Probleme mit der Psychotherapie

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martinnn
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Registriert: 15. Mär 2018, 12:45

Probleme mit der Psychotherapie

Beitrag von martinnn »

Hallo!

Meine Psychologin hat gemeint, wir würden immer vom Thema abkommen. Da habe ich gesagt, dass ich vielleicht zu viel erzähle. Ich würde vielleicht manchmal vom Thema ablenken. Da hat sie gemeint, dass sie es nicht als Vorwurf formulieren will. Wir würden also vom Thema abkommen, aber ich wäre nicht daran schuld.
Danach habe ich ganz normal, wie immer, über alles Mögliche geredet. Sie hat daraufhin gemeint, dass es heute besser gewesen wäre als sonst.

Ich verstehe das nicht. Ich habe ganz normal geredet und hätte angeblich nicht wie sonst, was aber irgendwie nicht meine Schuld wäre, abgelenkt. Häh? Ich habe das Gefühl, dass sie denkt, dass ich "ablenken" würde, weil sie nicht schlagfertig ist. Sie weiß nicht auf die Schnelle was sie sagen soll... Kann jemand meine Gedanken und meine Irritation verstehen? Ich habe ein bisschen das Gefühl, dass es in der Therapie darum geht, mich bestmöglichst ihr verständlich zu machen, und die richtigen Worte zu finden und alle gedanklichen Abschweifungen zu verhindern, als darum, dass sie mir wirklich hilft.

Liebe Grüße
Martin
Monchen12345
Beiträge: 1873
Registriert: 18. Nov 2018, 23:21

Re: Probleme mit der Psychotherapie

Beitrag von Monchen12345 »

Hallo Martin,
ich muss gestehen, so ganz verstehe ich das nicht.
Aber wenn ihr euch gegenseitig nicht versteht oder Probleme in der Kommunikation habt, dann ist das eine schwierige Grundlage für eine Therapie.

Eigentlich hilft es nur, wenn du deine Verwirrung ihr nochmal mitteilst und ihr gemeinsam guckt wie ( und ob) es weiter geht. Evtl. helfen auch Vereinbarungen wenn es wieder zu xxxx kommt, dann macht ihr in Zukunft dieses und jenes.
martinnn
Beiträge: 22
Registriert: 15. Mär 2018, 12:45

Re: Probleme mit der Psychotherapie

Beitrag von martinnn »

Danke Monchen!
Also ich bin heute immer noch verwirrt. Ich denke, wenn ich zu oft die Themen wechsle, ist es die Aufgabe der Psychologin zum Hauptthema zurückzukehren, anstatt mich erst viele Wochen später zu verwirren, indem sie erklärt, dass ich vom Thema ablenken würde, (da frage ich mich auch: Welches Thema eigentlich?!) und es aber nicht meine Schuld wäre. Ich frage mich, ob sie sich vielleicht über sich selbst ärgert.
Meine Eltern sagen, dass sie mich provozieren will, um zu sehen, wie ich reagiere. Aber da ich nicht weiß, warum sie sich so merkwürdig verhält, weiß ich auch nicht, was ich sagen soll. (Ich habe diesem Gespräch jetzt das Gefühl, dass sie immer darauf achten will, dass ich nicht gedanklich abschweife. Das würde mir gar nicht gefallen! Wenn sie jetzt völlig verbissen darauf achten würde, dass ich nicht ablenke, wären wir letztendlich genausowenig beim Thema, als wenn ich das Thema wechseln würde :D ).
Liebe Grüße Martin
Angie23
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Registriert: 10. Jun 2014, 00:12

Re: Probleme mit der Psychotherapie

Beitrag von Angie23 »

Und das jetzt einmal auf deutsch bitte :lol:
Nicht alle sind glücklich, die glücklich scheinen. Manche lachen nur um nicht zu weinen.
Salvatore
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Re: Probleme mit der Psychotherapie

Beitrag von Salvatore »

Hallo Martin,

ich finde deine Schilderung auch eher wirr. So wie ich das verstehe, hat sie dir eine Beobachtung mitgeteilt ("Sie lenken vom Thema ab.") und dies hat dich sehr mitgenommen. Ich bin gar nicht sicher, ob wirklich Verwirrung bei dir das vorherrschende Gefühl ist oder vielmehr eine ganz schöne Wut?

