Gibt es Ratschläge

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Traktorfahrer
Beiträge: 58
Registriert: 23. Dez 2019, 19:14

Gibt es Ratschläge

Beitrag von Traktorfahrer »

Also ich hab manchmal das Problem das ich wochenlang oder manchmal sogar Monate in Down-Phasen drinstecke. Ich kann dann öfters nicht emotional passend reagieren, weil ich einfach nicht mit mir selbst bin. Dann kommen manchmal so Aussagen raus wie: " Was ist denn los mit dir" oder " Stell dich mal nicht so an" oder "Du idiot, manche Menschen haben es viel schlimmer als du". Meine Familie versteht einfach nicht dass es die Krankheit ist und nicht ich selber. Ich will das selbst nicht, ich versuche das sogar öfters zu blocken, aber mit Willenskraft geht da nichts. Wie kann ich damit umgehen? Ich gehe sehr oft raus, spazieren, warte bis einfach diese Phase vorbeigeht. Aber zur Zeit nervt mich halt das ich kein Verständnis bekomme und das schon seit Jahren. Ich bleibe immer diese Taugenichts in den Augen meiner Familie, aber dabei war ich es, der sie in schweren Phasen unterstützt hat und immer die fresse gehalten hat, wenn es mir schlecht ging.

Danke im voraus
Zuletzt geändert von Traktorfahrer am 19. Jul 2020, 18:08, insgesamt 2-mal geändert.
Katerle
Beiträge: 11292
Registriert: 25. Sep 2014, 10:30

Re: Gibt es Ratschläge

Beitrag von Katerle »

Hallo Traktorfahrer,

das ist wirklich schwer, wenn kein Verständnis vorhanden ist von Angehörigen und auch ist es nicht hilfreich, solche verletzenden Worte an den Kopf geschmissen zu bekommen über längere Zeit. Du kannst dich da nur von den Leuten distanzieren, weil das keinesfalls guttut. Mache weiter deine Spaziergänge und tue was für dich. Und was auch wichtig ist, setz Grenzen, damit mir dir nicht weiter so schlecht umgegangen wird, denn sowas kannst du nicht noch gebrauchen.

Alles Gute für dich, Kraft und das du durchhältst,

Liebe Grüße
Katerle
Zuletzt geändert von Katerle am 19. Jul 2020, 17:02, insgesamt 1-mal geändert.
Traktorfahrer
Beiträge: 58
Registriert: 23. Dez 2019, 19:14

Re: Gibt es Ratschläge

Beitrag von Traktorfahrer »

Danke dir Katerle, sowas zu hören tut echt gut
MaWe
Beiträge: 174
Registriert: 8. Feb 2020, 10:03

Re: Gibt es Ratschläge

Beitrag von MaWe »

Ich verstehe noch nicht, wer denn die genannten Sprüche bringt. Rutschen die Dir in der depressiven Gereizheit raus, oder sind das Äußerungen des mangelnden Verständnisses Deiner Familie?
Marlene57
Beiträge: 504
Registriert: 20. Mär 2018, 16:39

Re: Gibt es Ratschläge

Beitrag von Marlene57 »

Hallo Traktorfahrer,
wenn die Familie kein Verständnis hat ist das natürlich nicht schön und sehr verletzend.
Bist du denn in psychiatrischer oder psychotherapeutischer Behandlung? Und könntest mit deinen Therapeuten mal besprechen, wie du das deiner Familie evtl. noch besser erklären kannst.
Ich habe leider selbst erlebt, dass mein Mann das nicht verstehen konnte. Er meinte aber nur z.B. wir haben doch alles: Arbeit, keine finanziellen Sorgen und einen gesunden Sohn. Aber ich wurde von ihm nicht nicht mit Sprüchen zusätzlich nach unten gezogen.
Ich weiß aber, dass es eben für manchen Angehörigen ein schwieriges Thema ist.
Evtl. ist das Buch "der schwarze Hund " hilfreich.
Und wenn sie es dann immer noch nicht verstehen oder nicht verstehen wollen eben auf Distanz gehen. Weil solche Menschen brauchen gerade Depressive nicht.
LG Marlene
Traktorfahrer
Beiträge: 58
Registriert: 23. Dez 2019, 19:14

