Loslassen

cybolon
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Loslassen

Beitrag von cybolon »

Hallo miteinander,

es ist manchmal schon richtig schön, wenn ich merke, dass ich das hier gelernte auch umsetzen kann.

Negative Gedanken zulassen, annehmen, verarbeiten (innerer Dialog), loslassen.

Bei den ersten Punkten kann ich schon konkrete Fortschritte erkennen: Das zulassen der Gedanken macht mich zwar traurig, das Annehmen gibt mir inzwischen schon (manchmal) das Gefühl, dass ich es nicht mehr mit "ungewollten" Gedanken zu tun habe. Die Verarbeitung ist noch etwas holprig. Oft drifte ich in unrealistische Lösungswege ab.
Deshalb habe ich mir jetzt angewöhnt, den inneren Dialog schriftlich zu führen. Der "innere Horst" schreibt in der linken Spalte, der "bewusste Horst" in der rechten. Tonfall: Möglichst liebevoll. Deshalb bin ich doch nicht schitzo, oder? Jedenfalls glaube ich, dadurch mehr Logik in die Auseinandersetzung mit mir selbst bringen zu können. Beim Lesen von Beiträgen Anderer hier habe ich oft gemerkt, dass ich zwar viel Fantasie - aber wenig Logik besitze. Deshalb schaue ich mir hier vieles ab und hoffe, damit voranzukommen.

Ist das ein richtiger Weg?

Aber selbst wenn ich das Gefühl habe, einen negativen Gedanken reichlich bearbeitet zu haben, hört er nicht auf, zu kreisen.

Das LOSLASSEN, wie macht man das?

Auf Eure Beispiele und Vorschläge freut sich
der
cybolon
leolamm
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Re: Loslassen

Beitrag von leolamm »

Hallo Cybolon,

wenn ich mir über Dinge klarer werden will, mache ich das auch sehr oft schriftlich, und die unterschiedlichen "Leos" existieren auch. Ich sehe sie als Teile meiner Persönlichkeit an. Als schizoid würde ich das nicht bezeichnen. Einfach als Hilfe, Teile, die ich sonst vielleicht unterdrücken würde, auch zu Wort kommen zu lassen. Einzige Bedingung: ein Teil darf nicht die komplette Oberhand gewinnen.

Das Schriftliche nutze ich auch, wenn ich schwierige Entscheidungen treffen will. Dann kann ich mir besser über Vor- und Nachteile klar werden.

Wie Du aber negative Gedanken loslassen kannst, bin ich mir auch nicht sicher. Evtl. alles so gut Du es kannst, schriftlich festhalten und für Dich einen Schlußstrich ziehen, wenn Du das Gefühl hast, daß Du keine weiteren Gedankengänge dazu hast. Will sich dann der negative Gedanke wieder in den Vordergrund drängen, dann STOP rufen und ihm sagen: "Weißt Du, ich habe mich jetzt x Stunden mit Dir beschäftigt. Jetzt will ich erst einmal eine Pause haben. Wenn Du mir nach der Pause wieder einfällst oder mir noch andere Dinge einfallen, wie ich mit Dir umgehen kann, dann treten wir wieder in Dialog." Vielleicht könnte man so lernen, daß die negativen Gedanken zwar irgendwo ihre Daseinsberechtigung haben, aber nicht mehr die komplette Macht über einen haben.

LG
Leo
leich
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Re: Loslassen

Beitrag von leich »

Hallo Horst,

Schizophren ist das sicher nicht was du tust, ein Künstler geht vielleicht so vor oder es ist ein kleiner Versucht einer Analyse.

Es ist sicher besser als nichts zu tun und man ist gut beschäftigt also ist es zumindest eine gute Therapie.

Ich bearbeite mein Inneres seit vielen Jahren schriftlich, bin einer Inspiration nach der anderen gefolgt und sehe die Lösung inzwischen in den Forschungsansätzen der IUB.
Ich denke an die vertikale Denkweise aus dem Osten während wir bekanntlich horizontal denken.
Leider kann ich hierzu nicht mehr ins Netz stellen.

