Ich bin neu hier

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Virginia
Beiträge: 8
Registriert: 14. Aug 2014, 21:46

Ich bin neu hier

Beitrag von Virginia »

Hallo liebe Foristen,
ich bin neu hier und versuche strukturiert meine Lage zu schildern. Ich habe vieles gelesen insbesondere bei Antiope, Martina884, Winnipuh, ndskp01 und erkenne mich gut wieder in einigen Beiträgen.

[b][u]Über mich und den Ausgangspunkt der Krise:[/u][/b]
Ich bin fast 43 Jahre, längere Zeit ohne Partner, habe studiert und arbeite seit 16 Jahren im selben Unternehmen. Meine Arbeit macht mich seit ca. 4-5 Jahren todunglücklich, nicht nur inhaltlich sondern in erste Linie des Umfelds wegen. Ursache dieser Entwicklung ist ein kompletter Führungswechsel, es herrscht Psychoterror und Kadavergehorsam. Die Kollegen lachen dir oben ins Gesicht und treten dir unten gegen das Schienbein. Der Chef ist ein Psychopath, der ganz subtilen Terror ausübt, Freude am Quälen hat und rachsüchtig ist. Ich bin dafür nicht geschaffen und kämpfe den Kampf der Gerechten. Mich treibt das in die totale Isolation auf der Arbeit. Am Anfang der Misere ging ich die Leute teilweise aggressiv an. Ein Kollege sagte mir mal in einer schwachen Minute, ich sei nur aggressiv, weil ich zu sensibel bin. Ich hätte ja uneingeschränkt Recht mit allem. Aber wir leben eben nur außerhalb des Jobs in einer Demokratie....Aber die Arbeit als alleiniges Problem auszumachen wäre mir zu kurz gegriffen. Es ist nur ein Symptom, der berühmte Tropfen. Denn irgendwo muss dies Verletzlichkeit ja herkommen.

[b][u]Erkenntnisse:[/u][/b]
Mir ist klar geworden, dass die Hauptursache mein mangelndes Selbstbewusstsein (was kaum jemand vermuten würde, ich gelte meist als mutig). Mein schrumpfendes Selbstvertrauen resultiert allein aus negativen zwischenmenschlichen Erfahrungen in den vergangenen 40 Jahren (Eltern, Schulfreunde, Jungs, Partner, Chefs etc.). Für mehr Selbstvertrauen sorgten dagegen ausschließlich Entscheidungen und Dinge, die ich allein angegangen bin und selbst bewältigt habe, wie z.B. Studium, Weltreise. Aber schlussendlich reicht das nicht. Ich sorge also für mich selbst in Sachen Selbstvertrauen, weil es andere mir – bewusst und unbewusst – rauben oder mich unbewusst verletzen. Als Erkenntnis für mich würde ich also festhalten: Den Umgang mit Menschen erlernen, um selbst als Mensch Anerkennung zu erfahren. Kontakte zu Menschen aufbauen, die ähnlich sind. Was ich dringend brauche ist ein andauerndes ‚Erfolgserlebnis‘ im Zwischenmenschlichen.

[b][u]Auswirkungen:[/u][/b]
Jeden Morgen liege ich im Bett, starre die Decke an und will nicht aufstehen. Nach der Arbeit das gleiche: Ich sitze regungslos auf dem Sofa und starre die Wand an. Inzwischen fühle ich mich einsam. Teils habe ich mich im Laufe der Zeit von meinem Umfeld zurückgezogen, teils Freunde von mir. Ich werde zunehmend als ‚komisch‘ empfunden, weil ich nicht ich selbst bin sondern eine Maske trage. Das wirkt total unecht mit der Folge: Abwendung. Zeige ich ansatzweise meine depressive Stimmung ist die Folge ebenso: Abwendung. Ich habe kein Gefühl mehr dafür, was normal ist im Umgang mit Menschen. Deshalb versuche ich gar nicht weiter, ziellos Kontakte in Vereinen und Urlauben aufzubauen, nur um wieder zu scheitern. Es verschlimmert in Wahrheit meine depressive Stimmung.

