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Re: Liebe lernen

Verfasst: 8. Aug 2008, 15:53
von Gabriele
Hallo Otterchen,

eigentlich ist alles Wesentliche gesagt. Aber mir lässt das alles keine Ruhe, weil es so viele Parallelen gibt.

Wenn ich mal von meiner Erziehung ausgehe, war es da genau anders herum.
Ich habe erst einmal meine Eltern geliebt, hatte aber so weit ich zurückdenken kann Angst vor meinem Vater. Ab irgendeinem Zeitpunkt bin ich meinem Vater aus dem Weg gegangen. Als ich begriffen hatte, dass er der Despot im Hause ist, war meine Liebe für ihn futsch. Er hat mir übrigens auch den Hintern versohlt, wegen Nichtigkeiten.
Um Zärtlichkeiten habe ich gebettelt. Mitleidig lächelnd sagte meine Mutter immer, tja unser Kind ist eben sehr liebebedürftig.
Anerkennung oder gar ein Lob gab es nie.
Zeit hatte nie jemand, jeder ging seinen Interessen und seinen beruflichen Plänen nach. Als ich wegen Krankheit in der Schule länger fehlte und Hilfe gebraucht hätte, kam keine Hilfe, aber ein Donnerwetter als die Zensuren schlechter wurden usw.

Ich hatte mir geschworen meinem Kind so etwas nicht anzutun. Und ich habe es durchgehalten. Schläge gab es nicht.

Als unser Sohn geboren wurde, hat es eine Ewigkeit gedauert, bis er endlich den ersten Schrei von sich gab. Die Hebamme sagte noch, dass er wohl zu schwach wäre um zu schreien. Aber dann hat er losgelegt, und wie! Es war Musik in meinen Ohren. Ich hatte solche Angst um ihn.
Als er das nötige Gewicht hatte und nach Hause kam, habe ich ihn nie schreien lassen. Ich wusste genau, dass er, wenn er schreit, dann auch ein wirkliches Bedürfnis hat.

Klar war ich mir bei der Erziehung unsicher, aber ich habe versucht die Dinge richtig zu tun, die ich als falsch bei der Erziehung meiner Eltern erkannt habe. Ich habe die Dinge hinterfragt und ab einem gewissen Zeitpunkt meinen Eltern nichts mehr erzählt und mich zurückgezogen.

Unser Sohn sagt immer, dass er gern ab und an mal mit den Großeltern zusammen wäre, aber der Großvater geht ihm auf den Zeiger.
Zu uns nach Hause kommt er regelmäßig. Obwohl er schon 26 Jahre alt ist, macht er immer noch gerne mit uns zusammen Urlaub. Wir haben jede Menge gleiche Interessen und manchmal ist seine Liebe schon fast ein bisschen zu eng. Er erstickt mich manchmal fast mit seiner Liebe. Aber wenn ich an ihn denke, habe ich ein ganz warmes Gefühl im Herz und im Bauch.

Ich will sagen, dass genau das, was man einem Kind hin gibt, von ihm zurückkommt.
Ein Kind kommt unschuldig auf die Welt. Sie werden ja nicht gefragt ob sie geboren werden wollen. Sie sind auf ihre Eltern angewiesen. Und ein Kind will leben.
Du hast Dich nur folgerichtig verhalten, wo sollte Deine Liebe herkommen?

Wenn Du weinen musst, dann weine. Lass den Druck ab. Höre auf die „Schuld“ bei Dir zu suchen. Lerne auf Deine Gefühle zu hören, Dir zu vertrauen. Achte darauf welche Gefühle Dir gut tun und welche Dir ein Bedürfnis sind.

Liebe Grüße Gitte

P. S. Was sagt eigentlich Deine Thera dazu?

Re: Liebe lernen

Verfasst: 8. Aug 2008, 16:50
von danni64
Hallo Gitte,

so haben wir doch was Gutes aus unserer miesen Kindheit mitgenommen .

Auch ich habe mich immer über jede Geburt meiner Kinder gefreut. Ich weiss noch,wie sehr ich bei meinem Grossen gekämpft habe. Auch wenn es sich doof anhört,aber ich habe jede Wehe genossen,weil ich wusste,ich kämpfe da zusammen mit meinem Kind,dass es eben kann und ich es in meine Arme schliessen kann.
Hinterher wurde ich schwer krank und wäre beinahe verblutet. Aber ich habe für mein Kind um mein Leben gekämpft und die Ärzte waren erstaunt,wieviel Kraft ich kleine Person aufbringen konnte,um gesund zu werden und für mein Kind sorgen zu können.Ich bin klein und zierlich,muss ich dazu sagen.