Mit einwenig Kreativität wird jeder wissen was ich meine und somit wünsche ich dir viel Glück

L.G.
cybolon
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Re: Loslassen

Beitrag von cybolon »

Hallo Leo und Brosch,

danke für Eure Antworten!

Kreativität habe ich in Wort und Schrift jede Menge nur Logik noch nicht so wirklich. Und es tut mir gut, dass Ihr es auch für nützlich haltet, den inneren Dialog zu Papier zu bringen.
Das mit dem "ich habe mich x Stunden mit Dir beschäftigt..." Habe ich schon probiert. In einzelnen Fällen ließ mich der Gedanke ersmal in Ruhe, kam dann aber größer und stärker wieder. Aber bestimmt wird das alles leichter, wenn ich es erstmal eine ganze Weile betreibe und die "Zusammenkunft" mit dem inneren Horst einen festen Platz im Alltag hat.

Hierzu habe ich übrigens einen ganz guten Text gelesen:

http://www.depressionsblog.com/blog/inn ... schreiben/

Das Loslassen, so habe ich das jetzt verstanden, kommt irgendwie von selbst, wenn man genug verarbeitet hat, richtig?

Liebe Grüße
vom
cybolon
Guinevere
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Re: Loslassen

Beitrag von Guinevere »

Hallo Horst

>Deshalb bin ich doch nicht schitzo, oder?

die Frage hab ich mir auch lange gestellt . Da gabs mal fünf manus, die sich ständig im Wechsel beraten haben. Das hing irgendwie damit zusammen, dass, wenn eine gerade aufgrund von Verletztheit, verletzter Gefühle nicht so einsatzfähig war eine andere für sie sprach und sie beriet. Hat mir doch ganz gut geholfen.
Im Moment bin ich mehr in meiner Mitte, selbstsicherer, da brauch ich das eigentlich nicht so recht und es gibt dann höchstens zwei manus .

Ach ja, Symptome der Schizophrenie nach Schneider:

http://wapedia.mobi/de/Symptome_der_Sch ... _Schneider

An liabn Gruaß Dir *winkt*,
manu
Inkognito

Re: Loslassen

Beitrag von Inkognito »

cybolon
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Re: Loslassen

Beitrag von cybolon »

Hallo Schokoladenfreak,

Handschriftlich habe ich es auch schon probiert. Habe mich dann aus Bequemlichkeit aber für den PC entschieden. Da ich alles, was ich schreibe, am nächsten Tag nochmal lese, verinnerlicht es sich eigentlich ganz gut.
Da muss halt jeder für sich den richtigen Weg finden. Aber es freut mich zu lesen, dass es auch im "nur" phasenweisen Einsatz hilft.

@Manu:

Hallo Ihr beiden Manus,

danke, dass Du uns Mut machst!
*zurückwink*

Liebe Grüße
Die beiden Hörste
CJ43
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Re: Loslassen

Beitrag von CJ43 »

Hallo Cybolon!
Ich finds auch nicht schizophren, und solange du keine Stimmen hörst oder Dinge siehst, die nicht da sind....,
ich schreibe auch Tagebuch und begegne da vielen Ichs, nur wenn ich depri bin, fällt mir gar nix ein. Einerseits: gut, wer mal mein Tagbuch liest glaubt, es sei immer alles paletti gewesen. Andererseits: schlecht, ich kann später gar nicht mehr nachvollziehen was los war.
Negative Gedanken kann ich sehr schlecht loslassen, leider. Hab versucht, wenigstens mein Bett zur problemwälzfreien Zone zu erklären. Schicke die "schlechten Gedanken" weg, sage ihnen, dass sie in meinem Bett nichts zu suchen haben, denke an etwas anderes - aber schwupp, plötzlich merke ich, dass ich wieder dasselbe denke.
Leider!
Was zu helfen scheint: für ein Problemfeld habe ich mir eine Lösung überlegt. Es ist eine spezielle Sache, die mit der Arbeit zu tun hat. Da bin ich gerade bei, einen Strich zu ziehen. Und das hilft!