[b][u]Gedanken zur Lösung:[/u][/b]
Eine Hilfe ist sicher der Gang zu einer Psychotherapie. Es fällt mir schwer, dort anzurufen. Denn ich rechne am anderen Ende der Leitung erst einmal mit Absagen. Ich habe keine Kraft um einen Termin zu kämpfen, mein Leben ist Kampf genug. Aber selbst wenn ich dort hingehe: Es bleibt beim Reden mit ein und derselben Person. Es ist eben kein Mensch, mit dem ich aus dem normalen Leben heraus Erfolgserlebnisse haben werde. Ich sammle also keine ‚echten‘ positiven Erfahrungen mit Menschen, ich erfahre keine Anerkennung durch selbst aufgebaute Kontakte, die ich als Depressiver aber dringend brauche.
Ist es nicht hilfreicher, wenn ich mich vorerst mit Menschen umgebe, die gleichermaßen verwundbar sind wie ich. Die demzufolge einfach rücksichtsvoller sind im Umgang miteinander. Die mich trotzdem 100% verstehen und annehmen. Ich hätte tatsächlich ein Erfolgserlebnis im echten Leben, worauf sich aufbauen lässt. Ist das nicht auch geeignet als tägliche Psychotherapie? Versteht ihr was ich meine? Ich brauche etwas konkretes, handfestes als Hilfe. Deshalb meine Frage an euch: Kennt ihr Organisationen im Netz, die Treffen, Urlaub für leicht depressive Menschen anbieten? Es vermittelt mir das Gefühl, aktiv selbst zu meiner Besserung beizutragen. Schaffe ich so nicht ein sich selbst verstärkendes Moment? Wird aus der Abwärtsspirale so nicht eine Aufwärtsspirale?

Liebe Grüße und danke vorab für Eure Beiträge
Virginia
T Ally
Beiträge: 595
Registriert: 30. Jul 2014, 14:34

Re: Ich bin neu hier

Beitrag von T Ally »

Hallo Virginia,

Deine Schilderungen sprechen mir aus der Seele. Auch ich finde mich zwischen Menschen immer schlechter zurecht und gehe Massenveranstaltungen mittlerweile aus dem Weg. Selbst eine Party am Wochenende hat meine Kräfte überstiegen und mich in die Flucht getrieben.

Ratschläge kann ich Dir nicht recht geben, da auch ich noch neu bin; aber den Schritt in Richtung Therapie gehe ich an. Ich lebe eher im ländlichen Raum, aber mit guten Anschluss an mehrere Kleinstädte. Ich habe die gelben Seiten im Netz aufgerufen und dann einige Therapeuten angerufen. Einige sagen gleich, dass keine neuen Anfragen beantwortet werden, andere haben kurze Telefonsprechstunden von 30 Minuten einmal im Monat zur Terminvereinbarung, die für Vollzeitangestellte auch nicht ohne weiteres zu nutzen sind; aber: ich habe Anrufbeantworter strapaziert und das auch mehrfach. Nun auch mit Erfolg. Nächsten Monat habe ich einen Kennlerntermin und dann wird weiter geguckt. Also, lass Dich nicht unterkriegen, das Reden hilft! Und es ist ein gutes Gefühl, wenn man seine Probleme mal an eine professionelle Adresse richten kann. Beurteilen kann ich das, weil ich diese Hilfe bereits mal auf eigene Kosten in Anspruch genommen habe und die Notwendigkeit wieder einsehe. Aber der Arztbesuch vorweg war sehr, sehr schwer.

Das war vielleicht nicht der Rat, den Du suchst, aber guck doch zusätzlich im Netz oder in der Tageszeitung mal nach Selbsthilfegruppen. Dort findet Du vielleicht ein geeignete Stelle.

Ansonsten kommen mir Deine Schilderungen so bekannt vor. Ich habe zwar nicht studiert und arbeite erst seit wenigen Jahren im aktuellen Betrieb; aber schrecklich ist es hier auch. Und Selbstvertrauen habe ich auch fast gar nicht mehr. Aktivitäten, die mir viele Jahre viel gegeben haben -auch Ansehen- habe ich eingestellt, weil ich Angst habe, zu versagen und Fehler zu machen. Also mache ich fast gar nichts mehr und sitze in meiner Wohnung. Da kann ich keine Fehler machen, wenn ich allein bin.
Beziehungen gehe ich aus dem Weg, weil sie wieder zu Verletzungen führen können. Mittlerweile lasse ich seit Jahren niemanden mehr nahe an mich heran.

An guten Tagen weiß ich, dass das kein Leben ist. Nur ändern kann ich daran meist nichts. Aber ich habe den ersten Schritt gemacht, Anfang September geht es hoffentlich weiter...

