die / den richtigen therapeut / in finden

DarkRaven
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Re: die / den richtigen therapeut / in finden

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Salvatore
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Hallo Dark Raven,

herzlichen Glückwunsch!!! Du hast einen riesen Schritt gewagt und ich finds toll, dass du dich überwinden konntest und sogar den 'Rückschlag' beim ersten Anruf weggesteckt hast.
Du kannst wirklich stolz auf dich sein, denn diese erste Kontaktaufnahme ist wirkich wahnsinnig schwierig.

Jetzt horche aber auch mal ganz tief in dich rein: fühlt es sich nicht großartig an, das geschafft zu haben?
Koste das mal aus! Du darfst das Gefühl jetzt den ganzen Tag genießen.

Ab morgen wird sich dann allerdings nicht mehr drauf ausgeruht! Dann geht munter weiter.

Was die Erstgespräche angeht: Du darfst alles fragen, was du wissen willst! Du brauchst auch nicht zu selektieren, ob sich das vielleicht blöd anhört, ob das vielleicht nicht 'erlaubt' ist oder sich 'nicht gehört' oder so.
Du gehst für dich da hin und wirst im Laufe der Zeit (wenn du da bleibst) sehr viel über dich preisgeben, was du noch nie jdm anvertraut hast.
Alles, was du an Ängsten, Zweifeln, Befürchtungen hast, darfst du natürlich ansprechen. Und wenn dir das nicht gefällt, wie der Therapeut/die Therapeutin darauf reagiert, dann ist er/sie eben nicht für dich geeignet.
Theras sind keine Mechaniker, bei denen man sich vielleicht sagt: ich muss den ja nicht mögen, hauptsche der kriegt mein Auto wieder flott.
Wenn du Störungen befürchtest, kannst du das ansprechen und da nachfragen (mein Thera stellt das Telefon während der Gespräche übrigens lautlos und geht nicht dran).
Wenn dir was peinlich ist, kannst du auch sagen: das ist mir peinlich.
Wenn du dich fragst, was will die bloß von mir, dann darfst du das auch fragen.
Du verdienst auf alles eine Antwort. (Auf die wichtigsten Fragen haben sie meistens selber keine Antwort, die muss man leider selber finden.)

Alles Liebe,
Salvatore
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Salvatore
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Hallo DarkRaven,

ich finde nicht, dass du Schrott schreibst.
Und ich kann so sehr nachempfinden, wie du dich fühlst!
(Aber das weißt du wahrscheinlich, weil ich ja immerhin schon vor dir wusste, was in dir vorgehen würde... )

Umso höher ist es zu werten, dass du dich überwinden konntest, sogar bei zwei Nummern anzurufen.
Der innere Depri-Schweinehund ist sehr mächtig und es ist wirklich schwer, ihn zu überwinden.
Ich weiß auch, wie frustrierend es ist, wenn man den Erfolg nicht so recht fühlen kann.
Deshalb ist es aber auch wichtig, dass du dich belohnst, wenn du einen Anruf geschafft hast! Damit sich eben doch ein positives Gefühl einstellen kann. Du lernst dadurch quasi: "Überwinden = gut"
(Nur nicht damit, dass du am nächsten Tag "frei" hast!)

Und du hast jedes Recht auf deine Gefühle und zwar auf ALLE Gefühle. Du darfst auch ruhig sauer sein auf andere Patienten, die dir eine Möglichkeit 'weggeschnappt' haben!
Kleines Beispiel von mir selbst: während meiner Klinik-Zeit sind ein paar Therapiestunden ausgefallen wegen Personalmangel - bedingt durch Urlaub und Krankheitsfälle. Ich habe dann zu meinem Therapeuten gesagt: "Ich habe nichts dagegen, wenn die Therapeuten Urlaub machen - aber doch nicht ausgerechnet, wenn ICH hier bin!"
Solche Gefühle dürfen sein!

Eines noch zum Schluss: Argumentiere morgen (oder heute später am Tag, ist ja schon nach zwölf) nicht: Habe ja jetzt statt einem sogar bei zwei Leuten angerufen, dann brauche ich heute nicht anzurufen"
Aber übernimm dich auch nicht. Mach soviele du schaffst. Horch in dich rein und höre auf dich. Wenn zwei zu viel sind, mach nur einen. Wenn zwei gut gehen, super!