Ich finde übrigens diese negativen Gedankenspiralen sehr quälend! Letztes Wochenende habe ich an ganz normale Dinge gedacht, und als mir das aufgefallen ist, konnte ich mein Glück kaum fassen! Einfach an Urlaub und Essen kochen und lesen zu denken - das ist echt gut!

Ich wünsch dir viele positive Gedanken!
Liebe grüße, Constanze!
Wander
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Re: Loslassen

Beitrag von Wander »

Hallo Horst, ich bin mal gespannt, welche weiteren Erfahrungen du mit deiner Verschriftlichung der inneren Dialoge machst.

Wichtig finde ich halt, die negativen Gedanken nicht zu verstärken. Sie anzunehmen, ja, mich inhaltlich mit ihnen beschäftigen, ja, aber nicht emotional, damit werden sie nämlich aufgeladen und stärker. So ist meine Erfahrung.

Beispiel: Ich habe gerade eine Arbeit erledigt und statt, dass ich nun zufrieden bin, kommt mein aggressives Über-Ich daher und erzählt mir, wenn ich so weiter mache, geht alles den Bach runter, weil zu langsam, zu wenig etc. pp. Also statt innerem Lob, das angemessen wäre, innere Abwertung.

Dann stelle ich mir eine innere Diskussionsrunde vor mit allen meinen Anteilen, die dazu etwas sagen wollen. Moderatorin ist ein unemotionaler und sachlicher Teil von mir.

Der abwertende Gedanke darf sich einmal klar und deutlich äußern und dann die anderen Anteile, die hervordrängen. Und dann überprüft meine innere Moderatorin die sachliche Korrektheit der Aussagen. Irgendwann dann macht es innerlich bei mir "Klick" und ich merke emotional, dass ich das richtige Argument getroffen habe und damit die negative Emotion losgelassen wird.

Das dauert ein paar Minuten, weil ich mir auch nichts einreden kann und will. Das Argument muss mich emtotional überzeugen. Sonst verstärkt sich wirklich nur die negative Emotion, weil sie ja nur weggeschoben wird. Sie muss entkräftet werden.

Wenn ich es schriftlich machen würde, würde ich die Negativseite wohl anschließend wegwerfen, so nach dem Motto: Erledigt.

Was meinst du?

Lieber Gruß! Düne
cybolon
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Re: Loslassen

Beitrag von cybolon »

Hallo Ihr Lieben,

@Constanze:
Auch ich finde diese Spiralen quälend. Es ist schon ein super Gefühl, wenn man sich mal zurücklehnen kann und bewusst "nix" denkt.
Oder wenigstens nur "normale" Sachen.

Auf der Arbeit hatte ich ja letzte Woche erst ein wichtiges Gespräch und auch einen Strich gezogen. Zuerst kamen die typischen Depri-Zweifel an meiner Entscheidung. Dann allerdings -und das hält noch an- machte sich die wohltuende Überzeugung breit, dass die Entscheidung die einzig richtige ist.

Lob, Anerkennung, ja! Besser ist das.
Von niemandem haben wir es dringender nötig, als von uns selbst!

@Düne:
Gut, dass Du das mit den Emotionen erwähnt hast! Denn, wenn ich meine Dialoge so durchlese: Sie sind noch ziemlich durchtränkt davon. Das ist es also, was mich an der Methode noch so sehr hat zweifeln lassen.
Ich werde mein Team um einen neutralen Moderator erweitern.
Danke für den Anstoß !!!

Die negativen Gedanken wegwerfen würde ich nicht. Zum Einen ist es doch sinnvoll, den kompletten Dialog zur Verfügung zu haben, wenn ein negativer Gedanke (MindFucker) plötzlich wieder um Landeerlaubnis ersucht.
Zum Anderen sehe ich auf dem Papier oder in der Datei, was ich schon alles "gebannt" habe.

