Hat euch Psychotherapie geholfen?

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RatlosGuru
Beiträge: 9
Registriert: 1. Jul 2024, 16:21

Hat euch Psychotherapie geholfen?

Beitrag von RatlosGuru »

Liebe Community,

diese Frage richtet sich an alle, die schon länger in Psychotherapie sind oder waren: Hat euch die Psychotherapie geholfen?

Man geht in Therapie, weil man ein Problem hat, das man selbst oder mit Unterstützung der Angehörigen nicht lösen kann, konntet ihr das Problem mithilfe des Psychotherpeuten oder der Psychotherapeutin lösen? Mich würde auch interessieren, worum es geht, vor allem die Erkrankung / Störung und der Schweregrad bzw. Intensität.

Auch Angaben zur Therapie wären nützlich, welches Richtlinienverfahren (Verhaltenstherapie, Tiefenpsychologie..) habt ihr angewendet und wie viele Sitzungen habt ihr bisher bzw. hattet ihr?
Schlumpffine
Beiträge: 468
Registriert: 3. Mai 2020, 18:29

Re: Hat euch Psychotherapie geholfen?

Beitrag von Schlumpffine »

Hallo RatlosGuru,
deine Frage ist nicht pauschal zu beantworten, da es immer individuelle Faktoren gibt, die die "Therapie" beinflussen.
So gibt es "die" Psychotherapie ( Richtlinienverfahren) als Alleinstellungsmerkmal nicht.
Als Beispiel - nicht abschließend-möchte ich hier die Therapieverfahren nach Marsha Linehan, VT,TEK-Verfahren und die CBASP Therapie nennen.
Jede Psychotherapie ist wirksam- mal mehr mal weniger- je nach individueller Einsicht in die Erkrankung.
Nur wer bereit ist, an sich zu arbeiten, seine Bewertungen und Ansichten zu hinterfragen und zu verändern , wird stark von der Psychotherapie profitieren.
Alle anderen laborieren an den Symptomen herum und machen kaum Fortschritte in der individuellen Entwicklung.
Psychotherapie ist ein Mittel zur Selbsthilfe.
Für Hintergrundinfo:https://www.google.com/url?sa=t&source= ... 3BDDEyGaDa
Hier findest du die Empfehlungen des GBA zur Psychotherapie.
In jedem Verfahren wird ein sogenannter "Werkzeugkasten,Notfallkoffer" empfohlen, dieser enthält z.Bsp Skills zur Stressbewältigung,Achtsamkeit und Therapieansätze wie etwa 4 Ohren-Prinzip,Kommunikationsquadrat,Inneres Team,Abc-Methode.
All diese "Werkzeuge" sind extrem wirksam, sofern man bereit ist, sie zu erlernen, zu üben ,zu reflektieren und sich damit "weiter" zu entwickeln.
Wieviel "Therapie" benötigt wird ist immer individuell. Manche stehen nach 300 Stunden noch nahe dem Anfang während andere nach 60 Stunden stark profitiert haben.
gruß
Schlu
Auch der weiteste Weg beginnt mit einem ersten Schritt. Konfuzius
Worte haben die Macht zu zerstören und zu heilen. Wenn Worte sowohl wahr als auch freundlich sind, können sie unsere Welt verändern. “~ Buddha
Suchende2
Beiträge: 1363
Registriert: 29. Sep 2020, 08:05

Re: Hat euch Psychotherapie geholfen?

Beitrag von Suchende2 »

Hallo RatlosGuru,

ich kann mich Schlumpffine nur anschließen.

Ich versuche auf einige Deiner Fragen zu antworten.
Ja, die Therapie hat mir geholfen.
Ich habe in der Therapie nicht ein einzelnes Problem gelöst. Ich habe mich besser kennengelernt, Zusammenhänge verstanden und konnte damit eine Änderung meines Verhaltens umsetzen, was dann auch Auswirkungen auf die (meine) Umwelt hat.
Dieser Prozess ist mit dem bevorstehenden Ende der Therapie nicht abgeschlossen, ich kann den Weg aber jetzt alleine weitergehen.
Für mich persönlich war aus bestimmten Gründen die Tiefenpsychologische Richtung passend. Das heißt aber nicht, daß es deshalb für Dich die passende sein muss. Die verschiedenen Richtungen gibt es ja, da die Menschen verschieden sind und jeder seinen eigenen Weg hat.