Wünsche dir Durchhaltevermögen und Erfolg - er wird sich einstellen! Wenn auch vielleicht nur zeitverzögert!

Lg, Salvatore
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Salvatore
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Hallo Dark Raven!

Erstmal danke für deine netten Worte im anderen Thread. Das hat mich doch etwas aufgemuntert. Und jetzt stehe ich quasi unter 'Droge' und bin damit einigermaßen stabil. Montag gehe ich dann in die Tagesklinik.

Aber nun zu dir: musste wegen deiner Ungeduld etwas Schmunzeln, denn so bin ich auch angefangen...
Gib dir Zeit! Nicht Tage, sondern Wochen oder Monate. Eine durchschnittliche Depression dauert ca. 11 Monate.
Was die Panik angeht, das kenne ich auch. Ist schwierig. Was kannst du machen?

Die Verhaltenstherapie sieht bei Panikattacken vor, dass du lernst sie auszuhalten. Das bedeutet: solange in der Situation bleiben, bis der Anfall vorüber ist. Dadurch lernt dein Gehirn/dein Körper, dass es gar nix gibt über das man sich aufregen muss. Das dauert leider.

In deinem Fall also: so lange telefonieren, bis du wieder ruhiger wirst.
Das ist superschwer. Du kennst das vielleicht, dass Leute mit ner Spinnenphobie Spinnen anfassen sollen. Das ist das gleiche Prinzip: jemanden der Angst-Situation so lange auszusetzen, bis die Panik vorübergeht. Erstmal nimmt die Panik zu, irgendwann wirds langsamer weniger.
Seneca meint dazu: Nicht weil es schwer ist, wagen wir es nicht - sondern weil wir es nicht wagen, ist es schwer.

Das mit dem Belohnen: ja, ist mir bekannt, diese Freudlosigkeit. Frag dich, welche Dinge du früher gern getan hast, die sich jetzt als Belohnung anbieten würden. Und dann tue genau das, auch wenn du die Freude momentan nicht spüren kannst.
Und tue es bewusst! Nicht zeitgleich fernsehen und telefonieren...


Was mein Therapeut zu dem Urlaubs-Satz gesagt hat? Weiß ich gar nicht mehr so genau, wir haben das aber auch nicht bis zum Umfallen thematisiert.
Auf jeden Fall hat er positiv reagiert und fands nicht schlimm, dass ich das gesagt hab (da gabs viel Schlimmeres, hihi). Er konnte es nachvollziehen, dass ich so empfinde - ändern lässt es sich ja nun mal leider nicht.


So, hoffe das hilft dir erstmal weiter!
Lg, Salvatore
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Hallo DarkRaven (Nevermore?),

wie ist es dir ergangen die Woche? Irgendwelche Erfolge bei der Therapeutensuche zu vermelden?

Lg, Salvatore
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Hallo DarkRaven,

mir gehts nicht so gut. Ich bin jetzt erstmal für zwei Wochen in der Tagesklinik untergekommen wo ich schon mal war. Hat mich allerdings extrem angestrengt, obwohl ich nur bis mittags geblieben bin. Die Leute aus der Gruppe sind mir leider z.Zt. echt scheißegal und ich habe keine Lust auf Konversation - das sorgt nicht gerade für Anschluss an die Gruppe. Naja, macht nichts.

Mit den 'Drogen', ja, damit meine ich Antidepressiva. Hatte ja schon eins, das wurde jetzt hochdosiert und habe ein Notfallmedi gegen Panik dazubekommen.

Wenn du für dich was nehmen willst, dann probier es mal mit Johanniskraut. Mein Mann kauft das im Supermarkt von tetesept und nimmt 2x 500mg pro Tag und fühlt sich besser damit. Ist rein pflanzlich und hat keine Nebenwirkungen und macht nicht abhängig. Man sollte nur nicht so in die Sonne gehen wenn man das nimmt bzw. sich richtig gut eincremen.

