Angst vorm Sterben

steppenwolf1

Angst vorm Sterben

Beitrag von steppenwolf1 »

Hallo liebe Forengemeinde,

seit mittlerweile Ewigkeiten plage ich mich mit Gedanken an Tod und Sterben und mit damit verbunden Ängsten und Panikattacken herum. Ich würde diese Gedanken gerne ausschalten, aber das gelingt mir nicht. Sie kommen ständig wieder und je mehr ich dagegen ankämpfe, desto stärker kommen sie und sind präsenter. Das macht Thema macht mir Angst.
Es ist genau genommen die Angst vorm Sterben, die mich den ganzen Tag zu höchster Anspannung bringt. Kann mich auf nichts anderes konzentrieren.
Da ich die Gedanken nicht abwimmeln kann, denke ich, muss es eine andere Strategie geben, diese zu neutralisieren. Es müsste so sein, dass ich keine Angst mehr vorm Sterben habe, dass ich den Tod nicht mehr als etwas Schlimmes empfinde. Weder den Tod von Angehörigen noch meinen eigenen.
Meine erste Frage ist: Kennt das jemand ? Und wenn ja, hat es jemand geschafft, die Angst zu verlieren ? Wenn ja, wie ?
Eine anderer Herangehensweise hat meine Therapeutin. Sie geht von Schuldgefühlen aus, die mich zur Selbstbestrafung zwingen. Wie kann ich diesen elendigen Kreislauf durchbrechen ? Ich kann bald nicht mehr.

Danke und viele Grüße,
wölfin
Cinderella-OL
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Registriert: 8. Aug 2009, 22:57

Re: Umgang mit dem Tod

Beitrag von Cinderella-OL »

Hallo,

bei mir sind die Ängste zum Thema Sterben und Tod erst durch die Geburt meiner Tochter aufgekommen - so komisch das auch klingen mag! Ich habe also seit 2 1/2 Jahren Angst, dass mir etwas zustoßen könnte und ich dann nicht mehr für sie da sein könnte. Seit sie auf der Welt ist, schreibe ich ihr ein Tagebuch, mit vielen Photos, Erinnerungen, wann sie was gelernt hat, wie sehr ich sie liebe,... - damit sie jedenfalls etwas von mir hat (wenn ich jetzt sterben würde, dann könnte sie sich nichtmal später an mich erinnern). Leider geht es mir ähnlich wie Dir und ich finde auch keine Lösung, diesen Gedankenkreis zu durchbrechen. Es ist auch nicht so, dass ich IMMER daran denke, aber immerhin oft. Und dann überrollt mich diese Angst fast.

Somit bin auch ich dankbar über Eure Meinungen zum Thema!

Liebste Grüße!
Wir sind auf dieser Welt Engel mit nur einem Flügel - um fliegen zu können müssen wir uns die Hände reichen!
Nalia
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Re: Umgang mit dem Tod

Beitrag von Nalia »

Hallo zusammen,

die Ängste die ihr beschreibt hatte ich auch jahrelang und äußerten sich bei mir in übelsten Panikattacken die ich nur mit Medikamenten in den Griff bekam. Ich habe dann aber angefangen darüber nachzudenken was mich so ängstigte und bei mir war es die Angst, es könne mit dem Tod alles vorbei sein und dass man möglicherweise mit dem Tod alles verlieren würde. Durch den Denkanstoß einer guten Freundin bin ich aber darauf gekommen dass nichts, was es hier auf der Erde gibt, verschwindet sondern sich nur verwandelt und das hat mir den Mut gegeben den Tod aus einer anderen Sicht zu sehen, nämlich nicht als eine Vernichtung sondern als eine Veränderung und warum sollte die nicht eine Veränderung zum Guten hin sein? Ich habe noch keine konkrete Vorstellung wie diese Veränderung im Einzelnen aussehen könnte aber alleine die Vorstellung dass sie gut sein muss macht mir Mut den Tod anders zu bewerten. Ich bin da immer noch auf einem Weg von dem ich nicht weiß wohin er mich letztlich führt aber seitdem ich den Tod und das Sterben anders bewerten kann sind meine Ängste sehr viel weniger geworden. Klar, mich überkommen auch manchmal Zweifel ob das, was ich mir so denke, der Realität entspricht (man kann es ja leider nicht nachprüfen) aber ich bin da -wie gesagt- auch noch auf dem Weg.
Ich hoffe, ich konnte euch ein bißchen Mut machen.

