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Re: Nach Sitzung schlechter als vorher?

Verfasst: 2. Feb 2011, 19:52
von Gypsy85
Ich bin jetzt was Therapeuten angeht noch sehr unbewandert (war ja erst bei 2, bei der einen nur zur Diagnose und bei der anderen jetzt 5 Monate), aber ich behaupte mal, dass es "unüblich" ist, nach 5 Monaten noch immer keine vernünftige Diagnose zu haben. Nummer 1 hat schon in der ersten Sitzung eine Vorahnung geäußert und der, zu dem ich jetzt hingehe, hat auch direkt von Diagnose gesprochen.

Ich finde es berechtigt, dass man einen Namen für das haben will, was mit einem los ist. Irgendwie finde ich das beruhigend, sagen zu können: Es ist eine Störung/Krankheit, die man lindern oder behandeln kann und nicht plötzlich "Normalität".

Könnt ihr mich vielleicht noch einmal aufmuntern *lieb-guck*

Ich habe völlig vergessen, wie es vorher war.... normal zu sein, glücklich zu sein...


Das heißt aber nicht, dass ich es nie wieder werden kann, oder?

Re: Nach Sitzung schlechter als vorher?

Verfasst: 2. Feb 2011, 20:49
von Regenwolke
Huhu Gypsy,

gerade in einer Depression ist es nicht unüblich, wenn es einem vorkommt, als sei alles immer schon so gewesen und man sich gar nicht erinnern kann, wie es war, unbeschwert zu sein. Das heißt nichts, natürlich kann es wieder werden!!

Was die Diagnose angeht: Ich vermute, dass deine jetztige Therapeutin tiefenpsychologisch arbeitet oder sogar Psychoanalytikerin ist.

Innerhalb der Psychoanalyse und der davon abgeleiteten Tiefenpsychologie gibt es eigene Diagnosegewohnheiten, dort werden zentrale innere Konflikte benannt und es wird die sogenannte "Psychodynamik"(d.h. das Zusammenspiel dieser Konflikte, der Beziehungsmuster und der Persönlichkeitsstruktur eines Menschen) beschrieben. Das ist dann eine Diagnose im psychoanalytischen Sinn.
Eine Diagnose wie "Depression" oder "Angststörung" stellen manche analytischen/tiefenpsychologischen Therapeuten dann nur, weil das für die Abrechnung mit der Krankenkasse nötig ist.

Im Gegensatz dazu verwenden Verhaltenstherapeuten soviel ich weiß auch unabhängig von der Abrechnung mit den Kassen die Diagnosen so, wie sie in der sogenannten ICD-10, dem in Deutschland für die Abrechnung maßgeblichen Klassifikationssystem, verwendet werden.

Ich kann mir vorstellen, dass deine jetztige Therapeutin eine psychodynamische Diagnose erstellt hat, anhand derer sie mit dir arbeitet, aber evtl. keine ICD-10-Diagnose, weil das für ihre Arbeit dann nicht so wichtig ist. Sie sollte aber m. E. schon in der Lage sein, dir zu sagen, was dir aus ihrer Sicht fehlt.

Uff, ich hoffe, das war verständlich.
Und ich wünsch dir einfach, dass es mit dem nächsten Therapeuten besser wird. Mit deinen Vorstellungen (problembezogene, lösungs- und alltagsorientierte Therapie) bist du wahrscheinlich bei einem Verhaltenstherapeuten besser aufgehoben. Allerdings gibts auch große Unterschiede bei Therapeuten der gleichen Richtung.

Re: Nach Sitzung schlechter als vorher?

Verfasst: 3. Feb 2011, 12:18
von Gypsy85
Hallo Wolke,

danke für deine Einschätzung. Ja, deine Einschätzung deckt sich mit meiner Erfahrung bei der Therapeutin. Ich möchte auch auf keinen Fall sagen, dass sie für jeden schlecht oder ungeeignet ist. Für Leute, die mit sich selbst oder ihrem Kontakt zu anderen unzufrieden sind, ist sie sicher sehr gut. Das ist aber nicht mein Problem, behaupte ich mal.

Ohne regelmäßige Rückversicherung, dass mein Befinden auf Angst zurückzuführen ist, komme ich als Angstpatient aber nicht klar. Ich fange dann immer wieder an zu grübeln, ob es nicht doch etwas anderes ist (mal körperlich, mal, dass das jetzt einfach "ICH" bin, dann dieses, dann jenes), das treibt die Angstspirale immer wieder aufs neue an. Ist natürlich kontraproduktiv.

Könntest du mir vielleicht einen Tip geben, wie ich einen guten Verhaltenstherapeuten erkenne? Ich will nicht wieder Unsummen investieren und noch deprimierter werden, weil es nicht das Richtige war...

Re: Nach Sitzung schlechter als vorher?

Verfasst: 3. Feb 2011, 12:19
von Gypsy85
Hallo Wolke,

danke für deine Einschätzung. Ja, deine Einschätzung deckt sich mit meiner Erfahrung bei der Therapeutin. Ich möchte auch auf keinen Fall sagen, dass sie für jeden schlecht oder ungeeignet ist. Für Leute, die mit sich selbst oder ihrem Kontakt zu anderen unzufrieden sind, ist sie sicher sehr gut. Das ist aber nicht mein Problem, behaupte ich mal.

Ohne regelmäßige Rückversicherung, dass mein Befinden auf Angst zurückzuführen ist, komme ich als Angstpatient aber nicht klar. Ich fange dann immer wieder an zu grübeln, ob es nicht doch etwas anderes ist (mal körperlich, mal, dass das jetzt einfach "ICH" bin, dann dieses, dann jenes), das treibt die Angstspirale immer wieder aufs neue an. Ist natürlich kontraproduktiv.

Könntest du mir vielleicht einen Tip geben, wie ich einen guten Verhaltenstherapeuten erkenne? Ich will nicht wieder Unsummen investieren und noch deprimierter werden, weil es nicht das Richtige war...

Re: Nach Sitzung schlechter als vorher?

Verfasst: 3. Feb 2011, 14:52
von Regenwolke
Hallo Gypsy,

bei der Suche nach einem "guten Therapeuten" ist es glaube ich wichtig, auf das eigene "Bauchgefühl" zu hören.

Ansonsten fällt mir ein:
- Hört der Therapeut genau zu und versteht inhaltlich, was du meinst?
- Nimmt er dich ernst?
- Geht er auf Fragen nach seiner Arbeitsweise und Qualifikation ein?
- Kann er dir sagen, was dir aus seiner Sicht fehlt und ob er denkt, dir mit seinen Mitteln helfen zu können?
- Entspricht die Art, wie er mit deinen Problemen umgeht, deiner Vorstellung von einer hilfreichen Behandlung? (Bei der jetztigen Therpeutin ist dies ja beispielsweise überhaupt nicht der Fall, und ich glaube, dass eine ähnliche Wellenlänge in diesem Punkt sehr wichtig für den Behandlungserfolg ist).

Nicht zuletzt:
- Stimmt es zwischenmenschlich (Sympathie, Humor, usw.)? Manche halten das für nicht so wichtig, aber ich finde es schon wichtig.

Viel Glück!
Wolke

Re: Nach Sitzung schlechter als vorher?

Verfasst: 3. Feb 2011, 15:05
von Gypsy85
Danke Wolke

Ich habe viel Gutes über Verhaltenstherapie gelesen und bin jetzt wieder neu motiviert!

Hoffentlich kann er mir helfen... gerade dieses Entfremdungsgefühl ist unerträglich