Zweifel an Beziehung durch Depression?

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takecareofyourself
Beiträge: 12
Registriert: 1. Feb 2021, 12:05

Zweifel an Beziehung durch Depression?

Beitrag von takecareofyourself »

Hallo,

es ist langsam echt zum verrückt werden. :( Ich hab wahnsinnige Zweifel meiner Beziehung gegenüber obwohl eigentlich alles gut ist. Ständig hänge ich in Grübelschleifen und überlege, ob es nicht besser für alle ist, wenn wir uns trennen. Dabei ist eigentlich alles gut.

Mein Freund und ich sind seit 5 Jahren zusammen. Vor 2,5 Jahren sind wir zusammengezogen. Ich möchte so gerne eine Zukunft mit ihm mit und kann mir das auch richtig gut vorstellen. Wir schauen da in eine gemeinsame Richtung. Außerdem ist er super lieb, witzig, kann sich sowohl alleine beschäftigen als auch gemeinsame Dinge mit mir unternehmen, sieht gut aus und hält immer zu mit und unterstützt mich in allem. Er Wäre ein perfekter Vater und schenkt mir so viel Liebe und ist mein engster Vertrauter, bester Freund und Fels in der Brandung. Aber ich habe das Gefühl, dass ich ihm das gar nicht zurückgeben kann. Er tut alles in seiner Macht stehende und ich Zweifel trotzdem. Dabei gibt es auch Zeiten in denen ich die Zweifel vergessen kann und dir Zeit einfach genieße. In letzter Zeit ist es aber häufig so, dass ich morgens schon damit aufwache...

Ich habe darüber ganz ehrlich mit ihm geredet und er hat mir sehr viel Akzeptanz entgegen gebracht, was ich nicht selbstverständlich finde. Auch in der Psychotherapie habe ich schon oft darüber gesprochen und mein Therapeut ist auch der Ansicht, dass die negativen Gedanken der Depression zuzuschreiben sind. Aber wenn ich mich in solch einer Spirale befinde, fühlt es sich so echt und schlimm an, dass ich am liebsten davor weglaufen möchte.

Kennt das jemand von euch? Hat eure Beziehung die Depression überstanden? :(
Strohi
Beiträge: 388
Registriert: 17. Mai 2015, 22:45

Re: Zweifel an Beziehung durch Depression?

Beitrag von Strohi »

Ja,

liebe takecareofyourself,

bisher hat meine Ehe dies überstanden.

Ich bin mit meiner Frau seit über 40 Jahren zusammen, wir sind seit über 30 Jahren verheiratet.

Bei mir wurde 2011 eine mittelgradig bis schwere Depression festgestellt, 2014 kam - während meiner Behandlung in einer Akut-Klinik - die Diagnose Persönlichkeitsstörung dazu. Die beiden psychischen Krankheiten wurden von meinen Eltern, vor allem von meiner Mutter, auf Grund der Erziehungsmethoden verursacht, sie "schlummerten" also schon lange in mir und haben mein Denken, Fühlen und Verhalten seit der Jugend unbewusst beeinflusst.

Ein Aspekt dieser Entwicklung ist, dass ich schon bevor wir uns kennengelernt haben, jedoch auch danach und auch seit wir zusammen wohnen in's Bordell gegangen bin; das habe ich ihr vor der Hochzeit gebeichtet. Sie hat mich trotzdem geheiratet, sie hat mir diese Untreue verziehen und sie hat mir nicht nur psychisch, sondern auch ganz konkret geholfen, in dem sie mich unterstützte, damit ich das angerichtete finanzielle Chaos in den Griff bekam und überwinden konnte.

Seit wir wissen, dass ich psychisch krank bin, hat sie mich uneingeschränkt wie ein Fels in der Brandung unterstützt.

Also, mit der nötigen Offenheit, Ehrlichkeit und der - soweit es möglich ist - auch mit der angemessenen gegenseitigen Rücksichtsnahme ist es möglich.

Im Übrigen, nach meiner Erfahrung hat Dein Therapeut recht; Depression kann eben auch eine Verzerrung der Wahrnehmung und Fehler in der Informationsverarbeitung im Gehirn bewirken. Deshalb ist auch ein Grundsatz, während einer akuten Depressions-Phase keine schwerwiegenden, wesentlichen, gravierenden Entscheidungen zu treffen (eine Trennung oder eine Einschränkung/Begrenzung Deiner Beziehung zu Deinem Mann wäre meiner Meinjng nach eine solche Entscheidung).

