Tage, die keine sind

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janedoe
Beiträge: 556
Registriert: 6. Mai 2017, 21:17

Tage, die keine sind

Beitrag von janedoe »

Hallo ihr Lieben,
habe zur Zeit wieder das Problem, dass ich mir morgens schon wünsche, dass es bereits wieder abends und somit der Tag schon vorbei wäre. Dabei folgt auf die Nacht ja auch nur wieder ein neuer Morgen, der ähnlich abläuft. Ich weiß nicht so richtig, worauf ich warte und hoffe, was sich ändert an den nächsten neuen Morgen. Es fühlt sich wie eine Endlosschleife an und ich bin so müde, mich immer wieder zu fragen, was kommt next, wo geht es hin, wo will ich hin, was kann ich überhaupt?
Wenn ich meinem Umfeld glauben darf, haben mich aller gern, bin ich der beste Mitarbeiter, den man sich nur wünschen kann, mache ich meine Arbeit toll, kann und weiß ich viel.... Ich kann und will es nimmer hören. Schaut denn niemand hinter meine Fassade, sehen sie denn nicht, dass alles nur gespielt ist, dass ich täglich Angst habe aufzufliegen, dass bemerkt wird, dass ich nicht viel kann und weiß?
Wie komme ich aus dieser Spirale, die nur abwärts geht, wieder raus?
Janedoe
Bittchen
Beiträge: 5430
Registriert: 2. Feb 2013, 18:02

Re: Tage, die keine sind

Beitrag von Bittchen »

Liebe Janedoe,

sehr sehr lange habe ich am Morgen schon auf den Abend gewartet,weil es mir da etwas besser ging.
So wie du das beschreibst,dich selbst so als Versagerin hinzustellen,halte ich für das Problem.
Fange an,dich für dass was du schaffst zu loben,denn du bist stark.
Das siehst du daran,wie lange du schon wieder durch hältst.
Die erneute depressive Krise zu akzeptieren und erneut Hilfe zu brauchen ist keine Schande sondern kann dir das Leben retten.
Das habe ich schon so oft durch und jedes Mal wurde es etwas besser.
Glaube den Menschen,die deine Leistung sehen und loben.
Mit deinen depressiven Symptomen weiterhin zu funktionieren kostet enorme Kraft und macht deine Erkrankung nicht besser.
Es ist ein enormer Druck nach Außen die Maske aufrecht zu halten und so zu tun als wäre Alles in
Ordnung.
Das kann ganz schnell kippen und zum Zusammenbruch führen.
Dann geht evtl.gar nichts mehr.
Bei mir läuft jede Episode anders ab und auch die Symptome ändern sich.
Da hilft mir nur das zu tun was mir gut tut,das ist mehr Ruhe,keinen Druck ,aber auch positive Aktivitäten,auch wenn sie mir Anfang keinen Spaß machen.
Nicht die Fassade aufrecht halten.
Die depressive Störung ist eine Krankheit ,mit genauso vielen Einschränkungen wie jede
Auch kommt es darauf an,wie schwer es dich erwischt hat,und dich ausknockt.
Schon lange sage ich es ,wenn es mir nicht gut geht und ich mich anders verhalte.
Das war in jüngeren Jahren und im Berufsleben nicht einfach,glaube mir, ich verstehe dich sehr gut.

Lasse dich Mal sehr mitfühlend von mir drücken.
Es ist nicht einfach für dich,du hast deine Erziehung immer stark sein zu müssen zu das sehr verinnerlicht,nicht weinen dürfen usw.
Was ich so von dir gelesen in der Richtung,ging mir sehr nahe.
Du bist leider erkrankt,warum und weshalb ,das hat nichts mit Stärke oder Schwäche zu tun.
Mit einer körperlichen Krankheit würdest du so nicht denken.

Ganz liebe Grüße
Bittchen
Jeder Tag ist ein neuer Anfang.
Peter1
Beiträge: 3399
Registriert: 15. Apr 2018, 12:06

Re: Tage, die keine sind

Beitrag von Peter1 »

Hallo Janedoe
Deine Unfähigkeit wird dir nur von der depressiven Störung eingeredet.
Das bist nicht du !
Kann es sein, das du überlastet bist ?
Auf meinem Notfallplan steht ganz oben, meine Lieblings Beschäftigung. „Eis essen“. Für einen Diabetiker nicht gerade gesund, aber meine Thera hat mir beigebracht, jedes mal, wenn ich müde werde, gegen die Depression zu kämpfen, eine kleine Sünde zu begehen. Nach einem Eis oder einer Currywurst geht es mir meist besser. Beim essen denke ich an meinen Diabetologen, wie er sich die Haare rauft,(er hat gar keine mehr) dann beginne ich zu lächeln, und mir geht’s wieder gut.
Wie auch Bittchen schon geschrieben hat, kostet es enorm viel Kraft, die Maske aufrecht zu erhalten, und es bringt dir nichts ein. Ich,an deiner Stelle wäre schon längst beim Arzt gewesen. Eine kleine Auszeit wird dir Gelegenheit geben, deine Stimmung etwas aufzuhellen.