Gruß, Nalia




In der Mitte der Nacht beginnt der neue Tag.
freebird
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Registriert: 15. Dez 2003, 13:58

Re: Umgang mit dem Tod

Beitrag von freebird »

Lieber Steppenwolf,

ich kenne auch den einen oder anderen der Angst vor Sterben und Tod hat. Allerdings gehöre ich nicht dazu. Erst einmal ist es eines der vielen Symptome von Angsterkrankungen und somit nichts verrücktes, dass nur zu Beruhigung.

Meine Fragen an dich wären:

1) Gibt es jedes Mal, wenn eine Angstattake in dieser Richtung kommt einen Auslöser?

2) Hat du einen realen Grund derartige Ängste zu haben, weil du vielleicht eine unheilbare Krankheit (außer der Depression) hast?

Ich frage nur, um dir ein paar Denkanstöße zu geben und dem ganzen ein wenig mit dir zusammen auf den Grund zu gehen.

Viele liebe Grüße
Corinna
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Frage nicht danach, warum du lebst. Akzeptiere einfach, dass du existierst.
Anne Blume
Moderator
Beiträge: 1677
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Re: Umgang mit dem Tod

Beitrag von Anne Blume »

Hallo Wölfin,
ich finde den Titel Ihres Threads für unser Forum äußerst grenzwertig. Könnten Sie den bitte nochmal umformulieren?

Danke,
Anne Blume
steppenwolf1

Re: Angst vorm Sterben

Beitrag von steppenwolf1 »

Hallo,

vielen Dank für Eure Antworten.

@Cinderella

ich versuche mir zu sagen, dass alles seinen Sinn hat. Und hätte, wenn ich jetzt sterben würde. Aber so richtig hat das auch noch nicht geholfen. Aber ich drück uns mal die Daumen, dass wir auch wieder bessere Zeiten erleben werden !

@Nalia

danke auch für Deine Sichtweise. Manchmal denke ich, wie gut die Leute es haben, die gläubig sind. Die können sich durch Ihren Glauben wieder aufrichten. Das geht bei mir nicht. Bzw. glaube ich wirklich daran, dass ich mit dem Tod aufhöre zu existieren.
Ja, man muss irgendwie zu einer anderen Bewertung des Todes kommen.

@corinna

Auslöser für die Ängste und Panikattacken kann ich meist nicht ausmachen. Die kommen aus heiterem Himmel (die PAs). Aber auffallend ist, dass die Ängste (die so schon da sind) schlimmer werden bei Stress oder wenn ich unter Druck gerate.
Ich habe keinen realen Grund diese Ängste zu haben. Bin "nur" psychisch krank. Aber als die Ängste angefangen haben, habe ich mich vor meinen eigenen Suizidversuchen erschrocken.

@Anne Blume

entschuldigung.

Viele Grüße, wölfin
freebird
Beiträge: 1137
Registriert: 15. Dez 2003, 13:58

Re: Angst vorm Sterben

Beitrag von freebird »

Hallo Wölfin,

es gibt also keinen realen Grund für deine Ängste. Verstehe.

Wie wäre es, wenn du es mit einer Realitätsüberprüfung versuchst.

Also, z.B. dir vor Augen führst, dass da nichts sein kann, was dich umbringt.
Es stürzt nicht der Himmel ein und begräbt dich unter sich.
Kein Stein fällt aus der Decke und erschlägt dich.
Niemand lauert hinter der nächsten Ecke, um dir den Garaus zu machen.
Auch fällst du nicht aus heiterem Himmel einfach tot um, weil du ansonsten gern gesund bist.

Also sind deine Ängste irreal und können dir nichts anhaben.

Allerdings solltest du, wenn du so suizidal bist, (du schreibst über mehrere S-Versuche), dieses dringend mit deinem Arzt und Therapeuten besprechen.
Das ist ein Thema, was uns hier im Forum mächtig überfordern würde.

Ich hoffe ich konnte dir mit meinen Tipps ein wenig auf die Sprünge helfen.

Und bitte rede in deiner Thera über deine Ängste, wegen der S-Versuche.

