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Re: Aussage von Stoiber bezüglich Sebastian Deisler

Verfasst: 16. Dez 2003, 23:51
von Caroline1
Liebe Chrissy

Ich kann schon verstehen, was dich an dieser Diskussion hier so stört, und ich gebe ehrlich zu, ich kann mich dem Eindruck auch nicht ganz entziehen. Während ein paar Tagen zerreissen sich jetzt alle (damit meine ich nicht das Forum, sondern die allgemeine Öffentlichkeit) die Mäuler über diesen armen Fußballer, und heucheln ( die meisten jedenfalls ) Verständnis , und dann wird der sowieso wieder bald vergessen werden und alle gehen wieder zum Tagesgeschäft über. Was mich daran stört, ist die Tatsache, dass die gesamte Presse wie eine Meute über diesen Menschen hergefallen ist, und diese Diskussion hier im Forum fällt im weitesten Sinne eben auch darunter. Von daher gestehe ich , dass meine Weste sozusagen auch nicht ganz rein ist. Denken wir beide darüber ähnlich?

Ganz allgemein find ich es aber auch dem Thema " Depressionen" dienlich, wenn es überhaupt mal in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird. Und von daher kommt dem Deisler sicher eine sehr große Anerkennung zu, dass er es hierhin gebracht hat ( das Thema mein ich). Wobei ihm wahrscheinlich nichts anderes als die Flucht nach vorn übrig blieb. Denn der ganze Fußballzirkus ist sicher eines der Milieus, in dem Depris optimal gedeihen können, wie eben in jedem Leben, das so gnadenlos an der Öffentlichkeit stattfindet. Und da tut die Presse ja wieder das ihrige dazu, und die Katze beißt sich in den Schwanz. Und von daher glaub ich nun wirklich auch nicht an die Gutheit des FC Bayern, das seh ich schon genau wie du.

Das Gefühl einer gewissen Erleichterung, das nun so manchen Depri überkommt, wenn sich da nun ein sogenannter Promi outet, kann ich durchaus nachvollziehen. Das geht wohl mit andern Krankheiten oder Schicksalsschlägen auch nicht anders, wenn andere Betroffene da Verständnis fühlen, und es ausdrücken möchten.

Aber ich denke, wir sind uns einig. Und ich profitiere jetzt hier von der Gelegenheit, um dir ganz liebe Grüße zu schicken

Caroline

Re: Aussage von Stoiber bezüglich Sebastian Deisler

Verfasst: 17. Dez 2003, 14:29
von chrissy
Liebe Caro,

wie schön Dich zu lesen!

Es verhält sich so, dass ich gleichfalls die Auffasssung habe, dass die
Erkrankung von Basti und die nachfolgenden öffentlichen und zum grossen Teil
positiven Reaktionen eine mögliche Chance für alle depressiv erkrankten Menschen
sein könnte. Das schrieb ich auch kürzlich irgendwo in einem anderen Thread, dass ich
z.B. die Äusserung eines Fussballclubmitgliedes im TV (sehr verständnisvoll und fair) erleichternd
empfand, denn die Wirkung so einer Aussage auf das breite Publikum, was ja beim Bundesliga-Fussball
Tatsache ist, ist wesentlich stärker als im privaten Bereich.
Und genau das ist auch der Punkt, der mich beunruhigt, vielleicht auch ganz unlogisch so einen leichten
Ärger bei mir verursachte (hierbei sorry, Thom, Du kannst schreiben, wem Du willst, geht mich ja gar nichts an).

Ich Normalo möchte und will und werde mich nicht mehr einer öffentlichen oder nicht öffentlichen Meinung über die Krankheit unterwerfen oder um Verständnis bitten von denen, die das Ausmass solch einer Krankheit weder kennen oder sich nicht mal die Mühe machen einem Kranken zuzuhören.
Und nun kommt Basti, was mir sehr leid tut, dass er das nun durchmacht, jedoch hat er eine Menge Menschen
um sich herum privat, die wirklich für ihn da sind. Dank Zeitung können wir das ja alles verfolgen.
Beruflich weiss auch jeder Bescheid, und man gibt ihm wie selbstverständlich Zeit. Und mit Sicherheit ist er finanziell gesichert.
Hat das privat auch jeder von uns so erlebt, möchte ich da mal fragen?
Das ist fast das Optimum, was man einem Kranken schenken kann, finde ich, und richtig so und sehr schön.
Doch tun alle öffentlich so, als wäre das doch vollkommen selbstverständlich und gar keine Frage.
Ich schaute mir bei mir die letzten drei Jahre an, und da kann ich nur heulen dann. Das macht sehr viel Wut aus, auch Neid, und somit dann auch sowas wie innere Verweigerung, dankbar sein zu müssen für dieses enorme Verständnis plötzlich.
Ich bin noch längst nicht frei im Sinne von gesund, und falls mich die Depri mal wieder einholt, werde ich das der BILD auch mal erzählen. Mal sehen, wie gross das Verständnis dann sein wird;-)