Lass dich nicht von deinen Zweifeln unterkriegen, die hatte ich auch. Dachte, ich bilde mir alles nur ein und dichte mir ne Krankheit an die ich nicht habe. Dann doch in die Klinik und Diagnose schwere depressive Episode.
Ich kann dir nur raten, dranzubleiben und auch weiter zu telefonieren. Nach dem Erstgespräch kann es auch sein, dass er dir sagt: in einem Jahr ist was frei.

Es ist auch nicht schlimm, wenn es einem gerade mal gut geht, wenn man zum Thera geht.
Um deine Zweifel in den Griff zu kriegen, kann ich dir folgendes raten: kauf dir ein kleines Notizbuch, das du immer dabeihast. Da trägst du jeden Tag ein, wie es dir geht - möglichst differenziert, nicht einfach "geht so", "ganz gut", "nicht so gut" etc. Sondern so genau wie möglich und auch, was das vielleicht ausgelöst hat, z.B. ein schwieriges Gespräch mit deiner Mutter.

Dann hast du einen Überblick und kannst zurückblättern, an wievielen Tagen es dir schlecht oder gut ging.
Erstgespräche würde ich auch auf jeden Fall machen. Der richtige Zeitpunkt für eine Therapie ist eigentlich, wenn man denkt: NOCH geht es...
Die meisten (ich auch) warten zu lange und sind dann völlig am Boden und haben kaum mehr Kraft für eine Therapie.

Bleib dran!
Lg, Salvatore
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Hallo DarkRaven,

habe mich heute gefragt, wie's dir wohl so geht und wie deine Thera-Suche läuft?

Lg,
Salvatore
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Salvatore
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Hallo DR,

mir gehts inzwischen besser und habe auch Anschluss in der Gruppe gesucht + gefunden. Und: ich habe drei Wochen Verlängerung bekommen, so dass ich erstmal dort bleiben kann. Riesenerleichterung!

Und nun zu dir. Ja, wenn dir der/die Therapeut/in beim Erstgespräch nicht zusagt, dann sollst du die Beine in die Hand nehmen. Wenn da nicht von Anfang an Sympathie da ist, dann bringt das nichts.
Und nein, ich habe natürlich im ersten Gespräch nicht gleich alles erzählt. Erstens muss Vertrauen ja erst wachsen und manche Dinge an- und auszusprechen erfordern extrem viel Mut. Zweitens sind 50 Minuten gar nicht so viel, die gehen superschnell vorbei.

Mein Therapeut hat mir geholfen, in dem er mir viele, viele Fragen gestellt hat. Ich war auch total nervös, habe ohne Ende gezittert und geheult. Puh, das war anstrengend!
Aber das Gute ist ja, dass Therapeuten Kummer gewöhnt sind und daher damit umgehen können. Falls doch nicht: nix wie weg!

Die Sachen, die du aufgeschrieben hast sind ja schon mal nicht schlecht. Vielleicht versuchst du, in dich reinzuhören, was das alles mit DIR macht.
Wie fühlt sich das für dich an, dass dein Bruder im Knast sitzt?
Wie ist das für dich, wenn du den Nachwuchs beobachtest, dem der Vater fehlt?
Zu sehen, wie das Leben weitergeht und er daran nicht teilhaben kann?

Bisher versetzt du dich anscheinden viel in seine Lage.
Versuch mal, bei dir zu bleiben und dafür auch Worte zu finden.
Z.B: "Ich hasse meinen Bruder für das, was er mir angetan hat und dass er mein Vertrauen so oft missbraucht hat, und ich habe Schuldgefühle, weil ich so denke. Ich fühle mich schuldig, weil ich manchmal denke, dass ich als sein größerer Bruder auch Verantwortung für ihn hatte und ihm hätte helfen sollen um ihn davor zu bewahren.
Ich sehne mich danach, darüber in der Familie zu sprechen, aber ich spüre da keine Gesprächsbereitschaft und habe Angst, von mir aus das Thema anzuschneiden weil ich mich davor fürchte, von den anderen abgelehnt zu werden."