Meine Frau hat, als wir uns am Anfang meiner Akutphase über die Folgen, Auswirkungen und Konsequenzen der Depression gesprochen haben, mir gesagt, sie verstehe das, sie akzeptiere das und ich soll ihr eben die Partnerschaft, Freundschaft, Zuneigung und Liebe geben, die mir zu geben in der jeweiligen Situation möglich ist.
Wichtig, ja - meiner Meinung nach - ausschlaggebend ist, dass Du mit Deinem Mann offen und ehrlich redest; sag ihm in bestimmten Situationen, wie es Dir gerade geht, dann kann er es nachvollziehen - warum Du Dich gerade so verhälst wie Du Dich verhälst - und es (hoffentlich) verstehen und akzeptieren.

Ich wünsche Dir Gutes.

Liebe Grüsse, Strohi
ms334
Beiträge: 24
Registriert: 23. Mai 2021, 16:50

Re: Zweifel an Beziehung durch Depression?

Beitrag von ms334 »

Hallo,

auch ich mache dass seit 3 Monaten mit. Auch ich bin leider unter Einfluss von Alkohol während unserer fast 4 jährigen Beziehung einmal im Bordell gelandet. Ich gehe nun seit 3 Monaten durch die Hölle. Einmal fühle ich nichts is mir aber egal und dass macht mich dann traurig. Einmal fühle ich die Liebe zu ihr denke aber ich rede mir das nur ein damit es mir besser geht. Einmal bin ich nur am weinen weil es mir unbegreiflich ist wie man in so einer tollen Beziehung in der einem alle Fehler vergeben wurden nichts für den Partner empfinden kann. Auch ich habe nach 3 Monaten immer noch das Problem es als Depression, welche in der Klinik festgestellt wurde, zu akzeptieren.
Immer wieder der Gedanke es könnte auch einfach aus sein und ich wills nicht wahr haben weil die Zeit fast immer Perfekt war. Nur noch Angst und den ganzen Tag Gefühle überprüfen.
Ich kann langsam nicht mehr und weiss nicht mehr was ich noch glauben soll. Wir wollten schon 3 mal Heiraten vor meinen Zweifel und meiner Gefühllosigkeit, was aufgrund des Lockdowns nicht möglich war. Jetzt ginge es wieder und jetzt stehe ich im Weg.
Was soll ich nur tun? Würde manchmal nur gerne die Flucht ergreifen.
Strohi
Beiträge: 388
Registriert: 17. Mai 2015, 22:45

Re: Zweifel an Beziehung durch Depression?

Beitrag von Strohi »

Liebe(r) ms334,

ich kann ein Stückchen nachvollziehen und verstehen wie es Dir geht - die Höllenfahrten während einer Depression sind zerstörerisch, bringen Gedanken in's Bewusstsein, die einem den Boden unter den Füßen wegziehen können.

Aber, das alles bist nicht Du

Es ist Deine Krannkheit. Und diese Krankheit beeinflusst Vieles, auch, wie Du Dich und Deine Umgebung wahrnimmst, wie Du denkst, wie Du fühlst und Dich verhälst.

Wichtig und entscheidend ist, dass Du erkennst und Dir immer wieder bewusst machst: das bin nicht ich, das ist diese verrückt machende Krankheit.

Wenn Dich negative, schlechte Gedanken und Gefühle überrollen wollen, versuche im Hier und Jetzt zu bleiben, nicht abzudriften, nicht abzurutschen - das gelingt fast immer, in dem Du einen starken Reiz dagegen stellst, beispielsweise mit einem Gummi, das Du am Handgelenk hast und an dem Du ziehst und es auf das Handgelenk (besser vielleicht: auf den Unterarm) prallen lässt; oder Du einen sogenannten Igelball über Deine Haut laufen lässt, so dass er piekst; oder Du Dir möglichst eiskaltes Wasser über die Unterarme laufen lässt usw. (es gibt im Internet Seiten, in denen Du Skills finden kannst.

Und dann wäre es hilfreich, wenn Du mit Deinem Partner, Deiner Partnerin sehr offen und ehrlich darüber sprichst, wie es Dir geht, wie Du Dich fühlst; und dabei auch klar machst, dass Du unter dem Einfluss der Depression stehst, die Dein Denken, Fühlen und Verhalten manipuliert.

Suche und hole Dir Hilfe, auch von (fach-) ärztlicher Seite und von therapeutischer Seite. Das muss sein, auch wenn Du dafür eigentlich keine Zeit, keine Lust hast - es muss sein, trotz allem.