Die Lobby der Depression und der Depressiven muss einfach besser werden, und da ist natürlich ein prominenter Fall das beste, was passieren kann, mal platt gesagt.
Jedoch profitiert so ein Mensch wie Basti heutzutage (und gottlob!) auch ganz klar von unseren Erfahrungen, Behandlungen, unseren Kämpfen, von der Medizin, den Forschern, Ärtzen, Kliniken bis hin zu den Menschen, die in Büchern ihre Erfahrungen mit Depression veröffentlich haben.
Nicht umgekehrt.

Liebe Caro, wer hat schon eine weisse oder reine Weste? Also ich ganz sicher nicht !

Ich grüsse Dich sehr, sehr herzlich, freute mich sehr Dich zu sehen.

Chris

Re: Aussage von Stoiber bezüglich Sebastian Deisler

Verfasst: 18. Dez 2003, 00:45
von tinamaus
Hallo, Ihr Lieben!

Ich freue mich sehr über die rege Diskussion über das Thema. Verschiedene Dinge fallen mir zu Euren Postings ein:

1.) Der Selbstmord von Hannelore Kohl: Offiziell wurde immer von einer Lichtallergie gesprochen. Ich bin allerdings der festen Überzeugung, daß die Frau unter schweren Depressionen litt. Das sollte meiner Meinung nach nur nicht bekannt werden.

2.) Ich habe während meiner Reha in einer psychosomatischen Klinik die Erfahrung gemacht, daß es wurschtegal ist, wie viel Geld man hat. Die Depression ansich ist davon unabhängig und man kann trotz der finanziellen Sicherheit unter üblen Existenzängsten leiden. Was bringt dem Deisler seine ganze Kohle, wenn er womöglich keinen Lebensmut mehr hat?

3.) Für alles mögliche gibt es in Deutschland eine Lobby, meine Hoffnung ist, daß diese Krankheit in der Gesellschaft endich anerkannt wird.

4.) Ich glaube kaum, daß Deisler nicht urplötzlich an Depressionen erkrankt ist. Vermutlich hatte er gar keine andere Wahl, als seine Krankheit jetzt publik zu machen. Er ist schließlich nicht der einzige in der Psychiatrie und kommt dort mit anderen Leuten zusammen. Bevor es zu Gerüchten kommt, weil er seinen Mitpatienten bekannt ist und sie womöglich nicht dicht halten, hat er meiner Meinung nach die Flucht nach vorne angetreten.

5.) Bezüglich seiner guten Freunde: Ich kann mir vorstellen, daß auch er Probleme damit hat, Freundschaften während der Krankheit aufrecht zu erhalten.

Mein Fazit lautet für heute: Sind wir in unserer Depression nicht alle irgendwie gleich, egal ob arm oder reich, ob berühmt oder unbekannt??? Und wenn uns allen durch seine Berühmtheit geholfen wird, finde ich das durchaus einen positiven Effekt.

Tinamaus

Re: Aussage von Stoiber bezüglich Sebastian Deisler

Verfasst: 18. Dez 2003, 21:03
von Edeltraud
Hallo cool,

bist Du Dir sicher, dass in der TZ über Max Strauß was von Depressionen stand.

Bei uns in der Tageszeitung war immer die Rede von psychischer Erkrankung

Würde mich brennend interessieren.

Edeltraud

Re: Aussage von Stoiber bezüglich Sebastian Deisler

Verfasst: 18. Dez 2003, 21:30
von wiggerl
Liebe Tinamaus,

alle Achtung für Deinen logisch aufgebauten Bericht! Da kann ich Dir nur voll und ganz zustimmen! Und Dein Fazit ist einfach prima!

