Es wird nie wirklich besser

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gallocampo
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Es wird nie wirklich besser

Beitrag von gallocampo »

2010 sollte ich schon in eine Klinik. Hab einen Rückzieher gemacht. Panik.

2011 war ich soweit, dass ich erst wochenlang, monatelang, krank geschrieben war und schließlich in der Psychatrie gelandet bin. Gruppentherapie.

Stellte sich heraus, dass ich schon mindestens seit MItte der 90er im Eimer bin.

Der Schock kam aber am Ende. Drei Therapeuten saßen mir gegenüber und erklärten im Einklang, dass ich stark selbstmordgefährdet sei. Ich dürfte jederzeit wiederkommen, spätestens aber nach einem Jahr.

Ich kam nicht. Statt dessen wurde meine Frau schwanger und wir bekamen unser drittes Kind. Eigentlich das Vierte, aber nicht alle haben überlebt. Sei's drum. Gleichzeitig habe ich meinen Job verloren. In dieser Situation einen neuen Job zu finden ist mir gelungen, aber vielleicht kann man sich vorstellen, welche Kraft das gekostet hat.

Bewerbung. Probezeit. Gleichzeitig Schwangerschaft in einer Risikoschwangerschaft. Dabei schon zwei Kinder zu Haus. Eins davon behindert.

Jetzt drei Kinder. Immer weiter machen. Die Stärke der inneren Zerrüttung nimmt immer mehr zu. Erosion. Seele ist ganz kaputt. Mauern aus Glas.

Werde aber immer brav sein. Die Familie braucht mich ja. Muss ja funktionieren. Das tue ich.

Hab nur etwas Sorge, dass ich irgendwann die Kontrolle verliere. Halb zog es ihn, halb sank er hin.

Ich erwarte keine Antwort. Was soll man auch darauf schreiben? Musste es nur mal loswerden. Danke an alle, die es sich antun, das zu lesen.
timmie2002
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Re: Es wird nie wirklich besser

Beitrag von timmie2002 »

guten morgen gallo,

nur mal loswerden? mir vermittelt dein schreiben, dass du sher stark leidest und wohl auch verzweifelt bist.

den funktionsmodus kenne ich nur allzu gut. meine erfahrung: er reißt dich immer tiefer in die depri.

deine lebensumstände sind doch im grunde gar nicht so übel. familie mit frau und kindern sollte doch eher glücklich machen. du kannst das im moment wohl nicht so empfindne. alles ist nur last. typisch für depri.

ich denke schon, dass du so tief drin steckst, dass du dir unbedingt professionelle hilfe nehmen solltest, dabei auch klinik in betracht ziehen. je eher, desto besser, auch wenn dein depressives denken dir das gegenteil sagt.

glg final
90303
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Re: Es wird nie wirklich besser

Beitrag von 90303 »

Hallo Gallo,

ich finde, was Du schreibst durchaus alarmierend.

Ich vermute, dass es Dich wahnsinnige Kraft kostet überhaupt noch Deinen Alltag zu bewältigen - mit all den Emotionen in Dir und der Verantwortung, die Du trägst.

Du schreibst nicht, warum Du Dich nicht jetzt nach Hilfe umsiehst. Nochmal Therapie in Anspruch nimmst. Oder ist das schon geschehen?

Liebe Grüße,

Phoenia
Fabelwesen
Chromos
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Re: Es wird nie wirklich besser

Beitrag von Chromos »

Hallo Gappo,

das hört sich richtig schlimm an! Wieso scheust du dich davor Hilfe zu holen? Ich kenne das ich war ähnlich, wollte es nicht wahr haben. Erst als ich fast als Geisterfahrer auf einer Autobahn ähnlich ausgebauten Bundesstrasse gelandet, einige Beinahneunfälle mit dem Auto und dem Rennrad hat mich alarmiert, das ich ich dringend Hilfe brauche bevor irgendwas passiert.

Nur mal so zum nachdenken.