Viele Grüße
Corinna
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otterchen
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Re: Angst vorm Sterben

Beitrag von otterchen »

Hallo liebe Wölfin,

ich denke gerade: wieso hat sie Angst vorm Sterben? Heißt das nicht eigentlich, dass sie wirklich leben will?

Und vielleicht noch irgendwas machen möchte, bevor sie irgendwann (hoffentlich im hohen Alter) wirklich stirbt?
Was wäre das? Was will noch gelebt werden?

mein gelerntes Sammelsurium: https://otterchenblog.wordpress.com/
Clown
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Re: Angst vorm Sterben

Beitrag von Clown »

Hallo Wölfin,

was müsste denn erfüllt sein, damit deine Angst sich auflöst? Ich meine, unter welchen Bedingungen hättest du keine Angst?

Kannst du schlafen?

Grüße,

Clown
"Realize deeply that the present moment is all you ever have. Make the Now the primary focus of your life."
Eckhart Tolle
ben1
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Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Angst vorm Sterben

Beitrag von ben1 »

Hallo @ all

ich denke, die Angst vor dem Tod (oder besser - die Beschäftigung mit der eigenen Endlichkeit) ist kein Zeichen von Krankheit, sondern von Gesundheit - von Bewußtheit. So muss ich auch Corinna ein klein wenig wiedersprechen - denn auch wenn es keine "Objektiven" Gefahren (wie lebensbeedrohliche Krankheiten o.ä.) gibt, können wir uns doch nie völlig sicher sein, dass nicht schon in ein paar Monaten/Wochen/Tagen/Stunden alles anders sein könnte. Diese Ungewissheit ist der Preis des Lebens. Natürlich kann ich alles in meiner Macht stehende tun, um für mich zu sorgen (von der gesunden Ernährung über Bewegung bis hin zu gut für sich sorgen, Auszeiten nehmen usw. usf.) und dennoch bleibt ein unkallkulierbarer Rest, den wir instinktiv wahrnehmen - denn auch der tägliche Besuch beim Arzt, der uns bestätigt, das alles in Ordnung ist, ist eine Momentaufnahme, und kann uns nicht auf Dauer beruhigen.
Es gibt, wie immer, verschiedene Arten, auf diesen quälenden Aspekt unseres Menschseins zu reagieren. Ich kann ihn negieren (viele Menschen leben so, als gäbe es den (eigenen) Tod überhaupt nicht), ich kann die Frage verdrängen (und mich in andere Aktivitäten stürzen) oder ich kann (und das finde ich die reifste und gleichzeitig schwierigste Lösung) mein eigenes "nur Menschsein" akzeptieren. Was bedeutet das konkret? Ich kann mich damit auseinandersetzen, was ich dazu tun kann, ein möglichst langes Leben zu haben und kann gleichzeitig meine Grenzen akzeptieren (und damit auch den Bereich, den ich nicht beeinflussen kann, für den ich dann aber auch nicht die Verantwortung übernehmen brauche!). Was zur Auseinandersetzung auch gehören kann und unser Leben in positivster Weise beeinflussen kann, ist der Wert des "jetzt". Ich lebe hier und heute (das ist erst mal Fakt) und diesen Augenblick oder Tag kann ich auch gestalten und das ist auch meine Aufgabe! Da ich aber auch nicht ausschließen kann, in 20 Jahren noch zu leben, sollte ich mein Leben auch heute so gestalten, das das möglich wäre (also keine "carpe-diem-exzesse" )

Achtung: Jetzt wirds ein wenig Spirituell

Zur Auseinandersetzung kann auch gehören, mein Selbstbild zu erweitern und mich nicht nur als kleines, abgetrenntes Stück Leben begreifen, sondern als Repräsentant des Lebens "an sich" (das ist für unser Ego ein harter Schritt).

Ein Bild zu dieser Überlegung - stell Dir eine Herde von Schneemännern (Egos) vor. Alle wissen, das sie früher oder später schmelzen werden. Manche suchen verzweifelt den Schatten, manche kaufen sich Ventilatoren, andere gehen nicht mehr aus ihrem Iglu. Was diese Schneemänner fürchten, ist das Ende der Gestalt, die sie gerade angenommen haben. Und manche erkenne, das sie immer nur Wasser waren und sein werden - egal in welcher Gestalt.

