Das Husten der Flöhe?

chrigu
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Re: Das Husten der Flöhe?

Beitrag von chrigu »

Hallo ihr Lieben,

liebe Amy, ich hoffe, es ist okay, welche Richtung der Faden gerade nimmt? Für mich sind hier so viele Anstöße dabei und da - zumindest für mich - die Dinge meistens zusammenhängen, möchte ich die Gelegenheit nutzen, meine Gedanken dazu weiterzuführen. Ich kann aber auch gern einen Faden dazu aufmachen, sag einfach Bescheid.

Mir ist nämlich - so ganz neben der Beackerung des Lernfelds, höhö - ein Bild wieder eingefallen, das ich neulich bei einer EMDR-ähnlichen Sitzung hatte: Da saß ich am Rand eines Kraters und konnte dort einfach nicht gehen, weil ich wusste, dass unten in der Schlucht etwas ist, das mich festhält. Schließlich bin ich in diese Schlucht runtergeklettert und habe gesucht, ohne zu wissen, was da genau sein könnte. Gefunden habe ich schließlich mein etwa dreijähriges Ich, in einer Ecke sitzend. Und weil ich nicht genau damit umgehen konnte, habe ich die kleine Chrigu gefragt, ob sie mitkommen möchte. Sie hat mir aber nicht geantwortet und schließlich habe ich sie einfach mitgenommen und nach oben getragen.

Was ich damit verbunden habe, war eine ungeheure Erleichterung, dass jemand für das kleine Kind in mir Verantwortung übernommen hat, ohne dass die kleine Chrigu eine Entscheidung treffen musste oder ihr Bedürfnis benennen musste.

Da schließt sich der Kreis für mich gut zum Starterthema: Das Gedankenlesen resultiert für mich - zu einem Teil - aus dem Wunsch heraus, dass mich jemand einfach so versteht, akzeptiert, annimmt und für mich sorgt, ohne dass ich all das einfordern muss. Und offenbar verlange ich das von irgendwem (aber von wem eigentlich?) und gehe gleichzeitig davon aus, dass auch andere diesen Wunsch in sich tragen und fühle mich verpflichtet, ihn zu erfüllen.

Weia.

Liebe Grüße!
Chrigu

PS: Liebe Pia, ich würde Dich auch gern ermutigen, an Vereinbarungen dran zu bleiben. Vielleicht lassen sie sich ja noch mal gemeinsam überarbeiten, anpassen? Oder vielleicht hat Dein Mann eine noch viel bessere Idee?
Ulysses
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Re: Das Husten der Flöhe?

Beitrag von Ulysses »

Hallo Ihr Lieben,

auch ich lese begeistert weiter mit. Und es hilft mir sehr.

In Pias Beitrag ist mir ein Absatz ins Auge gesprungen, der - für mich - die "beiden Themen"
- Flöhe husten hören/Gedankenlesen und
- Schweigen/Gedankenlesen erwarten
gerade zu einem Thema zusammenbringt, das für mich sehr stimmig ist:

Jetzt hadere ich mit mir selber, ob ich zu erzieherisch bin, aber dieses Schweigen scheint bei mir auch Baustellen aufzuzeigen (na, das wohl nicht gesehen werden, so vermute ich; meine Mutter wurde in ihrer Ehe bei "Fehlverhalten" mit Schweigen bestraft);

Das trifft es für mich so extrem. In unterschiedlichen Kombinationen gab es in meiner Familie Schweigen/Nichtbeachten/Weggehen als Strafe. Sicherlich nicht bewusst, denn es ging dabei zum Teil auch um betroffene Erwachsene, die selber gerade am Rande ihrer Kräfte waren. Aber diese Differenzierung schafft kein Kind, vor allem wenn es sich um direkte Bezugspersonen und die Elternteile handelt.