Wenn ich an meine Kinder denke und sie sehe,dann kommen Gefühle auf,die man eben nur fühlen,aber nicht beschreiben können.

Ja,ich würde mein Leben für diese drei Leben geben,damit sie leben können.

Bei mir war es nicht mein Vater,es war immer meine Mutter,der ich im Weg war. Und ausgerechnet musste sich mein Vater das Leben mit 44 Jahren nehmen !!
Ich muss sehr ehrlich sagen,dass ich besser ohne meine Mutter leben könnte,und lieber meinen Vater für mich da hätte.

Ich weiss ganz genau,er wäre heute für mich da und an meiner Seite. Er war nie ein Mann grosser Worte,aber er konnte einen in den Arm nehmen,fest an sich drücken und einen mal so richtig ausweinen lassen.
Meine Mutter hat sehr schnell geschlagen und gerne. Wenn ich an diese Zeit zurück denke und an das,was sie mir alles angetan hat,dann bekomme ich echt Bauchweh .
Ich weiss noch eine Szene meines Lebens,obwohl ich nicht gerne über diese Zeit rede.
Meine Mutter war mal wieder sauer auf mich,ich war so 8 oder 9 Jahre. Meine Mutter war sehr eifersüchtig darauf,dass mein Vater immer seine Hand über mich hielt.
Naja,mein Vater kam abends nach Hause und meine Mutter befahl ihm,dass er mir den Po versohlen sollte. Mein Vater wollte das nicht,aber was meine Mutter sagte,das war Gesetz,denn sonst hätte sie wieder Tage nicht mit ihm gesprochen.

Also ging er mit mir ins Schlafzimmer. Dann flüsterte er mir zu: "Nun schreist du immer laut und verzweifelt Aua und fange an zu weinen !"

Er nahm dann einen Gürtel und schlug damit immer auf das Bett,damit es richtig knallte.
Bis heute denkt meine Mutter,er hat mich da so richtig verprügelt,hat er aber nicht und das wissen nur er und ich. Es war immer unser kleines Geheimnis und ich bin ihm noch heute dafür dankbar,denn so hat er mir gezeigt,wie sehr er mich liebte.

Als ich meinen ersten Liebeskummer hatte,ging ich zu ihm. Meine Eltern waren inzwischen geschieden.
Er nahm mich in den Arm und ich weinte bestimmt eine halbe Stunde lang richtig herzzerreissend. Er hielt mich nur fest in den Arm und liess mich weinen.
Als ich mich etwas beruhigte,schaute er mich an und sagte zu mir: "Pass mal auf mein Töchterlein,die erste grosse Liebe heiratet man nie und das ist auch gut so. Irgendwann wirst du verstehen warum."

Und er hatte Recht,denn meine erste grosse Liebe ist heute noch mein bester Freund,wenn ich ihn brauche.

Und so mache ich es bei meinen Kindern,einfach für sie da sein und sie lieben. Vertrauen ist das Wichtigste bei der Liebe und das gilt auch bei Kindern.

Oh man,ich habe jetzt viel geschrieben und meine Gefühle fahren gerade Achterbahn,aber das musste ich jetzt mal los werden.

LG Danni !!

Re: Liebe lernen

Verfasst: 8. Aug 2008, 22:57
von eligeo71
Hallo Otterchen

Tut mir leid, dass mein Beitrag dich getriggert hat. Möchte dir sagen, dass mein Inneres Kind das Deinige gut leiden kann. Weil es echt ist, so wie es ist und fühlt.

<<<< Bin (war) ich normal? >>>>

Ich glaube, tief in deinem Innern kennst du die Antwort,auch wenn du deinen Gefühlen noch nicht trauen magst.
Deine (Selbst)Zweifel finde ich indes nicht verwunderlich. Ein Kind welches statt Geborgenheit und Liebe meist nur Vernachlässigung und Misshandlung erfahren hat, gerät unweigerlich in die Opferrolle. Wie sollte ein Kind sich auch wehren können, es ist auf Gedeih und Verderb seinen Eltern ausgeliefert. Auch wenn es paradox klingt, ein Opfer fühlt sich oft schuldig an dem was ihm widerfahren ist. Es ist erstmal leichter mit der Schuld zu leben, als die Ohnmacht auszuhalten. Ohnmacht ist ja ganz nahe bei der Todesangst angesiedelt.

