verzweifelte Ehefrau
Verfasst: 11. Okt 2011, 05:32
Ich bin neu hier und habe mich schon durch viele viele Beiträge gelesen; die Probleme der Angehörigen scheinen tatsächlich überall sehr ähnlich zu sein. Dennoch würde ich unsere Geschichte gerne schildern - und die Probleme die besonders ich derzeit damit habe:
Mein Mann und ich kennen uns seit 11 Jahren. Er war mein Traummann, meine große Liebe - umgekehrt auch. Innerhalb eines Jahres wurden wir schwanger, haben geheiratet, bekamen ein Kind. Mein Mann hatte vor 4 1/2 Jahren die erste Depression. Er hatte damals einen verantwortungsvollen Job am Bau, war also "ein ganzer Kerl", in dessen Denkmuster eine solche Krankheit nicht passte. Medikamente und Therapie brach er nach kurzer Zeit ab. Er war dann zunächst arbeitslos, während ich meine bisherige 20-Std.-Stelle auf 30 erhöhen konnte bzw. musste. Dann versuchte er sich selbstständig zu machen in einem völlig anderen Bereich, was aber schief gegangen ist - damals wussten wir noch nicht, dass sowas aus einer Depression heraus mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Scheitern verurteilt war. Nun ja, hinterher ist man immer schlauer....
Er fand dann eine neue Stelle am Bau, aber geringwertiger und weniger gut bezahlt. Anfang diesen Jahres kam dann die nächste Depression. Er wurde im Februar krank geschrieben, erhielt im Mai die Kündigung nach weniger als 2 Jahren und ging mehr oder weniger freiwillig in stationäre Therapie. An den Wochenenden durfte er nach Hause (wir haben auch eine jetzt 10-jährige Tochter), war aber sonntags froh, wieder zurück unter seine "Käseglocke" zu dürfen; weit ab von allem mit dem er zu Hause konfrontiert wurde. 7 Wochen war er dort und genoss die Zeit. Er trieb Sport, las viel, machte aber nur die Therapien die ihm Spaß machten. Für mich, die ich 30 Std arbeitete, Kind, Hund, Haushalt usw managte, kam mir das vor wie Urlaub (entschuldigt bitte diese Formulierung). Bereits vor der stationären Therapie war er krank geschrieben und erhielt von der Ärztin die "Anweisung", nur Dinge zu tun die ihm Spaß machen. Er hatte für sich das Puzzeln entdeckt und tat dies bis zu 8 Stunden täglich - er die Kür, ich die Pflicht - es war ja schließlich die Anweisung der Ärztin.....
Nun, nach der stationären Therapie kam er mit vielen guten Vorsätzen nach Hause: mehr Sport, den Tag mit Hilfe eines Stundenplans strukturieren, regelmäßig frühstücken, regelmäßig duschen, rasieren usw. - alles "normale" Dinge, die schon lange auf der Strecke geblieben waren. Diese Vorsätze haben ca. 1 Woche gehalten, dann war Ende und er meinte er könne wieder "alleine laufen". Er ließ sich gesund schreiben und war folglich erneut arbeitslos, während ich meine Arbeitszeit von 30 auf 40 Std. erhöht habe. Die Arbeitssuche läuft sehr schleppend; max. 2x wtl. fü je 10 Minuten "sucht" mein Mann im Internet. Hat er sich dann tatsächlich irgendwo beworben, wartet er dynamisch zu, ob sich was tut - nachhaken tut er nicht. Er steht morgens zwar auf, legt sich aber nochmal 1-2 Stunden hin, sobald meine Tochter und ich aus dem Haus sind. Nach Feierabend genehmigt er sich täglich 1-3 Fläschchen Bier und verbringt viiieeele Stunden am PC mit Spielen als Belohnung für die Hausarbeit. Kürzlich am Feiertag ging er abends in die Kneipe Fußball gucken. In der Annahme er sei am nächsten Morgen Fahrgemeinschaft für 4 Kindern (!) bat ich ihn, nicht soviel zu trinken. Er kam um ca. 23h ziemlich betrunken nach Hause und war es am nächsten Morgen immer noch. Zum Glück hatten wir uns wg des Feiertages im Tag vertan und er war keine Fahrgemeinschaft; also legte er sich bis 10 wieder hin, während ich um 7 und meine Tochter um 7:30h aus dem Haus gingen. Das ist doch verantwortungslos, oder nicht ?! Wie kann man sowas machen ??? Der Therapeut (bei dem ich noch nicht mit war) ist der Auffassung er macht das alles ganz prima und solle so weiter machen ?! Für mich ist das alles etwas weltfremd. Es kommt mir vor, als lebt mein Mann in einer Parallelwelt zu unserer, in der man sich vorrangig um sein eigenes Wohlergehen kümmert. Innerhalb einer Familie ist das (so finde ich) jedoch nur bedingt möglich.
