Erfahrungsaustausch - vorsicht lang.

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janara79
Beiträge: 2
Registriert: 1. Dez 2008, 11:57

Erfahrungsaustausch - vorsicht lang.

Beitrag von janara79 »

Hallo zusammen,

ich bin neu hier und hoffe, dass ihr mir aufgrund Eurer Erfahrungen ein bißchen Mut machen könnt.

Mein Freund leidet nämlich anscheinend unter Depressionen.

Hier ein unsere Vorgeschichte:
Wir beide sind 29 Jahre alt und schon seit 12 Jahren zusammen. Wie in jeder Beziehung sind wir durch Höhen und Tiefen gegangen, aber im Großen und Ganzen waren wir sehr glücklich miteinander. Ende vorletzten Jahren haben wir uns dann dazu entschieden zusammen ein Haus zu bauen. Es hat alles super mit der Planung geklappt, letztes Jahr konnten wir dann anfangen am Nebengrundstück zu meinen Eltern unser Traumhaus zu bauen. Mein Freund hat sich 1 Jahr lang wirklich sehr in dieses Projekt gehängt, war es vorallem auch sein großer Traum. Ich habe immer versucht ihn etwas zu bremsen, weil es einfach an die Substanz ging, aber es war nicht zu schaffen. Im Februar diesen Jahres war dann soweit alles fertig das wir einziehen konnten. Klar hat es trotzdem noch an allen Ecken und Enden gefehlt.

Kurz nachdem wir eingezogen waren ist es losgegangen das mein Freund wenig Interesse für das Haus und die noch zu erledigenden Arbeiten gezeigt hat. Er hat sich seinen Hobbies wieder gewidmet was für mich vollkommen in Ordnung war. Das war 1 Jahr lang auf der Strecke geblieben. Langsam aber sicher sind aber seine Hobbies immer mehr in den Vordergrund gerückt. Er war kaum noch zu Hause (abends lang weg und die Wochenenden), hat sich irgendwie von mir abgewandt, ist immer verschlossener geworden. Nach langem Hin und Her hat er zugegeben, dass er sich im neuen Haus nicht wohlfühlt und mittlerweilen unsere Beziehung auch in Frage stellt. Er weiß nicht ob er mit dem Haus bauen nicht einen riesen großen Fehler gemacht hat. Wie gesagt, dabei war er immer sehr grüblerisch, hatte mittlerweilen 20 kg abgenommen weil er nichts mehr essen konnte und er war sehr abweisend zu mir. Dabei konnte er mir aber nie genau benennen was ihn stört, was genau der Grund dafür ist, was wir anders machen sollten etc. Bei diesen Gesprächen hab ich ihn teilweise nicht mehr gekannt. Er hat bei der kleinsten Gelegenheit weinen müssen, teilweise richtige Heulkrämpfe. Nach ein paar Monaten haben wir mal beschlossen, dass er zu seinen Eltern zieht und schaut ob es ihm da besser geht. Ich hatte schon irgendwie immer Depressionen im Blick, weil sein Verhalten wirklich nicht mehr normal für ihn war. Aber er wollte davon nichts hören. Nach jetzt 4 Wochen bei seinen Eltern hat sich die Situation nicht wirklich gebessert. Er sagt selber immer, das er das größte Arschloch wäre weil er mich so hängen läßt. Er kann mich doch nicht alleine lassen mit dem Haus. Er weiß nicht mehr was er machen soll etc.

Letzte Woche waren wir mal beim Neurologen und der meinte, dass er nach dem Hausbauen ein Burn-Out Syndrom hatte, das in eine Erschöpfungsdepression übergegangen ist. Er sollte sich jetzt mal stark schonen und bekam Opipramol verschrieben. Tja, das mit dem Schonen ist so eine Sache, denn wenn er zu Ruhe kommt denkt er über unsere/seine Situation nach und es geht ihm tierisch schlecht. Diese Woche soll er dann nochmal alleine zum Doc, denn beim letzten Termin war ich dabei.

Ich bin jetzt nur so dermaßen verunsichert und weiß überhaupt nicht was mich erwartet. Ist das Infragestellen unserer Beziehung ein Symptom der Depression oder sogar der Auslöser. Wenn es ihm besser geht, hat unsere Beziehung noch eine Chance? Hat jemand schon mal eine ähnliche Erfahrung machen müssen?

Was meint Ihr? Soll ich in total in Ruhe lassen? Ihn kontaktieren? Ihn bei Fragen zum Haus einbeziehen? Irgendwie alles was ich mache scheint falsch zu sein. Ich will ihm ja auch noch zeigen, dass er gebraucht wird (bin auch total überfordert mit dem Haus alleine), aber dadurch wird er immer wieder daran erinnert...

Hat wie gesagt schon jemand ähnliche Erfahrungen gemacht? Kann mir jemand Mut machen?

Liebe Grüße
Janara
Law
Beiträge: 70
Registriert: 21. Nov 2008, 11:24

Re: Erfahrungsaustausch - vorsicht lang.

Beitrag von Law »

Hallo Janara,

für Angehörige ist der Umgang mit Depressiven schwierig.Es ist also völlig normal, dass du ratlos bist und das Gefühl hast, alles falsch zu machen. Du solltest deswegen nicht an dir zweifeln.

Es ist wichtig, dass du Verständnis und Einfühlungsvermögen zeigst, was dir leichter gelingt, wenn du dich ausführlich mit dem Krankheitsbild einer Depression befasst. Du solltest aber nicht den Versuch machen, ihn therapieren zu wollen.

Vermeide nach Möglichkeit Streit und versuche es zu akzeptieren, wenn er sich zurückzieht.Es werden auch Stunden kommen, wo er sich offener für Gespräche und Kontakte zeigt.

Es gibt jetzt noch keinen Grund zu resignieren. Opipramol ist ein schwach wirksames Medikament. Sollte sich in den nächsten Wochen keine deutlich antidepressive Wirkung zeigen, ist nichts verloren, da es noch stärker wirkende Antidepressiva gibt.

LG Law
janara79
Beiträge: 2
Registriert: 1. Dez 2008, 11:57

Re: Erfahrungsaustausch - vorsicht lang.

Beitrag von janara79 »

Danke Law für Deine netten Worte.

Ich habe mich jetzt schon intensiv mit dem Thema Depressionen beschäftigt und weiß eigentlich, dass das nichts mit mir zu tun hat und ich nicht dafür verantwortlich bin. Eigentlich... Mir sitzt einfach die Angst im Nacken, dass er mich nicht mehr liebt und dadurch die Depression ausgelöst wurde. Bevor es losging hatten wir aber eigentlich keine Probleme, keinen Streit - klar, Stress wegen dem Hausbau. Aber ich hatte immer das Gefühl, dass er mich noch liebt. Und dann dieser krasse Absturz. Aber rein meine Hoffnungen darin legen, dass das nur ein Symptom einer Depression ist, will ich auch nicht, da die Enttäuschung sonst hinterher zu groß wäre...

Ich versuche einfach weiterhin verständnisvoll zu sein, für ihn dazu sein wenn er mich kontaktiert, ihn aber nicht zu bedrängen. Wissen tut man es ja, aber es fällt manchmal schwer...
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