Das Fiese an diesem früh auferzwungenen Opferverhalten ist: es kann über Jahrzehnte hinweg unerkannt (oder auch unbewusst) unser Leben bestimmen.
Ich glaube der Weg da raus ist meist nur im Rahmen einer Therapie zu bewältigen. Hilfreich könnte auch ein Austausch mit anderen Opfern elterlicher Willkür in entsprechenden Foren sein, Stabilität vorausgesetzt.

LG, Rainer

Re: Liebe lernen

Verfasst: 9. Aug 2008, 10:34
von otterchen
So,

jetzt sitze ich hier und habe etwas Abstand genommen.

Ich fühle mich wie eine halbverhungerte Ziege, die aber Milch geben soll,
wie ein Baum auf kargem Boden, der aber reiche Früchte tragen soll.
Obwohl... dieses Bild hat was:
vielleicht kann ich noch keine reichen Früchte tragen, aber ich kann meine Dornen einpacken, so dass sich Vögel auf meinen Ästen niederlassen, die den Boden unter mir düngen.

Whatever - Ihr wisst hoffentlich, was ich meine.
Da IST ja Liebe in mir, aber mir fehlen die Ausdrucksmöglichkeiten.
Mir sind gerade noch 2 Beispiele eingefallen, wo Leute mich mit ihren liebevollen Gesten aus den Schuhen gehauen haben. Und ich? Denke direkt, ich muss sowas auch können. Ich verlange von mir, solche Situationen auch für andere zu schaffen. Aber wer weiß: vielleicht habe ich das schon, es wurde mir nur nicht zurückgemeldet?!
Vielleicht auch einfach mal annehmen - weil ich es verdient habe??

Da passt wieder Chirons Posting, dass ich mich schwer tue damit, Liebe anzunehmen *seufz*

Oh man... ich fühle mich gerade, als würde ich mit jeder Baustelle, die ich bearbeite, drei neue aufreißen.

Da hilft wohl nur üben. Viele Leute kennenlernen, positive Erfahrungen machen und bewusst abspeichern.


Danni, Gitte:

meine Bewunderung für Euch! Ihr habt es geschafft, trotz schlechter Grundvoraussetzungen Eure Kinder anders zu erziehen und ihnen das zu geben, was Euch damals verwehrt wurde. Und ich hoffe, dass von dem, was Ihr Euren Kindern gebt, ein wenig auch das kleine Kind in Euch abbekommt.


Rainer,

das Thema war schon latent die letzten Tage vorhanden, und es war gut so, dass es rauskommen konnte.
Deine Worte haben mich sehr getröstet. Und wenn ich innehalte und mich an meine Kleine zurückerinnere, dann weiß ich, dass sie "gut" war. Sie war aber auch recht kritisch und hat schnell mitbekommen, dass das, was zu Hause ablief, nicht viel mehr war als Nahrung, Kleidung und ein Dach über dem Kopf. Emotionale Wüste mit Fallgruben.

Vieles ist noch ungeklärt und wird es auch wohl für immer bleiben, z.B. warum ich als Kind oft in Ohnmacht (wo Du gerade dieses Stichwort gibst) gefallen bin, z.B. beim Arzt, der mir nur ein Pflaster abgezogen hat. Diese große Angst, dass ein Arzt mir weh tut, hat sich bis ins Erwachsenenalter gehalten, und ich bin schon ziemlich oft umgekippt. Komischerweise habe ich aber kein gestörtes Verhältnis zu Ärzten.
Irgendwie wabert in meinem Kopf aber immer der Begriff "ausgeliefert sein" herum.


Bleibt für mich abschließend die Frage, wie ich Liebe lernen soll. Also nicht das Gefühl an sich, sondern die Ausdrucksformen. Wie verhält man sich, wenn man liebt? Wie ist man sich selbst ein guter Freund, ein liebevoller Elternteil?
Ich möchte aus diesem Kreislauf "nichts bekommen -> nichts zu geben" heraus.