Auf Grund der Gesamtsituation der letzten Jahre und Monate bin ich immer "stärker" geworden und mein Mann immer "schwächer", wenn man das so sagen kann. Im Moment ist die Situation so zugespitzt, dass mein Mann jedes Wort von mir als Vorwurf empfindet und er mir nichts mehr recht machen könnte. Dabei werfe ich ihm nicht die Depression als solche vor, sondern den Umgang damit. Meines Erachtens müsste doch jeder Kranke den Wunsch haben gesund zu werden und alles daran setzen. Aber genau das vermisse ich: die Tagesklinik lehnt mein Mann ab, das würde ihm nichts bringen. Aus der Therapie zieht er nur die für sich positiven Dinge (mehr Sport, mehr Belohnung usw.); die negativen lässt er außer acht (weniger Bier, aktivere Stellensuche usw.). Einerseits fehlt ihm völlig die Einsicht in seine Krankheit, andererseits versteckt er sich dahinter. Versteht Ihr so ungefähr was ich meine ?! Ist so schwer auszudrücken.....
Unsere Tochter ist außerdem insofern schon "angesteckt", dass sie ebenfalls nicht mehr frühstückt, dass sie immer interessenloser wird und u.a. keinen Ehrgeiz in der Schule mehr hat. Kürzlich war sie krank, 2 Tage mit meinem Mann zu Hause, während ich von 7-15h arbeitete. Als ich kam, saß sie im Kinderzimmer am PC, mein Mann im Wohnzimmer am PC. Und sie hatte Hunger, weil der Papa wohl das Mittagsessen vergessen hatte....
Schon in den Osterferien hatten wir so eine bezeichnende Situation: ich arbeiten, Mann und Kind zu Hause. Das Fahrrad war zu klein geworden und ich wollte 3 Tage hintereinander nachmittags mit ihr los ein neues Fahrrad kaufen. Aber sie war nachmittags noch im Schlafanzug und hatte keine Lust.. - ein Kind das keine Lust hat ein neues Fahrrad zu kaufen; gibt es sowas ?! Das mit dem Fahrrad haben wir dann also erst in den Sommerfeien hingekriegt....
Ich hadere im Moment sehr mit mir, ob nicht eine Trennung besser wäre - um meine Tochter und mich zu schützen. Mit meinem Mann kann ich schon lange nicht mehr normal reden, da er sich ja nur noch angegriffen fühlt; womit er oft sicher auch Recht hat. Ich kann ihm nicht mehr helfen, da er ja auch jede Hilfe von wem auch immer verweigert bzw. als unnötig empfindet. Seine Mutter hatte selbst 10 Jahre lang Depressionen, aber die beiden tauschen sich nicht aus; in der Familie finden generell keine Gespräche über persönliche Dinge statt..... Und mir sagt sie nur, dass ihr Mann das schließlich auch durchgehalten hätte. Ja, aber mit dem Ergebnis, dass sie sich innerhalb 24 Stunden nur zu den 3 Mahlzeiten sehen und ansonsten jeder in seinem Zimmer verschwindet. So will ich nicht enden, obwohl wir schon nah dran sind
Ich bin völlig ratlos. Einerseits heißt es "in guten wie in schlechten Zeiten" und ich will meinen Mann nicht hängen lassen. Andererseits habe ich die Verantwortung für meine Tochter und für mich. Mein Mann, der ja über Probleme nicht redet, meint ich hätte innerlich ja schon abgeschlossen, da müsse er sich auch nicht mehr anstrengen. Eine Paartherapie lehnt er ebenfalls rigoros ab, dann könnten wir uns ja gleich trennen......
Ach so, auch das Thema Körperpflege leidet wieder, so dass aus allen vorgenannten Gründen zusammen an "Eheleben" sozusagen seit mittlerweile 1,5 Jahren gar nicht mehr zu denken ist. Und natürlich frage ich mich ganz oft, ob das noch Liebe ist oder nur noch Verantwortungsbewusstsein, Pflichtgefühl o.ä. ?! Mein Mann hingegen sagt er liebt uns und kann ohne uns nicht leben, sitzt aber gleichzeitig abends mit Kopfhörer an seinem PC-Spiel statt mit uns was zu machen
Vielleicht hat ja der ein oder die andere noch einen Tipp für mich was ich noch tun kann um das Ruder rumzureißen; mir gehen da langsam die Idee und die Kraft aus. Und die Hoffnung schwindet langsam, meinen damaligen Traummann nochmal zurückzukriegen....
