Irgendwann irgendwie auf halber Strecke liegen geblieben

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tallulah
Beiträge: 1
Registriert: 7. Jul 2014, 11:30

Irgendwann irgendwie auf halber Strecke liegen geblieben

Beitrag von tallulah »

Hallo community!

Ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung, weshalb ich mich hier melde. Es ist ja nicht so, dass ich hier in meinem Umfeld allein mit meinen Problemen bin und mich nicht austauchen könnte. Vor fünf Minuten hatte ich ein Gespräch mit einer Freundin, der es auf andere Weise ähnlich geht. Gesundheitliche Probleme, unglücklich mit dem Job, Heulkrämpfe, das ganze Blabla eben. Und wenn ich Lust darauf hätte, könnte ich den Hörer nehmen und zwei weitere, liebe Menschen anrufen, die mir nichts anderes erzählen würden. Und wenn ich nicht so faul wäre, aus dem Zimmer treten und mich zu meiner Mutter setzen würde, dann würden wir ein ähnliches Gespräch führen. Alle haben irgendetwas. Alle versuchen ihre Scheißsituation zu ändern. Meine Freundin hat erst gestern einen Bluttest machen lassen und will sich nach einer Therapeutin umsehen. Meine Mutter sucht ihre große Liebe auf ominösen Internetseiten. Ich stehe ganz oben auf der Warteliste meiner Therapeutin, die mich im September dauerhaft übernehmen kann, und habe meinem Erzeuger per Mail mitgeteilt, so kurz und knackig, dass ich mein Studium verlängert habe, arbeitslos bin und psychisch angeschlagen bin. Ich weiß nicht, was er geantwortet hat und will es auch gar nicht wissen. Dann sagte mein Bruder eine Woche später, dass unser Erzeuger uns sehen wolle. Dann wollte mein Erzeuger nur mich sehen. Ich habe es einfach ignoriert, denn ich bin davon ausgegangen, dass meine Nachricht und das mögliche Treffen ihn nur in seiner Annahme bestätigen würden, dass ich ein Vollversager wäre und er es ja schon immer gewusst hätte, dass ich nichts auf die Reihe kriegen würde und er mir das eben noch einmal unter die Nase reiben wollte. Aber ich sehe mich auch so. Als Vollversager, der mit 26 Jahren noch nichts geleistet hat außer sein Studium zu verlängern. Vor alles und jeden renne ich davon, ich rede mich heraus, versuche es gar nicht erst, nehme mir von Anfang an den Wind aus den Segeln. Ich bin so dermaßen negativ eingestellt, dass ich mir selbst auf den Sack gehe. Kein Selbstbewusstsein, kein Selbstvertrauen, ich habe es sogar schon mit diesen bescheuerten Ratgebern versucht. Ich bin der Überzeugung, dass die Leute keinen blassen Schimmer haben, wovon sie da eigentlich reden. Vielleicht hat sich die Methode mal bei einem liebeskummerkranken Star bewährt, wenn es da vor den Spiegel steht und 'Ich bin toll' brabbeln muss. Was auch immer.

Seit einem Jahr krieg ich den Arsch nicht hoch und es frustriert mich so dermaßen, weil ich nicht weiß, wie ich es schaffen soll. Ich bin wie gelähmt. Ich bin eklig neidisch auf die Leute, die es schaffen. Ich will mir ihre großartigen Geschichten gar nicht erst anhören. Ich will wissen, was ich will. Ich glaube, das ist eines meiner größten Probleme. Ich habe kein Ziel, worauf ich hinarbeiten kann. Gut, guuuuut, ich könnte ja mal meine Bachelorarbeit fertig schreiben, eine Geschichte abhaken, Gott, ich habe aber keine Ahnung, warum ich das nicht kann! Schon allein der Gedanke daran treibt mir die Tränen in die Augen. Und während ich hier sitze und meine Unzulänglichkeiten aufschreibe, rotze ich in mein zweites Taschentuch. Ich kotze mich selber an. Ich will nicht mehr so viel verpassen, ich komm da nur irgendwie nicht raus. Allein. Ich blockiere mich. Gibt es hier jemanden, dem es mal ähnlich ergangen ist? Der nicht so ein schwaches Charakterschwein wie ich ist? Kennt jemand Lösungswege fernab von 'Wenn du was ändern willst, musst du was tun, Weichei'. Ich meine, so was höre ich ja oft genug, vor allem von mir selbst. Ich wäre auch dankbar für einen anderen Blickwinkel, der mir vielleicht endlich die Augen öffnen kann. Verständnis brauche ich hier nicht, das hab ich ja nicht einmal selbst für mich übrig. Nur seid auch nicht zu hart, wenn ihr euch meiner erbarmt und hierauf antworten wollt, okay? Ich bin momentan ziiieeemlich emotional explosiv. Wahrscheinlich würde ich meine Rotzfahnen an eure Köpfe pfeffern und unter Tränen im Netz verbreiten wie fies ihr doch seid. Nein, Scherz. Würde ich nicht. Na gut, vielleicht doch. Ach waaaaaas, ich bin 26, ich bin voll erwachsen, absolut professionell, lässig. Es tut mir übrigens sehr leid, dass ich euch gleich mit meinen Problemen vollsabbel, so neu und frisch wie ich hier bin, ohne meine großartige Weisheit und Raffinesse in anderen Threads brillieren zu lassen. Aber derzeit bin ich leider viel zu sehr mit mir selbst beschäftigt und kann während meines Seelenstriptease nicht auf andere achten. Da muss ich konzentriert sein. Sorry!
Finn1992