Viele Grüsse

Chromos
Es ist keine Schande zu Boden zu gehen, man muss nur wieder aufstehen (aus einem Video von Andreas Niedrig "Traumwärts"

miximi
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Re: Es wird nie wirklich besser

Beitrag von miximi »

Hallo!
Darauf muss man doch antworten!!! Deine Kraft verdient sehr großen Respekt!! Die Last die Du trägst zwingt doch auch einen nicht depressiven Menschen in die Knie.Es ist gut dass Du Deine Befürchtung und Angst, bezüglich Deiner Aggression gegen Deinen Nachbarn aufschreibst. Mir hilft es wenn ich Ärger und Wut aussprechen kann und weiß, dass jemand der auf meiner Seite ist, zuhört. Und das sind wir doch alle in diesem Forum, zumindest können Dich bestimmt viele verstehen weil sie sich in ähnlicher oder gleicher Situation befinden. Schreib weiter über Deine Situation und lass Deine Gefühle und Gedanken auf schriftliche Weise raus!! Das kann doch nur hilfreich sein.
Liebe Grüße Miximi
gallocampo
Beiträge: 37
Registriert: 29. Mai 2011, 01:00

Re: Es wird nie wirklich besser

Beitrag von gallocampo »

Es ist schon sehr nett von Euch, dass ihr alles es gelesen habt und dann auch trotzdem noch darauf antwortet.

Eine Therapie haut nicht hin. Ambulant habe ich von 2010 bis 2011 schon einiges hinter mir. Der Therapeut meint aber, die Verhaltenstherapie wäre abgeschlossen, das war's.

2011 war ich auf Station 6 Wochen in einer Gruppentherapie. Die wollten nun unbedingt, dass ich wiederkomme. Das bekomme ich mit der Familie schlicht nicht hin. Dafür müsste ich meine Frau mit den drei Kids allein lassen. Wie gesagt: eins behindert, eins erst 15 Monate als und schläft nicht durch.

Dabei ist sie eigentlich viel schlimmer dran als ich. Als Kind wurde sie 5 Jahre lang missbraucht. Keine Ahnung, wie sie aufrecht stehen kann. Selber war sie in Therapie und musste dann wegen der Schwangerschaft aufhören, kurz bevor es richtig losgehen sollte.

Als nächstes sollte ich eigentlich eine tiefenpsychologische Therapie machen, aber bei uns gibt's einfach keine Therapeuten. Vielleicht den, bei dem meine Frau ist... aber bei dem ist eben meine Frau. Pech gehabt.

Hilft ja nichts. Wie gesagt: weitermachen.
Nico Niedermeier
Moderator
Beiträge: 2843
Registriert: 21. Mär 2003, 11:10

Re: Es wird nie wirklich besser

Beitrag von Nico Niedermeier »

Habe den Beitrag etwas überarbeitet, zu große Trigger Gefahr für andere...
Viele Grüße
Die Moderation
clk
Beiträge: 13
Registriert: 27. Okt 2013, 21:37

Re: Es wird nie wirklich besser

Beitrag von clk »

Schön, dass du hergefunden hast. Natürlich kann man auf deinen Beitrag antworten, und zwar, dass du dringend eine Therapie machen solltest. Dir geht es nicht gut, das ist offensichtlich. Und du scheinst da alleine nicht rauszukommen. Dass dir irgendjemand mal für oder gegen eine Therapie geraten hat, ist vollkommen irrelevant. Vielleicht war der/die Therapeutin einfach nicht in der Lage, dir zu helfen, aber andere werden es sein. Dass du eine Familie hast, ist toll. Nicht trotz, sondern WEGEN deiner Familie (und in erster Linie auch wegen dir) musst du dir unbedingt Hilfe suchen. Für den Alltag lässt sich da sicherlich eine Lösung finden, du musst es nur angehen! Wenn du alles so weiterlaufen lässt, wird es nicht besser, im Gegenteil. Sieh alle Antworten hier im Forum als Gesten, die dir Kraft geben sollen!
Gerbera
Beiträge: 619
Registriert: 31. Mär 2013, 00:24

Re: Es wird nie wirklich besser

Beitrag von Gerbera »

Hallo Gallo,

klingt alles ziemlich heftig, was Du da schreibst. Ein Kind verloren, ein behindertes Kind, eine traumatisierte Ehefrau - kein Wunder, dass es Dir nicht gut geht!

Wie sieht es denn mit Unterstützung von außen aus, Hilfe mit den Kindern durch Großeltern, Nachbarn, Freunde, Familienhilfe, Nachbarschaftshilfe...?

