Ich fühle mich "klein mit Hut"

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Wandervogel
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Ich fühle mich "klein mit Hut"

Beitrag von Wandervogel »

:hello: Hallo Leute,

ich leide seit über 25 Jahren an schweren Depressionen, die auch mit Medikamenten und Therapien nur unzureichend in Schach gehalten werden.

Mit 35 musste ich EM-Rente beantragen. Anfangs nur befristet, was auch vollkommen o.k. war. Ich wollte ja zurück in Arbeit. Habe auch alles versucht. Teilhabe am Arbeitsleben, Ehrenamt, 450€ Job, wieder Teilhabe am Arbeitsleben dann Werkstattbegleitende Maßnahme. Doch wurde ich nun endlich unbefristet verrentet.

Ich fühle mich aussortiert, wertlos.
Alle meine Bekannten sind im Job, verdienen gutes Geld, können sich Dinge leisten (ohne groß nachzudenken) und haben gut für das Alter vorsorgen können. All das geht bei mir nicht mehr.

Meine Rente ist so gering, dass ich mir mühsam etwas kleines für das Alter zurückgelegt habe, was aber bei weitem nicht reichen wird. Schon gar nicht, wenn ich ein Pflegefall werden sollte.
Vor dem Amt graut es mir!!!

Wenn ich mir etwas anschaffen möchte oder mal einen kleinen Urlaub machen möchte, dann muss ich mir dreimal überlegen, ob ich das Geld wirklich übrig habe.
Essen gehen ist schon oft eine Überlegung.

Ich habe auch nichts zu erzählen. Ich erlebe ja nichts.

Ich fühle mich wie aus der Welt gefallen, was mich noch depressiver werden lässt.

Liebe Grüße
Allegretto
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Registriert: 5. Nov 2019, 18:15

Re: Ich fühle mich "klein mit Hut"

Beitrag von Allegretto »

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Zuletzt geändert von Allegretto am 6. Aug 2021, 06:32, insgesamt 1-mal geändert.
Gertrud Star
Beiträge: 3441
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Re: Ich fühle mich "klein mit Hut"

Beitrag von Gertrud Star »

Hallo Wnadervogel,

das kommt mir doch sehr bekannt vor, nur dass meine Depressionen nicht unbedingt immer so schwer sind und vor allem nicht so früh so schwer begonnen haben.

In meinem "früheren" Leben... tja da war ich mal ein Hoffnungsträger. Dann machte ich nur einen einzigen größeren Fehler, und das Ausbügeln desselben hat mich krank gemacht.
Medikamente hatten so gut wie keine Wirkung, und das Leben war auch nicht mehr in Bahnen zu lenken, die dann sowohl eine Zukunft möglich gemacht hätten als auch krankheitsverträglich wären. Ich hab mich im Nachhinein auch nie wirklich verstanden gefühlt, das lernte ich erst mit etwa 50 Jahren kennen, und das halte ich für mich auch als gute Erfahrung fest.

Vor einigen Tagen erst hat mich eine ehemalige Studienkollegin von vor über 30 Jahren angerufen. Die meinte, ich hätte Karriere gemacht. Nein, hab ich nicht. Sie war geschockt zu hören, dass ich so weit weg gegangen bin, nur um irgendeine Arbeit zu verrichten und dann im Prinzip fast nur noch Behandlungszimmer und psychiatrische Tagesstätten kennenzulernen, keine Partnerschaft und Familie habe und so wenig Rente und Sozialhilfe bekomme.

Deine Befürchtungen mit dem Geld kann ich super nachvollziehen. Bin Mitte 50 und die Rente wird immer nur ganz wenig über der Sozialhilfeschwelle liegen. Langsam kommen die Alterszipperlein endgültig, selbst eine diabetesgerechte Ernährung geht über das vorgesehene Finanzbudgeht hinaus. Sport geht nicht immer, weil es auch mal zu sehr zwickt und man nix riskieren will (lebe alleine). Freundschaften Fehlanzeige, wie auch mit Sozialhilfe. Einige Jahre hab ich mir gerne erzählen lassen, aber irgendwann damit aufgehört. Man erlebt ja auch nix und kann nirgendwo mithalten. Zudem hab ich auch enorme Ängste, sobald ich mich wieder auf etwas oder jemanden sehr einlasse, dass ich dann wieder in Lebensumständen lande, die absolut toxisch sind. Egal wem man davon erzählt, das ist allen zu unverständlich und zu heftig.