So in der Art könnte das aussehen, was ich geschrieben habe ist natürlich reine Spekulation, aber es verdeutlicht es viell ein wenig.
Es muss aber auch gar nicht gleich so schwierig sein. Es reicht schon:
Ich denke heute viel über sowieso nach und das fühlt sich soundso an.

Alle Klarheiten beseitigt?

Lg, Salvatore
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Re: die / den richtigen therapeut / in finden

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Hallo Dark Ravin (sorry),

siehste, jetzt hast du's! So ungefähr geht das. Was du im letzten Beitrag geschrieben hast, geht ziemlich an die Substanz. Weiter so!
Es ist gut, wenn die Tränen kommen, denn dann bewegt sich was. Wenn sie kommen, lass sie rollen - schäm dich nicht, versuch auch mal das Gefühl der Erleichterung genießen.

Postings wie diese kannst du z.B. ausdrucken oder eben in ein kleines Büchlein abschreiben und mit zum Erstgespräch nehmen.
Wenn dir dann salopp gesagt der Arsch auf Grundeis geht, kannst du dich darauf beziehen.

Deine Familie kannst du nicht ändern. Deinen Bruder kannst du nicht ändern. Du kannst für sie auch keine Verantwortung übernehmen.
Wie jemand anderes im Forum mal schrieb: Ich habe die Hoffnung auf eine bessere Vergangenheit aufgegeben.

Wenn deine Familie darüber nicht sprechen möchte/kann, hat das nichts mit dir zu tun - das hat nur mit denen was zu tun und damit, wie sie die Situation verarbeiten und damit umgehen. (Unabhängig davon, ob das so richtig oder falsch ist.)
Was dein Bruder anstellt, hat ebenfalls allein was mit ihm zu tun.
Vielleicht schaffst du es eines Tages, mit Hilfe einer Therapie (vielleicht aber auch alleine), dich davon abzugrenzen.

Der erste Schritt dabei wird sein, diese Dinge vom Verstand her zu begreifen. Das geht noch relativ einfach und schnell. Danach wird es darum gehen, das auch zu fühlen - und da liegt der Hund begraben, das dauert viiiiiel länger.

Ja, bis Oktober ists noch lang. Und eine Garantie gibt es nicht, dass es gleich passt. Bei mir und meinem Therapeuten war das ja der Fall, aber das ist wohl eher selten.
Aber bevor du das Gefühl hast "Jetzt kann ich aber wirklich nicht mehr", besprich das bitte mit nem Arzt. Es gibt ja immer noch die Möglichkeit der Tagesklinik, habe ich ja auch so gemacht und da kommt man erstmal raus aus dem Druck der Arbeitswelt.
In der Zeit bist du krankgeschrieben und das kann auch der Hausarzt machen (falls du Angst hast wegen dem Stempel).

Guts nächtle,
Salvatore
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Hallo DR,

in dem was du schreibst sehe ich mich selbst vor einem halben Jahr...
Hab ich auch alles gedacht: "Reg dich ab, du hast doch alles, andere kommen auch klar, hör auf mit dem Gejaule und reiß dich zusammen."

Ist doch easy - ich akzeptier halt, wie's damals gelaufen ist und nehme meine Familie wie sie ist, ich höre auf ständig die Verantwortung zu übernehmen, ab jetzt habe ich einfach ein dickes Fell. Kann doch nicht so schwer sein, das auf die Reihe zu kriegen, schaffen andere doch auch.

Hm, ich habe die (schmerzliche) Erfahrung machen müssen, dass das nicht 'einfach' so beschlossen werden kann. Da bin ich selbst wie viele vor mir dran gescheitert.
Ich meine, klar, kann sein dass es auch ohne Therapeuten geht. Aber es ist leichter mit und deshalb solltest du den Termin auch wahrnehmen. Was hast du zu verlieren?

Woher kommen denn eigentlich diese Zweifel wieder so plötzlich? Ich meine, bis vor Kurzem warst du ja noch der festen Überzeugung, dass du dringend schnell eine Therapie brauchst. Und jetzt plötzlich nicht mehr? Woran liegt's?
Bei mir waren die Zweifel aus meiner Angst vor dem Unbekannten geboren. Der Angst vor der Therapie und was dabei alles ans Tageslicht rücken würde.
Und ich hatte auch Recht damit, Angst davor zu haben - jetzt wird mir ja im Laufe der Therapie erstmals so richtig klar, wie schlimm es um mich steht.