Im Moment funktionierst Du noch. Die Frage ist, wie lange? Es ist keinem geholfen, wenn Du komplett zusammenklappst, Deiner Frau nicht, den Kindern nicht und Dir selbst erst recht nicht. Geh den Weg in die Therapie, erkundige Dich nach ambulanten Therapien, Tagesklinik etc.; vielleicht muss es keine Psychoanalyse sein sondern eine Gesprächstherapie, eine Logotherapie oder, oder, oder. Gibt es denn niemanden, der Dich da beraten kann? Der Psychotherapeut Deiner Frau z.B. Auch wenn er Dich nicht behandeln wird, weil Deine Frau schon seine Patientin ist, könnte er Dich vielleicht weiterempfehlen an einen Kollegen/eine Kollegin. Versuche unbedingt, Hilfe für Dich zu finden. Nur mit Schreiben im Forum ist Dir nicht geholfen, auch wenn es Dich möglicherweise entlastet.

Und keine Sorge: Du befindest Dich hier unter Menschen, die alle wissen, was Depression heißt, die Dich ernst nehmen und so akzeptieren, wie Du bist.

Viele Grüße
Gerbera
jep

Re: Es wird nie wirklich besser

Beitrag von jep »

Hallo gallo,
ich war sehr lange nicht mehr im Forum, und wollte hier eigentlich nicht mehr schreiben.
Aber da ich selbst 3 Kinder habe, schon seit langem mit depris kämpfe, und auch schon mit Kindern mit Behinderung zu tun hatte. will ich die gerne eine Idee zuwerfen.

In eurer Lage würde ich mir alles an Unterstützung holen, was irgenwie eure Familie entlasten kann. Das könnte sein:

-eventuell mit dem Jugendamt zusammenarbeiten(nein, die nehmen euch keine Kinder weg!)wegen "Sozialpädagogischer Familienhilfe", d.H. eine zusätzliche Betreuung für die Kids,

- auf jeden Fall alle Hilfen beantragen, die euch von der Krankenkasse zustehen: zum Beispiel eine Haushaltshilfe

- für das Kind mit Behinderung z.B.Unterstützung bei der Lebenshilfe holen, auch Beratung was euch da zusteht ist wichtig.

Klar, das ist schwer, solche Sachen zu managen, wenn du in der Depression hängst- die machens mir gerade gewaltig schwer, mein Studium zu Ende zu schaffen.

Aber damit kannst du mit weniger Aufwand mehr erreichen, wie wenn du einfach irgendwie weiterfunktionierst.

liebe Grüße
annette fee
gallocampo
Beiträge: 37
Registriert: 29. Mai 2011, 01:00

Re: Es wird nie wirklich besser

Beitrag von gallocampo »

>>Wie sieht es denn mit Unterstützung von außen aus<<

Nichts möglich. Meine Mutter ist tot, mein Vater hat auch schon Krebs und interessiert sich eh nicht für Kinder. Schwiegereltern wohnen 30 km weit weg. Nachbarschaft geht auch nicht.


>>Im Moment funktionierst Du noch. Die Frage ist, wie lange? Es ist keinem geholfen, wenn Du komplett zusammenklappst, Deiner Frau nicht, den Kindern nicht und Dir selbst erst recht nicht. Geh den Weg in die Therapie<<

Läuft auch nicht. Aus diesem Grund war ich ja schon in der Therapie. Müsste meine Frau dann wieder allein lassen, diesmal mit drei Kindern. Geht einfach nicht.

>>Der Psychotherapeut Deiner Frau ... könnte er Dich vielleicht weiterempfehlen an einen Kollegen/eine Kollegin.<<

Nope. Alles abgeklappert. Müsste in Hamburg einen Therapeuten suchen. 60 km weg. Die Fahrtkosten kann sich kein Mensch leisten. Ich jedenfalls nicht.

Falls Du jetzt sagen möchtest: Es gibt immer einen Weg! - bitte - dann schluck's runter. Gäbe es eine Lösung, ich würde sie nehmen.
gallocampo
Beiträge: 37
Registriert: 29. Mai 2011, 01:00

Re: Es wird nie wirklich besser

Beitrag von gallocampo »

>>eventuell mit dem Jugendamt zusammenarbeiten<<
Vielleicht ein Vorurteil, aber ich lasse den Amtschimmel nicht in mein Leben. Ist so schon wahnsinnig genug.