Die Brisanz der Äußerung ist ohne Kontext für mich schwer nachzuvollziehen. Was ist daran schlimm? Sie hat dir ja auch gesagt, dass sie das nicht als Vorwurf meint. Da schwingt also keine Abwertung mit, sondern es ist ihr eben aufgefallen. Das kann einfach ein Verhalten sein, dass dir gar nicht bewusst ist - willkommen im Club! ;) Und was dir nicht bewusst ist, das kannst du auch nicht steuern. Ergo bist du nicht Schuld dran; genauso wenig wie irgendjemand von uns hier "Schuld" an seiner Depression ist, auch wenn wir uns sicher alle in irgendeinem (oder mehreren) Punkten ein schädliches und depressionsförderndes Verhalten zugelegt haben.

Indem sie es dir nun rückmeldet, es dir also bewusst macht, hast du die Möglichkeit, dir selbst auf die Schliche zu kommen. Irgendwann, mit ein wenig Übung, fällt es dir dann womöglich von selbst auf und dann hast du immerhin die Entscheidungsfreiheit, dieses Verhalten entweder so weiterzuführen oder aber zu ändern.

Ich gebe dir allerdings recht, in meinen Augen ist tatsächlich die wichtige Frage: Was ist eigentlich das Thema? Vielleicht kannst du das in den nächsten Stunden klären. Vielleicht stellst du dann fest, dass du zwar eine Menge erzählst, aber dabei immer um den heißen Brei herumredest. Vielleicht auch nicht und vielleicht weißt du noch gar nicht, woraus der heiße Brei besteht. Das wäre dann auch Stoff für die weiteren Stunden.
Da du es als nicht hilfreich empfindest und dir offenbar anderes von ihr wünschst, würde ich an deiner Stelle auch dies beim nächsten Mal ansprechen - schließlich ist es deine Therapie und wenn es dir nichts bringt und du dich dort nicht ernstgenommen o.ä. fühlst, wäre es wichtig, das zu klären.

Schlagfertigkeit halte ich persönlich nun nicht für eine wichtige Kernkompetenz von Therapeuten. Eher im Gegenteil, ich wünsche mir jemanden, der besonnen an die Gespräche herangeht. Auch eine Provokation kann ich nicht erkennen, es klingt eher wie eine sehr übliche Anmerkung, wie sie typischerweise in analytischen Verfahren vorkommt (z.B. in der Tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie).
Und wieso sollte sie sich über sich selbst ärgern? Findest du, dass sie Grund dazu hat?

Ablenken, abrupt das Thema wechseln, ums Thema herumeiern, nicht zum Punkt kommen - mal ehrlich, das machen wir doch alle andauernd. Nicht nur Psychotherapiepatienten, sondern wirklich alle. Sobald es heikel wird, sobald jemand uns zu nahe tritt, sobald uns etwas am Ego kratzt, sobald wir einen Fehler zugeben müssten, sobald uns ein Gespräch unangenehm ist - manchmal tun wir es bewusst, manchmal unbewusst. Das ist doch sogar der Klassiker im Volksmund, dass viele Männer lieber über Fußball reden als über ihre Gefühle. Ganz normal, nicht schlimm. Nur für die Therapie nicht gerade förderlich, da es einen leider nicht wirklich voranbringt.

Alles Gute für dich,
Salvatore
Blog: http://www.oddyssee.de
Instagram: Oddysee@meine_oddyssee
martinnn
Beiträge: 22
Registriert: 15. Mär 2018, 12:45

Re: Probleme mit der Psychotherapie

Beitrag von martinnn »

Hallo, lieber Salvatore,

erst einmal will ich mich für deinen ausführlichen Kommentar bedanken! Vielen Dank! Ich denke, dass ich erst einmal über viele Dinge nachdenken muss.
Ich hatte gestern 18 Uhr wieder einen Termin bei meiner Psychologin gehabt. Ich habe sie gefragt, ob sie mich provozieren wollte. Da hat sie Nein gesagt. Wenn sie mich wirklich hätte provozieren wollen, hätte ich es zwar nicht verstanden, aber ich hätte mir gedacht, dass sie wenigstens ein Konzept hat... aber das sie einfach Nein sagt, verwirrt mich wieder.
Sie hat wieder gesagt, wir müssten immer bei einem Thema bleiben. Im Laufe des Gespräches hat sie an der Decke nach Worten gesucht, um sich besser zu erklären. Sie saß mir also gegenüber und ich sah die ganze Zeit das Weiß ihrer Augen. :lol: Da habe ich mir gedacht, wenn sie sich im Detail verliert, weil sie nach den richtigen Worten sucht, ist das letztlich einem Themawechsel vergleichbar. Außerdem geht meine Zeit flöten, wenn sie sich nicht ausmehrt. :lol:
Ich habe mir zu Hause gesagt, dass ich nicht zu viel nachdenken darf. Ich gehe weiter zu ihr und wechsle nicht den Therapeuten. Irgendwie wird sich das schon wieder bessern.