Eine Ahnung von dem, was ich mit dem Bild meine, kann man z.B. durch Meditation erhalten. Wenn alle Formen wegfallen, kann ich mich auch (um im Bild zu bleiben) als "Wasser" erfahren und dabei erkennen, das dieser Zustand eine Art von Unsterblichkeit (nicht für den Schneemann, wohl aber für das Wasser) ist. Alle Religionen sprechen mehr oder weniger (in weit fundierterer Form) von diesem Phänomen - aber auch die Erkenntnisse der Quantenphysik könnten in diese Richtung gedeutet werden ...

Vielleicht am Thema vorbei, vielleicht aber auch nicht ...

Ben
maggy
Beiträge: 1150
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Angst vorm Sterben

Beitrag von maggy »

Hallo Wölfin,

oh, ja, diese Angst hat mich Jahre lang begleitet.
Vor mehr als 10 Jahren bekam ich dann Kontakt zu Wolf Büntig und seinem Vortrag:
"Angst vor dem Sterben - Angst vor dem Leben".
Ich habe ihn immer wieder und wieder gehört und
irgendwann waren für mich Leben und Sterben "gleich-gültig".
Ich weiß nicht, ob es den Vortrag so noch irgendwo gibt, aber wenn ich mal suche und ihn finde, kann ich ihn Dir gerne schicken.

Lieber Ben,
immer zur richtigen Zeit am richtigen Ort

Liebe Frau Blume,
dieses Thema ist in einem Depressionsforum nicht grenzwertig, es ist ein Thema, das für
viele Depressionsauslöser ist; denn seit unserer Geburt sind wir auf dem Weg zum Sterben und wer keine Möglichkeit hat sich damit auseinanderzusetzen, der kommt auch nicht ins Leben.

Alles Liebe
von
Maggy
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Depression ist die Fähigkeit mit tiefster Gefühlsbereitschaft auf Konflikte zu reagieren
Ichbinich
Beiträge: 106
Registriert: 30. Jan 2007, 09:19

Re: Angst vorm Sterben

Beitrag von Ichbinich »

@Frau Blume,
ich schließe mich meiner Vorrednerin an und finde auch, daß das Thema der Diskussion absolut nicht "grenzwertig" ist.
Die Auseinandersetzung damit, ist Teil des Lebens, Teil einer Depression und für viele Angstauslöser Nummer 1 !!!!
(Auch über viele Jahre für mich)

@Ben,
ich finde toll, was du geschrieben hast. Ganz besonders das Beispiel mit den Schneemännern/Wasser finde ich gut veranschaulicht.
Ich habe Zeit meines Lebens fest daran geglaubt, daß es nach dem Tod nichts mehr geben wird. War überzeugt davon!
Nach den Dingen, die in meiner Familie passiert sind, stehe ich vollkommen anders dazu.
Ich habe vor einiger Zeit auch gedacht: "Könnte ich nur gläubig sein"! Ich bin nicht gläubig im Sinne einer Religion, aber ich glaube fest daran, was Ben geschrieben hat. Wir verändern nur unsere "Hülle". Ich möchte aber hier nicht weiter davon sprechen, das würde vom Thema abweichen.
LG Littlekat
otterchen
Beiträge: 5118
Registriert: 3. Jan 2007, 10:43

Re: Angst vorm Sterben

Beitrag von otterchen »

@ Littlekat & Maggi:

nicht das Thema ist grenzwertig, sondern der Titel WAR es. Die Betreffzeile wurde mittlerweile geändert.

(jaaaa, ich bin nicht Frau Blume, aber nachher entstehen deswegen Diskussionen, eigentlich für "nichts")
mein gelerntes Sammelsurium: https://otterchenblog.wordpress.com/
Wycombe1
Beiträge: 278
Registriert: 7. Dez 2006, 15:22

Re: Angst vorm Sterben

Beitrag von Wycombe1 »

Liebe Wölfin,
das thema hatten wir ja schon mal und es macht mich traurig zu lesen das es dir immer noch nicht besser geht.

wie du weisst, hatte ich auch schwere angst- und panikattacken und ja, oft, sehr oft eine absolut reelle angst vorm sterben....

man kann dies leider nicht einfach abschalten, sondern es ist ein lernprozess, der einen oft erstmal wieder zurückwirft aber dann langsam aber stetig nach vorn bringt.