Allerdings spricht für mich nix dagegen, ein "e", wie "erledigt" davor zu setzen. In Excel kann ich ja dann noch mit "Bedingter Formatierung" dafür sorgen, dass der Text der negativen Seite grau dargestellt wird, sobald im Feld davor ein "e" steht. Damit nimmt man ihm die Deutlichkeit bzw. Dringlichkeit.

Wäre das ein annehmbarer Kompromiss für uns?

Liebe Grüße
vom
cybolon
Guinevere
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Re: Loslassen

Beitrag von Guinevere »

Hallo Ihr beiden Hörste und auch mal Constanze ganz lieb zuwink und den Anderen !

>Hallo Ihr beiden Manus,

>danke, dass Du uns Mut machst!

Oh, wenn Du wüsstest, wieviel mir manche hier von Dir und auch von anderen niedergeschriebenen Gedanken im Nachhinein noch geben, es ist so als würde "meine Liebe" rückwärts in der Zeit reisen und dunkelste Momente erhellen und heilen.

Es ist nicht so schön, wenn man ständig über manche Dinge nachdenkt und es kennt dies kein Anderer und kann auch nicht nachvollziehen, wie man überhaupt auf derart Gedanken kommen kann . Irgendwann hört man dann mal auf darüber sprechen zu wollen und fühlt sich damit dann sowas von einsam und alleine.

Fettes Danke auch von uns Beiden seid´s cool!
manu
Wander
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Re: Loslassen

Beitrag von Wander »

Hallo Horst, wenn es funktioniert, dann war´s richtig.

Vielleicht kommt es ja dann auch so, dass ein negativer Gedanke, den du schonmal hattest, durch Nachlesen dann später schnell "dran erinnert" wird, dass er doch eigentlich schon wegargumentiert wurde.

Ich weiss nur, dass ich depressive Tagebucheinträge furchtbar im Nachhinein finde. So als ob ich etwas Krankes aufbewahre. Ich verstehe auch nie die Leute, die sich herausoperierte Gallensteine aus dem Krankenhaus mit heim nehmen.

Wenn ich kranke Anteile habe, habe ich die. Aber ich bewahre sie mir nicht noch auf.

Aber das ist eben nur meine Erfahrung, sie kann bei dir genau andersherum besser sein.

Lieber Gruß! Düne
BD
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Re: Loslassen

Beitrag von BD »

Hallo,
das mit der Schwierigkeit des Loslassens kenne ich auch nur zu gut. Ich schreibe auch oft meine Gedanken auf und erkenne dann oft erst wie negativ und absolut sie sind (heute hat gar nichts geklappt, heute war ich nur erschöpft...). Dann versuche ich -auch schriftlich- eine realistischere Sicht zu notieren. (Buchtipp: Depressionen verstehen und bewältigen von Paul Gilbert - das Buch setzt sich genau damit auseinander wie wir negative Gedanken ersetzen können). In der Reha ging es darum, vor allem die Grundüberzeugungen die mich bestimmen zu erkennen und umzuformuieren. z.B. Ich muss funktionen - jeder hat Stärken und Schwächen.
Aber irgendwie ist das loslassen ja ein innerer Prozess (z.B. auch die Vorstellung loszulassen, dass es mir gut gehen muss und ich möglichst schnell gesund werden will) mit dem ich mir sehr schwer tue.

@Düne: Die Methode mit der inneren Diskussionsrunde finde ich interessant, besonders, das es dann irgendwann klick macht. Ich bin nämlich gerade wieder dabei einige Grundüberzeugungen von mir zu prüfen, aber auf das Klick warte ich vergeblich. Machst du die Diskussion schriftlich oder redest du laut mit dir? Wie kann ich mir das mit den inneren Anteilen genauer vorstellen?