Das ist echt krass und es tut höllisch weh. Aber es bringt mich auch weiter.
Du quälst dich doch jetzt! Meinst du, diese Qualen werden einfach so verschwinden?

Vielleicht lag es daran, dass du gestern erstmals tief in DICH hineingehorcht hast und es dir Angst gemacht hat, was du da gehört hast. Und der natürliche Schutzmechanismus schlägt diese Tür, die sich da öffnen wollte, schnell wieder zu.
Aus dem Auge, aus dem Sinn - was ich verleugne, kann mich auch nicht verletzen. Ist aber nicht so. Die Keule kommt, ganz bestimmt.

Ich kann dir das Buch "Kognitive Verhaltenstherapie für Dummies" sehr empfehlen. Das ist zwar nicht ganz billig, aber bei uns in der Stadt kann man das auch in der Bücherei ausleihen.
Es ist wirklich gut und gibt ganz viele konkrete Tipps, wie man sich selber helfen kann.
Denn alles, was du geschrieben hast, ist ja nicht verkehrt - das Verhalten zu ändern, Tagebuch zu führen...
Denn 'schaffen' musst du es ohnehin alleine, die Arbeit machst du, nicht der Therapeut. Der kann nur den Weg mit dir gehen, dir die Hindernisse zeigen und dich zurückleiten wenn du vom Weg abkommst.

LG,
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Salvatore
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Hallo DR,

brauchst dich nicht zu entschuldigen, ich würds dir schon sagen wenn es mich nervt! Ist aber nicht so - weil, echt jetzt, ich erkenne mich da 100%ig wieder in dem was du schreibst.

Also jepp, ich kann das gut nachfühlen und ich verstehe dich.
Und ja, mich verletzt das auch immens, immer wieder zu sehen was ich für ne Katastrophe bin...
Ich habe keine so schlimme Familiengeschichte wie du, bei mir ist eigentlich alles i.O. (was es mir noch schwerer gemacht hat zu akzeptieren, dass ich echt schlimm krank bin), aber ich musste früh selbständig werden und hatte z.B. in schulischen Fragen meine Eltern gegen mich.

Gefühle habe ich eigentlich nie zugelassen, bin ein totaler Vernunftmensch geworden und es fällt mir wahnsinnig schwer, über Gefühle zu sprechen und diese in Worte zu fassen. Ich bin das nicht gewöhnt und muss jetzt erst lernen, dies auch zuzulassen.
Und ich musste leider auch lernen, dass das ein sehr langwieriger Prozess ist - ich arbeite sonst eher 'ergebnisorientiert' und das ist bei Depressionen leider nicht möglich, da hinter jedem Fortschritt auch ein Rückfall lauern kann.

Aaaaaber: wenn du das mit professioneller Hilfe machst, dann gehst du diesen Weg mit Netz und doppeltem Boden.
Was du als dein 'worst-case-scenario' beschreibst, habe ich alles schon gehabt.
Geheult wie ein Schlosshund, trotzig geworden, wütend geworden, hab schreien und treten wollen und weglaufen.

Psychotherapeuten sind aber Kummer gewöhnt und können mit diesen Situationen umgehen! Meiner hat's auch (meistens, nicht immer ) geschafft, mich wieder runterzuholen.
Und er hat mir beigebracht, dass das alles gar nicht schlimm ist. Wenn ich wütend bin, dann ist das so. Dann kann man schauen, wo dieses Gefühl herkommt und warum. Aber es ist mein/dein gutes Recht, wütend zu sein oder bockig.

Ich hatte in den Therapiestunden schon alles mögliche: wir haben uns gestritten, miteinander gelacht und uns gegenseitig angezickt.
Manches Mal hat er sich von mir tatsächlich provoziert gefühlt und manches Mal hat er mich einfach nur gespiegelt.

