Ich bin nicht gerne Mutter

Tabsi2202
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Re: Ich bin nicht gerne Mutter

Beitrag von Tabsi2202 »

Also zunächst einmal möchte ich mich für alle konstruktiven Ratschläge bedanken! Es ist genau das passiert, was ich mir ein Stück weit erhofft habe, als ich das alles runtergeschrieben habe, nämlich zum einen, es einmal loszuwerden, und zum anderen verschiedene Perspektiven auf die Lage zu bekommen. Danke dafür :)

Eine Sache möchte ich aber einmal klarstellen: Meinen Sohn "abzugeben" ist wirklich überhaupt keine Option. Eher würde mein Mann mich abgeben... wie ich anfangs schon sagte, unterstützt er mich wahnsinnig viel. Er kümmert sich aufopferungsvoll und mit viel Liebe um den kleinen Menschen, auch eine liebevolle Oma und ein Opa stehen parat. Insofern, um das ganz deutlich zu machen: Wenn auf Dauer und ohne Besserung jemand gehen müsste, wäre das ich, nicht er. Und das ist auch absolut richtig so. Aber da sehe ich mich noch nicht. Denn es nicht im geringsten so, dass ich meinen Sohn "hasse". Es ist meine Rolle, mit der ich mich nicht identifizieren kann und die damit verbundenen Aufgaben nicht (gut) gemeistert kriege. Und bevor mein Sohn darunter leidet, und das habe ich mittlerweile gelernt, suche ich aktiv nach Hilfe bspw. bei meinem Mann oder meiner Mutter, auch wenn mich dann schlechtes Gewissen und Selbsthass übermannen. Aber das hier IMMER das Wohl des Kindes oberste Priorität haben, sollte wohl selbstverständlich sein.

Mir ist die Verantwortung, die ich mir "aufgeladen" habe, absolut bewusst und ich suche aktuell nach Strategien und Ideen, damit bestmöglich umzugehen und meinem Sohn die beste Mutter zu werden, die ich eben sein kann. Die Idee, beispielsweise das, was ich hier geschrieben habe, auszudrucken und meinem Psychologen zu zeigen finde ich absolut großartig und die werde ich bei der kommenden Therapiestunde auch umsetzen. Auch eine Mutter-Kind-Kur ist eine Option, die ich noch nicht in Betracht gezogen habe, aber absolut logisch finde.

Hätte ich vor ca. zwei Jahren gewusst, dass hinter der ewigen Lethargie, Traurigkeit und "Sinnlosigkeit", die mich über lange Episoden seit meiner Jugend begleiten, Depressionen stecken, hätte ich mit Sicherheit auch anders entschieden. Aber ich dachte eben, dass ich einfach ein negativer Mensch bin, ein bisschen an mir arbeiten muss und dann legt sich das schon. Tja, so war es eben nicht, ein Kind zu haben hat die Situation für mich verschärft (was im übrigen auch nicht immer der Fall sein muss, auch diese Erfahrung habe ich bereits im erweiterten Bekanntenkreis gemacht).
mime hat geschrieben: 4. Jan 2024, 11:25
Was ich damit sagen möchte: Die Schuldgefühle, die du hast, finde ich schwer zu ertragen. Es wäre gut, wenn du fachkundige Unterstützung auch hinsichtlich deiner Schuldgefühle (auch deinem Sohn gegenüber) bekämst. Und zum Schluss: Du gibst alles, was du noch an Ressourcen hast: du kümmerst dich, sorgst dich um den Kleinen usw. usw. Das ist so unglaublich viel und schon schwer genug. Dass deine Seele da momentan nicht mitkommt, ist für mich normal, weil sie in vielen Bereichen so angestrengt ist - unter anderem weil sie an einer Depression erkrankt ist - dass da beim besten Willen nichts mehr übrig ist, was positives Fühlen betrifft.