Das "Fehlverhalten" für eine solche Sanktion konnte auch nur winzigklein, subtil oder eigentlich für mich komplett unbegreiflich sein. Es ging dabei nicht um "falsch gemachte Dinge", wie z.B. eine Aufgabe im Haushalt nicht gut erledigen. Sondern um Gefühle und alles was damit verbunden war. Und das Schweigen dauerte manchmal lang. Aufgelöst werden konnte es meistens nur durch eine Entschuldigung meinerseits (egal ob es etwas zu entschuldigen gab oder nicht).

So betrachtet fügt es mich gerade zu einem völlig stimmingen Effekt, dass ich Gedankenleserin wurde, dass ich gelernt habe, dass es auf meine Gefühle nicht ankommt und dass mir beim Schweigen eines anderen heute noch kindliche Verlassensangst hochsteigt.

Das ist dann wohl eindeutig eine, so wie von Pia angesprochene, eigene Baustelle gerade in meiner Beziehung. Weil da das Schweigen aufgrund von Gefühlsüberforderung im Moment so viel Raum einnimmt. Und mich anscheinend täglich in meiner kindlichen Gedankenleser-Funktion triggert. (Was nichtmal funtkioniert, weil meine Freundin Gedankenleser hasst, trotzdem schweigt und für mich gefühlt keinerlei Wunsch nach Kontakt und Kommunikation hat) Vielleicht muss das so sein im Moment, weil ich sicher in die Hellseher-Falle tappen würde, wenn es funktionieren und unsere aktuelle Situation lindern würde. Puh.

Ich danke euch ganz herzlich für das Sortieren hier in euren Beiträgen, wirklich allen.

Herzliche Grüße

Ulysses
chrigu
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Re: Das Husten der Flöhe?

Beitrag von chrigu »

Liebe Ulysses,

wir haben die gleiche Mutter.

> Und das Schweigen dauerte manchmal lang. Aufgelöst werden konnte es meistens nur durch eine Entschuldigung meinerseits (egal ob es etwas zu entschuldigen gab oder nicht).
Ich weiß noch genau, dass ich als Jugendliche mal völlig ausgeflippt bin, als mir das bewusst wurde und ich zu meinem Vater sagte, ich würde mich nie wieder bei meiner Mutter entschuldigen, das hätte ich jetzt genug für den Rest meines Lebens getan.

Liebe Grüße
Chrigu
Ulysses
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Re: Das Husten der Flöhe?

Beitrag von Ulysses »

Liebe Chrigu,

ja, das trifft es absolut. Genug Entschuldigungen für mehrere Leben... (Und das Schweigen gabs von Mutter und Vater, auch zwischen den beiden untereinander, auch dafür gabs dann als Auflösung Entschuldigungen meinerseits. )

Ich habe lange gebraucht, um zu kapieren, dass ich mit Entschuldigungen für "nichts" eigentlich immer wieder und wieder auf mein eigenes Gefühl und mein Selbstbewusstsein sch*** Und auch heute noch ertappe ich mich immer wieder dabei, mich zu entschuldigen, wo es wirklich absolut unangebracht ist.

Vielleicht tun mir Deine Beträge deshalb gerade so gut. Weil dieser "Muttertyp" ähnliche Muster antickt.

Herzliche Grüße

Ulysses
chrigu
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Re: Das Husten der Flöhe?

Beitrag von chrigu »

Liebe Amy,

ich hab gerade erst gesehen, dass Du auf meine Frage schon geantwortet hattest, da haben wir wohl zeitgleich auf "senden" geklickt.

Meine Therapeutin hat mir damals eine Liste mit Vokabeln für Gefühle gegeben, allerdings haben mir die Worte darauf in der akuten Krankheit auch nicht geholfen. Nach und nach konnte ich aber besser differenzieren. Allerdings war ich auch lange in dem Gedanken gefangen, dass das doch eh keinen interessiert, was mit mir ist und was ich zu sagen habe. Das bedient übrigens auch wieder prima das Gedankenlesen. Uah!