>>auf jeden Fall alle Hilfen beantragen, die euch von der Krankenkasse zustehen: zum Beispiel eine Haushaltshilfe<<
Bekommst Du nicht, wenn Du noch arbeitest. Müsste arbeitsunfähig sein. Verdiene aber noch täglich Kohle.

>>für das Kind mit Behinderung<<
Hey, Party! Heute hat ein Test in der Körperbehinderten-Schule meiner Tochter ergeben, dass sie auch geistig behindert ist. Ist das nicht traumhaft?Jetzt darf sie die Schule wechseln, verliert ihre Freunde und kommt auf ne G-Schule. Prima. Da kann sie die Auswirkungen ihrer Wahrnehmungsstörungen mal so richtig auskosten. Jaa, weiter so! Bitte noch so einen Tag!
Zarra
Beiträge: 5734
Registriert: 12. Mär 2010, 15:16

Re: Es wird nie wirklich besser

Beitrag von Zarra »

Hallo,

ich glaube, Du bist - und das werte jetzt mal als Kompliment! - auch kein Mensch, der perfekte Lösungen erwartet, ... sondern eher vielleicht über jede Erleichterung froh ist?

Diverse Beratungsstellen (Caritas, Psycholog. Beratungsstellen der Ev. und Kath. Kirche OHNE daß man mit dem christl. Glauben etwas am Hut haben muß, Sozialpsychiatrische Zentren, Landkreise manchmal, ...) bieten oft auch etwas an. Oder Selbsthilfegruppen (http://www.depressionsliga.de/selbsthil ... uchen.html). Das muß alles nicht passen oder helfen. Aber es kann eine Möglichkeit sein, zumindest nicht ganz alleine dazustehen.

Dann hast Du von VT geschrieben. VT-Therapeut ist ja nicht gleich VT-Therapeut. Gibt's da noch andere vor Ort? Außerdem: Vielleicht sieht der "alte" das auch anders, wenn er die jetzige Situation sieht (ist mir zumindest tendenziell mal so passiert); da ist dann die Frage, ob Du Dir das vorstellen kannst, ob das menschlich trägt; wenn ja, vereinbarst Du vielleicht ein unverbindliches Gespräch? Wenn nein, hat es eh keinen Wert.

Ich finde es ja löblich, daß Du Deine Frau mit den Kindern nicht allein lassen willst. Doch während Deiner Arbeitszeit bist Du auch weg. Wichtiger: Sieht Deine Frau das genauso wie Du? ... oder rät sie Dir womöglich zu einem Klinikaufenthalt?

Nimmst Du Antidepressiva ein? Helfen Sie Dir? Ist da vielleicht noch eine Änderung möglich?

LG, Zarra
Kodiak
Beiträge: 428
Registriert: 3. Okt 2010, 16:55

Re: Es wird nie wirklich besser

Beitrag von Kodiak »

Hallo gallocampo,

wenn ich die Beschreibung Deiner Lebenssituation lese, möchte ich meinen: Hut ab!
Du leistest da wirklich viel. Das schafft sonst kaum ein Mensch. So ohne jegliche Unterstützung und Hilfe von außen. Deine Stärke ist beeindruckend. Es gibt keinen Bereich in Deinem Leben, der nicht problematisch ist.

Aber gratuliert man einem Menschen zu solch einer Leistung, wenn das Ziel der ganzen Bemühungen sein Verderben ist?

Also lass ich das mal mit dem Hut.

Hier wurde bereits mehrfach geschrieben, dass Du Deiner Familie keinen Gefallen tust, in dem Du nur noch funktionierst. Deine Absicht, Deine Familie zu unterstützen, in dem Du anwesend bist, ist aller Ehren wert. Nur wird das wahrscheinlich in einer Katastrophe enden.

Du hast geschrieben, dass mehrere Psychologen Dich für suizidal halten!

Und Du hast geschrieben, dass Du Dir Sorgen machst, die Kontrolle zu verlieren. Beides zusammen ist eine tickende Zeitbombe!