Ich wünsche Dir Gutes,
liebe Grüsse, Strohi
Strohi
Beiträge: 388
Registriert: 17. Mai 2015, 22:45

Re: Zweifel an Beziehung durch Depression?

Beitrag von Strohi »

... ich bin mit "Depression Skills die helfen" bei GOOGLE reingegangen; als ein Beispiel (von vielen):

http://www.selbsthilfe-aktiv-gegen-depr ... el/skills/" onclick="window.open(this.href);return false;
Lavendel64
Beiträge: 546
Registriert: 27. Dez 2017, 14:44

Re: Zweifel an Beziehung durch Depression?

Beitrag von Lavendel64 »

Hallo,

Ja. Das kann funktionieren, ist aber für beide eine echte Herausforderung. Doch Du beschreibst deinen Partner so nett und liebevoll, das hört sich richtig schön an. Und DAS ist die Realität, heb dir den Beitrag auf!

Depressionen verzerren das Denken, was dir in einer Episode (oder einer Überlastungsphase) vom Gehirn vorgegaukelt wird, die Ängste die sich zeigen, sind im "Normalmodus" gar nicht da. (Mein Tipp: Tagebuch führen in guten und in schlechten Zeiten, über Themen,d ie dir in schlechten Zeiten Angst gemacht haben, mal im "Normalmodus" nachdenken.) Mit der Erkenntnis, dass es eine falsche Realität ist, komme ich ganz gut durch die Krisen.

Ich kenne meinen Partner seit über 30 Jahren. Wir mussten gleich durch die erste Krise mit Klinik etc. Danach folgten immer mal Episoden und als es richtig übel wurde (vor 7 Jahren), war auch er der Fels in der Brandung. Ein verläßlicher Partner kann eine enorme Unterstützung sein - und notfalls gibt es auch für Partner/Angehörige Unterstützung. "In guten und in schlechten Zeiten" ... wir haben unsere Depressionen, andere haben andere Probleme.

Mutmachende Grüße von Lavendel
***Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen ***
Strohi
Beiträge: 388
Registriert: 17. Mai 2015, 22:45

Re: Zweifel an Beziehung durch Depression?

Beitrag von Strohi »

Das hier zur allgemeineren Info über Depression:

https://www.gesundheitsinformation.de/b ... ssion.html" onclick="window.open(this.href);return false;
ms334
Beiträge: 24
Registriert: 23. Mai 2021, 16:50

Re: Zweifel an Beziehung durch Depression?

Beitrag von ms334 »

Hallo,

Ja meine Partnerin weis von allem. Meinem Seitensprung und meinen Gedanken und Gefühlen in den letzten 3 Monaten. Ich habe oft das Gefühl dass ich will aber nicht kann. Mir fällt es unheimlich schwer einfach weiter zu fahren. Bin oft gerne ohne sie seit der Depression. Heute Nacht habe ich sehr wirres Zeug geträumt was die Beziehung und auch andere Frauen betrifft, sodass ich heute früh wieder total am Zweifeln bin. Eigentlich habe ich den besten Mensch an meiner Seite den ich kennengelernt habe und das macht mich noch wahnsinniger dass ich dann ausgerechnet zweifle. Ich finde mich sehr oft in den Beschreibungen von ROCD wieder. Meine Frau ist sehr verständnisvoll für meine Gedanken und Gefühle und meint wir bekommen das alles wieder hin und es sei nur die Krankheit. Mein ganzens Freundschaftliches Umfeld und meine Familie sehen alle die Liebe aber ich sehe sie nicht. Eine Katastrophe.
takecareofyourself
Beiträge: 12
Registriert: 1. Feb 2021, 12:05

Re: Zweifel an Beziehung durch Depression?

Beitrag von takecareofyourself »

Hallo an alle, insbesondere an ms334,

vielen Dank für die Tipps und das Verständnis. Und liebe(r) ms334: ich verstehe dich so so so gut. Es ist echt schrecklich immer so zu denken. Meine Gedanken drehen sich so oft darum und ich finde einfach keine Lösung. Es ist genau wie du sagst: in dem einen Moment fühle ich mich wohl, geborgen, so wie früher und frage mich, wie ich daran überhaupt zweifeln konnte und im nächsten Moment frage ich mich, ob es vielleicht nicht doch besser für alle ist, wenn wir getrennte Wege gehen, weil ich einfach nicht glücklich bin. Dann frage ich mich aber auch manchmal, ob ich meine depressiven Gedanken einfach nur auf meine Beziehung zentriere, sie aber gar nicht das Problem ist...