Ich wünsche Dir Stärke und Kraft, um aus dem Tief herauszukommen. und mir auch ;)

Liebe Grüße von
Tally
ADS
Beiträge: 54
Registriert: 11. Sep 2011, 20:44

Re: Ich bin neu hier

Beitrag von ADS »

Liebe Virginia,

man kann eigene Erfahrungen so schlecht rüber bringen , aber mein Rat wäre: bitte hab Vertrauen in eine Therapie, in Psychotherpeuten oder Psychiater! Sie sind die Fachleute für das, was uns Depris quält. Es kann kein "Normalo" unsere Abgründe ver/ertragen, wir überfordern unser Umfeld, und besonders auch depressive Bekannte, es kann sich da leicht eine rasante Spirale nach unten ergeben. Es ziehen sich auch Freunde zurück, so war es bei mir.Sie verrstehen uns nicht mehr.

Ich hatte Glück, schnell eine gute Psychiaterin zu treffen, bei der ich nun 11 Jahre in Behandlung bin. Es ist auch kein bloßes Reden, es ist eine Therapie - Du lernst Dich besser kennen, lernst Mechanismen, die Dir Gutes tun, aus problematischen Situationen heraus zu finden. Sieh einen Therapeuten als Trainer, so in etwa kann man es beschreiben. Und man erfährt Bestätigung und vor allem WERTSCHÄTZUNG , es wird Mut gemacht, so ist meine Erfahrung.

Seit ich diese Möglichkeit habe, hat sich endlich wieder Lebensqualität und Freude eingestellt!
Deswegen rate ich immer: je schneller man in Behandlung kommt, desto leichter ist eine Depri in den Griff zu bekommen. Wartet man sehr lange, ist es nachher auch ein langer Prozeß, einen da wieder raus zu holen!
Und auch keine Angst vor Medikamenten: so leicht werden Medis heutzutage nicht verschrieben, da jeder Arzt ja Regreßforderungen fürchtet. Es werden die aus medizinischer Sicht notwendigen Tbl verschrieben, und das sollte man auch akzeptieren.

Mir hat all das zusammen geholfen.

Versuch, bald einen Therapeuten zu finden, evt kannst Du Selbsthilfegruppen besuchen, und da Infos mitnehmen. Wichtig ist auch, daß das Umfeld lernt, wie man mit Depris umgehen sollte, da gibt es ja im Forum auch eine spezielle Seite! Der Freundeskreis sollte auch Einblick haben , um selbst besser zu verstehen, was für eine Krankheit das ist.

es grüßt und wünscht Dir schnell einen Therapeuten, bei dem Du gut aufgehoben bist !

Ghazal
ndskp01
Beiträge: 2874
Registriert: 9. Feb 2008, 19:34

Re: Ich bin neu hier

Beitrag von ndskp01 »

Hallo Virginia,

ich hab mich darüber gefreut, dass du meine Posts mit Gewinn gelesen hast. Solche Rückmeldungen bauen auf.
Selbstvertrauen, wohl ein zentrales Thema bei Depressionen. Erfolge sollten sichtbar sein. Das haben wir nicht gelernt, unsere Erfolge herzuzeigen. Oder sie überhaupt erstmal selbst zu sehen. Ich habe doch Erfolge verdammt.

Zu deiner konkreten Frage: Nein, ich kenne keine Reiseveranstalter für leicht Depressive. Wenn du mich fragst, ist es auch nicht wirklich gut, mit anderen Depressiven zusammenzuspannen. Mich kann das ziemlich schnell runterziehen, und das ist das letzte, was ich brauchen kann. Ich finde es manchmal schwierig, sich abzugrenzen, weil ich ja weiß, wie nötig einfühlsame Hilfe und Zuhören für den anderen sein kann, aber ich muss da auf mich achten und habe Kontaktversuche von anderen Depressiven höflich aber bestimmt zurückgewiesen.

Hier ist es anders, viele die hier schreiben, sind stabil, die meisten waren oder sind in Behandlung. Und hilfreich ist vor allem der Austausch mit solchen Menschen, die an "sich" arbeiten, die ein gutes, ausgeglichenes Leben suchen und bereit sind, dafür eingefahrene Wege zu verlassen. Die finde ich hier. Wo ich solche Menschen noch gefunden haben: Beim Kreuzbund. Trockene Alkoholiker sind oft sehr reflektiert und achten auf sich, um möglichen Rückfällen keine Chance zu geben.