Deine Frau wird das wissen und ich kann mir nicht vorstellen, welche Ängste sie aussteht und unter welchem Druck sie steht. Aber ich könnte mir vorstellen, dass sie Dich lieber für einige Wochen vermisst, als Dich ganz zu verlieren.

Bei den Hinweisen auf mögliche Unterstützungsmöglichkeiten, insbesondere von annette fee und Zarra, wird doch etwas dabei sein, was Du für Dich in Anspruch nehmen könntest, wozu Du dann wirklich bestehende Ressentiments ablegen solltest.

Ich denke, dass Du eine stationäre Psychotherapie machen solltest. Sie wurde Dir angeraten, nicht erst hier im Forum und die Ärzte und Psychologen sagen so etwas nicht unbegründet. (Und selbst da würdest Du einen Sozialarbeiter finden, der Dich unterstützt).

An eine ambulante Therapie würde ich eigentlich nicht denken wollen, in Deiner Situation. Meistens braucht man die aber hinterher, um bestimmte Sachen weiter aufzuarbeiten oder zu festigen.
Ich bin dafür zum Beispiel zu einer Therapeutin gefahren, die 80 km weit weg ist. Über 4 Jahre. Und ich bin auch kein Großverdiener. Aber das wirklich nur als Beispiel.

Zuletzt möchte ich Dir sagen, dass sich manchmal Wege aufzeichnen, von denen man vorher keine Ahnung hatte, wenn man erste Schritte unternimmt. Nur muss man sie tun.

Viele Grüße,
Dietmar
gallocampo
Beiträge: 37
Registriert: 29. Mai 2011, 01:00

Re: Es wird nie wirklich besser

Beitrag von gallocampo »

Moin Dietmar!

Den Hut sollte keiner ziehen. Begibt sich ein Mensch freiwillig, ohne Not und trotz Alternativen in eine Situation, die der meinen vergleichbar ist, so soll man den Hut ziehen. Ich hab's mir nicht ausgesucht und wäre auch nie so selbstlos. Ich kann's nur einfach nicht ändern.

80 Kilometer? Nix für mich. Ich pendel' schon jeden Monat arbeitsbedingt über 2.000 Kilometer. Ich bekomm' schon nervöse Pickel, wenn ich am Wochenende die 30 km zu den Schwiegereltern fahren soll.. und das liegt nicht an den Schwiegereltern.

Die Wahrheit ist vermutlich - und wie so oft - ziemlich unangenehm. Die schlaflosen Nächte voller blutroter Phantasien (ja ja, Trigger ich weiß... aber darum geht's nun mal) beginne ich langsam zu genießen. Sie verleihen das Gefühl von Kontrolle. Endlich manipuliert nicht das Leben mich, sondern ich kontrolliere das Leben.

Mein Puls rast. Das Adrenalin pumpt. Die Haut kribbelt. Atmung, wie nach einem Wettlauf. Die ganze Nacht.

Nur morgens isses doof. Wenn man zur Arbeit muss.
Kodiak
Beiträge: 428
Registriert: 3. Okt 2010, 16:55

Re: Es wird nie wirklich besser

Beitrag von Kodiak »

Hey gallocampo,

Du hast recht. Du kontrollierst Dein Leben. Alles was Du tust, geschieht durch Dich.
Dagegen spricht Deine, wie soll ich sagen, etwas fatalistische Betrachtungsweise. Aber Du hast es tatsächlich in der Hand, wie Dein Leben weitergeht.

Ich kann Dich nur ermutigen, eine Therapie zu machen. Mag der Aufwand momentan auch hoch sein. So wie es jetzt ist, kann´s ja nicht bleiben. Ich würde Dir sogar raten, umgehend eine Notaufnahme in einer entsprechenden Klinik aufzusuchen.

Zu Deinen blutroten Phantasien würde ich mich gerne äußern, nur werde ich das in diesem Rahmen nicht tun. Ich habe echt Angst, nur ein falsches Wort zu wählen. Wir bewegen uns da auf hauchdünnem Eis.
Das es gegen die Regeln verstieße, wäre scheinbar in erster Linie nicht der Grund, aber was hinter ihnen steht, schon.

Finde hier vielleicht einen moderaten Abschluss und begib dich schnellstmöglich in professionelle Hände. Hier wird Dir vermutlich niemand wirklich weiterhelfen können.

