Verunsichert durch die Therapeutin

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Stricknudel
Beiträge: 14
Registriert: 5. Sep 2017, 21:25

Verunsichert durch die Therapeutin

Beitrag von Stricknudel »

Guten Abend. Da lebe ich seit über 10 Jahren damit, mir einzugestehen, dass ich Depressionen habe. Mache Reha in psychosomatischer Klinik, 2 Jahre Psychotherapie, drücke Citalopram in mich und warte seit einem Jahr auf eine neuen Therapieplatz. Ich hatte Montag einen Termin bei meiner damaligen Therapeutin. Am Ende der Stunde habe ich gesagt, dass ich so auf einen Platz warte. Und sie meint, ich brauche keinen. Ich könne das auch alleine und soll die Verantwortung nicht abgeben.
Ich fühle mich, als ob sie meine Not nicht ernst nimmt. Und stelle in Frage, da jemals wieder hinzugehen. Es fällt mir jedes Mal schwer, überhaupt zum Arzt zu gehen, wenn ich eine dunkle Phase habe. Das kostet mich manchmal Monate. Und den Termin bei ihr zu holen, hat mich auch viel Mut und Kraft gekostet. Und dann das. Ich fühle mich wie ein Hypochonder. Ich arbeite ab meiner Krankheitsakzeptanz und jetzt bin ich nicht krank? Warum diagnostiziert meine Ärztin das und warum habe ich die Reha bekommen?
Ich verstehe die Welt nicht mehr. Und dann sagt man uns, wir sollen uns Hilfe holen. Wo denn? Es gibt bei uns auf dem platten Land kaum Therapieplätze. Es wird also schwer, überhaupt einen anderen Therapeuten zu finden. Und dann wieder 1,5 Jahre Warteliste... HEUL..
LIEBE GRÜßE STRICKNUDEL
mime
Beiträge: 1281
Registriert: 6. Sep 2013, 13:28

Re: Verunsichert durch die Therapeutin

Beitrag von mime »

Hallo Stricknudel,

wenn ich es richtig verstanden habe, warst du bei deiner ehemaligen Therapeutin (einmalig). Und nur, weil SIE keinen Bedarf bei dir sieht, muss es ja nicht heißen, dass du wirklich keinen hast.

Was die Verantwortung angeht: nun, dazu kann ich nichts sagen, deine ehemalige Therapeutin kennt dich insgesamt besser - aber was heißt denn in diesem Zusammenhang "Verantwortung abgeben"? Wenn du einen Therapieplatz suchst, hat es doch etwas mit Eigenverantwortung zu tun. Eine Therapie nimmt dir ja nichts ab, sie kann höchstens im günstigsten Fall unterstützend / aufklärend (i.S.v. Vergangenheitsbewältigung etc.) wirken.

Es gibt vermutlich auch Therapeuten/Therapeutinnen, die nach einer Therapie bei ihnen keine weiteren Möglichkeiten mehr sehen oder keinen Bedarf mehr bei ihren ehemaligen Patienten (weil sie mit ihrer Arbeit "durch" sind und ein Weitermachen bei ihnen nur Wiederholungen wären).

Das heißt aber nicht, dass du nicht von einer weiteren Therapie (bei jemand anderem) profitieren könntest.

Ich weiß, dass es sehr schwer ist, einen Therapieplatz zu finden (ich wohne ähnlich wie du).
Leider. Und die vielen psychisch Neuerkrankten in den letzten 2 Jahren, die ebenfalls auf Therpieplatzsuche sind, machen es auch nicht leichter, weil es zu wenig Therapieplätze gibt.

Mehr fällt mir gerade auch nicht ein. Ich wollte aber schreiben, weil mich deine Überschrift und dein Text beschäftigt haben.

Ich wünsche dir dennoch, dass du einen Platz findest. Vielleicht haben hier noch andere eine Idee, wie weitersuchen könntest.

LG Mime
Wir müssen lernen,
die Menschen weniger auf das, was sie tun und unterlassen,
als auf das, was sie erleiden, anzusehen.

(Dietrich Bonhoeffer)
DieNeue
Beiträge: 5463
Registriert: 16. Mai 2016, 22:12

Re: Verunsichert durch die Therapeutin

Beitrag von DieNeue »

Hallo Stricknudel,

ich sehe das genauso wie Mime.

Wenn du jemanden zum Reden brauchst, könntest du z.B beim Sozialpsychiatrischen Dienst (SpDi) nachfragen. Den gibt es z.B bei der Diakonie und Caritas o.ä. Da kann man tw. auch länger zur Beratung hingehen. Mache ich auch seit ein paar Monaten und es bringt mir auf jeden Fall was.

Hier findest du eine Liste mit den Ausbildungsinstituten für Psychotherapeuten. Die bieten auch Therapieplätze an. Ich dachte bei uns auf dem Land gibt es sowas nicht, aber eine kleine Uni bei uns ist da doch dabei. Vielleicht bei dir auch?
https://www.diskussionsforum-depression ... 63&t=43168" onclick="window.open(this.href);return false;

Liebe Grüße,
DieNeue
Katerle
Beiträge: 11288
Registriert: 25. Sep 2014, 10:30

Re: Verunsichert durch die Therapeutin

Beitrag von Katerle »

Hallo Stricknudel,

so wie du es beschreibst mit deiner Therapeutin ist nachvollziehbar, dass du verunsichert bist.

Sehe das wie mime und DieNeue.

Das mit dem sozialpsychiatrischen Dienst wäre ein geeigneter Tipp.