Auch die Dauer der Therapie sagt nichts aus. Manche Menschen finden zum Beispiel frühzeitig Hilfe, andere finden erst Hilfe, wenn sie bereits in einer schweren Episode sind. Dann dauert der Weg daraus halt etwas länger. Manche kommen "nur" mit einer Depression, andere bringen noch ein Trauma oder anderes mit. Die Länge ist individuell.

Alles Gute,
Suchende
nicht hier
Beiträge: 21
Registriert: 3. Aug 2024, 18:04

Re: Hat euch Psychotherapie geholfen?

Beitrag von nicht hier »

merkwürdig ich kann die Frage von RatlosGuru ganz klar beantworten

NEIN

Psychotherapeuten können ggf nur bei psychisch Veränderbarem hilfreich sein.
Ich bin nicht von dieser Welt
Ich will zurück auf meinen Stern
Senif
Beiträge: 1812
Registriert: 23. Jul 2023, 21:42

Re: Hat euch Psychotherapie geholfen?

Beitrag von Senif »

Hallo RatlosGuru,

definitv Ja !

Ich habe 2 Diagnosen, neben der rezidivierenden Depression noch eine Persönlichkeitsstörung, weshalb ich das vielleicht auch differenzieren muss.

Die depressiven Episoden kamen durch "Überarbeitung" - ich habe quasi keine Grenzen gekannt, hab mich selbst ausgebeutet, hatte keinen Ausgleich. Es ging mir in den Episoden körperlich schlecht - ich dachte, mein Körper stirbt - über Monate gab es keine Schwankungen - es war immer gleich schlecht. Das in den Griff zu bekommen ging nur mit Psychopharmaka und begleitend Therapie. In den Zeiten der Episoden war von der PS nichts mehr da. Ich hatte zu einem Zeitpunkt quasi immer nur eine Erkrankung.
Es ging hier darum, mehr auf mich zu achten, Erholungsphasen einzubauen, meinen Selbstwert wieder aufzupäppeln, mich meinen Ängsten zu stellen und sie zuzulassen, nicht dagegen anzukämpfen. Und körperlich wieder aktiver zu werden.

In den depressionsfreien Zeiten, hatte die PS Vorrang. Auch hier hatte ich Schwierigkeiten, meine Grenzen zu kennen. Ich hatte eine zu durchlässige ICH-Grenze und nahm Stimmungen in meiner Umgebung auf wie ein Schwamm und sie beeinflussten mich negativ, verursachten emotionale Achterbahnfahrten. Ich ließ mich ausnutzen bis zum Abwinken, damit ich kein "schlechter" Mensch war. Ich bestrafte mich regelmäßig für meine Fehler, mein Unvermögen, dafür, dass ich der schlechteste Mensch der Welt war. Ich reinszenierte frühe Traumata.
Hier ging es darum, aus meiner Opferrolle herauszutreten und mich wohlwollender zu betrachten. Zu meinen Schwächen zu stehen, und nicht mehr zu katastrophisieren.

Aber bei beidem war wichtig zu lernen, dass ich Selbstwirksamkeit hatte. Das ich Dinge verändern konnte, und auch ganz wichtig meine Bewertungen nach und nach zu ändern. Denn der Bewertungsrahmen passte hinten und vorne nicht, wobei eben auf unterschiedliche Art und Weisen.

Ich habe lange eine tiefenpsychologische Therapie gemacht, von der ich am meisten profitiert habe. Verhaltenstherapie hatte bei mir keinen Effekt. Es war ein langer Weg weg von vernichtender Selbstkritik hin zu wohlwollender Selbstkritik mit Veränderungspotential.

:hello: LG Senif
Tess_123
Beiträge: 29
Registriert: 20. Feb 2022, 16:07

Re: Hat euch Psychotherapie geholfen?