Wenn es uns nur gelänge, vielleicht mit Sebastian Deisler als "Lokomotive" etwas mehr Licht in die Köpfe derjenigen zu bringen, die nicht mit unserer Krankheit geplagt sind!

Re: Aussage von Stoiber bezüglich Sebastian Deisler

Verfasst: 18. Dez 2003, 22:23
von Caroline1
Liebe Chris

Ich möchte auf einen Absatz aus deinem Posting eingehen, der einen wichtigen Gedanken aufgreift: "Doch tun alle öffentlich so, als wäre das doch vollkommen selbstverständlich und gar keine Frage.
Ich schaute mir bei mir die letzten drei Jahre an, und da kann ich nur heulen dann. Das macht sehr viel Wut aus, auch Neid, und somit dann auch sowas wie innere Verweigerung, dankbar sein zu müssen für dieses enorme Verständnis plötzlich." Ich finde es auch traurig, und es macht mich irgendwo tief in mir drin wütend, dass es eines prominenten Falles bedarf, damit die Öffentlichkeit das Thema wahrnimmt. Die vielen nichtöffentlichen Schicksale bleiben noch immer nichtöffentlich, die gesamte Aufmerksamkeit konzentriert sich sozusagen auf diesen einen bestimmten Menschen. Und es behagt mir auch nicht, dass sie ( die Aufm. ) sich darauf fokussiert. Und es stimmt, S.D. ist zumindest finanziell abgesichert, viele andere genau so schwer depressive Menschen sind das nicht, und diese Tatsache erhöht auch nicht gerade deren Wahrscheinlichkeit auf Heilung . Es wäre also sinnvoll, wenn sich die Diskussion ganz allgemein auf die Depressionen und ihre
Schattenseiten hinbewegen würde, und weg von den einzelnen prominenten Fällen, nach dem Motto "DIE und DER hat das auch", zumal so eine Schiene auch schnell kontraproduktiv sein kann. Gewisse Vorurteile können gerade auch auf diese Weise noch fester zementiert werden.

Liebe Chris, dir eine gute Nacht und einen ganz lieben Gruß von

Caroline

Re: Aussage von Stoiber bezüglich Sebastian Deisler

Verfasst: 18. Dez 2003, 23:16
von cool
Liebe Edeltraud,
in der Münchner Abendzeitung wurde mehrfach darüber berichtet, dass Herr Strauss wegen Depressionen in stationärer Behandlung ist. Da Depressionen haben,eine psychische Erkrankung ist, hat also auch deine Zeitung recht.
Es wäre schön, wenn bei der Berichterstattung über Prominente erwähnt werden würde, das ein gewisser Prozentsatz der Bevölkerung an dieser Krankheit erkrankt und zwar über alle Schichten hinweg. Das es also morgen jeden treffen könnte. Das diese Krankheit keine persönliche Schwäche oder Unfähigkeit ist. Gerade sehr leistungsbereite Menschen laufen Gefahr, an dieser Krankheit zu leiden. Das ist zumindest meine persönliche Erfahrung. Und es sind Menschen mit hohen Ansprüchen an sich selbst. Also sehr feine und wertvolle Menschen. Grüße, Cool

Re: Aussage von Stoiber bezüglich Sebastian Deisler

Verfasst: 19. Dez 2003, 19:11
von chrissy
Liebe Caro,

ich sehe es genauso wie Du, dass die finanzielle Seite einfach nicht zu unterschätzen ist, wenn man so krank wird.
Und dass dem S. Geld nicht hilft gesund zu werden, ist jedem klar, allerdings, so wie Du schon sagtest, würde
diese zusätzliche Angst um die eigene Existenz die Belastung des Kranken massiv steigern.
Und damit ich nicht falsch verstanden werde, ich freue mich sehr für S., dass er sich wenigstens darum wenig Gedanken machen muss.
Sehr häufig ist es aber nicht so, es gibt für mich einfach zu viele "Fälle" von Depressiven, die hart
an der oder auch unter der Existenzgrenze leben müssen, weil es nicht anders geht.
Und diese Menschen werden so manches mal als faul, arbeitsscheu, unwillig und was weiss ich betitelt. Es macht mich traurig.