Irgendwelche Aushilfstätigkeiten oder so kommen bei mir nicht mehr in Frage, damit habe ich in meinem jungen Erwachsenenleben zu sehr übertrieben. Das wäre psychisch der Abschuss für mich. Etwas gelernt, was man brauchen könnte, hab ich nicht. Das Rentnerdasein scheint todlangweilig und die Rettung zugleich. Wenn ich die Rente, so mager sie auch ist, nicht weiter bekommen sollte, bin ich wieder beim Jobcenter. Das wäre der endgültige psychische Untergang. Denn der Typ, der sich immer nur wehrt, bin ich auch nicht, und das erst recht nicht dauernd auf Sozialhilfeniveau lebend. Dafür war ich früher mal viel zu gut.

Aber sich deswegen nur klein mit Hut zu fühlen, käme mir nicht in den Sinn.
Das wäre noch schlimmer.
Ja, und einige wichtige Zusammenhänge verstehen, hat durchaus geholfen. Da ist man nicht mehr ganz so im Stress.
Ich bezweifel aber, dass ich noch wesentlich etwas ändern kann im Leben.

Gruß Gertrud
Wandervogel
Beiträge: 336
Registriert: 3. Aug 2020, 14:04

Re: Ich fühle mich "klein mit Hut"

Beitrag von Wandervogel »

Hallo Allegreto,

meine Depressionen haben eine Ursache, über die ich hier aber nicht schreiben möchte.

Ich habe sie auch schon viele Jahre in der Therapie bearbeitet und auch aufgearbeitet, doch Wunden bleiben nun mal. Damit sind meine Depressionen auch nicht wesentlich besser geworden.

Hallo Gertrud,

vielen Dank für Dein Mitgefühl. :oops:

Irgendetwas in mir drin, will einfach nicht aufgeben. Es einfach nicht hinnehmen, wertlos für diese Gesellschaft zu sein. Es ist als ob Engelchen und Täufelchen in mir kämpfen. Ich fürchte, wenn ich ganz aufgeben würde, würde ich etwas ganz ganz ganz dummes tun. Und das will ich partout nicht. Es würde sich dann so anfühlen, als wäre ich dann ganz von der Gesellschaft verbannt. :cry:

Liebe Grüße
Seide
Beiträge: 1638
Registriert: 4. Apr 2015, 12:49

Re: Ich fühle mich "klein mit Hut"

Beitrag von Seide »

Hallo,
Seit meinem 46. Lebensjahr bin ich berentet. Jetzt bin ich 69 J.
Anfangs war das auch ganz schlimm für mich. Ich habe bis vor 11 Jahren sehr oft
gelogen und gesagt, daß ich arbeitslos bin.
Denn wenn ich erzählte , daß ich in Frührente bin, kamen sofort die Fragen,
wieviel Rente ich denn bekomme, da ich ja noch sehr jung bin.
Leider bin ich nicht schlagfertig und ich habe es dummerweise dann auch gesagt.
Eine Freundin sagte zu mir " Naja sparen kannst du, ihr mußtet, in der Ehe, ja immer sehr sparen ) ( Ich war inzwischen geschieden )
Einmal bin ich auf einer Geburtstagfeier bei meiner Mutter sehr wütend geworden und ich sagte
" Die ganze Verwandtschaft weiß inzwischen wieviel Rente ich erhalte und ich weiß
von niemandem wieviel Lohn oder Gehalt Ihr bekommt "
Essen gehen u.s.w. oder in Urlaub fahren kann ich nicht, ein Auto kann ich mir nicht leisten, aber ich mache andere Sachen, die mir sehr viel Spaß machen . Ich bin in 2 Spielgruppen, in einer Tanz- und Strickgruppe. Das alles kostet nichts , außer Wolle natürlich. Wegen Corona ist jetzt eine lange Pause.Das kommt mir grad entgegen, denn mir geht es jetzt schon längere Zeit psychisch nicht gut.
Dann mache ich alleine Fahrradtouren, ich nehme mir mein Pausenbrot mit,
da ich am Ziel nicht ins Cafe gehen kann.

Mein Hightlight ist jedoch mein Ehrenamt. Ich helfe jetzt schon 11 Jahre, 1-2 x in der Woche ehrenamtlich bei uns in der Stadtbücherei. Dort bekomme ich sehr viel Dankbarkeit und Anerkennung.
Lohn könnte ich gut gebrauchen, aber ich habe sehr große Probleme mit dem Tempo, das fast auf jeder Arbeitsstelle verlangt wird. In der Stadtbücherei mache ich mein Tempo, ich kann meine Pausen alles selbst bestimmen, auch wie viele Stunden ich arbeite.
Das kann ich sehr gut genießen.Noch positiv ist, meine Kollegin und inzwischen eine Freundin von mir, fangen sehr früh mit der Arbeit an. Bis die anderen Kollegen und die Leser kommen, bin ich schon fertig und weg.