Alles Gute und Schöne Peter
Ich wollte nie erwachsen sein, hab immer mich zur Wehr gesetzt. Von außen wurd ich hart wie Stein, und doch hat man mich oft verletzt (Nessaja P. Maffay=
Unhappy38

Re: Tage, die keine sind

Beitrag von Unhappy38 »

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Zuletzt geändert von Unhappy38 am 18. Sep 2019, 20:21, insgesamt 2-mal geändert.
Unhappy38

Re: Tage, die keine sind

Beitrag von Unhappy38 »

Mir ist schon klar, dass das nur ein kleiner Teil von deinen ganzen Problemen ist aber ich denke, man muss einen kleinen Schritt nach dem anderen machen.
Alles Gute!
Jodok
Beiträge: 1
Registriert: 28. Dez 2017, 12:42

Re: Tage, die keine sind

Beitrag von Jodok »

Hallo zusammen, liebe Janedoe,

ich bin hier noch ein Unbekannter; dies ist mein erster Beitrag, ausgelöst durch das, was du gestern Abend geschrieben hast. Ich kenne das so gut: Wenn ich morgens wach werde, wünsche ich mir den Abend herbei. Montags empfinde ich diesen Wunsch noch viel stärker, denn es liegt nicht nur der Tag, sondern die ganze Woche vor mir.

Auch ich fühle mich von vielen gemocht und akzeptiert, auch ich habe einen guten Job und bekomme gutes Feedback, und so weiter. Aber darum geht es gar nicht. Bei mir wurde Anfang 2016 eine Erschöpfungsdepression diagnostiziert und mit gutem Erfolg behandelt, sowohl medikamentös als auch verhaltens-/gesprächstherapeutisch.

Leider musste ich anschließend aber feststellen, dass es damit nicht getan war und ist. Ich habe in der Therapie gelernt, dass es mir schlecht geht, wenn ich mir zuviel zumute, mich von meiner Disziplin bis an den Rand der Erschöpfung und darüber hinaus treiben lasse. Zwischen der Erkenntnis und einer dauerhaften Verhaltensänderung besteht aber ein großer Unterschied.

Ich schreibe dir das, weil ich mir vorstellen könnte, dass deine Selbstwahrnehmung, nicht viel zu können und zu wissen, evtl. trügt. Vielleicht bist auch du erschöpft und empfindest deswegen jeden Tag als eine Last?

Kennst du vielleicht folgende Wahrnehmung? Vor dir liegt ein Tag mit einer Reihe von Pflichten und der einen oder anderen freiwilligen Aktivität, z.B. in deiner Freizeit. Aber alle diese Punkte stehen auf einer langen gedanklichen Todo-Liste, und vor jedem Punkt steht: "Ich muss". So blicke ich in viele meiner Tage und wünsche sie mir deswegen in die Vergangenheit.

Wie ist das bei dir?

Jodok
Monchen12345
Beiträge: 1873
Registriert: 18. Nov 2018, 23:21

Re: Tage, die keine sind

Beitrag von Monchen12345 »

Hallo Janedoe,

Ich möchte dir eine Gegenfrage stellen: Lässt du denn andere hinter deine Fassade gucken?
Wenn du es nicht zulässt, sondern ne dicke Hochglanzmauer um dich herum hochgezogen hast, wie soll da jemand dahinter gucken? Du solltest zumindest mal einzelne Fenster einbauen....
Das ist zumindest mein Eindruck, der aus deinen Post entstanden ist.

Ich hab ja bereits mehrfach hier im Forum zu Tagesplänrn geraten. Stell doch mal einen für dich auf und baue ganz bewusst kleine Dinge ein, die nett, positiv, motivierend, entspannend... für dich sind. Einfach etwas worauf du dich nach dem Aufstehen "freuen" kannst.
Das dein Umfeld dich lobt, darfst du ruhig auch so annehmen und selbst glauben. Wenn ne Firma dir ein Jobangebot macht, dann bestimmt nicht aus Mitleid, sondern weil du gut bist, musst du nur selbst auch glauben....
Zarra
Beiträge: 5734
Registriert: 12. Mär 2010, 15:16

Re: Tage, die keine sind

Beitrag von Zarra »

Hallo Janedoe,

ich lese immer wieder mal in Deine Postings rein (nein, sicher nicht alle). Ich schließe mich erstens Monchens Post in diesem Thread an. Doch ich habe den Eindruck, daß Postings in diese Richtung schon, aber eben nicht wirklich bei Dir ankommen, nicht wirklich ankommen können. Daher meine Frage, weil ich immer das Gefühl habe, daß da etwas an Therapeutischem fehlt: Hattest Du - von Deinem Gefühl her und nur Dir selbst gegenüber - ausreichend stationäre Therapie? Bei mir kommt einfach der Eindruck rüber, daß da etwas Tieferreicherderes angegangen werden müßte - und daß es erst danach um Arbeit und was Du kannst gehen sollte. Bei mir kommt an, daß Du vorher gar nicht sehen kannst, wer Du eigentlich in Realität bist und was Du kannst.

Es kann sein, daß man das in begleitender guter Psychotherapie lernen/erfahren kann. Ich selbst habe das eben eher in guter stationärer Psychotherapie erfahren.

LG, Zarra
Bambinii
Beiträge: 23
Registriert: 24. Jul 2019, 08:46

Re: Tage, die keine sind

Beitrag von Bambinii »

Hallo Janedoe,
ein guter Mitarbeiter zu sein und viel zu wissen kann man gar nicht vorspielen, denn entweder sind da schlaue Zellen in deinem Gehirn oder eben nicht :)
Aber ich verstehe schon was du meinst. Man zeigt sich bei der Arbeit häufig engagiert, selbstsicher und leistungsstark und das ist in der Depression einfach wahnsinnig anstrengend, als müsste man eine schwere Grippe verheimlichen. Man lächelt die Kollegen an und gleichzeitig dreht sich einem der Magen um, weil das Lächeln null zum Gefühl passt!
LG Bambinii
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