Liebe Ulysses,

das könnte tatsächlich erklären, warum ich bei vielen Deiner Beiträge nickend vorm Rechner sitze! Meine Eltern gehören auch zu den schweigsamen. Allerdings gibt es seit knapp einem Jahr eine interessante Entwicklung: wir Geschwister reden miteinander, über Emotionen und Probleme. Das hat sich irgendwann ergeben. Nach und nach scheint sich das auch auf die ganze Familie auszuweiten. Für mich ist da aber gegenüber meinen Eltern noch eine ziemlich große Barriere, weil dort noch so viel anderes mit dran hängt (aka das wirklich fette Lernfeld).

Das kleinere Lernfeld aus dem Berufsleben hat sich heute überhaupt nicht als solches aufgeführt. Vielleicht, weil ich mir vorgenommen hatte, mich nicht in die Gedankenleserposition zu begeben oder drängen zu lassen, habe ich das auch ausgestrahlt? Who knows... Auf jeden Fall fühle ich mich heute nicht so erschöpft wie sonst in den letzten Tagen so häufig.

Einen schönene Abend Euch allen!
Chrigu
bigappel
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Re: Das Husten der Flöhe?

Beitrag von bigappel »

Mädels,

Ihr seid der Hammer!

Daumen hoch!

Liebe Ulysses:

an Dein Statement möchte ich anknüpfen:

Deine Partnerin hasst Gedankenlesen -
Du "kannst" es;

ich hasse Gedankenlesen -
mein Mann "kann" es und erwartet es oft
von mir.

Eigentlich eine positive, wenn auch anstrengende Kombination.

Warum haben wir unsere Partner ausgewählt....
Da möchte ich keine neue Diskussion anzetteln, aber alles hat seinen Sinn...

Positiv formuliert:
Deine Freundin und ich: würden wir dem bisherigen Muster entsprechen (juhu, er /sie kann meine Gedanken erahnen und handelt danach), wäre das vermeintlich leichter, aber es würde auch die alten Muster füttern.

Also: positiv sehen, wenn es malwieder stresst

@ chigru: Du bist klasse!

Und grüß mir still Dein berufliches Lernfeld
.

Herzlichst viele Grüße
Pia
Ein Tier zu retten, verändert nicht die Welt, aber die ganze Welt ändert sich für dieses Tier.
rm
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Re: Das Husten der Flöhe?

Beitrag von rm »

>...Eigentlich eine positive, wenn auch anstrengende Kombination.....<

Hi Pia,

das mit dem 'anstrengend' kann ich als Mann auch gut nachvollziehen.

Da meinen wahrhaftig relativ viele mir bedeutende Menschen in meinem Umfeld, daß ich oft sehr, sehr anstrengend bin.

Ok, da bin ich eben anstrengend! Besser, als langweilig und festgefahren . Und: ich finde das offene Gespräch die einzige Chance für mich, wieder 'heil' zu werden.

Lockere Grüße,
Reinhart
Ulysses
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Re: Das Husten der Flöhe?

Beitrag von Ulysses »

Liebe chrigu,

(aka das wirklich fette Lernfeld)
Das ist sowas von treffend formuliert, dass ich fast dabei schmunzeln musste. Und ich freue mich sehr, dass das "kleinere Lernfeld" auch mal schweigt. Ich glaube es übrigens schon, dass die eigene innere Haltung extrem viel verändert. Und auch den Umgang mit Lernfeldern abmildert und verbessert. Weil die anderen die veränderte Energie auch spüren, selbst wenn sie sie nicht benennen könnten.

Weiterhin alles Gute für alle Lernfelder und vor allem für Dich!


Liebe Pia,

ja, die "eigentlich gelungene" Kombination hast Du super treffend zusammengefasst, danke! Und ja, wenn ich in der aktuellen Beziehung wieder die "heftigsten Muster" bedienen würde, dann wäre es Stillstand und sich dabei dauernd in der alten Suppe drehen und wenden... Und das will ich nicht. So viel weiß ich ganz sicher.