Re: Irgendwann irgendwie auf halber Strecke liegen geblieben

Beitrag von Finn1992 »

Hmmm, schwierig schwierig...
So richtig auf das Problem bist du nun ja noch nicht eingegangen, was dein Verhalten und deine Probleme erklärt. Aus deiner Schreibweise kann ich auch leider nicht deuten ob du ein junger Mann oder eine junge Frau bist. Aber ich erkenne anhand von "Erzeuger", dass da wohl das Problem begraben liegt. Ich würde dir sehr gerne helfen da ich ich dem Bereich denke ich sehr große Erfahrung und Reife erlangt habe.
Wenn du mir noch etwas mehr Inhalt geben könntest, denke ich das ich gute Ratschläge für dich parat habe.

Finn
Anicca
Beiträge: 120
Registriert: 19. Mai 2014, 10:45

Re: Irgendwann irgendwie auf halber Strecke liegen geblieben

Beitrag von Anicca »

Hallo liebe tallulah,

Herzlich Willkommen!

Du schreibst:


"Kein Selbstbewusstsein, kein Selbstvertrauen, ich habe es sogar schon mit diesen bescheuerten Ratgebern versucht. Ich bin der Überzeugung, dass die Leute keinen blassen Schimmer haben, wovon sie da eigentlich reden. Vielleicht hat sich die Methode mal bei einem liebeskummerkranken Star bewährt, wenn es da vor den Spiegel steht und 'Ich bin toll' brabbeln muss. Was auch immer. "

Sich vor den Spiegel zu stellen und zu sich selbst zu sagen, dass man toll ist, das geht natürlich nicht, wenn man sich wie ein Versager fühlt.

Ich habe gelernt, dass ich mit der "Selbstliebe" beginnen muß.

Egal, wie ich gerade bin, egal, wie ich aussehe, egal, wie ich mich verhalte, egal, wie ich mich fühle, egal, was ich denke, egal, was ich gerade leiste oder nicht leiste, das alles ist egal. Lernziel ist, dass ich mich immer selbst liebe, egal was ist.

Ich kann mich vor den Spiegel stellen und sagen." Ich liebe mich so wie ich bin, und ich gebe mein Bestes..." oder so. Das ist es, was mich aufbaut, das bringt mich in eine höhere Schwingung, mit dieser Haltung ändert sich meine Zukunft. Mit dieser Haltung bringe ich Schönheit in mein Leben.

Im Zwölf Schritte Programm von EKS, Erwachsene Kinder von Suchtkranken Eltern und Erziehern, heißt es im Lösungstext." Die Lösung ist, sich selbst lieben zu lernen...." Das hört sich ganz einfach an, doch ist kaum von Heute auf Morgen umzusetzen. Doch man kann sofort damit beginnen. Manche Menschen begreifen es sehr schnell, bei anderen dauert es länger. Auch ich konnte am Anfang nichts damit anfangen, doch das hat sich im Laufe der Zeit sehr verändert.

LG Anicca
Clara1234

Re: Irgendwann irgendwie auf halber Strecke liegen geblieben

Beitrag von Clara1234 »

Hallo tallulah,

wenn Du so mit Dir selber umgehst wie die Art in der Du schreibst....
Dazu kann man aber viel in der Therapie lernen, auch zu üben sich selber zu lieben z.B., natürlich nur wenn man das selber auch wirklich will. Kann ein langer Weg sein, aber lohnt sich...