Es bleibt die Frage, wie ich mich selbst in den Arm nehmen soll, wie ich gleichzeitig die Gebende und die Nehmende sein soll.
Wie ich mich selbst mit strahlenden Augen im Spiegel betrachten soll, wenn ich doch gerade dieses Strahlen benötigen würde und nicht selbst produzieren kann.
Ich stecke fest im Narzissmus. Von außen soll's nicht kommen, von innen kann's nicht klappen.



Hm. Etwas unsortiert, das Ganze, und wieder recht viel. Bitte entschuldigt. Zuviel Durcheinander im Kopf.

Re: Liebe lernen

Verfasst: 9. Aug 2008, 11:05
von danni64
Hallo Otterchen,

von mir kann ich sagen,dass meine Kinder mir sehr viel von der Liebe zurück geben.

Weiss du,keiner hat so feine Antennen wie Kinder.Irgendwie wissen sie,wann ich sie unbewusst brauche. Sie sagen mir,ich habe dich lieb und nehmen mich in den Arm,wenn ich es brauche und das,ohne es einzufordern. Gerade Kinder gehen sehr unbefangen auf Menschen zu. Ja,sogar im Kiga meiner Kinder kommen Kinder auf mich zu,schenken mir Bilder oder Blümchen und zeigen mir somit,dass sie mich mögen. Wo ich es so schreibe,fällt mir auf,dass in der Zeit,wo es mir sehr schlecht ging,die Kinder ganz besonders auf mich zukamen und mir was schenkten oder was liebes sagten .

Weisst du,Kinder sind was ganz besonderes,denn sie hören noch auf ihr Bauchgefühl und sie machen keinen Unterschied zwischen Hautfarbe,Rasse oder Sprache. Sie können was,was wir Erwachsenen leider oft verlieren. Menschen einfach so zu nehmen,wie sie sind.

Ich erinnere mich in diesem Fall immer an meinen Grossen. Er war damals 4,da waren wir in Tunesien. Er lernte ein kleines Mädchen kennen,die kam aus Frankreich. Nun ja,mein Junge sprach nur deutsch und das Mädel nur Französisch,aber die Beiden konnten sich mit einander ohne Worte unterhalten . Ich habe dieses Rätsel bis heute nicht lösen können !!!

Sie waren unzertrennlich und immer zusammen auf Achse. Noch heute habe ich ein Bild davon,wie die Zwei zusammen stehen und in die Kamera lächeln. Und mein Grosser wird nächsten Monat 19.

Weisst du,mir ist es auch relativ egal,ob ich diese Liebe jetzt zurück bekomme.

Eines ist mir aus meiner Kindheit sehr wichtig. Dass meine Kinder später sagen können,ich fühlte mich immer geliebt und verstanden und das sie es später einem Partner und dem Kind weiter geben können. Mir ist es wichtig,dass sie wissen,dass sie in ihrer Mama eine Person haben,wo sie immer hingehen können und sich ausweinen oder ausruhen können. Sie sollen mir Vertrauen können und das in jeder Lebenslage und immer wissen,dass sie,egal was sie machen oder mal werden,immer auf mich zurück greifen können.

Sie sollen sich niemals alleine oder einsam fühlen,denn im Notfall sind meine Arme und Ohren immer offen für meine Kinder.
Ich weiss,ich werde sie nicht immer vor Leid oder Trauer beschützen können. Sie werden es in ihrem Leben bestimmt mal abbekommen. Aber sie sollen immer das Gefühl haben,dass sie in diesen Stunden nicht alleine sind und sich in meinen Armen ausweinen können.

Ich weiss noch,dass es für mich oft mal Jahre gab,wo ich mich so einsam und alleine fühlte,noch heute tut es weh,wenn ich dran denke. Ich war immer für andere da und dann brauchte ich mal Jemanden und keiner war da.

Und dieses Gefühl sollen meine Kinder niemals haben.

Ich hatte mal Jahre Funkstille mit meiner Mutter,mein Vater ist leider schon lange tot.

Irgendwann nahm ich wieder Kontakt auf und es ging ganz gut. Ich dachte,wir verstehen uns wieder besser. Naja,nun, wo es mir schlecht geht und ich sie mal gebrauchen könnte,da macht sie mir Vorwürfe und zieht sich wieder zurück. Unter dem Motto,nehme Pillen,werde wieder gesund und dann kannst du dich wieder melden .
Aber ich will nun nicht mehr,ich brauche meine Mutter mehr,wenn es mir nicht gut geht.

