Allein - gelassen ?

[2801]

Liebe Mitleser,

kennt ihr das auch daß ihr euch manchmal total alleine fühlt? Ich hatte heute einen schweren Konflikt (mit meiner Mutter) auszutragen, der mich sehr mitgenommen hat, und rief abends meinen Bruder an. Ich wollte ihm erzählen was passiert war und seinen Rat einholen.

Leider bekam ich als Antwort, daß er keine Lust hätte, meinen Mülleimer zu spielen und ich solle das gefälligst mit der betreffenden Person klären. Darauf hin erklärte ich ihm, daß ich ihn nicht als Mülleimer brauche, sondern als Bruder, der mir mal zuhört, mir etwas Trost spendet und für mich da ist.

Später rief er mich zurück, er hatte sich wohl einige Gedanken gemacht, teilte mir mit, was ihm dazu eingefallen war. Dann brach er das Gespräch ab, er müsse mich jetzt abwürgen, es wären noch einige Dinge mit seiner Frau zu besprechen.

Ich kann verstehen, daß er viel um die Ohren hat, ich verstehe auch daß er sich selber manchmal abgrenzen muss. Aber es tut so weh, so allein zurückgelassen zu werden, es ist keiner mehr da, bei dem ich mich geborgen fühle. Ich bin alleine mit meinen Gefühlen, meiner zeitweisen Verzweiflung, der daraus resultierenden Einsamkeit.

Seit meiner Erkrankung habe ich mit sehr wenigen Menschen Kontakt. Der einzige Mensch, der mir wirklich nahe steht, ist meine Mutter. Aber die Beziehung ist zu eng, hier muss ich mich selber massiv abgrenzen. Meine Freunde von Früher sind alle weg. Von meinem Freund bin ich getrennt (der große Redner war er nie). Die Verwandtschaft rührt sich nicht. Und in einem neuen Umfeld ist es schwierig, neue verlässliche Kontakte aufzubauen.

Habt ihr Vorschläge, wie ich diesem Gefühl des Verlassenseins entgegenwirken kann?

Traurige Grüße zur Nacht

Anna_J

[wütend]

>>Habt ihr Vorschläge, wie ich diesem Gefühl des Verlassenseins entgegenwirken kann?<<

He Anna, wie wäre es mit der Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe?

[Larishia]

Hallo Anna,

vielleicht hilft es dir auch, dir ein Tagebuch zuzulegen? Dort kannst du all deinen Frust ablassen und zwar ohne, dass du blöde Antworten oder Zurückweisungen befürchten musst.

Probleme niederschreiben hilft oftmals mehr als man vorher gedacht hätte... "Sich etwas von der Seele schreiben"... heißt es ja auch öfters. Und es gibt dann auch die Chance, das Geschriebene am nächsten Tag noch einmal zur Hand zu nehmen und mit einem anderen Blickwinkel, quasi von außen als Leser, auf die Situation zu schauen und neu zu beurteilen... Oftmals sind Probleme einen Tag später aus der Ferne betrachtet halb so wild wie man eigentlich dachte...

Und ein Tagebuch - ähnlich wie das Forum hier - ist immer ein verlässlicher, guter Zuhörer, der auch immer Zeit hat

Ansonsten find ich den Vorschlag mit der Selbsthilfegruppe auch sehr gut, wenn du damit etwas anfangen kannst. Der Vorteil dabei ist ja auch, dass du viele Leute triffst, die ähnliche/gleiche Probleme haben wie du und die auch direktes Feedback geben.

[sandee]

Hallo Anna,
ich kenne dieses Gefühl auch sehr gut. Mir hilft es oft, wenn ich mich ganz liebevoll um mich selber kümmere, so als wäre ich ein Kind. Mir selber tröstende Worte sage, all das was einem so fehlt. Kindersendungen anschauen. Eine Suppe kochen, eine Kerze anzünden, sich unter eine Decke kuscheln mit schöner Musik... Oder die Dusche anstellen und sich druntersetzen, damit es auf einen warm regnet. Vielleicht ist etwas für Dich dabei.
Liebe Grüße und halt die Ohren steif,
Du bist nicht wirklich allein!
Sandee

[2801]

Hallo Ihr Lieben,

zuerst einmal vielen Dank für eure lieben Antworten! Leider hatte ich in den letzten Wochen kein Internet und konnte mich erst jetzt wieder einloggen.

Das mit der Selbsthilfegruppe ist eine gute Idee! Bisher habe ich hier in der direkten Nähe leider nichts gefunden, vor einigen Tagen bin ich bei einer Ehemaligen-Gruppe der Klinik gewesen, in der ich letztes Jahr gewesen bin. Leider 50km von meinem Wohnort entfernt und auch noch in den Kinderschuhen, aber vielleicht entwickelt sich daraus auch etwas. Nächste Woche habe ich einen Termin beim sozialpsychiatrischen Dienst hier, vielleicht können die mir auch noch was vor Ort nennen... Im Moment geht es mir wieder schlechter, so daß ich sehen muß was hier geht weil die Fahrerei mich im Grunde auch sehr anstrengt.

Auch den Vorschlag mit dem Tagebuch habe ich interessanterweise in letzter Zeit von selber wieder aufgenommen. Es stimmt, es hilft die Gedanken zu sortieren, die Gefühle zu erkennen, aber es macht auch sehr traurig weil dann die Gefühle hochkommen - die ich nur schwer ertragen kann weil dann alles noch schwieriger wird.