Bei Deiner knappen Zusammenfassung ist mir eines aufgefallen, ein richtiges Aha-Erlebnis für mich:
Es ist nämlich nicht so eindeutig, wie es da steht. Sie hasst Gedankenlesen (oft), ich kann es (und versuche es auch immer noch, oft). Und gleichzeitig stimmt: Sie erwartet Gedankenlesen (nicht ganz so oft), ich kann es und es hilft entweder (und bedient mein Muster) oder es kracht erst Recht (weil ich es ja auch nicht immer richtig kann, logisch).

Diese Mischung bestimmt unseren Alltag, und manchmal sind die Wechsel zwischen den Erwartungen extrem. Mir war das nicht so klar, und ich finde es so völlig nachvollziehbar, dass mich das total kirre macht. Und eigentlich auch, dass es sie total kirre macht. Denn dass das Ganze nicht aus "Spaß" oder bösem Willen passiert, sondern aus tiefster Not in der akuten Depression, das ist mir trotzdem klar.

Nachdem ich "Gefühle sortieren" und "Grenzen wahrnehmen und absprechen" im Moment nicht von ihr verlangen und erwarten kann (also aktuell, ich rede nicht von Dauer, aber im Moment geht es offensichtlich nicht), bleibt mir eine logische Schlußfolgerung:
Ich muss für mich das Gedankenlesen generell abschaffen. Ich muss das Muster verändern. Ich will mich nicht mehr auf das hin und her einlassen. Meiner Erfahrung nach muss sich dann das System mit verändern 8auch wenn man natürlich nicht weiß, in welcher Art) Aber das Gezerre um Gedanken und Gedankenfreiheit kostet Energie, die wir dringend für andere Dinge brauchen.

(Der letzte Absatz würde auch gut in meinen Prioritäten-Thread passen, aber irgendwie kam ich gerade durch eure Ideen zum Thema Flöhe usw. darauf...)

Herzliche Grüße,

Ulysses
Amy_h_S_
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Registriert: 18. Okt 2012, 14:17

Re: Das Husten der Flöhe?

Beitrag von Amy_h_S_ »

Hallo ihr Lieben,

es gibt mich noch – und meine Dementoren schweben so langsam wieder davon. In den letzten Tagen schien mir wieder alles, selbst Kleinstbewegungen, zu anstrengend und ich hatte keine Lust zu schreiben. Donnerstag habe ich es außerdem nicht geschafft, mit meiner Therapeutin über meinen Flohzirkus zu sprechen und war anschließend unglaublich sauer und wütend auf mich. Nachdem ich mit einigen sonst unangenehmen Telefonaten und Arbeitsdiskussionen leichter als üblich in die Woche gestartet bin, wieder dieser Rückschritt! Immer wenn ich denke, ich komme mal einen Schritt weiter, bin ich wieder an irgendeiner unbedeutend erscheinenden Stelle plötzlich völlig blockiert und es fühlt sich nach ewiger Stagnation an.

Na toll, wie habe ich oben selber geschrieben: Es bringt nix sich dafür zu zerfleischen. OK, inzwischen denke ich schon auch, dass es Donnerstag wirklich etwas ungünstig war, weil es die letzte Stunde mit der Praktikantin war und daher sinnvoll zuerst Nachbesprechung und Videofeedback zum letzten Verhaltensexperiment zu machen, bevor sie weg ist. Das hat so viel Zeit in Anspruch genommen, dass meine Therapeutin sowieso schon etwas auf die Tube drücken musste. Und auf die Ergebnisse möchte ich eigentlich auch nicht verzichten (so ätzend ich es auch jedes Mal wieder finde mich auf Video zu sehen…*örgs*).
hmm also nächstes Mal… nach dem Urlaub (Wie war das noch? Prokrastination ist ein Problem, um das ich mich direkt morgen kümmern werde… )


