden lassen und alles geht ganz tief. Um zu überleben bzw zu funktionieren muss ich mich schützen und habe mich in vielen Dingen abgegrenzt. Ich bin nicht mehr dieselbe Person die ich vor der Erkrankung warund glaube auch nicht daran dass ich es wieder werde. Im Moment bemühe ich mich mit meinem neuen und nicht mehr so leistungsfähigen ich anzufreunden. Ob mir das gelingt??? Keine Ahnung.
Ich wünsche Dir von ganzem Herzen alles Liebe
So viele Jahre in der Schule und niemand hat uns beigebracht uns selbst zu lieben und warum das so wichtig ist
Sunshine5678
Beiträge: 986
Registriert: 19. Nov 2019, 20:06

Re: Macht Depression... ich finde kein Wort dafür

Beitrag von Sunshine5678 »

Hallo Tess,

Ich kann dein Gefühl sehr gut nachempfinden. Auch ich stellte bei mir
ein Gefühl der Gleichgültigkeit oder auch ein unheimliches Maß an Ruhe oder Angstlosigkeit. Ich war lange krank geschrieben wegen Mobbing, habe meinen Job verloren, ALG1 ist ausgelaufen und ALG2 bekomme ich nicht. Wir ziehen nächsten Monat in eine andere Stadt und doch rührt mich das ganze kaum.
Früher hätte ich vor Sorgen nicht schlafen können.
Es liegt glaube ich einerseits an den ADs und andererseits glaube ich auch an Selbstschutz meiner Seele. Die Umstände würden mich sonst wohl an den Rand der Verzweiflung oder Wahnsinn bringen.
Bin ich noch die Person von früher? Teils bestimmt nicht weil das frühere Verhalten meinerseits meiner physischen und psychischen Gesundheit geschadet hat. Mir war die Arbeit und Karriere wichtiger als so manch anderes.
Den Teil meiner Person will ich nicht mehr zurück, den fröhlichen und glücklichen Teil- ja den möchte ich zurück. Aber das wird vielleicht nur mit harter Arbeit an mir selbst möglich werden .
LG Claudia
:hello:
Muschelsammlerin
Beiträge: 201
Registriert: 18. Dez 2016, 18:34

Re: Macht Depression... ich finde kein Wort dafür

Beitrag von Muschelsammlerin »

Was Du da schreibst, trifft auf mich auch zu...kann das sehr gut nachvollziehen!
Ich kann mir aussuchen, ob ich innerlich absterbe oder ob ich traurig und niedergeschlagen sein möchte.....momentan lasse ich mein Seelenleben von kleinen weißen Pillen in eine hellgraue inhaltslose Wolke verwandeln....das finde ich gerade angenehmer, als nachts grübelnd und verzweifelt wach zu liegen und morgens den Tag als schwarz-graues Monster auflauern zu sehen.
Aber ob ich das immer so haben möchte?
Eigentlich nicht.
Ich bin gerade so eine Art Schaf, dass in einer Herde mitrennt und so gut wie nichts denkt....das bedeutet auch, dass alles mögliche an mir abperlt,- Gutes und Schlechtes.
Vielleicht sind es ja auch nicht ausschließlich die Medikamente....ich weiß es nicht, ob sich durch jahrelange rezidierende Depressionen auch mein ganzes Wesen verändert hat und ich sowieso nie wieder so unbeschwert,energiegeladen und lebenslustig sein werde, wie vor der Krankheit. Ich fürchte, es ist so.
Mutiger bin ich allerdings nicht geworden, ehr das Gegenteil.Aber das hat sicherlich auch mit dem Alter zu tun. Ich traue mir gar nichts zu und deswegen mache ich auch kaum etwas Sinnvolles.
Das belastet mich sehr und mir fehlt inzwischen oft der Lebenssinn.
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Liebe Grüße von der Muschelsammlerin
Tess_123
Beiträge: 22
Registriert: 20. Feb 2022, 16:07

Re: Macht Depression... ich finde kein Wort dafür

Beitrag von Tess_123 »

Vielen Dank für Eure Antworten.

Ich wünsche allen Kraft und das es für jeden wieder ein wenig bergauf geht. Das jeder das bekommt, was er gerade braucht.

Ich war Donnerstag und Freitag krank geschrieben. Es ging einfach gar nichts mehr. Sonst geht eine Situation voraus und dann geht es mir schlecht. Jetzt hatte ich anscheinend meinen ersten Schub. Das ist neu und damit muss ich erst mal klar kommen.

Morgen werde ich wieder arbeiten gehen. Ich hoffe, die Kollegen lassen mich in Ruhe und es kommen keine blöden Sprüche oder Fragen, auf die mit Wertung geantwortet wird. Ich verstehe die Krankheit doch selbst auch nicht und habe genug mit mir selbst zu tun.

Naja. Neuer Tag morgen. Ein weißes Blatt, dass ich gestalten werde.

Bitte haltet alle durch!!!
Angelika 1964
Beiträge: 323
Registriert: 15. Okt 2021, 20:10
Wohnort: Baden Württemberg

Re: Macht Depression... ich finde kein Wort dafür

Beitrag von Angelika 1964 »

Liebe Tess,
bei meiner Ersterkrankung habe ich auch befürchtet dass die Kollegen und Chefs blöd reagieren und deshalb meine Erkrankung erklärt.
War nicht so gut, würde ich nicht wieder machen, ich werde jetzt oft auf meine Depressionen reduziert.
Egal, wenn ich jetzt krank bin, und ich brauche dazu keine bestimmte Situation, melde ich mich krank und Punkt.
Sollen sie denken und reden was sie wollen!!!
Ich wünsche Dir alles Gute und Versuche mehr an Dich zu denken
Liebe Grüße
Angelika
So viele Jahre in der Schule und niemand hat uns beigebracht uns selbst zu lieben und warum das so wichtig ist
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