ich kann dir nur erneut nahe legen eine verhaltenstherapie zu machen - diese greift bei angst und panik am besten. dort lernst du die gedanken zuzulassen, zu gucken was passiert wenn ich mir jetzt "erlaube" zuende zu denken das ich sterbe und dich damit auseinanderzusetzen. du lernst umzudenken, deine inneren stoppschilder hochzufahren, das negative kopfkino in ein positives oder immerhin neutrales kopfkino "umzulenken".

mir hat es sehr geholfen die angst zuzulassen, das ging allerdings nicht von heute auf morgen... eins meiner symptome war ja, die angst zu erblinden... wenn ich daran nur dachte bin ich fast ausgeflippt vor angst und habe mich nur noch damit beschäftigt. meine thera hat mich "gezwungen" mich mit dem gedanken bis zum ende zu beschäftigen, zu gucken was dahinter steht usw. usf..... irgendwann gings, ich konnte es mir "angucken" und toitoitoi habe ich meine erkrankung in den griff bekommen.

wie du merkst wird es von allein nicht besser, eher schlimmer, irgendwann verschieben sich die symptome und du kommst aus dem teufelskreis nicht raus!

kümmere dich, mach ne therapie!!!

alles gute! und geh mal zum forum von www.angst-und-panik.de

VG
Wycombe1
Ich weiß freilich nicht, ob es besser wird, wenn es anders wird.

Aber soviel weiß ich sehr wohl, es muß anders werden,

wenn es besser werden soll.



(G. C. Lichtenberg)
Regenwolke
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Re: Angst vorm Sterben

Beitrag von Regenwolke »

Liebe Wölfin,

ich habe auch schwere Ängste, ich mag sie nicht konkret benennen, aber es geht in eine ähnliche Richtung, ist existentielle Angst. Bei mir ist es auch in Phasen von Stress und Druck am schlimmsten, dann hört es gar nicht mehr auf.

Ich möchte Corinna widersprechen, meine Erfahrung ist, dass Realitätsüberprüfung dagegen überhaupt nicht hilft. Mir kannn glasklar sein, dass da völlig unrealistische Gedanken ablaufen, ich kann andere dagegen setzen, es ändert absolut nichts, bleibt ganz abgetrennt von der Angst.

Was mir hilft, aber wahnsinnig schwer ist, ist Vertrauen. Wenn ich mir vorstelle, dass ich aufgehoben bin in dieser Welt, dass ich einen unsterblichen, unverletzlichen Kern habe, dem nichts passieren kann, egal, was mir im Leben zustößt, dann hilft das, es trägt mich durch die Angst hindurch. Eigentlich sind es fast religiöse Gedanken, auch zum Beispiel der Gedanke, dass ich wie ein kleiner Stern am Himmel bin, neben vielen anderen kleinen Sternen, die entstehen und vergehen und sich mit der Welt wandeln, die ein Teil einer kosmischen Ordnung sind, diese Vorstellung kann mich beruhigen und mir ein Gefühl geben von "alles ist gut" (dieses Gefühl ist das beste Mittel gegen die Angst).

In der Angst sind diese Vorstellungen natürlich weit weg, aber es hilft trotzdem, sie mir ab zu zu vergegenwärtigen. Weiss nicht, ob Du mit sowas etwas anfangen kannst?

LG, Wolke
freebird
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Re: Angst vorm Sterben

Beitrag von freebird »

Liebe Wolke,

zum Glück gibt es immer unterschiedliche Wege zum Ziel und kein Patentrezept. Es führen viele Wege nach Rom und jeder muss seinen eigenen finden.

Dir hilft Vertrauen, das ist in Ordnung und d(ein) Weg.

Mir hilft die Realitätsüberprüfung, die ich in der Verhaltenstherapie bis zum Erbrechen gelernt habe (:hello: Vorposterin). Das ist ein anderer Weg und führt genauso zum Ziel.

Wenn wir hier einander immer wiedersprechen, dann veranstalten (wenn auch unbewußt) ein Wettrennen um ein Patentrezept, was es nun einmal nicht gibt.

Viele Grüße
Corinna
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Regenwolke
Beiträge: 2214
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Re: Angst vorm Sterben

Beitrag von Regenwolke »

Liebe Corinna,

nein, ich möchte natürlich kein Wettrennen veranstalten - jeder muss herausfinden, was für ihn da ein guter Weg ist.