Liebe Chrigu,

auch ich habe als erstes gedacht: lass dir Zeit, du brauchst dein 1a-Kollegen-Lernfeld ja nicht sofort und in jeder sich bietenden Situation auszunutzen. Es vielleicht weniger als Achtung Mathearbeit!, sondern eher als Mathe-Hausaufgaben verstehen? Und doch weiß ich, wie schnell auch bei mir so eine Überforderungsangst dazwischen grätschen kann (naja siehe oben…).
Deine Geschichte mit dem Krater hat mich berührt und sehr angesprochen.

Da schließt sich der Kreis für mich gut zum Starterthema: Das Gedankenlesen resultiert für mich - zu einem Teil - aus dem Wunsch heraus, dass mich jemand einfach so versteht, akzeptiert, annimmt und für mich sorgt, ohne dass ich all das einfordern muss. Und offenbar verlange ich das von irgendwem (aber von wem eigentlich?) und gehe gleichzeitig davon aus, dass auch andere diesen Wunsch in sich tragen und fühle mich verpflichtet, ihn zu erfüllen.

Ja genau das leuchtet mir ein und so ähnlich erlebe ich die Schleifen des Gedankenlesens auch! Meine eigene Sicht auf andere zu übertragen und anzunehmen, dass sie nicht nur das Bedürfnis teilen uneingefordert gehört zu werden, sondern sich auch ebenso im Radar-Modus befinden wie ich. Da treffen sich dann wohl gleich mehrere meiner Fehlannahmen zu einem ausgebufften Fehlmanöver.

Was ich mich schon öfter gefragt habe: Anscheinend bewerte ich Mitgefühl und Unterstützung, die ich ungefragt und ohne sie explizit einzufordern erhalte, höher als alles, worum ich ausdrücklich gebeten habe? Wieso? Weil ich unterstelle, dass erbetene Hilfe zum Teil „nur“ aus Höflichkeit nicht abgelehnt wird? Das ist doch auch ziemlich verquer. Jedenfalls hält diese Annahme auch die Position des Gedankenlesens und des Hoffens auf Gegenlesen aufrecht. Umgekehrt bin ich dann auch davon ausgegangen, dass es meinem Gegenüber eine größere Freude bedeuten würde, wenn ich ihre/seine Gedanken und Gefühle vorausahne. Aber auch das ist ja wieder reine (reichlich verdrehte) Spekulation! An meiner Bereitschaft zu helfen ändert eine ausdrückliche Bitte jedenfalls nichts – im Gegenteil, sie macht es ja wesentlich einfacher. Wieso gehe ich dann im umgekehrten Fall trotzdem davon aus?



Liebe Ulysses,

nicht nur so dahin geschrieben: ich bewundere deine innere Stärke, als gleichzeitig Betroffene und Angehörige das alles durchzustehen! Wie du diese Achterbahnfahrt und das Hin- und Her der verschiedenen sich verstärkenden Muster beschreibst – ich stelle es mir sehr belastend vor. (Nur eine Vorstellung, keine Vermutungen über deine Gedanken! ) Pia hat wohl wirklich recht mit den passenden Lern-Partnern – aber puhhhh! Und ja, das Gezerre kostet wichtige Energie, die ja ohnehin schon zu knapp vorhanden ist.

Für mich wird der Weg weg von den Gedanken- und Gefühlelesungen wohl nur über meine Arbeit an Kommunikation überhaupt laufen. Je mehr ich lerne meine Ängste zu bewältigen und offener zu sprechen, desto weniger werde ich mich wohl aufs Gedankenlesen angewiesen fühlen und desto mehr Alternativen kann ich wahrnehmen.
Ich mag das sehr an einer Kollegin, die jeweils sehr klar äußert, wie ihr zumute ist und was sie möchte. Einigen anderen ist das schon wieder zu klar und z.T. schroff, aber für mich, denke ich, ist sie ein gutes Beispiel zum Nachmachen-Üben und wie gesagt, ich mag und schätze es an ihr!