Alles Gute
Katerle
Gartenkobold
Beiträge: 2061
Registriert: 9. Jul 2020, 09:26

Re: Verunsichert durch die Therapeutin

Beitrag von Gartenkobold »

Hallo Stricknudel,

wir wurde so etwas in der Sprechstunde von ca. 10 Therapeuten/innen und 3 Hausärzten erzählt. Der Grundtenor war: "Schauen Sie doch mal wie Sie alleine klar kommen" und als ich darauf bestand, dass das nicht so einfach ist und dass es mir schlecht geht als Steigerung: "Ich müsse lernen den Ball flach zu halten". Zu diesem Zeitpunkt hatte ich eine Essstörung und einen BMI von 15, eine schwere bis mittelgradige Depression und eine PTBS und zwar nachdem ich durch einen Berater von der AfA retraumatisiert wurde und wirklich krasse dissoziative Symptome hatte. Auf solche Aussagen gebe ich nix mehr! Ich habe immer weiter gesucht und ca. 5 Leute haben dann auch gesehen, dass ich in Not bin, mir zur Tagesklinik, Reha und zur Akutklinik geraten bzw. mir ein PTV11 ausgestellt, mit dem ich über die TSS dringliche Therapie erhalten konnte. Das Spektrum in Sprechstunden/bei Therapeuten reicht meiner Erfahrung nach von " Sie haben nix" bis zu "Sie sind schwer gestört, müssen eine Rente beantragten und werden in diesem Leben nie wieder gesund und arbeitsfähig werden". Ich halte diese Sprechstunden oder auch Probatorikstunden für keine exakte Wissenschaft, wo festgestellt wird ist der Pat. nun krank und braucht Hilfe oder nicht. Nein an so etwas glaube ich ganz und gar nicht mehr!
Ich versuche für mich selbst zu entscheiden, brauche ich Hilfe oder nicht. Was kann ich alleine. Kann ich jemanden vertrauen, der so etwas zu mir sagt und mir eine Therapie bei so jemanden noch vorstellen?
Nach dieser Entscheidung gehe ich dann vor, möglichst frühzeitig.
Ich baue auf mehrere Systeme, psychisch funktionelle Ergotherapie und SpDi. Das kann eine Therapie auch ersetzen und einen erst mal stabil halten, bis man entschieden hat ob man noch Therapie möchte/braucht und den Therapeuten gefunden hat mit dem es passt.

Lass Dich nicht verunsichern!

LG Gartenkobold
Lavendel64
Beiträge: 546
Registriert: 27. Dez 2017, 14:44

Re: Verunsichert durch die Therapeutin

Beitrag von Lavendel64 »

Hallo Stricknudel,

aus eigener Erfarhung möchte ich einwerfen, dass Therapeuten bisweilen provozieren. Gerade in Momenten der Verzweiflung, als ich dachte, an einer Grenze zu sein, hörte ich oft, ich würde das allein schaffen.

Im Nachhinein war der Kommentar richtig (muss aber nicht immer so sein), um mich nicht in die Abhängigkeit von Therapiesitzungen (ich kann es leider nicht anders ausdrücken) geraten zu lassen. "Irgendwann müssen Sie wieder allein klarkommen" - leider kann auch ein Therapeut nur erahnen, wann "irgendwann" ist.

Ich würde noch einmal einen Termin machen und die Unsicherheit zur Sprache bringen.

LG Lavendel
***Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen ***
Gartenkobold
Beiträge: 2061
Registriert: 9. Jul 2020, 09:26

Re: Verunsichert durch die Therapeutin

Beitrag von Gartenkobold »

Hallo Lavendel,

ich glaube auch, dass man in Abhängigkeit geraten kann und dass das bei bestimmten Verfahren auch gewünscht ist (PA, teilweise tPT). Es hängt bestimmt auch davon ab, welche Störung therapiert werden soll und wie die Therapie je nach Verfahren ausgelegt ist. Bei einer Bindungsstörung/PS kann auch eine zeitweilige Abhängigkeit zum T dazugehören, die dann wieder gelöst wird. Soweit ich verstanden habe.
Im Moment mache ich eine VT und achte auf das Abhängigkeitsthema. Ich frage erst nach einem weiteren Termin, wenn die Themen des vorherigen Termins umgesetzt sind, schließlich ist mein T ja keine Schallplatte und ich gehe nicht dahin, dass er immer wieder das gleiche erzählt. Ich versuche umzusetzen was besprochen ist und was mir sinvoll erscheint/zu mir und meinen Überzeugungen passt. Das kann Wochen bis Monate dauern. Erst wenn ich nicht weiter komme, dann frage ich nach einem weiteren Termin, den ich dann auch kurzfristig bekomme. Das funktioniert ganz gut so und soziale Kontakte, die suche ich mir im wahren Leben, zumindest versuche ich es. Eine Therapie ist nicht dafür da, dass der Pat. soziale Kontakte hat, so sehe ich es, denn eine Therapie ist irgendwann zu Ende und echte Freunde sind was anderes. Ein T ist kein Freund, das kann interessant sein, denn ich kann deutlich sagen was ich denke und fühle, was ich bei meiner besten Freundin so nicht machen würde.

@Sticknudel: habt ihr Rezidivprophylaxe, 15 h von den 60 h, die auch innerhalb der eigentlich nicht existierenden (mit Gutachten geht es auch innerhalb der 2 Jahrespause) 2 Jahrespause nehmen könnt oder Quartalsgespräche?
Vielleicht darft Du 1x Monat vorbei kommen oder wenn Du dringend Redebedarf hast oder meint Sie dann auch, dass Du diese Sitzungen nicht brauchst?
Ich würde das auch mit ihr besprochen wie Lavendel vorgeschlagen hat.

LG Gartenkobold
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