Oh, das ist aber viel geworden, bitte entschuldigt. Aber irgendwie lassen sich diese Lebensgeschichten aller nicht in kurze Sätze packen - von daher schon jetzt danke für Eure Geduld beim Lesen
Mein Mann und ich kennen uns seit 11 Jahren. Er war mein Traummann, meine große Liebe - umgekehrt auch. Innerhalb eines Jahres wurden wir schwanger, haben geheiratet, bekamen ein Kind. Mein Mann hatte vor 4 1/2 Jahren die erste Depression. Er hatte damals einen verantwortungsvollen Job am Bau, war also "ein ganzer Kerl", in dessen Denkmuster eine solche Krankheit nicht passte. Medikamente und Therapie brach er nach kurzer Zeit ab. Er war dann zunächst arbeitslos, während ich meine bisherige 20-Std.-Stelle auf 30 erhöhen konnte bzw. musste. Dann versuchte er sich selbstständig zu machen in einem völlig anderen Bereich, was aber schief gegangen ist - damals wussten wir noch nicht, dass sowas aus einer Depression heraus mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Scheitern verurteilt war. Nun ja, hinterher ist man immer schlauer....
Er fand dann eine neue Stelle am Bau, aber geringwertiger und weniger gut bezahlt. Anfang diesen Jahres kam dann die nächste Depression. Er wurde im Februar krank geschrieben, erhielt im Mai die Kündigung nach weniger als 2 Jahren und ging mehr oder weniger freiwillig in stationäre Therapie. An den Wochenenden durfte er nach Hause (wir haben auch eine jetzt 10-jährige Tochter), war aber sonntags froh, wieder zurück unter seine "Käseglocke" zu dürfen; weit ab von allem mit dem er zu Hause konfrontiert wurde. 7 Wochen war er dort und genoss die Zeit. Er trieb Sport, las viel, machte aber nur die Therapien die ihm Spaß machten. Für mich, die ich 30 Std arbeitete, Kind, Hund, Haushalt usw managte, kam mir das vor wie Urlaub (entschuldigt bitte diese Formulierung). Bereits vor der stationären Therapie war er krank geschrieben und erhielt von der Ärztin die "Anweisung", nur Dinge zu tun die ihm Spaß machen. Er hatte für sich das Puzzeln entdeckt und tat dies bis zu 8 Stunden täglich - er die Kür, ich die Pflicht - es war ja schließlich die Anweisung der Ärztin.....
Nun, nach der stationären Therapie kam er mit vielen guten Vorsätzen nach Hause: mehr Sport, den Tag mit Hilfe eines Stundenplans strukturieren, regelmäßig frühstücken, regelmäßig duschen, rasieren usw. - alles "normale" Dinge, die schon lange auf der Strecke geblieben waren. Diese Vorsätze haben ca. 1 Woche gehalten, dann war Ende und er meinte er könne wieder "alleine laufen". Er ließ sich gesund schreiben und war folglich erneut arbeitslos, während ich meine Arbeitszeit von 30 auf 40 Std. erhöht habe. Die Arbeitssuche läuft sehr schleppend; max. 2x wtl. fü je 10 Minuten "sucht" mein Mann im Internet. Hat er sich dann tatsächlich irgendwo beworben, wartet er dynamisch zu, ob sich was tut - nachhaken tut er nicht. Er steht morgens zwar auf, legt sich aber nochmal 1-2 Stunden hin, sobald meine Tochter und ich aus dem Haus sind. Nach Feierabend genehmigt er sich täglich 1-3 Fläschchen Bier und verbringt viiieeele Stunden am PC mit Spielen als Belohnung für die Hausarbeit. Kürzlich am Feiertag ging er abends in die Kneipe Fußball gucken. In der Annahme er sei am nächsten Morgen Fahrgemeinschaft für 4 Kindern (!) bat ich ihn, nicht soviel zu trinken. Er kam um ca. 23h ziemlich betrunken nach Hause und war es am nächsten Morgen immer noch. Zum Glück hatten wir uns wg des Feiertages im Tag vertan und er war keine Fahrgemeinschaft; also legte er sich bis 10 wieder hin, während ich um 7 und meine Tochter um 7:30h aus dem Haus gingen. Das ist doch verantwortungslos, oder nicht ?! Wie kann man sowas machen ??? Der Therapeut (bei dem ich noch nicht mit war) ist der Auffassung er macht das alles ganz prima und solle so weiter machen ?! Für mich ist das alles etwas weltfremd. Es kommt mir vor, als lebt mein Mann in einer Parallelwelt zu unserer, in der man sich vorrangig um sein eigenes Wohlergehen kümmert. Innerhalb einer Familie ist das (so finde ich) jedoch nur bedingt möglich.