Viele Grüße,
Dietmar
jep

Re: Es wird nie wirklich besser

Beitrag von jep »

Nun, das mit deiner Tochter ist scheiße. Da hilft nix, solange unsere Kids in 100 Fraktionen unterteilt werden- "normal" "Hauptschüler" (=zu dumm für die Realschule)"Gymnasiast" (lern-und anpassungsfähig-wers nicht schafft, fliegt oder wir psychisch krank)" "Realschüler"(bekommt mit Glück einen Ausbildungsplatz, wenn er nicht von lernmüden Abiturienten besetzt werden kann),"Förderschüler"(darf nach dem 3. Praktikum in der Spülküche arbeiten und ist dann Harz IV-Aufstocker)und dann 10 verschiedene Schulen für die verschiedensten Behinderungen. Endstation in den meisten Fällen:WfMB/ Werkstatt für Menschen mit Behinderung.

Deine Tochter hat also die goldene Arschkarte gezogen.

Da gibt es so eine "neue" seit fünf Jahren in Deutschland nicht umgesetzte Behindertenrechtkonvention, die den Kids das Recht auf gemeinsamen/inklusiven Unterricht zuspricht.
Nur müssen Eltern für dieses Recht kämpfen, und es gibt auch entsprechende Initiativen, an die Eltern sich wenden können.

Aber da hat deine Tochter wohl nun die zweite Arschkarte gezogen- ihr Papa genießt die schlaflosen Nächte, anstatt sich helfen zu lassen.

Rate mal, wer mir jetzt mehr leid tut. Und ich würde mich verdammt noch mal echt freuen, wenn ich mich irre!
gallocampo
Beiträge: 37
Registriert: 29. Mai 2011, 01:00

Re: Es wird nie wirklich besser

Beitrag von gallocampo »

Oha. Da hat einer die große böse Psychokeule gefunden.

Genau. Mein Leben ist nicht nur beschissen, ich bin auch noch ein beschissener Vater.

Danke für den Hinweis. Das tat gut.
elas
Beiträge: 2102
Registriert: 12. Mär 2009, 16:50

Re: Es wird nie wirklich besser

Beitrag von elas »

Es tut mir Leid, sehr Leid für den Threaderöffner eine solche Antwort von annette fee bekommen zu haben.

Merkst Dus eigentlich noch, annette, Deine derzeitigen Antworten (auch in meinem Thread) strotzen ja nur so vor Empathie .

Aber ich bleibe halt der naive Gutmensch, und glaube und hoffe auch hier in diesen Foren auf hilfreiche und einfühlsame Antworten, nach wie vor.
Nicht nur für mich, für alle UserInnen_____ auch ganz speziell für Dich, gallocampo.
________________________________

Der Weg ist das Ziel



Lebensringe sind auch Themenringe
Tabarka1
Beiträge: 267
Registriert: 10. Feb 2013, 13:34

Re: Es wird nie wirklich besser

Beitrag von Tabarka1 »

Hallo Gallo,

Ich selbst bin Angehörige eines depressiven Mannes und auch Mutter.

Bei uns ein ähnliches Bild, wie bei euch. Mein Mann hat dann auch noch den Job verloren, nur leider ohne neue Chance. Und Hartz 4 winkte um die Ecke. Das war für mich die Situation, die ich nicht wollte, also bin ich Familienernährerin geworden. Und ohne, dass ich es wollte, hat das meinen Mann noch mehr belastet (und belastet ihn bis heute), als vorher.

Dies zu unserer Situation. Wir haben aber auch Hilfe bekommen. Eine davon war eine Rehamaßnahme für die gesamte Familie. Dabei haben alle Unterstützung erhalten und wir haben als Familie die Chance auf einen Neuanfang erhalten. Unsere Tochter hat dort ihren Vater ganz anders - lachend, herumtollend, entspannt - kennengelernt, was ihr bis heute gut tut.

Vielleicht magst Du den mühsamen Weg der Therapie nicht für Dich gehen, aber geh ihn für Deine Kinder. Unsere Tochter spürt bis heute fast besser als mein Mann, wenn es ihm wieder schlechter geht. Ich glaube Depression lässt sich vor Kindern nicht verstecken und sie leiden sehr darunter.