Beitrag von Tess_123 »

Huhu,

ich war zuerst bei einem Verhaltenstherapeuten. Das passte leider gar nicht. Der Therapeut sprach ständig nur über mein Übergewicht. Das ich falsche Verhaltensmuster habe, habe ich verstanden aber ich wollte wissen woher das kam. Ich wurde viel zu früh zur Reha geschickt, aus der ich in einem so schlechten Zustand nach Hause gekommen bin, dass ich mich habe in die Psychiatrie einweisen lassen. Dann trennte ich mich von meinem bisherigen Therapeuten und hatte das unendliche Glück einen Platz bei einer super tollen tiefenpsychologin zu bekommen. Ich habe knapp 2 Jahre Langzeittherapie gemacht. Wir haben über alles gesprochen und ich verstand, warum ich so bin wie ich bin. Dieses verstandene Hintergrundwissen half und hilft mir noch heute, mir selbst zu helfen wenn es nicht gut läuft.

Jeder Mensch ist anders. Was du möchtest und was du brauchst kannst nur du in Verbindung mit einem Therapeuten entscheiden.

Ich wünsche Dir alles Gute für deinen Weg.
heimway
Beiträge: 17
Registriert: 10. Feb 2024, 19:37

Re: Hat euch Psychotherapie geholfen?

Beitrag von heimway »

Ich hatte bisher auch noch kein Glück bei der Therapeutensuche. Ich stoße schnell auf Gegenwehr, dabei bräuchte ich jemanden, der mich erstmal versteht bzw mir das Gefühl gibt, verstanden zu werden. Das hatte ich bisher nicht. Außerdem macht mein Arbeitgeber mich gerade ziemlich fertig, was von meinem neuen Therapeuten auch eher heruntergespielt wird. Dabei bringt es mich schleichend um. Ich habe kein soziales Netz (Familie),die mich auffängt. Da wirft man eben nicht alles so über den Haufen. Warum versteht das niemand?

Ich habe mittlerweile ziemlich üble Phasen, in denen ich ziemlich üble Gedanken bekomme. Wirkliche Hilfe gibt es einfach nicht.
GuntherBandel
Beiträge: 158
Registriert: 29. Dez 2020, 13:07

Re: Hat euch Psychotherapie geholfen?

Beitrag von GuntherBandel »

Hallo heimway,

was meinst Du mit Gegenwehr? Keine freien Plätze?

Viele Grüße
G.
Maik4711
Beiträge: 167
Registriert: 16. Mär 2024, 19:30

Re: Hat euch Psychotherapie geholfen?

Beitrag von Maik4711 »

heimway hat geschrieben: 11. Aug 2024, 14:17 Ich habe kein soziales Netz (Familie),die mich auffängt. Da wirft man eben nicht alles so über den Haufen. Warum versteht das niemand?

Ich habe mittlerweile ziemlich üble Phasen, in denen ich ziemlich üble Gedanken bekomme. Wirkliche Hilfe gibt es einfach nicht.
Das Problem habe ich auch, so ganz alleine ohne (familiäre( Unterstützung ist der Kampf gegen Depressionen schon sehr schwer.
Tess_123
Beiträge: 29
Registriert: 20. Feb 2022, 16:07

Re: Hat euch Psychotherapie geholfen?

Beitrag von Tess_123 »

Mhhh .. ich bin verheiratet aber mein Mann konnte mir bei der Therapie nicht helfen. Seine Ansage, als ich meine Diagnose bekam war: Such dir einen Arzt, ich will eine gesunde Frau.

Ich habe mich um alles alleine gekümmert.

Meine Familie war auch keine Hilfe/Unterstützung. Wie auch? Die haben die Krankheit nicht ansatzweise verstanden. Und wenn ich versucht habe Ursachen zu erklären kam oft: Ich hab dir schon so lange gesagt, dass das zuviel für dich ist.

Ich habe ein Umfeld das miterlebt das ich krank bin. Wirklich Interesse darüber zu reden besteht nicht. Mein Mann und meine Mutter bräuchten selbst eine Therapie. Meine Mutter ist mittlerweile in Rente, der Leidensdruck ist fast weg und die Therapie ist nicht mehr zwingend erforderlich. Mein Mann dagegen bräuchte dringend eine Therapie. Er hat nicht wirklich Bock drauf und eine Negativerfahrung mit einem Therapeuten gemacht. Ich denke am liebsten würde er das Thema lassen. Ich hab ihm gesagt, dass es seine Entscheidung ist. Wenn sich aber nicht bald etwas ändert packe ich meine Sachen und gehe weil mich die Situation mit ihm zu Hause kaputt macht.