Ich weiss auch nicht, aber ich bin nur sehr misstrauisch. Dieselben Leute, die sich öffentlich nun so dezent und freundlich äussern,
könnten sich, wenn S. es nicht schafft, in einem "angemessenen" Zeitraum wieder gesund zu werden (und dieser bewilligte oder tolerierte Zeitraum beruht sicherlich kaum auf echte Kenntnisse über den Verlauf, die Dauer der Krankheit...) schnell wandeln. Ich hoffe nicht, aber es würde mich auch nicht wundern.

Diese Wut tief innen, das erlebe ich ähnlich wie Du und sie irritiert mich schon seit Tagen.
Weil ich annahm, eigentlich müsste ich doch solidarisch reagieren und dankbar auf die positiven Reaktionen auf S. durch seine
Kollegen, Freunde etc. Dem ist nicht so, ich fühlte nichts, nur so eine Art Abstumpfung, die ich als völlig normal erlebe, weil
man sich nach etlichen "Prügeln" in Bezug auf die Krankheit über ein Streicheln plötzlich vielleicht nicht mehr so freuen kann.
Ausserdem, wie ich schon schrieb, mache ich mich allmählich unabhängig von der Meinung, es geht gar nicht mehr anders, damit ich richtig und wirklich
dauerhaft gesund werden kann.

Eines liegt mir noch am Herzen, was ich Dir, aber auch allgemein schreiben möchte und vielleicht das ausdrückt, was ich sehe, wenn ich die
Dinge von aussen betrachte.
Der Fall S. und anderen Prominenten, wo es öffentlich geworden ist, dass sie an Depressionen leiden, verändert nach meiner Wahrnehmung die
allgemeine Meinung über Depression nicht.
Wir lesen und hören nur einige wenige Äusserungen von wiederum anderen Prominenten, die der BILD usw. sowie im TV Interviews gaben und geben.
Die Bevölkerung wird sich kaum beeindrucken lassen davon, und wenn man sich dann in seinem eigenen Umfeld umschaut, haben es entweder Menschen
überhaupt nicht mitbekommen, wieso auch. Andere mit halbem Ohr und Auge. Ein paar mit Interesse, weil sie vielleicht auch einen Depressiven kennen.

Das Krasse ist, was ich immer wieder als höchst erstaunlich erlebe, weil so gegensätzlich, ist, dass die Ernsthaftigkeit und Schwere der Krankheit
schon lange medizinisch erkannt ist und somit auch so behandelt wird. Draussen, ausserhalb eines Sprechzimmers, einer Klinik aber scheint die Krankheit nach wie vor nicht wirklich zu existieren. Das sind zwei Dimensionen, in denen wir Betroffenen uns immer wieder bewegen müssen.
Ich persönlich freue mich, wenn ich sehe, dass wie bei S. diese beiden Welten möglicherweise eine Einheit bilden dank seiner Prominenz vielleicht, aber
machen wir uns alle nichts vor, es ist eine Ausnahme.


Hab ich nun vielleicht sehr depressiv geschrieben? Dann Verzeihung, aber ich denke darüber auch so, wenn es mir gutgeht wie die letzten Wochen.

Caro, sei sehr lieb gegrüsst, es ist sehr anregend mit Dir darüber zu sprechen.

Chris

Re: Aussage von Stoiber bezüglich Sebastian Deisler

Verfasst: 19. Dez 2003, 19:12
von chrissy
Liebe Caro,

ich sehe es genauso wie Du, dass die finanzielle Seite einfach nicht zu unterschätzen ist, wenn man so krank wird.
Und dass dem S. Geld nicht hilft gesund zu werden, ist jedem klar, allerdings, so wie Du schon sagtest, würde
diese zusätzliche Angst um die eigene Existenz die Belastung des Kranken massiv steigern.
Und damit ich nicht falsch verstanden werde, ich freue mich sehr für S., dass er sich wenigstens darum wenig Gedanken machen muss.
Sehr häufig ist es aber nicht so, es gibt für mich einfach zu viele "Fälle" von Depressiven, die hart
an der oder auch unter der Existenzgrenze leben müssen, weil es nicht anders geht.
Und diese Menschen werden so manches mal als faul, arbeitsscheu, unwillig und was weiss ich betitelt. Es macht mich traurig.

Ich weiss auch nicht, aber ich bin nur sehr misstrauisch. Dieselben Leute, die sich öffentlich nun so dezent und freundlich äussern,
könnten sich, wenn S. es nicht schafft, in einem "angemessenen" Zeitraum wieder gesund zu werden (und dieser bewilligte oder tolerierte Zeitraum beruht sicherlich kaum auf echte Kenntnisse über den Verlauf, die Dauer der Krankheit...) schnell wandeln. Ich hoffe nicht, aber es würde mich auch nicht wundern.