LG, Wolke


EDIT:

Ich habe jetzt noch ein bißchen darüber nachgedacht, warum ich auf Dein Posting etwas "angesprungen" bin. Wölfin schrieb ja, dass es keinen konkreten Auslöser für die Ängste gibt, was aber m. E. nicht bedeutet, dass die Ängste unrealistisch sind. Die Angst vor dem Sterben gehört zum Menschsein, und es ist eine Tatsache, dass es uns jederzeit treffen kann, auch wenn es nicht sehr wahrscheinlich ist.

Mein Empfinden ist, dass hinter Wölfins Angst die Angst vor dem Kontrollverlust steht (zumindest ist es bei meinen Ängsten so, und ich hatte das Gefühl, es könnte etwas ähnliches sein). Das Leben bringt aber mit sich, dass wir nicht alles kontrollieren können, uns kann eben etwas zustoßen und wir werden alle einmal sterben. Wir müssen also damit leben, dass es Dinge gibt, die wir nicht steuern können, und ich glaube, dass wir umso besser damit leben können, wenn wir uns aufgehoben in der Welt fühlen und Vertrauen ins Leben entwickeln können. Dabei kann meiner Erfahrung nach auch der Glaube oder die Vorstellung eines eigenen unzerstörbaren Kerns helfen.
steppenwolf1

Re: Angst vorm Sterben

Beitrag von steppenwolf1 »

Hallo zusammen,

vielen Dank für Eure zahlreichen Beiträge !!

Suizidgedanken habe ich nur, wenn die Ängste wieder unaushaltbar erscheinen. Das komische ist, dass wenn ich in Bewegung bin (spazieren gehe o.ä. dann fühle ich mich shcon fast wieder gesund. Nur kann ich nicht den ganzen Tag vor mir weglaufen

Ja, es heisst, dass ich leben will. Aber was genau noch gelebt werden will, kann ich nicht sagen. Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Möchte gerne ein normales Leben führen, einen Job haben, meine Freizeit geniessen, Freunde .... Das alles habe ich aufgrund meiner Erkrankung nie wirklich gehabt. Derzeit bin ich in einer beruflichen Reha, hab aber auch schon überlegt abzubrechen (wegen der Ängste).

Tja, unter welchen Bedingungen hätte ich keine Angst ... hm, ich denke, wenn ich den Tod als harmlos einstufen kann. Schlafen kann ich nicht so richtig.

Ben, so weit am Thema vorbei bist Du nicht. Ich muss lernen, die Endlichkeit zu akzeptieren und den Tod anders bewerten, als ich es jetzt noch tue. Ich meditiere schon seit einiger Zeit und es tut mir auch gut, wenn ich mich nur auf meinen Atem konzentriere oder meine Gefühle nur beobachte (einschließlich der Angst).Sie nimmt dann ab.

Liebe Maggy, ja, der Vortrag interessiert mich. Das ist sehr nett, wenn Du ihn mir schicken könntest (vorrausgesetzt Du findest ihn ) Danke.

Hallo Wycombe. Ich habe schon von meiner KK erfahren, dass ich einen Methodenwechsel machen kann. Auf Angst und Panik.de war ich schon. Habe hier aber für mich bessere Antworten bekommen.

Hallo Wolke, ja vllt. ist es auch der Kontrollverlust. Meine Gedanken gehen immer in die Richtung, dass ich mir regelrecht vorstelle, wie das Licht ausgeht. Das ruft Angst und Panik hervor. Das Wegschieben der Gedanken funktioniert nicht, also gibt es nur einen Weg dadurch. Wie kann ich Vertrauen in mich und die Welt entwickeln ? Vom Verstand her, ist es mir klar, dass es Dinge gibt, über die wir keine Kontrolle haben.

Danke nochmal für die vielen Antworten.

wölfin
freebird
Beiträge: 1137
Registriert: 15. Dez 2003, 13:58

Re: Angst vorm Sterben

Beitrag von freebird »

Liebe Wölfin,

Du schreibst:
"Ja, es heisst, dass ich leben will. Aber was genau noch gelebt werden will, kann ich nicht sagen. Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Möchte gerne ein normales Leben führen, einen Job haben, meine Freizeit geniessen, Freunde .... Das alles habe ich aufgrund meiner Erkrankung nie wirklich gehabt. Derzeit bin ich in einer beruflichen Reha, hab aber auch schon überlegt abzubrechen (wegen der Ängste)."