Hast du schon Schritte in Richtung Therapeutensuche gemacht?

Viele Grüße, Puk
Virginia
Beiträge: 8
Registriert: 14. Aug 2014, 21:46

Re: Ich bin neu hier

Beitrag von Virginia »

Hallo TAlly, Ghazal, Puk,

vielen Dank für die aufmunternden Worte. Es hat mir zumindest geholfen, bei einem Psychotherapeuten anzurufen, wenn auch ohne Ergebnis. Der AB sprang an und ich habe aufgelegt (TAlly: Da hast Du mir etwas voraus ;) Hoffentlich kann ich mich am Montag nochmal dazu überwinden. Fragt mich danach, dann habe ich etwas Druck....

Ich weiß nicht, ob Selbsthilfegruppen für mich geeignet sind. Habt ihr Erfahrungen damit? Und ich möchte vorerst meinem Umfeld nicht davon erzählen und glaube, wenige gehen verständnis- und vertrauensvoll damit um. Es gibt Menschen, die pusten das Licht anderer aus nur um selbst heller zu leuchten. Vielleicht bin ich schon zu misstrauisch geworden...Es gibt ohnehin wenn nur einen Freund, dem ich etwas erzählen könnte. Wie war das bei Euch mit dem Job, hattet ihr Fehlzeiten wegen der Krankheit? Und eine Frage zu den Medikamenten: Was sind Tbl?

@Puk: Du magst Recht haben mit dem Urlaub. Nochmal reingefühlt, mich würde es auch runterziehen. Ich meinte wohl Menschen, die reif und abgeklärt sind und evtl. aus eigener Erfahrung schon weiter sind als man selbst ist. Ich brauche dringend ein positives Erlebnis im realen Leben, ich muss wieder lernen, ich selbst zu sein und Kontakte einzugehen und zu halten. Das habe ich verlernt....Unlängst war ich allein in der Sauna und in dem Ruheraum mit über 50 freien Liegen setzt sich ein recht attraktiver Mann neben mich, wo doch insgesamt nur 3 Liegen besetzt waren...und ich? Stehe sofort auf und flüchte. Ich schaffe es nicht mehr, und das zieht mich einfach runter, deshalb hätte ich gern Kontakte im wahren Leben. Danke für die Tipps mit den AA und Kreuzbund, letztere kenn ich nicht, werd mich mal schlau machen.

Viele Grüße
Virginia
Brummi59
Beiträge: 979
Registriert: 15. Aug 2014, 23:13

Re: Ich bin neu hier

Beitrag von Brummi59 »

Hallo Virginia,
auch wenn ich hier selbst noch Neuling bin, klinke ich mich mit ein. Selbstredend mit einem herzlichen Willkommen.
Ich fange an ganz anderer Stelle an. Als Mann mit 55 Jahren habe ich mich stets durch alle Situationen gekämpft. Ich war der Perfektionist, zu mir kamen Alle wenn sie nicht weiter wußten, Hilfe für mich??? Niemals!!!
Erstmals Hilfe mußte ich 1992 annehmen, als ich feststellen mußte das ich ein Mensch mit einer Suchterkrankung bin - ich bin Alkoholiker. Die erste Therapie brachte mir 11 trockene Jahre, die zweite dann 5 Jahre ohne Alkohol. Letztes Jahr folgte die dritte Therapie und jetzt bin ich ein Jahr trocken.
Das Problem bei diesen Therapien war, das zwar an der Symptomatik aber nicht an den Ursachen gearbeitet wurde.
Mit Depressiven würdest Du ebenfalls über die Symptomatik reden und sicher auch Tipps bekommen. Aber würden diese Menschen auch die Ursachen finden und behandeln können.
Bei mir wurde während der dritten Therapie festgestellt das ich unter einer PTBS (postraumatische Belastungsstörung) leide und jeder "Trigger" der mich an das Trauma erinnerte führte zum Rückfall.
Durch ganz viel Glück hatte ich von März bis Juni einen teilstationären Platz für eine Traumatherapie gefunden. Schon wieder brauchte ich Hilfe und diesmal habe ich sie wirklich angenommen. Und siehe da, das Trauma ist nicht geheilt aber ich kann mit belastenden Situationen besser umgehen. Ich kann (könnte) wieder normal durchs Leben gehen. Könnte, weil jetzt die Depris da sind.
Momentan bin ich in einer sehr schweren Phase. Es geht gar nichts mehr. Ich habe es nicht sehen wollen das ich depressiv bin. Das durfte nicht sein - schließlich habe ich zu funktionieren. Mittlerweile will mein Psychologe und ich, das ich stationär behandelt werde und am Freitag beginne ich zusätzlich eine ambulante Therapie.
Warum schreibe ich Dir das? Du hast erkannt, das etwas nicht stimmt und mit meiner Therapierfahrung sage ich Dir, das Du es alleine kaum schaffen wirst. Die Ursache wirst Du allein nicht finden, denn wie bei mir, darf es ja nicht sein.
Ich wünsche Dir alles Gute und viel Erfolg.