Grüße
Waldsee
BD
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Re: Loslassen

Beitrag von BD »

Hallo,
das mit der Schwierigkeit des Loslassens kenne ich auch nur zu gut. Ich schreibe auch oft meine Gedanken auf und erkenne dann oft erst wie negativ und absolut sie sind (heute hat gar nichts geklappt, heute war ich nur erschöpft...). Dann versuche ich -auch schriftlich- eine realistischere Sicht zu notieren. (Buchtipp: Depressionen verstehen und bewältigen von Paul Gilbert - das Buch setzt sich genau damit auseinander wie wir negative Gedanken ersetzen können). In der Reha ging es darum, vor allem die Grundüberzeugungen die mich bestimmen zu erkennen und umzuformuieren. z.B. Ich muss funktionen - jeder hat Stärken und Schwächen.
Aber irgendwie ist das loslassen ja ein innerer Prozess (z.B. auch die Vorstellung loszulassen, dass es mir gut gehen muss und ich möglichst schnell gesund werden will) mit dem ich mir sehr schwer tue.

@Düne: Die Methode mit der inneren Diskussionsrunde finde ich interessant, besonders, das es dann irgendwann klick macht. Ich bin nämlich gerade wieder dabei einige Grundüberzeugungen von mir zu prüfen, aber auf das Klick warte ich vergeblich. Machst du die Diskussion schriftlich oder redest du laut mit dir? Wie kann ich mir das mit den inneren Anteilen genauer vorstellen?


Grüße
Waldsee
cybolon
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Re: Loslassen

Beitrag von cybolon »

Hallo Waldsee,

"...die Vorstellung loszulassen, dass es mir gut gehen muss und ich möglichst schnell gesund werden will..."
Damit geht es mir genauso. Es ist doch ein absolut natürliches Verlangen des Menschen, in Harmonie zu leben und Glück zu empfinden. Na, dann lassen wir das mal schön los... Schön wär's, wenn's so einfach ginge, gell?

Danke für den Buchtipp. Habe es gleich bestellt.

@Düne
Naja, mit dem "Gallenstein aufheben" hast Du schon Recht! Daran erinnert es mich jetzt auch. Dann befolge ich Deinen Rat, es nur solange aufzuheben, wie ich es zu benötigen glaube. Denn als schnelle Nachschlage-Hilfe, wenn einem vor lauter krotzigen Deprigefühlen nix mehr einfällt, kann es ja ne Weile dienen.

Liebe Grüße
vom
cybolon

Edit: Besonders liebe ich auch die Leute, die im Urlaub morgens um 6:00 Uhr ihr Handtuch auf den Liegestuhl am Pool legen!
maggy
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Re: Loslassen

Beitrag von maggy »

Hallo Ihr Lieben,

ich habe mehrere Jahre körperorientierte Selbsterfahrung gemacht. Wir trafen uns einmal im Monat für ein ganzes Wochenende. Einmal kam ein Neuer dazu. Als er beim zweiten Mal da war und jeder in der Runde so erzählte wie es ihm in den letzten vier Wochen gegangen ist, sagte er am Schluß von seinem Beitrag:

"Ach ja..., und das mit dem Loslassen, das habe ich jetzt im Griff."

Stille, Ruhe und er war dann der erste der in schallendes Gelächter ausbrach. Seit der Zeit war das bei uns ein "geflügeltes Wort".

Also Horst, sei froh, dass Du das Loslassen nicht im Griff hast, lass einfach los , oder auch nicht, will heißen: leb einfach.

Ich habe, als mir vor zehn Jahren meine Galle entfernt wurde, die Gallensteine in einem Plastikbecher mit nach Hause genommen, sie zu Hause auf den Tisch gestellt und meinen Lieben gesagt:
"Das Auffangbecken in dem solche Wut- und Aggressionsklumpen aufgefangen werden konnten habe ich jetzt nicht mehr. ich möchte auch nicht, dass sich solche Klumpen an anderen Organen ablagern, deshalb werden jetzt hier in Zukunft des öfteren die Türen knallen." Als ich dieses Anschauungsmaterial für mich nicht mehr brauchte (sprich: ich konnte auch ohne Türenknallen meine Bedürfnisse artikulieren ) habe ich die Steine in einem supertollen Lagerfeuer verbrannt. Damit habe ich uns allen großen Spaß bereitet.