Alles das ist aber ok. Manchmal geht es mir nach der Therapiestunde schlechter als vorher und manchmal fühle ich mich erleichtert.

Dass du erkannt hast, dass du Hilfe brauchst, ist ein riesiger Schritt den du nicht kleinreden darfst. Dass das erstmal Angst macht, ist wohl jedem verständlich.
Wichtig ist nun, das auch zu akzeptieren - bringe für dich selber das gleiche Verständnis auf, das du für andere aufbringst!

Und du musst lernen, auf dich selbst zu hören und nicht immer nur auf andere.
Dazu kannst du Achtsamkeits-Übungen machen, das geht ganz einfach. Nimm dir ein paar Mal am Tag Zeit, innezuhalten und horche in dich rein. Versuche, in dich reinzuschauen, wie es dir IN DIESEM MOMENT gerade geht und das in Worte zu fassen.
Um dich daran erinnern, kannst du das an Gegenstände binden: z.B. jedes Mal, wenn du was trinkst o.ä.

LG, Salvatore
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Hallo DR,

ich verspreche dir jetzt mal eines hoch und heilig: kein Therapeut, bei dem du dich vorstellst, wird dich wegschicken mit dem Hinweis, du mögest dich doch bei einer so kleinen Krise nicht so anstellen und dich bitteschön zusammenreißen.

Das wird kein Therapeut tun!
Weißt du warum nicht?
Erstens weil ich von deinem Geschriebenen nicht glaube, dass du die Maskerade so stabil halten kannst, dass die Therapeutin das nicht merkt.
Zweitens weil deine Familiengeschichte bereits mehr als genug Stoff für eine Therapie bietet.
Soweit klar?! Ich würde meinen, die Therapeutin wäre eher überrascht, wenn du keine Therapie bräuchtest.

Und dann möchte ich dich nochmal ermutigen, eine Krankschreibung zumindest mal ernsthaft in Erwägung zu ziehen und evtl. mit deinem Hausarzt mal zu besprechen.
Denn so wie ich das sehe, geht es dir momentan einfach wirklich schlecht.
Es kostet Kraft, den Arbeitsalltag aufrecht zu erhalten, da ja auch der Druck da ist, funktionieren zu müssen um die Arbeit zu schaffen und eben nicht in Tränen auszubrechen.

Ich sehe das irgendwie kommen, dass du demnächst völlig zusammenklappst. Bei mir war das jedenfalls so. Ich arbeite im Verkauf und im Weihnachtsgeschäft KONNTE ich doch UNMÖGLICH einfach KRANKFEIERN.
Silvester war dann Sense, nichts ging mehr, habe nur noch geheult und das tagelang ohne Unterbrechung.

Warte nicht solange, bis es bei dir auch so weit ist - und ich glaube, du bist gar nicht so weit davon entfernt.
Ich sage nicht, dass du dich jetzt krankschreiben lassen SOLLST. Ziehe es aber wenigstens in Erwägung und horche in dich rein, ob es nicht für dich das richtige ist, mal wenigstens ein paar Tage Ruhe zu finden.

Du sagst ja, dass du dich nicht traust ein wenig achtsamer mit dir umzugehen, weil du befürchtest dann nicht mehr zu funktionieren.
Das ist ein heftiges Warnsignal und ich finde, dass es das wert wäre mal hinterfragt zu werden.
Sorge für dich! Gehe gut mit dir um.

Es ist schwierig, sich das einzugestehen - wir haben eben keinen Knochenbruch den man zweifelsfrei auf dem Röntgenbild sehen kann und dessen Gips für jedermann sichtbar ist.
Trotzdem kann die Seele ebenso verletzt werden wie der Körper, auch wenn man es eben nicht sofort sieht...


So, ich werde mich jetzt jedenfalls schon mal in die Falle hauen - denn ich bin vom Kliniktag heute total platt.

Machet jut, DR, und sei nicht so streng mit dir!
Salvatore
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Hallo DR,

ja diese Leere kenne ich auch. Das ist, glaube ich, ein Schutzmechanismus. Wenn's unerträglich wird, werden die Gefühle abgestellt. Das heißt aber nicht, dass sie weg sind, sie machen nur Pause und kommen dann wie ein Bumerang zurück und treffen einen im Nacken.