P.S. Tbl = Tabletten, AD = Antidepressiva
Liebe Grüße
Dieter

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Du könntest dich den ganzen Tag ärgern - du bist aber nicht dazu verpflichtet!
*Arthur Lassen*
ndskp01
Beiträge: 2874
Registriert: 9. Feb 2008, 19:34

Re: Ich bin neu hier

Beitrag von ndskp01 »

Sich im leeren Ruheraum in der Sauna direkt neben eine attraktive Frau zu legen ist auch schon wirklich sehr direkt. Ich kann verstehen, dass du da geflüchtet bist. Kontakte ja, aber gleich so?

Eventuell musst du mehrgleisig fahren mit deiner Psychiater- und Therapeutensuche. Das ist wirklich eine schwere Aufgabe. Aber du kannst das schaffen!

Die AAs haben soweit ich weiß keine Freizeitangebote wie der Kreuzbund. Bei Kreuzbund werden Wochenendseminare, gemeinsame Ferien (Wandern, Kanufahren) angeboten, es gibt einen Tanzkreis und ähnliches. Vielleicht kannst du auch sonst über die Kirche Menschen finden, die unterstützen?

Tbl = Tabletten.
Ich nehme einen Serotinwiederaufnahmehemmer (SSRI), das Medikament heiß Fluoxetin. Es hilft mir vor allem erstmal gegen die Ängste, ich kann damit besser auf Menschen zugehen.

Aber jetzt gehe ich ins Bett, viele Grüße, Puk
kormoran
Beiträge: 3276
Registriert: 29. Mai 2007, 21:56

Re: Ich bin neu hier

Beitrag von kormoran »

liebe virginia,
ich will dir schon länger antworten, und als ich es gestern versucht habe, bin ich rausgeflogen, ausgeloggt, beitrag futsch. inzwischen haben praktischerweise einige andere hier schon viel gutes und richtiges geschrieben.
mich hat vieles aus deinem eingangsposting an meine frühere situation erinnert. so viele schlechte erfahrungen mit menschen, und irgendwann konnte ich positive auch gar nicht mehr sehen. so viel argwohn, so viel angst. ich habe mich zurückgezogen und logischerweise umso weniger wieder 'hinaus' getraut. dazu die restlichen symptome der depression, eine spirale nach unten in jeder hinsicht.

ich kann aus meiner erfahrung berichten, dass psychotherapie wirklich mehr ist als nur mit einer person reden. für mich hat tatsächlich die therapeutische beziehung, die auseinandersetzung mit der therapeutin, ihre rückmeldungen, ihre wohlwollende zuwendung in einem sicheren rahmen, als wiederaufbauprogramm der grunderfahrungen in positiven menschlichen kontakten funktioniert. und parallel der aufbau meines eigenen umgangs mit mit selbst.
zusätzlich war ich und bin ich nach wie vor bei einer psychiaterin in behandlung. in meinem fall war es so (wohl auch weil ich zu lange zugewartet habe ...), dass ich mit psychotherapie allein aus dem tiefen graben einfach nicht rausfand. erst mit der einnahme eines antidepressivums hatte ich wieder genug mut und sicherheit, die nächsten schritte zu tun, und somit auch wieder positive erfahrungen 'draußen' zu machen - der positive kreislauf nach oben, nach draußen konnte beginnen!

ich war auch einige zeit in einer selbsthilfegruppe und fand das auch sehr hilfreich. es war auch wieder ein schritt - zuerst einmal in eine gruppe von menschen, die ähnliche erfahrungen haben und denen es ähnlich ging, dann auch wieder unter 'normalos'.