Ich kenne dieses Gefühl der Sehnsucht, ein ganz normales Leben zu führen.

Ich wünsche mir dann immer nicht an Depressionen erkrankt zu sein, keine Medikamente einnehmen zu müssen und zu meiner Thera tapern zu müssen. In diesen Zeiten ist`s mir dann auch zum Heulen. Eine solche Phase hatte ich gerade mal wieder vor 3 Monaten.

Ich weiß nicht warum, vielleicht kommt es durch meine langjährige Therapieerfahrung, oder ich bin halt so gepolt, das sich dann immer mein kluges, mein weises ICH einschaltet und mir gut zu redet, den Arzt aufzusuchen, wenn mich wieder so trübe Gedanken befallen.

Der Gang ist schwer, die Beine wie Blei und die Angst, dass die Männer mit der "Zwangsjacke" kommen (die es im übrigen nicht mehr gibt, ergo VERBOTEN).

Hinterher bin ich dann froh, zu meinem Doc gegangen zu sein, denn er ist mir wirklich eine große Hilfe und mit diesen dunklen Gedanken belaste ich dann auch noch meinen Mann (mein Engel ), auch wenn er immer Verständnis hat, aber das überfordert ihn einfach.

Irgendwann, das hat mich meine langjährie Erfahrung gelehrt und die ständige Auseinandersetzung mit dem Thema "Depression" (besuche Infotagungen, lese viel darüber und frage meinem Doc ständig löcher in den Bauch), dass am Ende doch von irgendwo wieder ein Lichtlein her kommt (um dieses ausgelatschte Sprichwort zu benutzen) und dann ist es wieder möglich, lebendig zu sein.

Liebe Wölfin, was ist ein normales Leben.

Nur keine Depressionen zu haben und keine Medikamente nehmen zu müssen, ständig der Pausenclown zu sein und Frohsinn zu versprühen, Arbeiten können wie ein Pferd und unangreifbar zu sein?

Alles das habe ich mich auch mal gefragt und irgendwann habe ich erkannt, dass es keinen Maßstab, kein Eichmaß für Leben gibt.

Da gibt es Menschen, die leiden an Diabetes und müssen ihr Leben lang Insulin spritzen, mit allen Nebenwirkungen. Müssen auf vieles Verzichten, was für andere selbstverständlich ist. Führen die etwa kein normales Leben?
Dann gibt es Rheumatiker (zu denen gehöre auch leider ich). Ich muss drei verschiedene Medis dagegen nehmen und jedes für sich ist der Hammer. Ich bin aber weitesgehend schmerzfrei. Auch wenn ich meine geliebte Sportart Trakking nicht mehr machen kann, habe ich doch andere Sportarten gefunden, die mir ebenso viel Freude machen.
Nur weil ich starke Medikamente nehme, immer mal wieder einen Rheumaschub mit Schmerzen bekomme und eben nicht mehr Extremsport in den höchsten Bergen betreiben kann, führe ich kein normales Leben.

Die Menschen, die uns so normal erscheinen, haben auch ihr Päckchen zu tragen. Vielleicht müssen sie sich mit einer Scheidung abplagen, oder drohen ihren Job zu verlieren etc und wir nichts davon wissen. Führen die wirklich ein normales Leben.

Diese Auseinandersetzung, mit Hilfe meiner super Thera, hat mir sehr geholfen.

Ich schreibe hier nur von meinen persönlichen Erfahrungen. Es ist nicht der Königsweg, kein Patentrezept, sondern nur meine Möglichkeit mit diesen Gefühlen umzugehen.

Ich erwähne das nur, damit ich nicht wieder die Keule bekomme

Liebe Grüße
Corinna
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Regenwolke
Beiträge: 2214
Registriert: 15. Apr 2006, 12:46

Re: Angst vorm Sterben

Beitrag von Regenwolke »

>Wie kann ich Vertrauen in mich und die Welt entwickeln ? Vom Verstand her, ist es mir klar, dass es Dinge gibt, über die wir keine Kontrolle haben.