Und genauso dieses Gefühl sollen meine Kinder niemals haben. Ich bin immer für sie da und ich hoffe,dass sie es immer wissen und dann zu mir kommen.

Ich freue mich mit meinen Kindern und ich leide mit ihnen,das macht für mich Mutterliebe aus.
Und das macht mir klar,dass meine Mutter nie eine Mutterliebe für mich empfunden hat und ja,das tut weh,obwohl ich es seit 43 Jahren erlebe.

LG Danni und schönes Wochenende dir und den Menschen,die dir wichtig sind !!!

P.S: Ich gebe dir mal einen Tipp . Wenn es dir mal nicht so gut geht und du jemanden um dich brauchst,der dir das Gefühl gibt,da zu sein. Dann gehe auf einen Spielplatz,wo viele Kinder sind,setze dich auf eine Bank und schaue ihnen zu. Du wirst sehen,sie brauchen nicht lange und kommen auf dich zu. Das wird dir dann ein Lächeln aufs Gesicht zaubern.

LG

Re: Liebe lernen

Verfasst: 9. Aug 2008, 23:14
von Gabriele
Hallo Otterchen,

>Ich stecke fest im Narzissmus. Von außen soll's nicht kommen, von innen kann's nicht klappen.<

Ein Narzisst liebt sich selbst am allermeisten, ein Narzisst hinterfragt nicht, ein Narzisst lässt keine Kritik zu, teilt dafür kräftig aus.

Du bist meilenweit davon entfernt ein Narzisst zu sein.

Gruß Gitte

Re: Liebe lernen

Verfasst: 9. Aug 2008, 23:33
von otterchen
Hallo Gitte,

nicht unbedingt. Ich meine hier nicht den Aspekt der Selbstverliebtheit.
Narzissten sind nur nach außen ausgerichtet. Sie tun alles, um beliebt zu sein, um quasi Applaus zu bekommen, um bestätigt zu werden, um Liebe zu bekommen. Weil ohne das Außen innen nichts ist.
Narzissten können von einigen ihrer Eigenschaften durchaus selbstverliebt sein und sich in dieser Hinsicht toll fühlen, aber es ist keine richtige Eigenliebe.

Ich habe den Eindruck, dass ich auf der Suche nach Liebe von außen bin, dass ich damit das ausbügeln möchte, was es in der Kindheit nicht gab, gleichsam um endlich die Startenergie zu erhalten, das Ganze ans Laufen zu bekommen.

Re: Liebe lernen

Verfasst: 10. Aug 2008, 11:46
von Lee
Hi Otterchen,

>>>Ich habe den Eindruck, dass ich auf der Suche nach Liebe von außen bin, dass ich damit das ausbügeln möchte, was es in der Kindheit nicht gab, gleichsam um endlich die Startenergie zu erhalten, das Ganze ans Laufen zu bekommen.

Das geht uns vermutlich allen so. In stärkerem oder geringerem Maße. Je nachdem, wie viele und welche Bedürfnisse nicht erfüllt wurden. Nenn's Wiederholungszwang, Wunsch nach Wiedergutmachung oder Auflösung eines problematischen Lebensthemas.

Leider bevorzugt man bei der Suche unbewusst, aber zielsicher Menschen, die den damaligen Nicht-Gebern ähnlich sind, damit die Wiedergutmachung richtig "was Wert" ist. Andere Menschen, die schon lange an unserer Seite sind und die ersehnte Zuwendung gerne geben (würden), sieht man dabei oft nicht oder deren Zuneigung ist unbewusst nicht so viel Wert ... Und dann fällt man wieder auf die Nase, weil die Auserwählten einem gerade das, was man sucht, eben nicht geben KÖNNEN. Daraus kann man aber nicht schließen, dass man selber Liebe nicht lernen könnte:

Man lebt ja nicht im beziehungslosen Vakuum, sondern hat Kollegen, Bekannte, Nachbarn, liest Bücher, guckt fern etc. Irgendwo kriegt man mit, dass Beziehungen auch anders laufen können als man es gewohnt ist. Und daraus kann man lernen.

Liebe funktioniert in zwei Richtungen. Wenn man auch keine empfängt, kann man sie doch geben. Sogar sehr viel davon. Zum Beispiel dann, wenn man Liebe als Respekt versteht: Man lernt das Gegenüber kennen und nimmt es so an, wie es ist - nicht, wie man es (als Startpunkt o.a.) braucht. Das soll nicht heißen, dass es egal ist, wen man heiratet, solange man sich nur selber genuch lieb hat , sondern nur, dass man manchmal den Ausguck wechseln muss.