Ich werde das am Mittwoch nochmal mit meinem Therapeuten durchkauen. Mal sehen was dabei rauskommt. Dir hoffe ich, dass auch du bald aus diesem schlimmen Kreislauf wieder herauskommst.
ms334
Beiträge: 24
Registriert: 23. Mai 2021, 16:50

Re: Zweifel an Beziehung durch Depression?

Beitrag von ms334 »

Hallo,

was ich oft feststelle ist dass es abends alles irgendwie erträglicher wird.
Dann direkt die Frage ob es die Depression ist welche sich Abends legt oder ob ich nur erleichtert bin es wieder einen Tag geschafft zu haben den besten Mensch der mir passieren konnte nicht zu verlassen.
Strohi
Beiträge: 388
Registriert: 17. Mai 2015, 22:45

Re: Zweifel an Beziehung durch Depression?

Beitrag von Strohi »

Hallo ms334,

aus der Ferne betrachtet und als Laie bedacht würde ich sagen, Du bist abends froh (und auch dankbar??), wieder einen Tag geschafft und hinter Dich gebracht zu haben.

Dieses "Tag-für-Tag"-Denken erinnert mich daran, dass es einmal in Deutschland eine Therapie-Vorgehensweise ("Bad Herrenalb"), in der die Theorie der "anonymus"-Bewegung von Alkoholkranken auf pdychisch Kranke übertragen wurde (https://de.m.wikipedia.org/wiki/Bad_Herrenalber_Modell" onclick="window.open(this.href);return false;" onclick="window.open(this.href);return false;). Leider gibt's die Klinik nicht mehr, und die Kostenträger von Reha-Massnahmen haben dieser erfolgreichen Therapie auch "das Licht aus gemacht".

Ich habe auch mal quer gelesen, was ROCD ist (kannte ich nicht); nach meinem ersten Eindruck könnte es durchaus sein, dass so etwas bei Dir wirkt und Dich verrückt macht.

Dem kann ich nur entgegen setzen: lass Dich nicht von Deinen falschen Gedanken und Gefühlen in die Irre führen. Denke daran, dass Du in einer akuten Depressions-Phase von Deinen Gedanken und Gefühlen beeinflusst wirst, die jedoch nichts mit Dir und Deinen normalen, "wahren" Gedanken und Gefühlen zu tun haben.
Und beachte unbedingt, dass Fachärzte und Therapeuten mit guten Gründen immer sagen, man solle in einer Depression keine wesentlichen, wichtigen, gravierenden Entscheidungen treffen.

Dir alles Gute,
Strohi
ms334
Beiträge: 24
Registriert: 23. Mai 2021, 16:50

Re: Zweifel an Beziehung durch Depression?

Beitrag von ms334 »

Das mit den Entscheidungen ist mir schon klar.
Aber ich war 4 Tage in der geschlossenen, dann 3 Woche in einer offenen Station und dann 10 Wochen in der Tagesklinik. Irgendwann muss der Blödsinn doch mal aufhören und wann kann ich wieder davon ausgehen was echt und was falsch ist. Ständig die Frage ob ich nicht mehr will oder nicht mehr fühle. Bin seit 3 Stunden nur noch am heulen und weis nicht weiter. Ständig die Frage ob ich mir einfach eingestehen soll dass die Liebe vorbei ist. Wir hatten so tolle Pläne für die Zukunft und es war alles immer schön in der Beziehung. Selbst vor 2 Jahren als wir den Seitensprung zusammen verarbeitet haben. Alles weg.
ms334
Beiträge: 24
Registriert: 23. Mai 2021, 16:50

Re: Zweifel an Beziehung durch Depression?

Beitrag von ms334 »

P.S. Ich habe auch das Gefühl der Partner wirkt anders auf einen und man sieht in nicht mehr wie vorher.
ms334
Beiträge: 24
Registriert: 23. Mai 2021, 16:50

Re: Zweifel an Beziehung durch Depression?

Beitrag von ms334 »

So,
bin wieder in der alles-egal-Phase in der ich meiner verlobten am liebsten die Beziehung kündigen würde.
Ist fast schon so dass ich Sie nicht leiden kann. Dabei hat Sie doch garnichts gemacht. Sie is so verständnisvoll. Mein Kopf ist wie in Watte gepackt. Ein ständiger Druck im Kopf. Alles zu viel. Und einfach nur sauer auf mein Leben. Eine Mitpatientin aus der TK meinte sie hätte seit 4 Tagen vergessen das Quetiapin zu nehmen und kann für ihren Freund wieder was empfinden. Hat da jemand Erfahrungen?
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