Mir selber Gutes zu tun habe ich in den letzten Jahren glaube ich gründlich verlernt. Oder mir fehlt die Kraft dazu. Ich weiß nicht. Kleine Dinge bekomme ich hin, mal eine Kerze anzünden oder in eine Decke kuscheln. Aber weiter komme ich nicht an meine Bedürfnisse ran, scheint mir. Ich kann mir den Kühlschrank voll mit besten Zutaten stellen. Aber mir dann was schönes daraus zu kochen - kriege ich nicht hin. Bin froh, wenn ich irgendwas zu essen bekomme.

Ihr habt so liebe Antworten gegeben, ich werde die nächsten Tage probieren, mir mehr Gutes zu tun. Bin wieder krankgeschrieben, vielleicht hilft mir das auch etwas Boden unter die Füße zu bekommen. Ich hoffe, daß ich dafür Kraft habe.

Ich wünsche euch eine gute Nacht.

Liebe Grüße
Anna_J

[Larishia]

Hallo Anna,

"Es stimmt, es hilft die Gedanken zu sortieren, die Gefühle zu erkennen, aber es macht auch sehr traurig weil dann die Gefühle hochkommen - die ich nur schwer ertragen kann weil dann alles noch schwieriger wird."
Inwiefern wird dann alles noch schwieriger? Weil die Gefühle wieder hochkommen und/oder weil du alles wieder als aktuell empfindest?

Sich selber etwas Gutes tun hat hier so gut wie jeder über Jahre verlernt. Damit bist du nicht allein. Wichtig ist klein wieder anzufangen, sich nicht zu viel auf einmal vorzunehmen. Es ist doch schon ein toller Anfang, wenn du ab und an Kerzen anzündest und dich in eine Decke kuschelst. Versuch diese Momente zu genießen, voll in ihnen zu sein. Dann geht es einem meist gleich shcon viel besser und hin und wieder reicht dann auch die Kraft für mehr

Wenn dich das Kochen überfordert, fang doch auch hier klein an mit einfachen Sachen. Bratkartoffeln z.B. sind lecker, einfach und schnell gemacht. Selbiges gilt für Gemüsesuppen (Tomate, Paprika, Gurke). Überfordere dich nicht gleich am Anfang mit gefühlten zig Millionen Zutaten, machs dir einfach aber lecker - davon gibts ne Menge Rezepte. Und iwann kommt der Spaß am Kochen vielleicht wieder und du traust dir mehr zu.

[icingsugar80]

hallo anna,
das was du beschreibst, kenne ich natürlich auch sehr gut.
bringt die erkrankung halt so mit sich, nicht wahr?
wie auch immer...
du hast geschrieben, dass du momentan krankfeierst...das heisst, du stehst in lohn und brot?
ansonsten hätte ich dir nämlich vorgeschlagen,dass du dich um eine häusliche betreuung(betreutes wohnen) bemühst.
hatte ich ca 3 jahre und ich fand es sehr hilfreich, einen profi an der hand zu haben und nicht immer meine mutter anrufen zu müssen, wenns brennt. is ja auch irgendwann mal schicht im schacht.

tja, leider müsstest du die betreuung dann wohl selbstfinanzieren , wenn du genügend kohle hast.
und das kann echt teuer werden! leider...
naja, vielleicht gibt es ja bei dir in der stadt ein sozialpsychiatrisches zentrum, zu dem du mal gehen kannst?
was für hobbies hast du denn???
naja, ich stricke halt wie ne irre.
das mach ich dann mal häufiger mit ner freundin aus der klinik.
wie sieht es aus mit nachbarn?
meine wissen mittlerweile alle, dass ich krank bin. die müssen ja immer die mülleimer rausstellen, wenn ich in der klinik bin.
naja, und die haben mir auch angeboten zu klingeln, falls ich reden möchte.
ich kann dir halt nur raten, offensiv mit der erkrankung umzugehen...das hilft enorm bei den sozialkontakten.
lg,
y.

[2801]

Hallo Ihr Lieben,

es tut gut einige Anregungen zu bekommen. Das mit dem Stricken habe ich zum Beispiel total verdrängt, mein Zeug liegt seit längerem unberührt in der Ecke. Kann zwar nur 1 links 1 rechts, aber mit der richtigen Wolle ...

Wenn ich Tagebuch schreibe und versuche meine Gefühle zu formulieren, kommen viele Gefühle hoch, die mich noch mehr runterziehen. Dann geht es mir noch schlechter, ich komme dann gar nicht mehr klar. Das meine ich damit, daß das schwer auszuhalten ist. Bin glaube ich ein Weltmeister im Gefühle deckeln. Ich kann mich da nicht mit auseinandersetzen. Dann habe ich den Eindruck, daß alles noch schlimmer wird ehrlich gesagt.

Am Samstag war meine Mutter hier, lieb, hat mir ein paar gute Sachen mitgebracht, gewischt (dringend notwendig) und ist mit mir einkaufen gefahren. Trotzdem hatte ich im Supermarkt eine Panikattacke. Aber eben nicht alleine. Morgen habe ich einen Termin beim sozialpsychiatrischen Dienst, mal schauen, ob die noch Anregungen für mich haben, wie ich Hilfe bekommen kann. Finanziell kann ich selber nichts reißen, da ich wegen der Krankheit so schon meine Stunden reduziert hatte reicht das jetzt gerade so für alles Laufende. Mehr ist nicht drin. Leider.

Mittwoch habe ich dann einen Termin bei meinem Psychiater. Ich denke, wir werden über einen Aufenthalt in einer Tagesklinik verhandeln. So wie es jetzt ist, kann es auch nicht weitergehen. Bin alleine zuhause, kann mir selber nichts gutes tun und mich pflegen, kriege nichts auf die Reihe. Und ich finde einfach keinen Therapeuten.

Soweit erstmal, danke an euch und noch einen schönen Nachmittag!

Liebe Grüße
Anna_J