Alles Liebe

Lee

Re: Liebe lernen

Verfasst: 10. Aug 2008, 12:44
von otterchen
Hallo Lee,

Leider bevorzugt man bei der Suche unbewusst, aber zielsicher Menschen, die den damaligen Nicht-Gebern ähnlich sind
das war zumindest in den meisten meiner vergangenen Beziehungen anscheinend so.

Aktuell habe ich aber zumindest eine "Freundin" aussortiert, weil ich mitbekommen habe, dass von ihrer Seite kein wirkliches Interesse besteht.
Geheuer ist mir das nicht... einfach eine Freundschaft wegwerfen? Tue ich das Richtige? Es fühlt sich für mich aber zumindest besser an.

Andere Menschen, die schon lange an unserer Seite sind und die ersehnte Zuwendung gerne geben (würden), sieht man dabei oft nicht oder deren Zuneigung ist unbewusst nicht so viel Wert
Hm. Fällt mir dazu jemand ein? Eigentlich nicht... denn ich habe wirklich animiert, eingeladen etc., und es hat sich nichts ergeben. 3 Frauen, die ich von früher kannte, hätte ich gerne wiedergesehen, aber von allen dreien kam nix mehr. Ich versuche, soweit ich es kann, das nicht an mich ranzulassen, aber tief drin hat mich das schon hart getroffen. War ich so unmöglich, dass sie nichts mehr mit mir zu tun haben wollen? Oder strahle ich etwas aus, was sie abschreckt? Kurz gesagt: liegt's an mir?

Man lebt ja nicht im beziehungslosen Vakuum, sondern hat Kollegen, Bekannte, Nachbarn, liest Bücher, guckt fern etc. Irgendwo kriegt man mit, dass Beziehungen auch anders laufen können als man es gewohnt ist. Und daraus kann man lernen.
Viel Beziehungsebene bekomme ich nicht mit, muss ich ehrlich sagen. Jedenfalls nicht viel Liebevolles (bzw. das, was ich als solches erkennen und definieren würde).

Durch meine SHG lerne ich gerade Leute kennen, mit denen ich mich im Normalfall nicht zusammengetan hätte. Ich habe dabei gemerkt, dass ich unbewusst wohl "Leute wie mich" gesucht habe. Vielleicht ist das der erste Schritt in die richtige Richtung.

Vielleicht sollte ich zusätzlich meinen Glaubenssatz "ich kann das so schlecht" überprüfen.

Re: Liebe lernen

Verfasst: 10. Aug 2008, 15:01
von eligeo71
Hallo Otterchen


„War ich so unmöglich, dass sie nichts mehr mit mir zu tun haben wollen? Oder strahle ich etwas aus, was sie abschreckt? Kurz gesagt: liegt's an mir?“

Kenne leider aus eigenem Erleben solche Gedanken zur Genüge. In letzter Zeit wehre ich mich aber immer öfter dagegen. Mein Ziel ist es doch ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Dabei sind Gedanken (und daraus resultierende Gefühlsmuster), welche meine vielen Zweifel stärken, alles andere als hilfreich.
Konkret, es gibt bestimmt dutzende Erklärungen, warum aus diesen von dir angestrebten Freundschaften nichts geworden ist. Du greifst dir aber genau jene raus, welche das allergrösste Potenzial hat, deine Zweifel zu stärken: stellst dich selbst in Frage. Warum? Doch bestimmt nicht, weil du davon überzeugt bist, ein liebenswerter Mensch zu sein. Aber du irrst dich, du bist liebenswert so wie du bist [Punkt]
Das haben dir schon Viele hier im Forum so gesagt.
Dass, jeder Mensch auch Eigenschaften hat, auf die er nicht gerade stolz ist, liegt in seiner Natur – macht ihn aber nicht weniger liebenswert.


„Vielleicht sollte ich zusätzlich meinen Glaubenssatz "ich kann das so schlecht" überprüfen.“

Wie wärs mit: Ich bin lernfähig.