Es gibt sehr gute Bücher zum Thema, wirst sicher welche finden können die Dich ansprechen, falls Du gerne liest. Ich fand das auch immer hilfreich zum üben, oder auch manches Mal zum Trost. So z.B. Bücher von Josef Gigler-Bütler oder von Doris Wolf.

Wenn Du in der Art schreibst spricht mich das gar nicht an und hilft Dir sicher auch nicht weiter. Deine Urteile über Dich sind sehr hart, damit kann man auch lernen aufzuhören...

Dazu wünsche ich Dir viel Kraft und grüße Clara
Lerana
Beiträge: 2088
Registriert: 4. Feb 2012, 18:42

Re: Irgendwann irgendwie auf halber Strecke liegen geblieben

Beitrag von Lerana »

Hallo tallulah,

dein Posting spricht mich an, denn ich kenn Ähnliches von mir. Ich nenne diesen Anteil in mir (Anteil im inneren Team), Frau Galle! Frau Galle ist vor allem mal abgefuckt und nicht selten vor allem von mir. Sie spricht ähnlich wie du und kann vor allem eins nihct leiden: Diesen ganzen Hippie-Hab dich doch mal lieb-Kram. Sie findet Psychoratgeber zum Heulen und Vorschläge, wie lerne dich selbst zu lieben einfach nur zum Kotzen! Und bevor jetzt jemand denkt, das wären vielleicht falsche Tipps, kommt hier mein ABER:

Aber, ich habe gelernt, dass die Frau Galle in mir ein Bewahrer ist. Ein Bewahrer vor Kummer, denn abgefuckt sein, lässt sich besser aushalten und auch ein Bewahrer bestehender Muster. Und so habe ich angefangen ein paar Bedingungen für Frau Galle zu formulieren.
1. Ich mag sie! Wirklich! Sie kann ironisch und bösartig witzig sein. Sie kann auch die Funktion der in den Arsch Treterin sein nach dem Motto: Reiß dich mal zusammen und komm mal klar, Krieg ist schlimmer etc.
2. Sie hat ihre Daseinsberechtigung und sie darf sich austoben. Sie darf mit dem Typen von der Kundenhotline bei Base reden oder so. ;-)
3. JEGLICHE ART VON SELBSTABWERTUNG IST IHR STRENGSTENS UNTERSAGT!! Sonst gibt es ein Pflaster aufs Maul und sie hat Sendepause.

Und diesen Rat würde ich Dir auch gerne geben. Du darfst deine Frau Galle, vielleicht findest du einen für dich passenderen Namen, im inneren Team behalten. Überlege dir doch mal wie dir diese abgefuckte Persönlichkeitsantiel von Nutzen ist, wo er dir hilft, wo er dich schützt....

Und dann erklär die Bedingungen. Liebe Frau (bist du eigentlich weiblich?)???, danke dass du mich..... und dass du.... aber ab heute wirst du mit MIR in einem anderen Ton reden. Dieses mich klein machen kommt nicht mehr in die Tüte, denn das lähmt mich und hält mich fest in einer Situation, die ich ändern möchte. Entweder hilfst du mir jetzt dabei oder du hast Sendepause, denn es gibt hier in tallulah noch andere Stimmen: da ist die Traurige, und die Lustige und die Einsame und die Kreative und die Ängstliche und die kommen deinetwegen nicht zur Sprahce. Deshalb: ÄNDERE DEINEN TON GEGENÜBER TALLULAH!

Vielleicht kannst du was damit anfagen. Mir hat die Vorstellung verschiedener Persönlichkeitsanteile sehr geholfen, andere können damit mit nicht gut umgehen. Wenn du magst poste doch ein Eingangsposting nochmal ohne jeglich Selbstabwertung. Schreib wovor du Angst hast, was du befürchtest, was dich traurig macht, worüber du dich schämst und was du dir wünscht.