Ich habe großen Respekt vor diesem Schritt. Mittlerweile fühle ich mich von meinem Mann nur noch verarscht.
Tess_123
Beiträge: 29
Registriert: 20. Feb 2022, 16:07

Re: Hat euch Psychotherapie geholfen?

Beitrag von Tess_123 »

Ach so
Kontakt zu meiner Familie habe ich wenig. Das Verhältnis zu meiner Mutter ist schwierig. Ändert sich aber gerade zum positiven, womit ich erstmal klar kommen muss.

Meine ,,Freunde" habe ich - bis auf eine - durch die Depression verloren. Wir sehen uns kaum, schreiben aber hin und wieder. Der Kontakt ist besser geworden zwischen uns.

Ich habe so viele Menschen in meinem Leben gehen sehen, oft tat es so mega weh. Ich bin unter Menschen sehr unsicher. Habe mich zum Therapieende gerne selbst als Freak bezeichnet weil ich oft anderer Meinung war als mein Umfeld. Meine Therapeutin erklärte mir, und das werde ich nie vergessen: sie sind kein Freak! Ihr denken wurde durch die Therapie ,, umprogrammiert". Damit kommen die Menschen schlecht klar weil die noch nach ihren alten Denkweisen denken.

Mit erkrankten Menschen komme ich klar. Unter nicht erkrankten Menschen fühle ich mich unsicher, langweilig, ungenügend, freakig. Deswegen habe ich ziemliche Probleme neue Kontakte zu knüpfen. Auf der einen Seite brauche ich Kontakte um mich auszutauschen und weil der Mensch das wohl irgendwie haben muss; auf der anderen Seite fühle ich mich alleine wohl aber auch einsam. Ich habe mir jetzt eine Depressionsgruppe gesucht. Die startet in ein paar Wochen. Mal sehen wie das wird.
Senif
Beiträge: 1812
Registriert: 23. Jul 2023, 21:42

Re: Hat euch Psychotherapie geholfen?

Beitrag von Senif »

Tess_123 hat geschrieben: 12. Aug 2024, 13:36 Mit erkrankten Menschen komme ich klar. Unter nicht erkrankten Menschen fühle ich mich unsicher, langweilig, ungenügend, freakig. Deswegen habe ich ziemliche Probleme neue Kontakte zu knüpfen. Auf der einen Seite brauche ich Kontakte um mich auszutauschen und weil der Mensch das wohl irgendwie haben muss; auf der anderen Seite fühle ich mich alleine wohl aber auch einsam. Ich habe mir jetzt eine Depressionsgruppe gesucht. Die startet in ein paar Wochen. Mal sehen wie das wird.
Interessant. Bei mir war es umgekehrt. Früher hab ich das auch gedacht. Hatte meinen Freundeskreis aufgebaut aus Klinikbekanntschaften. Wurde dann verarscht, ausgenommen wie eine Weihnachtsgans und über den Tisch gezogen. (Drogen spielten da eine Rolle - Beschaffungskriminalität, wo ich wirklich vom Glauben abgefallen bin). Der andere Kumpel psychotisch - es gab Aussetzer wo ich schon Angst hatte.

Als die ganze Drogengeschichte aufflog, sehnte ich mich ganz sehr nach gesunden Beziehungen. Diese emotionalen Achterbahnfahrten möchte ich einfach nicht mehr. Es ist Selbstschutz.

Ich habe aber auch viel gelernt. Auch meinen eigenen Anteil hinterfragt. Ich hab mich nämlich immer ausnutzen lassen, weil ich Angst hatte, sonst eine schlechte Freundin zu sein, egoistisch etc. pp. Lag definitiv an meinem Selbstwert und wie ich mich immer runter gemacht habe.

@Heimway Verständnis ist auch wichtig, keine Frage - aber wenn du sagst, niemand versteht es, immer nur Widerstand ist das vielleicht eine Aufforderung, bei sich zu schauen, damit du auch damit zurecht kommst, wenn kein Verständnis da ist, oder wenn jemand eine andere Meinung hat. Und die Dinge anders sieht, eben nicht durch die schwarze Brille der Depression. Wichtig ist eigentlich, dass du Verständnis für dich hast, nicht die anderen.

:hello: LG Senif
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