LG, Rainer

Re: Liebe lernen

Verfasst: 10. Aug 2008, 15:44
von Gabriele
Hallo Otterchen,

Du hattest gesagt, Du wüsstest nicht, wie man liebt.
Du suchst nach Liebe. Aber doch nicht mit Mitteln eines Narzissten.
Liebe ist doch keine Einbahnstraße. Zwischen den beiden Menschen muss die Chemie stimmen. Dann wird das ein Geben und Nehmen und auch nicht narzisstisch. Du warst doch schon einmal verliebt. Oder wusstest Du nicht, dass Du verliebt bist? Das glaube ich nicht.
Irgendwie passt alles nicht so recht zusammen.
Daniela hat von Vertrauen gesprochen. Kannst Du vertrauen? Das würde ich sogar als Basis für eine Liebe sehen. Darauf kann man aufbauen. Was Du von einem anderem Menschen geschenkt bekommst (an Emotionen), dass spürst Du doch? Darauf kannst Du eingehen und Gleiches eben zurückgeben.

>Ich habe den Eindruck, dass ich auf der Suche nach Liebe von außen bin, dass ich damit das ausbügeln möchte, was es in der Kindheit nicht gab, gleichsam um endlich die Startenergie zu erhalten,<

Wenn Du das von außen als Start benutzt, dann finde ich das nicht schlimm, wenn Du auch zurückgibst. Wenn Du aber das, was von außen kommt nimmst, um damit zu starten und gibst nichts zurück, dann würdest Du den anderen benutzen. Das wäre dann zumindest egoistisch.

> Viel Beziehungsebene bekomme ich nicht mit, muss ich ehrlich sagen. Jedenfalls nicht viel Liebevolles<

Mir ist ja auch nicht die ideale Ehe vorgelebt worden.
Als ich damals meinen Mann kennen lernte, hat er mich magisch angezogen. Die Ruhe die er ausstrahlte, die Geborgenheit und der Humor, ich habe mich sofort bei ihm wohl gefühlt. Ich hatte ein unbändiges Verlangen von ihm in den Arm genommen zu werden. Habe ich mich aber nicht getraut, gleich beim ersten Treffen. Das war wie nach Hause kommen, zur Ruhe kommen.
Das hättest auch Du gefühlt, das fühlt sich einfach nur gut an.
Irgendwann beginnt dann das „arbeiten“ an der Beziehung, sonst geht sie ein. Im Laufe der Zeit wird die Liebe anders, nicht weniger schön. Für mich sogar noch schöner als vor vielen Jahren, weil ich nicht mehr so unsicher bin, weil ich weiß was ich weiß. Weil ich weiß was mein Mann mag und was nicht. Wie ich ihm eine Freude machen kann, eben die ganzen Alltäglichkeiten, die für mich gar nicht langweilig sind.

Eigentlich finde ich den Ansatz die alte Beziehung noch nicht ganz zu vergessen, nicht schlecht. Manches aus dieser Zeit könnte Dir doch sicher als „Vorbild“ dienen.

Fühlt sich für mich ziemlich unausgegoren an. Ich lasse es dennoch stehen, ich habe einfach mal laut gedacht. Vielleicht dient es Dir ja als Anregung.

Liebe Grüße Gitte

Re: Liebe lernen

Verfasst: 11. Aug 2008, 07:29
von otterchen
Wisst Ihr, was mir abgesehen vom Thema gerade mal so aufgefallen ist?

Es ist nie genug.

Ich feiere nicht meine Erfolge, ich sehe immer neue Baustellen.
Dies kann ich nicht, da hapert's noch, das will ich noch lernen...
ich treibe mich immer weiter.

Ja, ich will ja auch lernen, was es heißt, nicht-depressiv zu leben. Aber das muss ich ja nicht alles auf einmal machen.
Ich will ab jetzt weniger auf meine Baustellen schielen... mich mal hinsetzen und Vergleiche anstellen: wie war ich vor 20, 15, 10, 5 Jahren? Da werde ich bestimmt einige Fortschritte sehen - und DIE gilt es zu würdigen!

Die erste schöne Entwicklung: obwohl ich quasi meine Freundin abgeschrieben habe, breche ich dennoch nicht komplett den Kontakt zu ihr ab. Kein "entweder - oder", sondern einfach ein "am Rande mitlaufen lassen". Wenn ich sie nicht mehr zu meinen Freundinnen zähle, so heißt das ja nicht, dass wir uns nicht mal auf 'nen Kaffee treffen können. Das ist für mich ein Fortschritt!



Zu Euren Beiträgen werde ich später was schreiben... muss gleich zur Arbeit