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anna1967
Beiträge: 60
Registriert: 16. Mär 2018, 19:04

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Beitrag von anna1967 »

Hallo,

ich merke immer mehr, wie verzweifelt mein Mann ist. Meine Erkrankung macht ihn fertig. Ich ziehe mich zurück um ihn nicht zu belasten. Wie habt ihr das empfunden? Ich hoffe, dass unsere liebe nicht zerbricht.

L.G. Anna
Columbia
Beiträge: 72
Registriert: 3. Mär 2018, 15:08

Re: partner

Beitrag von Columbia »

Liebe Anna,

als Angehörige kann ich Dir sagen, dass der völlige Rückzug für den Partner besonders schlimm ist und die eigentliche Belastung. Wenn sich Betroffene zurückziehen, empfinden das Angehörige nicht als Schutz. Und, glaube mir, wir erwarten keine großen Liebesbeweise, sondern freuen uns über jedes liebe Wort, jede Umarmung, jedes kleine Zeichen, das uns zeigt, dass wir geliebt und gebraucht werden. Wenn all das ausbleibt, werden wir mutlos und verzweifelt.

Dir und Deinem Mann alles Gute!

Columbia
Sybilix
Beiträge: 79
Registriert: 11. Mär 2018, 23:58

Re: partner

Beitrag von Sybilix »

Hallo Anna,

auch ich bin Angehöriger. Ob meine Frau sich aus Schutzempfinden mir gegenüber zurückzieht weiss ich nicht, wenn es so wäre - wäre es gänzlich unbegründet.
Natürlich ist die Situation als solche "belastend", aber es lässt sich (zumindest in meinem Fall) viel leichter enorm viel mehr leisten (Haushalt, Kinder, Hausbau, Vollzeitarbeiten etc.) wenn die Beziehung zum Partner, auch wenn erkrankt, nicht offen angezweifelt wird. So blöd es klingt "eine Baustelle" weniger.

Außerdem gibt einem der Partner, selbst krank, immense Kraft und Motivation, selbst wenn dank emotionaler Achterbahn auch "schlechte" Momente dabei sind.

Wenn möglich (ich weiss, als Betroffener schwierig) darauf achten wie er auf bestimmte Dinge reagiert bzw. einfach (in für Dich passenden Momenten) mit ihm darüber reden. Vielleicht siehst Du Probleme, wo gar keine sind? Geht mir selbst als "Gesunder" manchmal so.

Grüße und alles Gute,
Sybilix
anna1967
Beiträge: 60
Registriert: 16. Mär 2018, 19:04

Re: partner

Beitrag von anna1967 »

Hallo,

da es mir am Abend besser geht, können wir dann auch miteinander reden. Nur am Tag bin ich sehr einsilbig. ... vielleicht ist es bei einem nahestehenden Menschen schwieriger die Gefühle und Ängste heraus zu lassen.

Der Ruckzug ist ein Zeichen dafür den anderen nicht verletzen zu wollen.

Mit einer Freundin kann ich besser über meine Sorgen sprechen. Mit Menschen mit der gleichen Erkrankung kann ich über die Depression am besten sprechen oder wie hier schreiben.

L.G. Anna
Bittchen
Beiträge: 5430
Registriert: 2. Feb 2013, 18:02

Re: partner

Beitrag von Bittchen »

Liebe Anna,liebe Mitleser,

auch ich ziehe mich in einer depressiven Krise sehr zurück.
Es geht manchmal so weit,dass mein Mann darauf achtet ,dass ich auch esse oder trinke.
Für uns war es sehr wichtig,dass mein Mann ,so wie meine ganze Familie versteht, wie sich die Symptome in in einer Krise auf meinen Körper und auch auf meine dann dunkle Seele auswirken.
Da ich schon sehr lange immer wieder mit Episoden zu kämpfen habe,hat es gedauert bis er sich jetzt recht gut darauf einstellen kann.
Mittlerweile merken er oder auch meine Töchter eher wie ich,wenn es wieder anfängt
Die Depression hat unser Leben verändert und mein Mann trägt die Beeinträchtigung mit.
Jede Krankheit,es kommt ja immer auf den Schweregrad und die Einschränkungen an,belastet eine Beziehung.
Lange Planungen gehen einfach nicht,weil wir nie wissen,wie es mir in ein paar Wochen oder Monaten geht.
Wir mussten schon gebuchte Urlaube absagen und fahren nur noch spontan weg,wenn überhaupt.

Dieses Jahr wollen wir gerne wieder an die Ostsee,mal sehen wie es klappt.
Umso schöner ist es zu sehen ,mit welch einer Erleichterung er reagiert, wenn es mir wieder besser geht.