nicht zuletzt war das forum hier für mich eine unglaublich wichtige quelle an information, austausch, begegnung, bestärkung und kritik.

ich kann dich nur darin bestärken, dich auf die suche nach einem/r psychiater/in und einem/r psychotherapeuten/in zu machen. häng dich rein, trau dich, und wenn es hilft, lass dich vom hausarzt ab und an für eine woche krankschreiben - auch für die arzt- und therapeutensuche.

den arbeitsplatz würde ich ehrlich gesagt vorerst einfach als struktur zur absicherung sehen - er gibt dir etwas struktur, bringt dir einkommen und versicherung, und du bist denen definitiv nichts schuldig. wenn du krank bist, bist du krank, und wenn du die möglichkeit einer stationären psychotherapie bekommst, nutze sie. dann kommt langsam auch der zeitpunkt, wo du dir etwas anderes suchen kannst.

liebe grüße
kormoranin
 http://www.depressionsliga.de
*** zurück ins leben!
Virginia
Beiträge: 8
Registriert: 14. Aug 2014, 21:46

Re: Ich bin neu hier

Beitrag von Virginia »

Hallo Brummi,

Du hast vollkommen recht, dass ich es nicht allein schaffe. Einen kleinen Schritt habe ich getan mit meiner Anmeldung hier. Es hilft ungemein, nach einer erneut schwierigen Arbeitswoche hier im Forum Kraft zu tanken. Du hast ja auch schon einige tiefel Täler durchschritten, ich hoffe bei Dir gibt es dennoch Lichtblicke, die Dein Leben zumindest ab und an erhellen? Viel Glück bei Deiner ambulanten Therapie, Du hast schon soviel geschafft, ich hoffe das hast Du auch im Kopf und es stärkt Dich....

Grüße
Virginia
Virginia
Beiträge: 8
Registriert: 14. Aug 2014, 21:46

Re: Ich bin neu hier

Beitrag von Virginia »

Liebe Kormoranin,

die Arbeit als Struktur sehen....oh ja, muss ich das wohl. Dabei will ich lieber heute als morgen dort weg. Ich habe noch nicht den richtigen Weg gefunden, die nötige emotionale Distanz zu finden und das kollegiale Gegeneinander nicht mehr an mich ranzulassen. Das ist eine unerschöpfliche Quelle des Leids. Maske tragen, einen auf stark machen, dabei ist es das letzte, was ich gerade bin. Aber wer ist schon rundum happy in seinem Job?

Aber es ist interessant, was mit mir passiert, seitdem ich hier bin. Ich war nie besonders gut darin, über mich zu sprechen und habe Gespräche oft umgelenkt und in Fragen an mein Gegenüber gemünzt. Auch ein Klassiker von mir: Anstelle von 'ich' immer vom anonymen 'man' zu sprechen. Das ist doch schonmal was. Darauf gönn' ich mir mal ein Gläschen Roten....

Darf ich fragen, wie es Dir inzwischen geht, Du klingst jedenfalls positiv. Wie geht es Dir genau unter 'normalen', fühlst Du Dich wirklich zugehörig oder manchmal noch als Fremdkörper?

Virginia
kormoran
Beiträge: 3276
Registriert: 29. Mai 2007, 21:56

Re: Ich bin neu hier

Beitrag von kormoran »

liebe virginia,

nun ja, zwischen rundum wohl fühlen im job und dem, was du derzeit aushältst, ist aber schon noch viel luft ... was du beschreibst, klingt definitiv mehr als ungesund und das muss man sich nicht antun!

mir geht es inzwischen tatsächlich ziemlich gut. ich nehme seit rund sechs jahren das antidepressivum, das bei mir wirklich gut wirkt. seit ich aus dem belastenden job weg bin, geht es wieder bergauf, also hoffe ich, dass für mich auch wieder eine stabile phase kommen kann und ich die dosis reduzieren kann - oder vielleicht sogar mal einen absetzversuch starten.

für mich hat sich also auch im umfeld sehr viel zum positiven verändert. aber der ausgangspunkt für die veränderung zum positiven war definitiv die medikamentöse und die psychotherapie. damit war es erst möglich, die grundlagen für andere veränderungen zu schaffen. so habe ich heute wieder einen partner, das hätte ich in der ganz schlechten zeit nicht mehr für möglich gehalten.

