Hallo ihr beiden,
@ FrequentFlyer: ja stimmt, so neu bin ich hier nicht mehr. Aber mich in DieAlte umbenennen muss jetzt nicht unbedingt sein
Eigentlich habe ich den Namen nur genommen, weil mir nichts besseres eingefallen ist und ich eigentlich auch nur in einem Thread antworten und mich dann wieder abmelden wollte. Wurde nichts daraus, irgendwie bin ich hier hängengeblieben. Manchmal ist es anstrengend und herausfordernd hier mitzuschreiben, aber es tut mir auch sehr gut und bringt mich weiter.
@ Katharina:
südwind55 hat geschrieben:Arztbesuche mit ihm sind äuserst anstrengend für mich
Das glaube ich...
südwind55 hat geschrieben:Für Sie ist er bis zu ihrem Tod immer das unselbstständige kleine Kind geblieben, so heben sie ihn behandelt und er hat es zugelassen. [...] Sie hatten bis zu ihrem Tod einen sehr großen Einfluss auf ihn.
südwind55 hat geschrieben:Jetzt klammert er sich richtig an mich, er sieht mich als seinen einzigen Halt.
Hast du schon mal den Begriff "symbiotische Beziehung" gehört? Da geht es um das Zusammenspiel des Bedürfnisses nach Autonomie und des Bedürfnisses nach Bindung, das aus dem Gleichgewicht geraten ist.
Jeder Mensch hat zum einen das Bedürfnis, sich zugehörig zu fühlen, jemandem nah zu sein, sich gegenseitig zu unterstützen, nach Treue und Geborgenheit. Zum anderen aber auch das Bedürfnis nach Eigenständigkeit und Freiraum, nach Unabhängigkeit, danach sich selbst zu verwirklichen, seinen eigenen Interessen nachzugehen, seine eigene Meinung haben zu dürfen. Beides sind also die kompletten Gegenteile von einander.
Menschen tendieren meistens auch eher zu einer Seite, bei manchen ist es auch extrem.
Die Extremform des Bindungsbedürfnisses kann dann zur totalen Selbstaufgabe führen, zu starken Verlustängsten, man definiert sich nur noch über den Partner (oder andere Menschen), man ist unselbstständig, denn man orientiert sich immer an den Wünschen anderer und nicht an den eigenen (die man meistens nicht mal mehr erkennt), man fühlt sich evtl. als Opfer, hilflos, man vermeidet Konflikte, um die Sicherheit, dass der andere bei einem bleibt, nicht zu verlieren usw.
Die andere Extremform ist dann die totale Isolation von anderen, man verschließt sich, man wird einsam, man nimmt evtl. keine Rücksicht auf die Bedürfnisse anderer, man bricht aus Beziehungen aus, da sie einem zu eng werden.
Wenn zwei Menschen zusammenleben und sich der eine an den anderen klammert und der andere zulässt, dass sich der andere an ihm festklammern kann, nennt man das symbiotische Beziehung.
Im Prinzip hat in so einer Beziehung jeder auch seinen "Gewinn" davon. Der eine braucht seine Sicherheit, gibt sich auf und dem anderen hin, der andere kann Entscheidungen nach seinen Wünschen treffen (denn der andere macht ja sowieso das, was man sagt/streitet sich nicht), hat seine Freiheit usw. Das läuft im Normalfall auch nicht bewusst ab! Und oft eine ganze Zeit lang auch gut, aber sobald einer der beiden aus diesem Muster raus will, wird es schwierig.
Ich habe mich mit dem Thema ziemlich intensiv beschäftigt, da ich auch die Tendenz hatte (und wahrscheinlich immer noch etwas habe), mich sehr an andere zu binden.
Mir war es lange nicht klar, wie die Beziehung z.B. zu meiner besten Freundin war. Ich habe immer sehr viel Rücksicht auf sie und ihre Befindlichkeiten genommen, ihre Meinung war mir extrem wichtig, ich hatte zwar auch eine Meinung, manchmal auch eine andere als sie, aber meistens war mir gar nicht bewusst, dass das so ist oder was mich jetzt eigentlich aufregt oder nervt und dass ich das auch sagen darf, weil ich keinen Zugang zu meinen Gefühlen hatte (woraus leicht eine Depression entstehen kann!). Wenn ich etwas cool fand, von dem ich wusste, dass sie es nicht cool fand, habe ich nichts gesagt. Ich hatte immer Verständnis.