Viele Jahre hatte ich noch Minijobs. Das geht wegen körperlichen Krankheiten nicht mehr.

Jetzt bin ich müde und ich gehe in mein Bett. Gute Nacht.
Gertrud Star
Beiträge: 3441
Registriert: 30. Jun 2014, 19:09

Re: Ich fühle mich "klein mit Hut"

Beitrag von Gertrud Star »

Hallo Seide,

dein Kommentar bezüglich des Offenlegens der Rente und der Sozialhilfe hat mich doch etwas beschäftigt. Stimmt, jeder weiß, wie wenig Geld man bekommt, umgedreht weiß man keinen Nettoverdienst der Frager. Vielleicht sollte man etwas anders da heran gehen bei solchen Fragen. Man könnte ja den Betrag sagen und im selben Atemzug fragen: "Und wieviel verdienst du denn netto so?" Oder man sagt von vorneherein, dass man den Betrag nur sagt, wenn der Frager seinen Verdienst auch verrät. :lol: Ich stelle mir die Reaktion darauf gerade vor, wie im Film :mrgreen:

Hallo an alle,

Vorgestern bei dem Telefonat kam auch ein KOmmentar, wieso ich denn beruflich nicht am Anfang etwas gescheites angefangen habe nach dem Wertverlust des Studiums. Die Frau macht jetzt etwas, was viele studierte Ingenieure machen: Sie programmiert für PCs und Laptops.

Einmal habe ich mich mit meinen beiden männlichen Gesprächspartnern unterhalten. Wir kamen auch darauf, wieso ich damals in jungen Jahren in der Zeitphase der Überschuldung dort an diesem Arbeitsplatz geblieben bin und nicht gewechselt bin. Einer der beiden machte einen lustigen Kommentar (ist ja auch länger her diese Lebensphase). Der ander antwortete ihm dann ungefähr so: "Jetzt hör aber mal auf hier! Jemand mit solch hohen Schulden macht keine Experimente. Deinen Vorschlag kannste vergessen! Dass die Gertrud da geblieben ist, war nur vernünftig! Ne brauchbare Ausbildung hatte sie ja auch nicht mal." Der war sowas von sauer.
Daran hab ich mich heute beim Aufstehen erinnert, wieso weiß ich nicht.

Ich werde denjenigen, der ganz erheblich an der Überschuldung mit beteiligt ist, nochmal per Brief einige Fragen stellen. Dass hauptsächlich deswegen nix aus meinem Leben geworden ist, weiß er ja schon aus dem Telefonat. Mal sehen, ob und wenn ja wie er antwortet.
Am Ende fühlt man sich dann viel weniger klein. Manchmal muss man Leute einfach zum Nachdenken bringen.

Schönen Resttag euch.
Gruß Gertrud
Wandervogel
Beiträge: 336
Registriert: 3. Aug 2020, 14:04

Re: Ich fühle mich "klein mit Hut"

Beitrag von Wandervogel »

Hallo Leute :hello:

Ich melde mich noch mal zu diesem Thema. Anderes Ereignis selbes Ergebnis :oops:

Ich habe gestern nach vielen vielen Jahren eine Bekannte wieder getroffen.
Als ich 2013 in die Akktuklinik kam, hat sie mich fallen gelassen wie ne heiße Kartoffel. Konnte mit der Krankheit nicht umgehen, sagte selbst, dass sie das nicht nachvollziehen kann und dass ich mich nur zusammenreißen müsse. Na ja, sie hat reagiert, wie die Gesellschaft halt im allgemeinen reagiert. Es hat mich zu tiefst verletzt und mich noch tiefer in die Krise gestürzt.

Vor 2 Jahren, habe ich am Rande mitbekommen, ist ihr Mann an Krebs gestorben und sie ist nach Hamburg zurückgezogen. Nun hat sie innerhalb des 2. Lockdowns wieder Kontakt aufgenommen.
War so ganz nett und ich bin über meinen Schatten gesprungen. Jeder hat ne 2. Chance verdient und meine Hoffnung war, dass der Schicksalschlag sie irgendwie verändert hat, einsichtiger gemacht hat. Mit nichten.

Sie hat geschwärmt, was sie so alles unternimmt und sich kauft etc. Und ganz stolz gesagt, dass sie 5 Renten zur Verfügung hat und mir quasi vorgeworfen, dass ich nicht so viel unternehme. Daraufhin habe ich trotzig geantwortet, dass wir keine 5 Renten zur Verfügung haben.