Alles Liebe
von
Maggy
-------------------------------------------

Depression ist die Fähigkeit mit tiefster Gefühlsbereitschaft auf Konflikte zu reagieren
cybolon
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Re: Loslassen

Beitrag von cybolon »

Hallo Maggy,

"Also Horst, sei froh, dass Du das Loslassen nicht im Griff hast, lass einfach los , oder auch nicht, will heißen: leb einfach."

Das ist bestimmt der richtige Rat. Allein, es gelingt mir noch nicht. Wenn ich denke, "jetzt lebe ich einfach", kommen hartnäckige Gedanken, deren Verarbeitung ich eigentlich als abgeschlossen betrachtet hatte. Sie schaffen es, meine Aufmerksamkeit bis zur Erschöpfung einzusaugen. Depression.

Deshalb wünsche ich mir, das LOSLASSEN irgendwie zu erlernen. Ist doch nicht falsch, oder?

Das was Du mit Deinen Gallensteinen gemacht hast, ist auch das, was Düne und ich mit unserem Dialog machen werden, wenn die Zeit reif dafür ist.

Liebe Grüße
vom
cybolon
Wander
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Re: Loslassen

Beitrag von Wander »

Hallo Waldfee, es ist ein innerer stiller Dialog ohne Verschriftlichung.Und das KLICK hat mich selber überrascht. Es tritt ein, wenn meine Argumentation gegen einen negativen Gedanken die negative Emotion entkräftet. Meistens ist dies der Fall, wenn ich mir nachweise, engagiert zu sein, weil die meisten negativen Gedanken völlig übertriebene Leistungsanforderungen an mich selber stellen und mich demzufolge ständig abwerten, wenn ich denen nicht genüge.

Meine Verhaltenstherapeutin sagt, beim inneren Dialog ist dieses KLICK das entscheidende, denn ansonsten würde man die negativen Gedanken und Emotionsfolgen nur aufstauen statt sie zu bearbeiten, wenn man sie also einfach wegdrängen würde.

Lieber Gruß! Düne
CJ43
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Re: Loslassen

Beitrag von CJ43 »

Hallo Düne, hallo Waldfee und ihr anderen!
Ich bin ja nun auch keine große Loslasserin.
Außerdem fällt mir manchmal ein, was ich in einer Glosse gelesen habe: "Wieso soll man loslassen lernen? Nein! Alles festhalten - und dann aufessen!"
Das löst für mich ein wenig die Verkrampfung beim Versuch, loszulassen.
Das mit dem inneren "Klick" ist ein schönes Bild. Ich kenne so einen inneren Prozess, der bei mir irgenwann mit einer Erkenntnis endet, mit einem Aha- Erlebnis. Dann sage ich mir selbst: ja, so mache ich das jetzt, oder so sehe ich das jetzt. Punkt. Das klappt normalerweise, ich bin so gut wie immer mit diesen Entscheidungen zufrieden.
Insofern finde ich meine Grübelneigung durchaus problemlösend.
Aber - in Depriphasen endet dieser Prozess eben nicht mit einer Lösung. Es kreist und kreist in meinem Kopf, hält mich wach, lässt mich verzweifeln und ich weiß genau dass es nichts bringt, dass ich damit aufhören müsste - nur kann ich es nicht.
Es kommt eben kein "Klick". Vielleicht, weil meine Gedanken dann verzerrt und irrational sind.
Was mir in der letzten blöden Phase ein bischen geholfen hat, war, dass ich mir im Inneren gut zugeredet habe: he, du kennst das, das wird noch ne Weile weiterkreisen, verzweifle nicht dran, das hört wieder auf, hat bisher immer aufgehört.
Was sonst noch geholfen hat, waren zwei Gläser Wein.
Deshalb meine Frage: könnt ihr auch in Depriphasen dem ein Ende setzen, die Gedanken loswerden, irgendwie rational bearbeiten? Oder gibt es auch Zeiten, wo es einfach nicht geht?