Als sie dann nach dem Abi unbedingt weit wegziehen wollte, und es sie nicht interessiert hat, dass es Leute gab, denen die Freundschaft wichtiger war als möglichst viel Freiheit zu gewinnen, habe ich starke Verlustängste bekommen. Das ging mir dann nicht nur bei ihr so, sondern auch bei manchen anderen Personen, die mir sehr wichtig waren.
Meine Therapeutin hat mir immer wieder gesagt, dass es wichtig ist, dass man als Partner auf Augenhöhe ist und eine autonome Beziehung hat.
Das heißt, dass jeder eine Einzelperson ist, auch wenn man sich geschworen hat, nie mehr auseinander zu gehen. Dass jeder auch Sachen ohne den Partner machen darf, ohne dass der andere Panik bekommt oder misstrauisch wird.
Dass man sich nicht vom anderen abhängig macht, aber der andere einen auch nicht bemuttert oder bevormundet. Dass man seine eigenen Wünsche und Meinungen haben darf, das aber nicht gleich die Beziehung zerstört.
Sich darüber im Klaren zu sein, dass der Partner aus eigener Entscheidung bei einem ist und man ihn nicht zwingen kann, bei einem zu bleiben. Dass er es aber tut, weil er einen liebt.
Dass man ein Individuum bleiben darf, aber gleichzeitig ein Paar ist, das so auch nach außen sichtbar ist und dessen Beziehung zueinander sich von der Beziehung zu anderen Menschen unterscheidet.
In einer Beziehung muss man den Mittelweg finden zwischen diesen beiden Extremen und es ist immer ein ständiges Ausloten der sich widersprechenden eigenen Bedürfnissen und auch noch denen des Partners.
Für mich war es damals furchtbar zu hören, dass jemand sich jeden Tag entscheiden könnte, nicht mehr bei mir zu bleiben. Dass jemand sich nicht so eng an mich binden will, wie ich mich an ihn. Dass ich mich nicht jemandem komplett hingeben soll, auch wenn ich ihn noch so sehr liebe, sondern bei mir selbst bleiben soll. Natürlich weiß ich, dass ich den anderen nicht einengen soll, und das will ich auch vom Kopf her nicht, aber ich verband mit dem Begriff "Autonomie" eher das hier:
- verlassen werden
- im Stich gelassen werden
- es nicht wert sein, dass man bei mir bleibt
- keine bedingungslose Liebe
- Angst haben, dass der andere geht
- Ablehnung
- dem anderen ist die Beziehung nicht so wichtig wie mir
- sobald jemand besseres kommt, geht der andere
- der andere lebt auch ohne mich, braucht mich nicht
- dem anderen sind andere Sachen wichtiger als ich
- usw.
Ich könnte mir vorstellen, dass es deinem Mann auch so geht. Wenn er nie gelernt hat, auf eigenen Beinen zu stehen, und du auch immer seine Hilfe und Sicherheit warst, ist es klar, dass er Panik bekommt, wenn er merkt, dass seine einzige Hilfe wegbricht.
Ich denke, es wäre wichtig, dass er das lernt. Es ist schwer und tut auch extrem weh, diese Gefühle auszuhalten, das weiß ich aus Erfahrung. Und es geht auch nicht von heute auf morgen.
Aber ich denke, ihr könntet dadurch nur gewinnen. Bei meinen Eltern war es zwar nicht ganz so krass, aber schon auch eher so, dass meine Mutter die treibende Kraft war und mein Vater sich auch oft nicht sicher war, was er eigentlich will. Seitdem sie sich aber dessen bewusst sind und daran arbeiten, wird es besser und meine Mutter freut sich auch immer, wenn mein Vater etwas macht, weil es ihm einfach Spaß macht oder er weiß, was er will.
Wie man das in eurer Situation lernen soll, weiß ich leider nicht. Mir hat die Therapie geholfen und dass ich mich selber mit dem Thema beschäftigt habe. Zu sehen, um was geht es eigentlich und was verstehe ich darunter.
Ich denke, das wichtigste, das du gerade ändern kannst, bist du selbst. Auch wenn du wertvoll und gut so bist, wie du bist
Ich denke, FrequentFlyer hat dir da schon hilfreiches dazu geschrieben.
So, das war jetzt viel und auch viel persönliches. Ich hoffe, du kannst etwas damit anfangen.
Liebe Grüße und alles Gute für euch beide,
DieNeue