Wir sprechen offen über die Krankheit ,nachempfinden kann er es wohl nicht.
Da kann ich mich auch am besten mit Betroffenen austauschen.
Es ist aber auch mein Mann der kleine Fortschritte viel eher merkt wie ich und mich darauf Aufmerksam macht.
Er macht keinen Druck und kritisiert nicht an mir rum.
Das gibt mir immer wieder Mut.
Wie er noch berufstätig war,war es natürlich schwerer für ihn,denn es blieb auch viel an ihm hängen.
Wenn ich total in den Seilen hing, war ich auch oft ungerecht,durch die Unzufriedenheit mit mir selbst.
Das tat mir hinterher so leid,aber ich konnte das dann auch sagen.
Mein Rückzug in der Krise ist kein Schutz für ihn,ich fühle mich dann alleine am wohlsten,ich bin aber froh dass er da und in meiner Nähe ist.
Das soll man Mal einem gesunden Menschen erklären.
Wir sind mittlerweile ein eingespieltes Team ,auch nicht immer ohne Auseinandersetzungen, aber das gehört auch zu einer langen Beziehung.
Wenn er mich nur in Watte packen würde,täte mir das auch nicht gut.
Im Moment haben wir beide eine gute Zeit,denn mir geht es besser und das genießt mein Mann genauso wie ich.

Liebe Grüße Bittchen
Jeder Tag ist ein neuer Anfang.
Sybilix
Beiträge: 79
Registriert: 11. Mär 2018, 23:58

Re: partner

Beitrag von Sybilix »

Hallo Bittchen,
danke für deine Zeilen.
Auch wenn man schon einige Schilderungen hier gelesen hat und sich dem Thema widmet, gibt es immer wieder neue Facetten.

Ich finde es toll wie ihr euch eingespielt habt und das ist - so glaube ich - was Columbia und ich meinten: Es ist möglich sich aufeinander einzuspielen, auch wenn die Beziehung nicht mehr wie im "klasischen" Sinne funktionieren kann.

Warum wohl ist so mancher beruflich Reisender froh über seine Abwesenheit, mindestens zeitweise?
Es ist, wie Du schon sagst, ungewöhnlich - dennoch eine andere Form "jeder braucht auch seinen Freiraum". Die Problematik käme ja erst mit der (falschen) Interpretation des Verhaltens. Wenn ich das als Vorstufe der Trennung auslege, dann löst das eine ganze Kettenreaktion aus.
Wenn ich aber das "auf Distanz gehen" als ganz normalen, temporären Akt deklariere bzw. kenne, ist es im Grunde nichts anderes wie "den Wocheneinkauf" erledigen. Es kommt und geht und wenn man kein großes Ding daraus macht, verliert es viel vom negativen Einschlag.

Auch scheinst Du zur glücklichen Sorte der Betroffenen zu gehören (zumindest für mein Empfinden), denn Dir ist trotz Distanzierung die Nähe zu deinem Partner bewusst und wichtig. Das scheint leider nicht automatisch der Fall zu sein und macht - insbesondere die Situation für den Partner / die Beziehung um einiges schwieriger, weil ein wichtiger Grundpfeiler (mindestens temporär) fehlt.

Es ist immer wieder erfrischend welche Wendungen Threads nehmen ;)
Sybilix
Bittchen
Beiträge: 5430
Registriert: 2. Feb 2013, 18:02

Re: partner

Beitrag von Bittchen »

Lieber Sybilix,

ich lese noch sehr selten im Angehörigen Thread.
Die Zeit kann vieles regeln und auch immer wieder Hoffnung geben.
Wenn Kinder und auch Liebe noch im Spiel ist,lohnt es sich immer weiter zu machen und die Hoffnung auf Besserung nicht aufzugeben.
Keiner weiß wann sich die Krankheit zurück zieht und wieder mehr Gefühle füreinander da sind.
Oft konnte ich keine Nähe oder Berührungen zulassen.
Das habe ich schon sehr lange nicht mehr und kann und will es mir auch nicht mehr vorstellen.
Das war auch für meinen Mann und meine Kinder sehr belastend.
Auch für mich war dieser Zustand nur sehr schwer zu ertragen.
Die Gefühllosigkeit war für mich immer das Schlimmste,aber auch das hat sich GsD wieder gegeben.
Es ist die Krankheit,die den Menschen so verändert,das solltest du nie vergessen.
Heute sind mein Mann und ich sehr froh noch zusammen zu sein,aber es waren auch viele Tiefen dabei.
Aber das kann auch in Beziehungen der Fall sein ,wenn beide Partner gesund sind.
Für dich und deine Familie alles Gute.

LG Bittchen
Jeder Tag ist ein neuer Anfang.
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