Irgendwie kamen wir in der ganzen Plauderei, die zwar nett, aber nicht völlig unverkrampft war auf meine Lebens- und Krankheitsgeschichte. Eigentlich wollte ich mit ihr gar nicht darüber reden. Warum ich es tat - keine Ahnung. Ist einfach so passiert.
Und wieder das gleiche Unverständnis.

Jetzt fühle ich mich wieder mies. Klein mit Hut. Eine Versagerin, weil mein Leben nicht so erfolgreich und gradlinig lief wie das ihre.

Ich hatte mich wirklich gefreut, sie wieder zu treffen. War offen für einen Neuanfang. Nun weiß ich nicht, ob er gelungen ist oder gelingen wird. Sie scheint zu versuchen, es zu akeptieren. Keine Ahnung ob es ihr gelingt. Nur reicht mir "nur" Akzeptanz? Wird dieses Unverständnis nicht wie ein Vorwurf immer zwischen uns stehen?

Ich fürchte mich davor, wieder so tief enttäuscht zu werden und spüre, dass ich sie nicht mehr so nah an mich herankommen lassen möchte. Ich will nicht wieder so tief verletzt werden.

Ich habe keine Ahnung wie ich damit umgehen soll. Wie ich mich verhalten soll.

Könnt ihr mir Mut machen, mir wieder auf die Sprünge helfen? Habt ihr ähnliche Erfahrungen gemacht? Wie seit ihr damit umgegangen?

Liebe Grüße
Wandervogel
Beiträge: 336
Registriert: 3. Aug 2020, 14:04

Re: Ich fühle mich "klein mit Hut"

Beitrag von Wandervogel »

Nach mal ich :oops:

was mich auch total runter gezogen hat, ist, dass ihre Wohnung wie geleckt aussieht und total schön und stilvoll eingerichtet.

Meine Wohnung dagegen ist eher ... ich weiß nicht wie ich es beschreiben soll. Zwar nicht Messi oder eckelig unsauber oder so. Aber nicht so Ton in Ton abgestimmt, unaufgeräumt und bräuchte dringend ne Renovierung.
Wir haben aber eben nicht so viel Geld. Mein Mann hat zwei linke Hände und Handwerker sind nicht billig und jetzt auch ziemlich rar. Freunde haben wir nicht, die das evtl. machen könnten.

Eigentlich hatten wir geplant, alle 2 Jahre was zu machen. Sparen dafür immer. Dann kam Corona....

Ich fühle mich so minderwertig ihr gegenüber.

Liebe Grüße
MarcelK
Beiträge: 34
Registriert: 11. Okt 2018, 16:30

Re: Ich fühle mich "klein mit Hut"

Beitrag von MarcelK »

So wie dir geht es vielen Leuten, auch mir. Die anderen sind an einem vorbei gezogen und führen ein erfolgreiches Leben. Und man selber hat es halt nicht geschafft.

Und gerade in Deutschland ist das so, weil es hier ganz besonders viele Leute gibt, die erfolgreich sind und einen hohen Lebensstandard haben. In anderen Ländern ist das bei weitem nicht so der Fall, und die Menschen stehen auch nicht so unter Druck dieses hohe Niveau zu erreichen.
momadome
Beiträge: 610
Registriert: 2. Aug 2009, 15:03

Re: Ich fühle mich "klein mit Hut"

Beitrag von momadome »

Hallo Wandervogel,

sich zu vergleichen bringt einen nicht weiter. Ich denke auch, dass du dir dessen bewußt bist. Und trotzdem tappt man gerne immer wieder in diese Falle.

Wenn du diesen Kontakt gerne intensivieren möchtest, weil dir die Bekannte richtig am Herzen liegt, dann versuche es.....weil du die Person magst. Nicht was sie erreicht hat, wie sie wohnt, was sie unternehmen kann. Weil du ihren Charakter magst, den Menschen.

Wenn dir die Bekannte nicht so wichtig ist, du Bauchschmerzen bei Treffen hast, dich nicht anerkannt und ebenbürtig fühlst......dann ist zu überdenken, ob du den Kontakt fortsetzen möchtest.

Dein Mann und du scheinen sehr zurückgezogen zu leben. Darf ich dich fragen, warum das so ist? Seid ihr euch selbst genug? Oder hast du Bedenken neue Bekanntschaften zu suchen, weil du unter Depressionen leidest oder weil euer Einkommen deiner Meinung nach nicht hoch genug ist, um Kontakte aufzubauen.