Liebe Grüße!
Constanze
Wander
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Re: Loslassen

Beitrag von Wander »

Hallo Constanze, dein AHA-Erlebnis scheint mein KLICK zu sein. Gut, wenn das funktioniert, was?

Die bohrenden und kreisenden irrationalen depressiven Grübeleien kann ich auch mittlerweile immer besser stoppen, wenn es mir gelingt, die Gedanken von den Emotionen zu unterscheiden und zu trennen.
Wenn ich dagegen wie früher immer in meiner "Versager-Emotion" drin stecke, während ich argumentiere, wird da nichts draus als nur immer weiter das Sich-im-Kreise-Drehen. Das ist aber durch Üben jetzt meistens erfolgreich, auf die Gedanken, die vor den Emotionen stehen, zu kommen und sie zu entkräften.

ABER, wenn meine Depression so stark ist, dass ich den ganzen Tag außer den negativen Gedanken und Emotionen auch noch ein Gefühl von ständiger Leere und Trostlosigkeit in mir habe, dann kann ich nicht mehr in Distanz zu meinen Emotionen gehen, ohne dass mich die Anstrengung platt macht nach kürzester Zeit. Dann brauche ich Medikamente.

Bisjetzt ist meine "Arbeitshypothese", weil ich ja (noch?) nicht geheilt bin, dass meine Depression zum einen einen endogenen Anteil hat, der Medikamente braucht und wobei Verhaltenstherapie "nur" lindernd wirkt, so dass ich eine weit niedrigere Dosierung brauche als zu Beginn.

Und zum anderen hat meine Depression einen großen reaktiven Anteil, der nach viel Arbeit gut auf die kognitive Umstrukturierung der Verhaltenstherapie anspricht.

Lieber Gruß! Düne
cybolon
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Re: Loslassen

Beitrag von cybolon »

Hallo Düne,

"Wenn ich dagegen wie früher immer in meiner "Versager-Emotion" drin stecke, während ich argumentiere, wird da nichts draus als nur immer weiter das Sich-im-Kreise-Drehen. Das ist aber durch Üben jetzt meistens erfolgreich, auf die Gedanken, die vor den Emotionen stehen, zu kommen und sie zu entkräften."

Das wird es wohl sein, warum bei mir der "Klick" nicht kommt. Üben tue ich das schon. Aber irgendwie hab ich den Dreh noch nicht raus. Manchmal kann ich die Gedanken umlennken. Aber dann warten sie nur auf den nächsten schwachen Moment und kommen mit ihren großen Brüdern...

Spätestens dann verliere ich die Lust auf Techniken, Skills und den ganzen Rotz, den ich seit 9 Monaten aufsauge, um mich zu wappnen.

*KlickWill*
cybolon
leich
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Re: Loslassen

Beitrag von leich »

Hallo,

ich habe das Gefühl dass mich meine Gedanken irre machen, deshalb habe ich ja auf „Gott“ gesetzt unter dem Motto, „ dein Wille geschehe“. Ich versuche meine Machtlosigkeit zugeben um so etwas wie Sterben oder Loslassen zu erleben.

Da mein Problem immer wieder mein Ego, meine Wünsche und meine Vorstellungen sind, die ich nicht verwirklichen kann, ist mein Problem nicht nur meine Denkerei alleine.
Das ist ja nichts was ich nicht weiß und was jeder weiß der mit Depression zu tun hat und dennoch denke ich, - da steckt irgendwo der Wurm in meiner Denke.

Vorhin brachte mich jemand auf das Thema Anerkennung.
Anerkennung muss ich mir selber geben oder sie erfahren ,- das passiert bei mir so selten.
Ich halte mich, wenn überhaupt so eben über Wasser.

Constanze 43
Alkohol hilft nicht wirklich, es wiederholt sich ja alles jeden Tag aufs Neue.

L.G.
Wander
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Re: Loslassen

Beitrag von Wander »

Guten Morgen, Cybolon! Ich weiss, ein "guter" Morgen, besoners direkt nach dem Weckerklingeln, ist für uns Depris oft der reinste Hohn. Und ich durfte heute nicht mal meinen Kaffee in mich reinschütten, weil ich gleich zu einer Blutuntersuchung gehe, ob das AD auch nix Nebenwirkliches anstellt in meinen Blutwerten.