Ich erkenne mich sosehr wieder in dem, was du beschreibst. Und das macht mir etwas Sorgen, denn mir ging es irgendwann schlecht genug, sogar bis hin zu Suizidgedanken.
Bitte pass gut auf dich auf, dass dir das nicht auch passiert.

Vielleicht schaffst du es ja, deine Gefühle/Ängste/Beschwerden als Symptome einer Krankheit namens Depression zu akzeptieren. Natürlich passt es dir nicht in den Kram, krank zu sein, schon gar nicht mit einer Krankheit ohne äußere Anzeichen. Es passt aber niemandem in den Kram!
Und du kannst darauf reagieren, in dem du schlecht mit dir umgehst, dich überforderst, weiter funktionierst (wo es schon längst nicht mehr geht) und die Fassade mühsam aufrecht erhältst.
Und irgendwann brichst du unter dieser Last zusammen.

Oder du stoppst das Verlegnen jetzt, bevor es unerträglich wird, und siehst den Tatsachen ins Auge.
Die Krankheit anzuerkennen ist der erste Schritt und ja, er ist schwierig.

Sorge für dich und gehe achtsam mit dir um.

Die Therapeutin wird sich von der Fassade nicht blenden lassen.
Ich bin schon fröhlich lachend zu meinem Therapeuten gegangen und er hat mit einer einzigen Frage dafür gesorgt, dass ich in Panik gerate und in Tränen ausbreche...

Außerdem hast du ja selbst geschrieben, dass es der einen oder anderen Kollegin schon aufgefallen ist, dass mit dir irgendwas nicht stimmt. Sooo gut können deine Schauspielkünste also nicht sein, gell?

Alles Liebe,
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Hallo DR,

ja, Arbeit kann auch eine positive Ablenkung bedeuten. Manchmal ist es aber eben die zusätzliche Belastung, die die Depris unerträglich macht. Da muss man für sich schauen, ab wann es hilft und wann es die Krankheit schlimmer macht.

Ja, ich bin bei einem Mann, habe aber in der Klinik mit allen möglichen Therapeuten zu tun, aber die Einzelgespräche (tiefenpsychologisch) sind beim Bezugstherapeuten.
Ich komme super mit ihm klar, da war von Anfang an Sympathie da und eben die gleiche 'Wellenlänge'. Er ist recht jung, weiß nicht genau, aber er kann nur ein paar Jahre älter sein als ich. Insofern nix in Richtung väterlich.

Ich denke, es kommt immer drauf an, auch was man an Sorgen mit sich rumträgt.
Ich meine, wenn man jetzt z.B. als Frau als schwieriges Thema Zoff mit dem Ehemann hat und Kinderwünsche oder Probs mit Kids, dann kann das eine Therapeutin glaube ich besser nachvollziehen.
Weißt du, was ich meine?
Bei mir sinds ja Depris allgemein und Zwänge, da ist es eigentlich egal ob Mann oder Frau.

Von den Theras in der Klinik könnte mir keiner besser helfen als meiner, sonst hätte ich auch schon gewechselt. Da hatte ich also echt tierisch Glück.
Es gibt aber sowohl unter den Frauen als auch unter den Männern welche, bei denen ich mir das auch hätte vorstellen können und welche bei denen es gar nicht gegangen wäre.

Aber du musst das ja auch nicht gleich nach dem ersten Gespräch entscheiden, dir stehen fünf Probesitzungen zu.
Es muss aber eine beiderseitige Entscheidung sein, es KÖNNTE also auch sein, dass die Therapeutin sagt sie kann sich das mit dir nicht vorstellen.
Allerdings habe ich das bisher aus der Theorie gehört, ich kenne selber niemanden, dem das mal passiert ist.

Es ist ja auch die Frage, welche Therapieform du willst. Hast du dich da schon entschieden? Kennst du dich überhaupt mit den einzelnen Methoden aus? Wenn nicht, kann ich dir da auch ein wenig was erzählen.
(Ich freue mich, dass ICH da mit meinem Vorwissen angeben kann... )

Lg,
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