Ich war auch Beamtin im mittleren Dienst, bin seit 10 Jahren frühpensioniert, habe kein Eigentum und keine großen Rücklagen. Und doch fühle ich mich nicht minderwertig anderen gegenüber. Ich bin doch als Mensch genausoviel wert, wie eine finanziell gut gestellte Person.
Meine Erfahrung ist, dass sich immer wieder Menschen finden, die einfach an mir als Person Interesse haben, genau wie ich an ihnen. Völlig unabhängig von Einkommen, Stand und Bildung. Das erfordert immer wieder dranbleiben, Interesse zeigen und offen sein.

Du bist doch ein wertvoller Mensch. Und mein Eindruck von dir ist ein positiver. Warum machst du dich selbst so klein?

Lieben Gruß von Jojoma
NeulandCa
Beiträge: 26
Registriert: 2. Aug 2021, 22:41

Re: Ich fühle mich "klein mit Hut"

Beitrag von NeulandCa »

Moin Wandervogel,

ich bin noch neu hier und habe gerade Deinen letzten Beitrag gelesen.

Deine Bekannte kennt ja eigentlich Deine Lage und ich finde es etwas seltsam, dass sie Dir lieber ihre ganzen "Erfolge im Leben" erzählt anstatt auf Dich und Deine Situation einzugehen. Du schreibst auch, dass Du das Gefühl hast, dass sie Deine Situation nicht zu verstehen scheint.
Die Infos zur "geleckten Wohnung" nebst Fotos (geht ja schnell und einfach heutzutage) würde ich als Imponiergehabe sehen. Wer es braucht, bitte, aber lass mich damit in Ruhe :)
Ich persönlich glaube nicht, dass sie Dir hier weiterhelfen kann bzw. möchte.

Ich habe in den letzten Tagen so einige Gespräche mit Kolleginnen/Kollegen und Freunden gehabt, die nach meiner längeren Krankschreibung (aufgrund der Depression) mal wissen wollten, wie es mir geht.
Die Reaktionen waren unterschiedlich, aber unterm Strich hatte ich den Eindruck, dass eher Verständnis und Akzeptanz vorherrschten. Gerade im Hinblick auf die immer weiter steigenden Anforderungen an den Einzelnen im Job (und dass man unter diesem Druck auch zusammenbrechen kann, so wie ich Ende Januar), empfand ich es als "Balsam für die Seele", auch von Personen meines Freundes-/Kollegenkreises Verständnis zu erfahren.
In den Gesprächen habe ich gemerkt, dass ich nicht alleine bin mit den Sorgen, Ängsten und Nöten. Aber viele können diese besser "überspielen" bzw. werden durch andere Dinge positiv abgelenkt.

In diesem Sinne, lass Dich positiv ablenken, auch mit Kleinigkeiten :)

Alles Gute und LG

NeulandCa
Wandervogel
Beiträge: 336
Registriert: 3. Aug 2020, 14:04

Re: Ich fühle mich "klein mit Hut"

Beitrag von Wandervogel »

Hallo Mamadome,
Du schreibst:
Dein Mann und du scheinen sehr zurückgezogen zu leben. Darf ich dich fragen, warum das so ist? Seid ihr euch selbst genug? Oder hast du Bedenken neue Bekanntschaften zu suchen, weil du unter Depressionen leidest oder weil euer Einkommen deiner Meinung nach nicht hoch genug ist, um Kontakte aufzubauen.

Nach Beendigung der Schulzeit 1985 hatte ich einen kleinen Freundeskreis bestehend aus ehemaligen Klassenkameraden. Dann brach bei mir ein Kindheitstrauma auf und plötzlich war ich die Persona non grata.

Bevor ich erkrankt bin dachten wir, wir hätten einen großen Freundeskreis. Doch dann erkrankte ich schwer an Depressionen (mit Suizidversuch und 12 Wochen Akkutklinik.
Dann war es wie die 10 kleinen Negerlein. Am Ende war keiner mehr da. Haben uns fallen gelassen, wie heiße Kartoffeln. Das war 2001.

Wir bauten mühsam neuen kleineren Bekanntenkreis auf. 2013 der nächste Crash. Und wieder waren sie alle weg.

Nach drei desatrösen Freundeskreisen, sind wir gebrannte Kinder. Es hat jedesmal sehr weh getan und mich immer in eine ganz ganz tiefe Krise gestürzt. Wir gehen nur noch schwer auf Menschen zu und lassen niemanden mehr so nah an uns heran.

Kein Familienkontakt hat mit meinem Kindheitstrauma zu tun. Mehr möchte ich dazu nicht sagen.

Liebe Grüße
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