Gaaanz liebe dankbare Grüße an euch alle! Ihr seid toll!
Amy
chrigu
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Re: Das Husten der Flöhe?

Beitrag von chrigu »

Hallo zusammen,

statt die Mathehausaufgaben zu machen (schöner Vergleich!) habe ich mich über die Feiertage mal direkt auf das "fette Lernfeld" begeben. Und es stellt sich heraus: Das sind ganze Lernländereien! Na toll.

Weil ich in den letzten Tagen so intensiv über das Gedankenlesen und meinen eigenen Umgang damit beschäftigt habe, war ich natürlich hypersensibilisiert für dieses Thema. Und habe erstens gemerkt, dass meine Mutter auch Gedankenleserin ist und zweitens, wie unglaublich übergriffig ich das Verhalten finde! Es geht dabei nämlich nicht nur um Gedankenlesen, es geht um das Vorausahnen von Gefühlen, um das Abwenden von vermeintlich schlechten Gefühlen und um das Fernhalten eventueller Konflikte. Es geht auch darum, dass meine Mutter mir Gefallen tun möchte (und schrägerweise auch darum, dass sie mir gefallen möchte) und meint zu wissen, was ich mir wünsche. Das fühlt sich so tiefgehend übergriffig an!

Das hat mich insgesamt so unglaublich wütend gemacht, dass ich mich in meiner Wut (und auch Enttäuschung; worüber genau weiß ich noch gar nicht) überhaupt nicht mehr ordentlich abgrenzen konnte, sondern reagiert habe, wie ein pubertärer Trotzkopf. Seinen Höhepunkt hat es darin gefunden, dass ich ständig "dagegen" war und absichtlich Streit provoziert habe. Wirklich wie ein Teenager, der seine Positionen und Grenzen testet. Ich wusste mir echt nicht mehr anders zu helfen.

Jetzt merke ich, dass mich das alles unglaublich erschöpft hat und mir wird klar, wie sehr das alles miteinander verquickt ist, das Gedankenlesen aber zum Glück ein Punkt ist, an dem ich für mich gut einhaken kann. Quasi ein paar Quadratmeter der Lernländereien.

Liebe Grüße!
Chrigu

PS: Liebe Amy, beim Lesen Deines Postings hatte ich einen Gedanken dazu im Kopf, der sich aber jetzt gerade verflüchtigt hat - wenn er wiederkommt, melde ich mich.
bigappel
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Re: Das Husten der Flöhe?

Beitrag von bigappel »

Hallo Ihr Lieben, Ihr fleissigen
Lernfelder-Ländereien-Bearbeiterinnen,

es gibt auch noch den Pausen-Knopf!
Bitte!

Liebe Ulysses,
gost hat es schon angemerkt, da möchte ich anknüpfen......

Ich weiß nicht, ob das "Abschaffen" des Gedankenlesens a) möglich ist, b) wirklich notwendig ist.

Ich mag empatische Menschen sehr.

Ich mag es auch, wenn mein Mann einfühlsam ist, aber was ich nicht mag (und wenn ich extrem stinkig bin, als hassen bezeichne), ist es genau das, was Chigru so schön beschrieben hat: das - vielleicht vermeintliche - dadurch Vermeiden von Konflikten und das Übergriffige.

Ich würde mir z.B. von meinem Mann wünschen, dass er, wenn er denkt, wir haben einen Konflikt den mit mir bespricht oder es einfach anspricht bzw. wenn er denkt, es geht mir so und so, mich halt anspricht.

Dann kann ich reagieren, bestätigen, nicht bestätigen, Konflik regeln, wie auch immer.
Ich weiß, dass ist anstrengend, aber das ist wirklich das, was ich mir von meinen Mann wünsche.