Diese Wut tief innen, das erlebe ich ähnlich wie Du und sie irritiert mich schon seit Tagen.
Weil ich annahm, eigentlich müsste ich doch solidarisch reagieren und dankbar auf die positiven Reaktionen auf S. durch seine
Kollegen, Freunde etc. Dem ist nicht so, ich fühlte nichts, nur so eine Art Abstumpfung, die ich als völlig normal erlebe, weil
man sich nach etlichen "Prügeln" in Bezug auf die Krankheit über ein Streicheln plötzlich vielleicht nicht mehr so freuen kann.
Ausserdem, wie ich schon schrieb, mache ich mich allmählich unabhängig von der Meinung, es geht gar nicht mehr anders, damit ich richtig und wirklich
dauerhaft gesund werden kann.

Eines liegt mir noch am Herzen, was ich Dir, aber auch allgemein schreiben möchte und vielleicht das ausdrückt, was ich sehe, wenn ich die
Dinge von aussen betrachte.
Der Fall S. und anderen Prominenten, wo es öffentlich geworden ist, dass sie an Depressionen leiden, verändert nach meiner Wahrnehmung die
allgemeine Meinung über Depression nicht.
Wir lesen und hören nur einige wenige Äusserungen von wiederum anderen Prominenten, die der BILD usw. sowie im TV Interviews gaben und geben.
Die Bevölkerung wird sich kaum beeindrucken lassen davon, und wenn man sich dann in seinem eigenen Umfeld umschaut, haben es entweder Menschen
überhaupt nicht mitbekommen, wieso auch. Andere mit halbem Ohr und Auge. Ein paar mit Interesse, weil sie vielleicht auch einen Depressiven kennen.

Das Krasse ist, was ich immer wieder als höchst erstaunlich erlebe, weil so gegensätzlich, ist, dass die Ernsthaftigkeit und Schwere der Krankheit
schon lange medizinisch erkannt ist und somit auch so behandelt wird. Draussen, ausserhalb eines Sprechzimmers, einer Klinik aber scheint die Krankheit nach wie vor nicht wirklich zu existieren. Das sind zwei Dimensionen, in denen wir Betroffenen uns immer wieder bewegen müssen.
Ich persönlich freue mich, wenn ich sehe, dass wie bei S. diese beiden Welten möglicherweise eine Einheit bilden dank seiner Prominenz vielleicht, aber
machen wir uns alle nichts vor, es ist eine Ausnahme.


Hab ich nun vielleicht sehr depressiv geschrieben? Dann Verzeihung, aber ich denke darüber auch so, wenn es mir gutgeht.

Caro, sei sehr lieb gegrüsst, es ist sehr anregend mit Dir darüber zu sprechen.

Chris

Re: Aussage von Stoiber bezüglich Sebastian Deisler

Verfasst: 19. Dez 2003, 19:14
von chrissy
mist, einmal langt doch...

Re: Aussage von Stoiber bezüglich Sebastian Deisler

Verfasst: 19. Dez 2003, 19:14
von chrissy

Re: Aussage von Stoiber bezüglich Sebastian Deisler

Verfasst: 31. Dez 2003, 17:29
von Gert
Hallo Tina,

ich gerade in der Zeitung gelesen, dass "Mr. Bean" auch für sechs Wochen in einer Klinik lag, wg. "schwerer Niedergeschlagenheit", sprich Depression.
Dass auch Promis von der Krankheit betroffen sind, könnte den einzigen Vorteil haben, dass diese Krankheit vielleicht in der Öffentlichkeit mal so dargestellt wird, wie sie ist, nämlich wie die WHO festgestellt hat, die "belastendste Krankheit" überhaupt.
Noch werden Depressive verspottet, man macht sich lustig über sie. Aber das könnte sich ändern, wenn die Öffentlichkeit erfährt, wie schwer die Krankheit ist und dass sie ALLE treffen kann (auch Stoiber).