Re: Gibt es Ratschläge

Beitrag von Traktorfahrer »

Hallo Marlene
Danke für deine Antwort
Ja aber du weißt doch wie das mit Distanz ist. distanz zu halten als depressiver Mensch ist besonders schwer. Ich würde gerne alleine leben und mit einer Partnerin zusammenziehen . Aber welche Frau Will heutzutage einen depressiven Mann
Marlene57
Beiträge: 504
Registriert: 20. Mär 2018, 16:39

Re: Gibt es Ratschläge

Beitrag von Marlene57 »

Ja das stimmt. In der Theorie klingt das immer einfacher als es in der Praxis ist.
Aber gib die Hoffnung nicht auf. Manchmal gibt es Wege an die man nie gedacht hätte.
Ich z.B. hätte nie gedacht, dass ich durch den Aufenthalt in der psychosomtischen Klinik do viele hilfreiche Freunde finden würde. Und wenn mir jemand noch wenig Monate zuvorgesagt hätte, dass ich mal in einer Akutklinik für Psychiatrie und Psychosomatik landen würde, hätte ich das für mich vollkommen für unmöglich gehalten.
LG Marlene
Münsterland
Beiträge: 16
Registriert: 15. Jul 2020, 09:16

Re: Gibt es Ratschläge

Beitrag von Münsterland »

Hallo Traktorfahrer,

das ist wirklich eine blöde Situation. Kenne das zwar selbst nicht aus dem Familienkreis (die meisten wissen es eh nicht, dass ich erkrankt bin) wenn ich aber teils höre wie sich Leute über Erkrankte unterhatlen, finde ich das echt schlimm. Es ist verdammt noch mal eine Krankheit, hätte man eine die physisch ist und nicht psychisch sagt niemand etwas. Da sieht man es ja.

Die Wunden die man hat sieht niemand, sie belasten und stören aber so sehr, dass ein normales leben kaum führen kann.

Wünsche Dir alles Gute und hoffe, dass Du wieder aus der Phase findest, so dass sich der Umgang deiner Familie wieder etwas normalisiert. Vielleicht hast Du dann auch die Kraft denen zu sagen, was Du meinst, wenn es aktuell nicht geht.

viele Grüße aus dem Münsterland,
Marlene57
Beiträge: 504
Registriert: 20. Mär 2018, 16:39

Re: Gibt es Ratschläge

Beitrag von Marlene57 »

Hallo Münsterland,
wir hatten bei ins im Büro eine Kollegin, id zwar nichts mit uns direkt zu tun hatte, aber ihrer wie unsere Schreibtische waren in einem großen Raum, so dass man voneinander alles mitbekommen hat. Sie ist hübsch, alleinstehend hat auch Freunde am Ort. Ihr Perfektionismus machte ihr aber manchmal die Arbeit schwer. Mit ca. 45 war sie dann plötzlich krank gemeldet und nach einiger Zeit hörten wir, dass sie erst mal in eine Klinik geht. Meine Kollegin machte sich da auch etwas lustig bzw. konnte nicht verstehe wie sie psychische Probleme haben kann. Sie muss doch nur arbeiten und hat ansonsten keinen Stress mit Familie etc. zuhause.
Sie fiel dann auch mal wieder aus, bzw. war nochmal kurz in der Klinik.
Da war für mich natürlich klar, dass ich meiner Kollegin nicht sagen würde, wenn es mir psychisch nicht gut ging. Erst ca. 9 Monate vor meinem Ausscheiden aus dem Reisebüro habe ich gesagt, dass mich alles nervt und ich die Absicht habe aufzuhören.
Von da an ging es auch die restlichen Monate gut, erst 2 Monate nach meinem Ausscheiden kam der Zusamenbruch mit Klinik. In der Klinikzeit kam plötzlich eine WhatsApp von meiner Kollegin. Wie es mir geht, und ich soll mich doch mal melden. Da es ja sein hätte können, dass sie mich noch was dienstliches fragen wollte, rief ich mit Herzklopfen zurück. Nein sie meinte ihr ist heute morgen nur aufgefallen, dass ich jetzt ein Profilbild bei WhatsApp drin habe und wie es mir denn so geht.
Da hatte ich das erste Mal den Mut zu sagen, ich bin wegen Depression in der Klinik, und es geht mir aber schon besser. Und ganz wichtig, dass Depression wie eben oft durch eine Fehlsteuerung im Gehirn/Synapsen entstehen können, und jeder davon betroffen werden kann
Das ist jetzt 2,5 Jahre her und jetzt bin ich wirklich in meinem Ruhestand angekommen. Kann mich wieder am Leben und schönen Dingen freuen.
Ich schreibe das um anderen Mut zu machen und es oft doch einen Ausweg gibt.
LG Marlene
Lucien
Beiträge: 51
Registriert: 5. Dez 2019, 10:43