es zahlt sich auf alle fälle aus, etwas zu tun. es wird auch für dich wieder besser, vielleicht sogar wieder richtig gut. für manche ist der weg etwas schwieriger, andere haben mehr glück - mit der therapeutensuche, mit der therapie, ggf. mit der suche nach einem passenden medikament.

ich erwarte also gespannt deinen bericht über erste therapeutenkontakte und festgelegte arzttermine :-)

liebe grüße
kormoranin
 http://www.depressionsliga.de
*** zurück ins leben!
Zarra
Beiträge: 5734
Registriert: 12. Mär 2010, 15:16

Re: Ich bin neu hier

Beitrag von Zarra »

Hallo Virginia,
Virginia hat geschrieben:Deshalb meine Frage an euch: Kennt ihr Organisationen im Netz, die Treffen, Urlaub für leicht depressive Menschen anbieten?
Da ich den Link gerade schon woanders gepostet habe: Für Selbsthilfegruppen: http://www.depressionsliga.de/selbsthil ... uchen.html

Ich weiß, daß A-Gruppen manchmal so etwas wie gemeinsame Freizeiten oder Urlaube organisieren, kann Dir aber nichts Genaues nennen. Google mal mit AA oder EA (Emotions Anonymous), vielleicht findest Du was.
Virginia hat geschrieben:Die mich trotzdem 100% verstehen und annehmen. Ich hätte tatsächlich ein Erfolgserlebnis im echten Leben, worauf sich aufbauen lässt. Ist das nicht auch geeignet als tägliche Psychotherapie? Versteht ihr was ich meine? Ich brauche etwas konkretes, handfestes als Hilfe.
Also ich glaube, die 100 % gibt es nirgends. Sorry, das ist Illusion. Was es geben kann, ist: mehr Achtsamkeit und Achtung füreinander, gemeinsame Themen, ähnliche Probleme.

Liebe Grüße, Zarra
Hilfe2014
Beiträge: 6
Registriert: 24. Aug 2014, 10:36

Re: Ich bin neu hier

Beitrag von Hilfe2014 »

Hallo Virginia,

ich weiß, das klingt für dich jetzt völlig absurd, aber hast du schon mal darüber
nachgedacht, deinen Job und diese schrecklichen Menschen um dich herum loszulassen?
Dir eine andere Arbeit zu suchen?
Vielleicht wird es dir woanders besser gehen.
Ich weiß, wenn man depressiv ist, ist alles schwierig, vor allem, etwas Neues zu beginnen,
weil das Leben ein Kampf ist. Und weil man eben "down" ist.

Schau doch einfach mal auf die Seite http://www.meine-depression.de" onclick="window.open(this.href);return false;.
Dort findest du Anregungen und Tipps (auch Filme), was du gegen deine Depression unternehmen kannst.
Ich wünsche dir ganz viel Kraft, dass es dir irgendwann besser geht.
Denn du verdienst es glücklich zu sein.
Virginia
Beiträge: 8
Registriert: 14. Aug 2014, 21:46

Re: Ich bin neu hier

Beitrag von Virginia »

Hallo Hilfe2014,

es ist nun ein paar Tage her und meine Antwort an Dich kommt spät. Aber ich musste mich erstmal sammeln, nachdem ich irgendwie über Deine Homepage auf das Thema HSP gestoßen bin. Ich las einen Satz nach dem anderen und und es zog mich immer tiefer rein. Ich dachte, da schreibt jemand über mich. Es war erschütternd und sehr sehr schmerzhaft. Ich fühle mich, als hätte mir eine obere Instanz 'lebenslänglich' gegeben. Wie soll ich jetzt weiterleben.....momentan habe ich Angst, dass mein Leben genauso schwer, einsam und problematisch weitergehen wird. Ich weiß nun, dass ich depressiv bin/wurde, weil ich eine HSP bin. Die Depri ist ein Symptom, die Ursache ist HSP.

Aber Dir muss ich einen gaaaaaanz großen Dank aussprechen, ohne Dich wäre ich noch Jahre im Dunkeln getappt. Vielleicht finde ich die nächste Zeit doch die Kraft, irgendwelche Ansatzpunkte oder Maßnahmen zu ergreifen, die mir mein Leben erträglicher machen.

Dir wünsche ich alles erdenklich Gute mit Deiner Therapie. Vielleicht empfindest Du ein kleines Glücksgefühl und einen Moment tiefer Freude, weil Du einem Menschen sehr geholfen hast.

Virginia
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