Ich wünsche Dir Mut

Tabarka1
Wann, wenn nicht heute... ?
Clara1234

Re: Es wird nie wirklich besser

Beitrag von Clara1234 »

Hallo gallocampo,

mir macht Angst was Du schreibst. Besonders auch wie Du über wirklich schweres so hin weg gehst, wie die Formulierung "seis drum..."
Es gibt sicher Wege euch zu helfen als Familie und Dir natürlich auch. Aber das muss man selber natürlich auch wollen. Sicher können Ärzte, Psychiater oder sozial psychiatrische Dienste da weiter helfen und beraten was möglich ist. Für mich fühlt es sich unerträglich an wie Du schreibst und ich wünsche Dir Kraft daran etwas zu ändern.
Es grüßt Dich Claratheres
Haferblues
Beiträge: 1005
Registriert: 21. Okt 2012, 12:50

Re: Es wird nie wirklich besser

Beitrag von Haferblues »

Hallo Gallocampo,

ich finde dein Post auch ziemlich beängstigend. Vor allem die blutroten Phantasien. Wie oft hört man von "Familientragödien"????? Oft sind das Leute, die absolut keinen Weg raus aus der Misere gesehen haben.

Es GIBT Hilfe. Möglicherweise kannst du die im Moment nicht sehen. Den Balken im eigenen Auge sieht man meistens nicht. Versuche bitte einmal, dich ganz unvoreingenommen mit den Vorschlägen meiner Vorschreiber zu beschäftigen. Deine Familie braucht DICH!!! Da ist Geld nicht das Allerwichtigste.

viele Grüße
Rifka
Lebenskünstler sind Menschen, die schon vollkommen glücklich sind, wenn sie nicht vollkommen unglücklich sind.
Danny Keye
Lerana
Beiträge: 2088
Registriert: 4. Feb 2012, 18:42

Re: Es wird nie wirklich besser

Beitrag von Lerana »

Hallo Gallocampo,

also ich kenne dieses Gefühl, dass es einen beruhigt, sich vorzustellen, man muss ja nicht bleiben. Ich kenne auch, dass es mich nahezu verzweifelt, dass ich ein Kind habe und mir deshalb selbst dieser letzte Ausweg verschlossen bleibt. Die Verzweiflung, wenn morgens der Wecker klingelt und man denkt: Mist, ich bin ja immer noch da! Ich kenne das und viele von uns wahrscheinlich auch.

So ätzend das ist, dass dir wegen deiner Kinder der letzte Ausweg verschlossen bleibt, so froh bin ich darum, dass es bei mir so war, denn bei mir ist der Spuk vorbei. Ganz im Ernst!! Ich habe keine blutroten Phantasien mehr. ES GIBT HILFE UND BESSERUNG!!!

Bis dahin, sage ich dir jetzt mal, was ich getan habe. Ich habe mir einen kleinen Legofeuerwehrmann meines Sohnes in die Tasche gesteckt und immer bei mir gehabt und immer, wenn diese Gedanken kamen, habe ich ihn angesehen und mir vorgestellt, welchen Kummer ich über ihn bringen würde, wenn ich jetzt nachgebe. In schlimmsten Momenten habe ich Stunden im Kinderzimmer gesessen, um mir immer vor Augen zu halteen, dass ich hier sein muss. Für meinen Sohn.

Daher finde ich auch Annettes Posting gefährlich. Gallocampo du bist KEIN schlechter Vater und deine Kinder brauchen dich!

Übrigens finde ich wird der Funktionsmodus oft unterschätzt. Für mich war er immer ein großer Anker: Funktionieren war wenigstens etwas, was ich konnte! Das sollte nur nicht heißen, dass man nicht nach Hilfe sucht.

Du kannst jederzeit in eine PIA gehen und dort erhälst du Hilfe SOFORT! Du kannst deine Frau nicht alleine lassen, sagst du und auch diese Argumente kenne ich, aber bedenke, wenn du deinen Phantasien nachgibst, ist deine Familie ganz allein und für den Rdest des Lebens gezeichnet und beschädigt. Da erscheinen mir ein paar Wochen oder Monate Klinik wirklich ratsamer.

Ich wünsche dir Kraft und vor allem einen Funken ZUVERSICHT!

Herzliche Grüße
Lerana
Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann. (Francis Picabia)
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