Auf Grund der Gesamtsituation der letzten Jahre und Monate bin ich immer "stärker" geworden und mein Mann immer "schwächer", wenn man das so sagen kann. Im Moment ist die Situation so zugespitzt, dass mein Mann jedes Wort von mir als Vorwurf empfindet und er mir nichts mehr recht machen könnte. Dabei werfe ich ihm nicht die Depression als solche vor, sondern den Umgang damit. Meines Erachtens müsste doch jeder Kranke den Wunsch haben gesund zu werden und alles daran setzen. Aber genau das vermisse ich: die Tagesklinik lehnt mein Mann ab, das würde ihm nichts bringen. Aus der Therapie zieht er nur die für sich positiven Dinge (mehr Sport, mehr Belohnung usw.); die negativen lässt er außer acht (weniger Bier, aktivere Stellensuche usw.). Einerseits fehlt ihm völlig die Einsicht in seine Krankheit, andererseits versteckt er sich dahinter. Versteht Ihr so ungefähr was ich meine ?! Ist so schwer auszudrücken.....
Unsere Tochter ist außerdem insofern schon "angesteckt", dass sie ebenfalls nicht mehr frühstückt, dass sie immer interessenloser wird und u.a. keinen Ehrgeiz in der Schule mehr hat. Kürzlich war sie krank, 2 Tage mit meinem Mann zu Hause, während ich von 7-15h arbeitete. Als ich kam, saß sie im Kinderzimmer am PC, mein Mann im Wohnzimmer am PC. Und sie hatte Hunger, weil der Papa wohl das Mittagsessen vergessen hatte....
Schon in den Osterferien hatten wir so eine bezeichnende Situation: ich arbeiten, Mann und Kind zu Hause. Das Fahrrad war zu klein geworden und ich wollte 3 Tage hintereinander nachmittags mit ihr los ein neues Fahrrad kaufen. Aber sie war nachmittags noch im Schlafanzug und hatte keine Lust.. - ein Kind das keine Lust hat ein neues Fahrrad zu kaufen; gibt es sowas ?! Das mit dem Fahrrad haben wir dann also erst in den Sommerfeien hingekriegt....
Ich hadere im Moment sehr mit mir, ob nicht eine Trennung besser wäre - um meine Tochter und mich zu schützen. Mit meinem Mann kann ich schon lange nicht mehr normal reden, da er sich ja nur noch angegriffen fühlt; womit er oft sicher auch Recht hat. Ich kann ihm nicht mehr helfen, da er ja auch jede Hilfe von wem auch immer verweigert bzw. als unnötig empfindet. Seine Mutter hatte selbst 10 Jahre lang Depressionen, aber die beiden tauschen sich nicht aus; in der Familie finden generell keine Gespräche über persönliche Dinge statt..... Und mir sagt sie nur, dass ihr Mann das schließlich auch durchgehalten hätte. Ja, aber mit dem Ergebnis, dass sie sich innerhalb 24 Stunden nur zu den 3 Mahlzeiten sehen und ansonsten jeder in seinem Zimmer verschwindet. So will ich nicht enden, obwohl wir schon nah dran sind
Ich bin völlig ratlos. Einerseits heißt es "in guten wie in schlechten Zeiten" und ich will meinen Mann nicht hängen lassen. Andererseits habe ich die Verantwortung für meine Tochter und für mich. Mein Mann, der ja über Probleme nicht redet, meint ich hätte innerlich ja schon abgeschlossen, da müsse er sich auch nicht mehr anstrengen. Eine Paartherapie lehnt er ebenfalls rigoros ab, dann könnten wir uns ja gleich trennen......
Ach so, auch das Thema Körperpflege leidet wieder, so dass aus allen vorgenannten Gründen zusammen an "Eheleben" sozusagen seit mittlerweile 1,5 Jahren gar nicht mehr zu denken ist. Und natürlich frage ich mich ganz oft, ob das noch Liebe ist oder nur noch Verantwortungsbewusstsein, Pflichtgefühl o.ä. ?! Mein Mann hingegen sagt er liebt uns und kann ohne uns nicht leben, sitzt aber gleichzeitig abends mit Kopfhörer an seinem PC-Spiel statt mit uns was zu machen
Vielleicht hat ja der ein oder die andere noch einen Tipp für mich was ich noch tun kann um das Ruder rumzureißen; mir gehen da langsam die Idee und die Kraft aus. Und die Hoffnung schwindet langsam, meinen damaligen Traummann nochmal zurückzukriegen....
Oh, das ist aber viel geworden, bitte entschuldigt. Aber irgendwie lassen sich diese Lebensgeschichten aller nicht in kurze Sätze packen - von daher schon jetzt danke für Eure Geduld beim Lesen