Nur ein Vorschlag, tu vor allem, was für dich richtig ist und sich gut anfühlt. ;-)

Herzliche Grüße
Lerana

PS. @ Otterchen: für dein Posting an mich damals und die Rede an meinen inneren Kritiker bin ich noch immer dakbar und oft mobilisiere ich deinen Bodyguar!
Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann. (Francis Picabia)
Clara1234

Re: Irgendwann irgendwie auf halber Strecke liegen geblieben

Beitrag von Clara1234 »

Hallo Lerana,

warum das sich selber lieben so abtun oder lächerlich machen? Was liegt dahinter?
Vielleicht weil es einem so furchtbar fremd ist?
Die Art so mit sich umzugehen oder innerlich so zu sprechen finde ich nicht hilfreich, ehr genau das Gegenteil und ich möchte es auch nicht lesen.

Einen guten Tag wünscht Dir Clara
Lerana
Beiträge: 2088
Registriert: 4. Feb 2012, 18:42

Re: Irgendwann irgendwie auf halber Strecke liegen geblieben

Beitrag von Lerana »

Hallo Clara,

oh je, das hatte ich befürchtet und gehofft, dass ich durch meine Erklärungen drumherumkomme. Bitte verstehe mich nicht falsch! Natürlich ist es ein großer Schritt in Richtung Gesundheit und für einen guten Umgang mit sich absolut wichtig und richtig, sich selbst zu lieben und zu mögen. Ich kennen nur diese Wut auf sich, dieses gefühllose auf sich rumhacken. Und wenn es mir so ging, dann klang der Rat, liebe dich selbst, wie purer Hohn. So nach dem Motto: Ne ist klar, ich soll dieses schreckliche Wesen namens ICH lieben! Sehr lustig.

Daher habe ich versucht, einen ersten kleinen Schritt in die Richtung Selbstliebe zu formulieren: Ab heute lasse ich auch im innerern Dialog zumindest mal keine Selbstabwertungen mehr zu.

Im Ziel, liebe Clara, sind wir uns, denke ich, sehr einig!!! Und sich zu weigern das zu lesen, finde ich auch keine schlechte Idee. Schließlich hat meine Therapeutin mich auch immer unterbrochen, wenn ich mal wieder auf mir rumhackte. Ich habe ja auch gesagt, vielleicht kann tallulah ihr Eingangsposting ja mal überarbeiten.

Ich hoffe, ich konnte mich jetzt verständlicher machen.

Herzliche Grüße
Lerana

PS. Mir ist Selbstliebe übrigens nicht mehr fremd, aber das war ein langer Weg dorthin!
Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann. (Francis Picabia)
high_hopes
Beiträge: 1
Registriert: 26. Jul 2014, 00:52

Re: Irgendwann irgendwie auf halber Strecke liegen geblieben

Beitrag von high_hopes »

Hallo Tallulah,

ich kenne solche Gefühle sehr gut, mir geht es häufig ganz ähnlich. Für viele klingt das wahrscheinlich, als wärst du zu hart zu dir;-) Ich denke mir oft "Jetzt raff dich auf, mach was aus deinem Leben." Während ich das denke liege ich im Bett und ärgere mich wahnsinnig über mich selbst und denke mir "wie lange soll das noch so weitergehen?". Aber am Ende kommt nix dabei rum. Mir hilft es nicht so sehr, mir vor dem Spiegel zu sagen dass ich ein toller Mensch bin.Ich habs auch schon mit "To-Do-Listen" versucht, um genau vor Augen zu haben was ich tun muss. Aber meistens arbeite ich ein oder zwei Dinge ab und dann verlässt mich die Motivation und Kraft. Was mir aber ein bisschen hilft ist Akzeptanz: Du musst akzeptieren, dass es bei dir vielleicht etwas länger dauert mit dem Studium fertigzuwerden (ich hänge auch hinterher, ist ein doofes Gefühl). Du musst akzeptieren, dass du nicht wie ein Duracellhase den ganzen Tag rumrennen kannst und den Haushalt schmeißt, arbeitest und dann nebenbei flott lernst. Was du nicht schaffst, wird dich wahrscheinlich demotivieren. Nimm dir deshalb erstmal die kleinste zu schaffende Aufgabe vor.Alles was du schaffst wird dir ein gutes Gefühl geben. Toll sind auch Beschäftigungen, die ein reinigendes Gefühl erzeugen und sichtbare Erfolge bringen (bei mir sind das Kleiderschrank ausmisten, Badezimmer putzen oder einfach Haare schneiden).
Vielleicht hilft dir irgendwas davon, wenn nicht dann denk einfach dran: Es gibt hier mindestens eine Person die sich genauso unfähig fühlt und nix gebacken bekommt ;-)
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