Er weiß dass; er arbeitet - step by step - dran und wenn nicht, erinnere ich ihn .

Das "Trotzverhalten" liebe Chigru ist eine Art der Reaktion, denke ich, die andere, wie mein Mann z.B. ist dann das Verstummen bzw. die Blockade.
Alles schwierig, nix ist besser.

Die Revolutionäre sind möglicherweise in der Außenwirkung anstrengender und vielleicht, so hoffe ich, ist diese Außenwirkung für Deine Psyche schonender, als das nach "innen" tragen.

Ich weiß es nicht......

Macht Euch bitte nicht verrückt; Ihr seid wirklich gut, wie Ihr seid...... diese Musterveränderung dauert .... und auch Angehörige sind nur Menschen, mit positiven, aber auch jeder Menge negativen Eigenschaften, haltet Euch das bitte auch vor Augen.

Ein Miteinander zu gegebener Zeit, ist von "Erfolg" gekrönt, so empfinde ich es zumindest.

Vor Kurzem, als mein Mann und ich malwieder aneinander geraten sind (ich versuchend, Klärung zu finden, er blockiert), konnte er
dieses Muster bei sich erkennen und mir gegenüber sogar formulieren (jetzt kann ich nichts klären, "ich bekomme mich wieder ein", gib mir Zeit).

Hervorragend!
Ich war super zufrieden (weil Kommunikation und meinerseits kein Gedankenlesen notwendig) und wir konnten tatsächlich nach einiger Zeit (ein paar Stunden, ich weiß nicht mehr genau) ohne jedes Problem die Angelegenheit für beide zufriedenstellend klären.

Herzliche Grüße an Alle
Pia
Ein Tier zu retten, verändert nicht die Welt, aber die ganze Welt ändert sich für dieses Tier.
chrigu
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Registriert: 20. Mär 2006, 12:20

Re: Das Husten der Flöhe?

Beitrag von chrigu »

Hallo liebe Pia,

es freut mich sehr, dass Du mit Deinem Mann einen kommunikativen Weg gefunden hast!

Mein Problem ist gar nicht so sehr die Ungeduld oder der Wunsch nach "Mitziehen" der Angehörigen, zumal meine Familie nicht die Angehörigen sind, mit denen ich mich täglich auseinandersetzen muss und mit denen ich alltägliches organisieren müsste. Mit einem Partner würde ich auch den konsensualen Weg suchen, aber mit meinen Eltern muss ich offenbar erstmal den konfrontativen Weg gehen, um mich überhaupt selbst zu finden und zu positionieren. Daher rührt auch mein Vergleich zur Pubertät, da geht es ja auch um Selbstfindung und Abgrenzung.

Meine Selbstfindung ist - schon länger - die Suche nach meinen alten Mustern und das Auflösen; dass ich da mit denjenigen aneinandergerate, von denen ich die Muster erlernt oder übernommen habe, scheint mir ziemlich natürlich. Die Wut, die ich dabei jetzt erlebt habe, resultiert aus dem Ärger daraus, dass mir so blöde und für mich schadhafte Muster mitgegeben wurden (obwohl ich weiß, dass meine Eltern es nicht anders konnten und auch nur Opfer ihrer Muster sind). Und auch aus einem Reflex, den ich an mir schon häufiger beobachten konnte: Wenn ich ein Muster an mir erkenne, dann reagiere ich bei anderen zuweilen ziemlich extrem darauf. Das tut mir dann manchmal leid, weil die anderen nichts dafür können, ist aber trotzdem okay, weil es mir etwas zeigt.

Aber es ist gut, dass Du mich an Geduld und Langsamkeit erinnerst, die brauche ich nämlich gerade mir selbst gegenüber. Vielen Dank!

Herzliche Grüße!
Chrigu
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