Viele Grüße
Gert

Re: Aussage von Stoiber bezüglich Sebastian Deisler

Verfasst: 1. Jan 2004, 16:21
von Conny37
Hallo Gert,

dazu möchte ich auch eine Aussage meines Mannes beisteuern.
An Sylvester und mit einigen Promille intus- sind wir auf das Thema "krank-feiern" gekommen. Ich meinte, ich wäre voriges Jahr schliesslich schon drei Monate krank gewesen. (Klinik, ambulante Behandlung). Er antwortete: "Und das schlimme daran war- dass du garnichts hattest!" Das war ein echt gelungener Treffer. Er hat mich während meiner Krankheit wirklich sehr unterstützt, ist daran fast verzweifelt. Und fast ein Jahr später sowas. Ich kann gar nicht beschreiben-wie ich mich gefühlt habe.

Liebe Grüsse

Re: Aussage von Stoiber bezüglich Sebastian Deisler

Verfasst: 1. Jan 2004, 18:41
von Gert
Hallo Conny,

ich kann mir schon vorstellen, wie Du Dich gefühlt hast.
Das Problem bei dieser "unsichtbaren" Krankheit ist ja, selbst als Betroffener will man es zuerst nicht wahr haben, dass man krank ist (ich habe jedenfalls sehr lange gebraucht).
Und man vergisst auch umso schneller wieder, wenn die Krankheit nicht mehr ganz so akut ist.
Ich war ja auch monatelang krankgeschrieben, ich glaube die Meisten dachten, dass ich nur blaumache.
Aber diese Gesellschaft akzeptiert Kranke schon nicht und "vermeintlich" Kranke erst recht nicht.

Ein Herzinfarkt wird zB eher als Krankheit "anerkannt" als eine Depression, obwohl die Ursachen wohl ziemlich die gleichen sind. Den Einen hat es so um und den Anderen so.

Man kann nur immer wieder versuchen, aufzuklären. Ich habe mir eine Broschüre über Depressionen besorgt und sie damals meiner Mutter gegeben. Danach hat sie mich zumindest etwas verstanden.
Aber wie gesagt, das Verständnis ist auch schnell wieder verflogen.

Liebe Grüße
Gert

Re: Aussage von Stoiber bezüglich Sebastian Deisler

Verfasst: 2. Jan 2004, 16:15
von tinamaus
Hallo Gert, hallo Conny!

Auch ich bin schon seit Monaten krankgeschrieben und kann es für mich selbst nur ganz schwer akzeptieren. Wie oft wünsche ich mir ein "richtige" d.h. anerkannte Krankheit. Ich habe die Hoffnung, daß die Gesellschaft durch die Promi-Fälle etwas aufmerksamer wird. Leider verpufft die Wirkung oft ganz schnell wieder. Zumindest hört man momentan nichts mehr von Sebastian Deisler.

Der Selbstmord von Heinos Tochter wurde in den Klatschmedien aufgenommen, hat aber in Richtung Aufklärung nicht viel bewirkt. Es wäre schön, wenn sich aufgrund solcher trauriger Ereignisse Promis in den Dienst der Betroffenen stellen würden, wie es bei einigen anderen Krankheiten, z.B. Blut- oder Brustkrebs etc. ist. Hannelore Kohl hat sich damals stark für Hirnverletzte eingesetzt, wenn ich mich recht erinnere. Wir brauchen eine Lobby, finde ich. Doch woher nehmen???

Liebe Grüße und alles Gute für das Jahr 2004!

Tinamaus

Re: Aussage von Stoiber bezüglich Sebastian Deisler

Verfasst: 3. Jan 2004, 14:18
von Gert
Hallo Tina,

ich glaube auch, dass wir eine Lobby bräuchten, denn leider, ohne Lobby geht nicht viel.