Du schreibst: Warum soll sie sich ärgern? Ich denke, sie hat sich vielleicht geärgert, dass sie mir erst so spät gesagt hat, dass ich die Themen wechsle. Denn jetzt ist diese Bemerkung aus dem Kontext gerissen, dass ich sie nicht verstehe.
Gertrud Star
Beiträge: 3441
Registriert: 30. Jun 2014, 19:09

Re: Probleme mit der Psychotherapie

Beitrag von Gertrud Star »

Hallo Martin,
bist du eventuell jemand, der einen Sachverhalt von mehreren Seiten beleuchtet, um einen Überblick zu bekommen?
LG Gertrud
martinnn
Beiträge: 22
Registriert: 15. Mär 2018, 12:45

Re: Probleme mit der Psychotherapie

Beitrag von martinnn »

Ja! Ich denke über ein Thema sehr lange nach. Ich denke genau über meine Gedanken und die Formulierung dieser Gedanken nach. Und das erwarte ich auch von meiner Psychologin. Daher finde ich es richtig, dass sie über ihre Wortwahl nachdenkt, aber macht mich das lange Zögern nervös... Ich habe oft ambivalente Gefühle. Es ist schwer zu beschreiben.
Gertrud Star
Beiträge: 3441
Registriert: 30. Jun 2014, 19:09

Re: Probleme mit der Psychotherapie

Beitrag von Gertrud Star »

Hallo Martin,

diese Komplexheit und Tiefgründigkeit gehört zu dir. Die ist in Ordnung.
Du kannst nicht erwarten, dass jemand das nicht als Abschweifen betrachtet.
Denn die meisten Menschen sind nicht so gestrickt.
Vielleicht informierst du deine Therapeutin einfach darüber und guckst, was sie dazu meint.

In meinen fruchtbarsten Gesprächen, die immer doppelt so lange liefen als eine Therapiestunde, war oft gar kein Thema da. Trozdem kam mit der Zeit zum Vorschein, was zu verarbeiten war.
Das sprengte dann aber jegliches Zeitkontingent von Kassentherapie, aufgrund der jahrzehntelang (aufgezwungenen) Unmöglichkeit der Verarbeitung. Die nötigen Infos standen erst jetzt bereit in den Medien.
Vorher stocherten alle nur im Nebel.

In meinen Gesprächen waren die Abschweifungen oft weit und im Nachhinein betrachtet sinnvoll.
Öfter stand die Frage im Raum, wo wir im Gespräch waren, bevor abgeschweift wurde.
Und es gab viele viele nicht beantwortbare Fragen, bis nach Jahren einiges richtig gestellt werden konnte und die entscheidenden Fehler und Fehleinschätzungen und Versäumnisse benannt werden konnten.

Weswegen bist du denn in Therapie?
Eher wegen konkret benennbarer und eingrenzbarer Probleme,
oder eher, weil du mit dir und der gesamten Situation schlecht zurecht kommst?

LG Gertrud
martinnn
Beiträge: 22
Registriert: 15. Mär 2018, 12:45

Re: Probleme mit der Psychotherapie

Beitrag von martinnn »

Hallo Gertrud,

es ist schwierig zu sagen, warum ich in der Therapie bin. Es ist komplex. Die Psychologin sagt, ich hätte mittelschwere Depression.
Ich bin nie gerne zur Schule gegangen. Ich war ein Außenseiter. Ich war schon immer depressiv. Ich habe regelmäßig heftige Migräneattacken mit Aura. Also entweder bin ich lethargisch oder liege mit Migräne im Bett. Ich bin immer mit mir unzufrieden. Meine Psychologin sagt, da ich wegen meiner Schwerhörigkeit als Kind niemanden versrtanden habe, was viel zu spät erkannt wurde, hätte ich zu keinem Menschen, auch zu meinen Eltern, einen richtigen Zugang. Ich würde das Schweigen daher bis heute als beziehungsgestört empfinden.
Ich habe schon immer besessen Gedichte und Geschichten geschrieben, weil ich die Sprache spät und daher intensiv gelernt habe. Aber das Schreiben ist eben, wie ein Gespräch, ein Sich-im-Kreis-drehen. Das ist nicht hilfreich.
Meine Oma, mit der ich mich wie mit einer Mama gut verstand, ist 2016 nach einem dritten langen Krebsleiden gestorben. Ich erhoffe mir von der Therapie, dass ich lerne die Zeit sinnvoll zu nutzen, in der es mir gut geht und mich nicht über irgendwelche Leute ärgere und das ich Tipps bekomme, wo ich andere Leute kennenlernen könnte. Ich möchte mir nicht immer über alles Gedanken machen und an Vergangenes denken.
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