Dass du nach 9 Monaten oft keinen Bock mehr hast, kenne ich nur zu gut.

Ich praktiziere seit 5 Jahren täglich Reiki-Meditation und habe dort vor der VT schon gelernt, unemotional auf mich zu schauen. Aber wie gesagt ist das auch heute noch anstrengend, wenn ich stark depressiv bin. Jedenfalls braucht das Üben viel Zeit.

Und dann noch etwas, was ein Widerspruch in sich ist. "Spielerisches Üben". Wenn du dabei leistungsorientiert oder verbissen bist, ist es als ob du sagst "Lass sofort los."

Darum habe ich es auch so wie Brosch gemacht. Ich habe vor einigen Jahren als Christin mein Leben Jesus Führung anvertraut und tue im Alltag mein Bestes, aber brauche einfach Führung, wenn meine eigene Wahrnehmung durch Krankheit zeitweise verfälscht ist, so dass ich dann mir wie eine Blinde vorkomme.

Und das klappt,weil ich sicher bin, dass ich als Christin weder wirklich sterbe noch woanders hin fallen kann als in Jesus Hände.

Seitdem habe ich mehr innere Zeit gewonnen und eine Grundgeborgenheit. Ich tue mein Bestes und alles Unklare und Bedrohliche überreiche ich Jesus. Das hilft mir und dann klappt das Üben lockerer oder auch an manchen Tagen gar nicht.

Lieber Gruß! Düne
cybolon
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Re: Loslassen

Beitrag von cybolon »

UND, WO BLEIBT MEIN KLICK ???
(Nein, Scherz jetzt.)

Liebe Brosch und Düne,

das mit dem Glauben ist bei mir nicht so ausgeprägt. Ich war in einem katholischen Internat und hielt mich danch lange Zeit für einen Atheisten. Inzwischen bin ich, ob der Erfurcht vor dem Wunder des Lebens und der Vielfallt des schrankenlosen Universums, dem Glauben wieder etwas näher. Allerdings nicht an Einzelwesen oder Menschen, wie Jesus Christus. Sein Testament ist mit Sicherheit die beste Grundlage für eine menschenwürdige Ethik in der Gesellschaft einer jeden Zeit.
Das Göttliche sehe ich mehr in den Dingen, dem All (von "Alles").

Aber ich möchte hier auch keine Religionsdiskussion lostreten. Allerdings ist die Verbundenheit mit einer höheren Macht, von der ich selbst Teil bin, für mich tröstlich.
Aktive Führung erwarte davon aber nicht. Gerne würde ich wieder selbstbestimmt leben und die Gedanken so bearbeiten, dass ich das in Frieden und Eintracht mit mir selbst kann.

"Lass sofot los" bringt tatsächlich nix, das weiß ich! Das wäre nur ein weiterer Imperativ für mein armes, davon überschwemmtes Gehirn.

Hach ja, vielleicht erarbeite ich mir bald diesen "Klick". *Seufz*

Liebe Grüße
vom
cybolon
leich
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Re: Loslassen

Beitrag von leich »

Lieber Horst,

du sprichst mir in vielem aus der Seele, - ich scheine einen ähnlichen Weg zu gehen in dem ich um zu Sortieren konstruktiv vorgehe.
Ich denke, dass es keinen anderen Weg gibt, denn auch eine Spontanheilung will erfasst werden.

Mir macht im Augenblicke ein total verrückter Gedanke Gedanken.
Bekanntlich kann man nur Bedachtes bedenken

und somit frage ich mich: „ Was gehört eigentlich zur Depression “

Niemand weiß das so genau, wenn es überhaupt jemand wissen kann, doch nur ein Depressiver.

Mir scheint, dass wir es mit einem schwer zuzuordnenden Phänomen zu tun haben.


L.G.
Antworten