Ansatzpunkte gäbe es Verschiedene:
Kern einer Lobby könnten die Therapeuten, Pychologen, Psychiater, usw (kurz gesagt: Therapeuten) sein.
Aus zwei Gründen:
1.Die Therapeuten wissen am Besten, wie schwer es Depressiven fällt, selbst ihre eigenen Interssen zu vertreten (diese Krankheit lähmt die Betroffenen, wie wir alle wohl gut wisssen). Sie könnten sich mit diesem Wissen zum Anwalt der Interssen Ihrer Patienten machen.
2.Auch aus eigenem wirtschaftlichen Interesse: Denn wenn unsere „Gesundheitspolitiker“ auf die Idee kämen, aus Kostengründen die Behandlung psychosomatischer Krankheiten aus dem Leistungskataklog zu streichen (Motto: Die sind ja sowieso nicht krank, sondern simulieren bloss), dann könnten auch viele Therapeuten ihre Arbeit verlieren.
Ich glaube nämlich kaum, dass viele Betroffene in der Lage wären, ihre Behandlung aus eigener Tasche zu zahlen.
Aber auch wir Betroffenen sind natürlich gefragt.
Entgegen dem, was uns oftmals gesagt worden ist, glaube ich, dass es gerade heute wichtiger denn je ist, Solidarität zu üben. Das „Einzelkämpfertum“ macht die meisten Menschen nur zu Verlierern.
Zudem ist es wichtig als Betroffener zur Erkrankung zu stehen.
In der Klinik hatten wir „das soziale Kompetenztraining“. Dort wird auch vermittelt, wie man zB im persönlichen Umgang mit den „Schreihälsen“ vorgeht.
Mit Schreihälsen meine ich die Leute, die immer lautstark Druck auf Ihre Mitmenschen ausüben und ihnen vermitteln welche „Nichtsnutze“ und Faulenzer sie sind (diese Masche zieht bei Depressiven besonders gut, weil der Depressive (wie wir wissen) sich selbst sowieso gerne als minderwertig ansieht.
Im Kompetenztraining wird gelehrt, im persönlichen Umgang mit solchen Leuten möglichst ruhig und sachlich (so man es in der Situation eben kann) klarzumachen, dass man sich als Persönlichkeit durch bestimmte Äußerungen verletzt fühlt.
Auch Leute, die sich cool finden, wenn sie Andere erniedrigen, ändern teilweise schon Ihr Verhalten, wenn ein anderer Mensch Ihnen sachlich und doch emotional berührt klarmacht, dass er verletzt worden ist.
Viele dieser Methoden zur Erniedrigung funktionieren nur solange, bis sich jemand wehrt.
Selbst gegenan zu schreien, verstärkt aber nur die Reaktion der Schreihälse, aber wer sachlich und emotional seine Verletzung zeigt, lässt den „Angreifer“ in einer sehr schlechten Position erscheinen.
Das merken diese Leute dann auch. Sie können dann nicht mehr „draufhauen“.
Ich gebe allerdings zu, dass es natürlich auch Leute gibt, die so abgebrüht sind, dass man sie damit nicht beeeindrucken kann.

Es gibt sicher noch andere Dinge, die man tun könnte, vielleicht hat noch jemand Ideen?.

Es gibt Promis die sich für Krebskranke und für viele andere Kranke und Benachteiligte einsetzen.
Es wäre zu wünschen, wenn sich ein Promi finden würde, der sich in der Öffentlichkeit für psychosomatisch Erkrankte einsetzen würde!?

Liebe Grüße
Gert

Re: Aussage von Stoiber bezüglich Sebastian Deisler

Verfasst: 6. Jan 2004, 12:10
von tinamaus
Hallo Gert!

Spontan habe ich daran gedacht, an Heino heranzutreten. Den Gedanken habe ich allerdings ganz schnell wieder verworfen, weil ich glaube, daß Heino eher die ältere Generation erreicht. Ich bin alles andere als ein Fan seiner Musik. Naja, aber er ist bekannt wie ein bunter Hund, das muß man ihm lassen.

Gestern las ich auf www.focus.de, daß es Sebastian Deisler angeblich wieder besser geht und er bald wieder spielen wird. Daran glaube ich irgendwie nicht. Oder glaubst Du an eine solche Spontanheilung??? Ich halte das für sehr unwahrscheinlich. Warten wir es ab... Es wäre ihm ja zu wünschen.

Liebe Grüße!

Tinamaus

Re: Aussage von Stoiber bezüglich Sebastian Deisler

Verfasst: 6. Jan 2004, 19:07
von Gert
Hallo Tina,

ich weiß auch nicht so recht, ob Heino der Richtige ist, aber ein bekannter Promi mit Depri oder Depri in der Familie wäre nicht schlecht....
Ich weiß im Moment aber auch keinen Namen.
Liegt es vielleicht daran, dass die meisten Depressiven sich lieber verstecken?

Ich glaube auch nicht, dass Sebastian Deisler so schnell geheilt wird.
Ich mache jedenfalls schon drei Jahre Therapie und bin noch lange nicht fertig.

Liebe Grüße
Gert