Tja, das ist natürlich genau der Punkt, mit der ich auch herum kämpfe. Mir fällt dieses grundlegende Vertrauen in mich und vor allem ins Leben sehr schwer, aber es gibt so ein Gefühl von innerem Frieden, eben das, was ich oben als "es ist alles in Ordnung"-Gefühl beschrieben habe, das ganz gegensätzlich zu meiner Angst ist.

Wenn ich akute Panik habe, kann ich zu diesem Gefühl so gut wie keine Verbindung schaffen, dann ist das wie abgeschnitten und das einzige, was irgendwie Halt bieten kann, ist, mich auf meine Umgebung zu konzentrieren: Was sehe ich, was spüre ich, was höre ich, etc. Wenn eine vertraute Person da ist, ist es dann gut, wenn sie mich anfasst oder einfach ruhig mit mir spricht.
Außerhalb von akuter Panik, z. B. bei leichterer Angst kann ich versuchen, zu dem "es ist alles in Ordnung"- Gefühl eine Verbindung zu schaffen, das geht dann ganz gut über Imaginationen, die ich in der Therapie erarbeitet habe, aber auch über solche Sachen, wie z. B. einen Fluss oder den Sternenhimmel betrachten, irgendwie stimmt mich das dann versöhnlich, relativiert meine Ängste. Musik ist auch ein gutes Mittel.

Das sind halt sehr persönliche Mittel, und sie sind klein, sie schaffen nicht "das große Vertrauen", sondern nur kleine Haltepunkte und nur manchmal - aber immerhin.


@Corinna, ich hoffe doch nicht, dass Du das Gefühl hattest, ich wäre mit der Keule gekommen??


LG, Wolke
freebird
Beiträge: 1137
Registriert: 15. Dez 2003, 13:58

Re: Angst vorm Sterben

Beitrag von freebird »

Liebe Wolke,

nee, nee ... du überhaupt nicht. Hab nur gerade in einem anderen Thread kräftig einen auf die Hörner bekommen.

Ich finde es gut das du nachfragst. Nee du hast mir nix getan

Lieben Gruß
Corinna
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Regenwolke
Beiträge: 2214
Registriert: 15. Apr 2006, 12:46

Re: Angst vorm Sterben

Beitrag von Regenwolke »

Gut, da bin ich erleichtert
uli2705
Beiträge: 179
Registriert: 12. Aug 2007, 19:20

Re: Angst vorm Sterben

Beitrag von uli2705 »

Ups,

mußte gerade feststellen, das dieses Posting doppelt ist.

Ikarus
uli2705
Beiträge: 179
Registriert: 12. Aug 2007, 19:20

Re: Angst vorm Sterben

Beitrag von uli2705 »

Hallo wölfin, hallo cinderella,

für hört sich das nach ganz starken Schuldkomplexen an, die ihr wohl beide noch sehr stark fest haltet. Aber bewußt ist euch das natürlich nicht.

Zumindest Cinderella scheint schon irgendwie ihr Ableben vorzubereiten.

"Die anderen dürfen sich erfreuen, aber mir reicht der Krume, der übrig bleibt.!

Könnt Ihr euch damit identifizieren?

Ich selbst bin auch sehr stark von dieser Problematik betroffen. Aber auch gerade dabei, mich daraus zu lösen.
Daher weiß ich auch, wie stark und tief man (und auch viele Forianer) an einem zugefügten Schuldkomplex festhalten kann.

Mehr, als man vielleicht bereit ist, zu glauben oder zulassen zu können. In meinen Augen ein Kernproblem unserer Beschwerden. Auch eine Dimension, die bewußt kaum überschaubar und abzusehen ist.


Gruß
Ikarus
steppenwolf1

Re: Angst vorm Sterben

Beitrag von steppenwolf1 »

Hallo corinna, hallo wolke, ikarus,

ich wünsche uns, dass wir diese Gedanken überwinden und gestärkt wieder dem Leben zuwenden können. Leider sind diese zwanghaften Gedanken sehr hinderlich und bedrohlich.

Ikarus, woraus liest Du die Schuld ? Meine Therapeutin sagte so etwas ähnliches, aber ich weiß nicht so richtig in welche Richtung das geht ?

Danke und ein gutes Wochenende wünsch.

wölfin
Antworten