Re: Gibt es Ratschläge

Beitrag von Lucien »

Hallo Traktorfahrer,

inwieweit sind denn deine Angehörigen informiert? Wie viel wissen sie, wie es dir geht, um überhaupt verstehen zu können?

Was ich meine: mein Freund ist Ostern kommentarlos abgetaucht. Das halbe Jahr vorher habe ich gemerkt, dass irgendwas nicht stimmt (er hat sich phasenweise ziemlich zurück gezogen und auf der anderen Seite gesagt, wie wichtig ich ihm wäre, also irgendwie widersprüchlich). Hatte ihn ein paar Mal darauf angesprochen, aber keine Antwort bekommen. Genau genommen hatte ich den Eindruck, er versteht gar nicht, was ich meine. Am Tag bevor er abgetaucht ist, hatten wir noch telefoniert und ich habe ihn wieder gefragt, ob bei ihm wirklich alles ok ist. Da meinte er nein, aber er wüsste nicht, was. Seitdem bekomme ich in der Regel nur kurze Mitteilungen wie z. B. Gute Nacht. Wenn er mal ein bisschen mehr schreibt, dann so, wie wenn wir noch zusammen wären.

Wenn er nicht letztes Jahr im Spätsommer kurz erwähnt hätte, dass er Winterdepressionen hätte (klang wie eine Selbstdiagnose) könnte ich mit dem Verhalten gar nichts anfangen. Meine Frage, wie sich das mit der Winterdepression bei ihm äußert, blieb leider unbeantwortet. Und so sitze ich das jetzt mal bis auf weiteres aus und lebe mein Leben weiter. Schließlich kann ich ihn nicht dazu zwingen, mit mir zu reden. Dieses „Nicht-Kommunizieren“, was ja mit ein Problem der Krankheit ist, wirkt sich aber auf Dauer sehr negativ auf eine Beziehung aus.

Gerade weil du geschrieben hast, dass du gerne mit einer Partnerin zusammen leben möchtest. Was wir in einem anderen Forum als Partner/innen immer wieder feststellen ist, dass gerade diese am meisten von den Betroffenen auf Distanz gehalten werden. Oftmals ohne Erklärung, so wie ich. Ich vermute jetzt mal, dass dies mit ein Grund ist, „dass eine Frau keinen depressiven Mann“ will. Wenn jemand so gar keinen Hinweis bekommt (oder einem eventuellen kleinen Hinweis nicht nachgeht), dann wirkt das einfach so, wie wenn (in meinem Fall) der Mann einfach keine Lust mehr auf die Beziehung hat, sich rausschleichen oder warmhalten will, … tbc. und man „hakt“ den anderen dann ab. Man will ja nicht jemanden eine Beziehung aufdrängen, die derjenige anscheinend gar nicht will.

Was ich damit sagen möchte: auch wenn es noch so schwer fällt, es geht nichts über reden, reden, reden. Natürlich nicht mit jedem x-beliebigen und auch nicht bis ins kleinste Detail. Aber denen, die einem wichtig sind (egal ob Partner/in oder Angehörige), und es dann (hoffentlich) wert sind, sollte wenigstens ein bisschen Einblick gewährt werden.

LG
Traktorfahrer
Beiträge: 58
Registriert: 23. Dez 2019, 19:14

Re: Gibt es Ratschläge

Beitrag von Traktorfahrer »

Danke Marlene
Ich werde die Hoffnung aufjedenfall nicht verlieren
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