Ich würde so gerne ein bisschen Last von deinen Schultern genommen sehen, du bist ein wertvoller Mensch und die Zweifel an dir sind so vielschichtig. Sich erst einmal so hinnehmen, wie man ist, das kann auch ein Therapieziel sein. Vielleicht lässt sich längerfristig erreichen, dass der "Hass" auf das Muttersein weniger wird (eine mildere Form könnte z. B. ein "Bedauern" sein - frau muss das Muttersein ja nicht unbedingt lieben).
Und insbesondere diese Sätze sind in aktuellen Phasen so wertvoll und geben mir viel mehr, als ich erwartet hätte. Danke dir dafür! Denn ich denke Schuldgefühle sind einer der Hauptgründe, warum es sich unmöglich anfühlt, da wieder rauszukommen. Wie sagt man so schön: Wer sich selbst nicht liebt, kann auch anderen keine Liebe entgegenbringen. Ob das wirklich stimmt, weiß ich nicht, aber einschränkend ist es in jedem Fall.
Tabsi2202
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Re: Ich bin nicht gerne Mutter

Beitrag von Tabsi2202 »

DieNeue hat geschrieben: 5. Jan 2024, 20:01
Maxegon hat geschrieben: 5. Jan 2024, 18:06
Interessant, dass sich hier überwiegend überzeugt Kinderlose äußern.
... und mit was für einer Vehemenz!
Na und?
Mich hat es auch erst irritiert, aber eigentlich ist es doch logisch. Wir können als Frauen gut nachvollziehen und nachempfinden, wie sich die Threaderöffnerin fühlt, wenn wir uns dagegen entschieden haben Kinder zu bekommen, aus genau dem Grund, weil wir uns nicht so fühlen möchte wie sie jetzt. Mütter können das vielleicht auch nachvollziehen, manche vielleicht aber auch gar nicht, weil sie so in ihrer Mütterrolle aufgehen. Außerdem finde ich es persönlich auch wichtig als Nicht-Mutter einer Frau, die mit ihrem Muttersein hadert, zu sagen, dass man ihre Gefühle und Gedanken nachvollziehen kann und man sie deshalb nicht verurteilt. Wenn eine Frau sich nicht mal traut mit ihrem Therapeuten zu reden, weil sie sich so schämt, finde ich es wichtig, ihr zu zeigen, dass sie sich nicht dafür zu schämen braucht. Und ich finde es auch wichtig, dass das vor allem von Frauen (egal ob Mutter oder nicht) gesagt wird, denn Frauen können manchmal untereinander richtig fies sein und wegen Themen wie Mutterschaft, Kindererziehung etc. werden sich teilweise fast die Augen ausgekratzt.
Und auch da kann ich nur zustimmen! Ich bin dankbar für jeden, der hier seine Sichtweise einbringt, egal, welche Rolle er oder sie hat. Ich glaube, egal ob jemand ein Kind hat oder nicht, am Ende des Tages sitzen wir doch irgendwo alle im selben Boot und haben mit Sicherheit schon Entscheidungen im Leben getroffen oder Schicksale erlebt, mit deren Konsequenzen wir heute umgehen müssen. Der entscheidende Faktor, den hier doch alle nachvollziehen können, ist dieses Ar***loch Depression, das es einem zusätzlich noch so viel schwerer macht.

Und ja, Frauen, insbesondere manche Mütter, können wirklich SEHR fies sein, das habe ich schon schmerzlich erfahren müssen...
Ephemera
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Re: Ich bin nicht gerne Mutter

Beitrag von Ephemera »

Ich habe zwei Kinder (10 und 6 inzwischen).

Auch bei mir wurde erst nach dem 2. Kind die Depression diagnostiziert, obwohl sie mich seit meiner Jugend begleitet.

Auch bei mir hat vor allem das erste Kind meine Lage extrem verschlechtert… und die Mutterrolle bringt extreme Unsicherheit und Überforderung mit.

Du kannst all diese Gefühle und Gedanken ansprechen.
Sie sind nicht verwerflich. Du musst Dich dafür nicht schämen oder schuldig fühlen. Niemand weiß vorher, was es mit einem macht Mutter zu werden.

Du tust alles, was in Deiner Macht liegt. Du suchst Dir Hilfe und Du hast ein unterstützendes Umfeld, das viel ausgleichen kann, wenn Du gerade nicht so viel geben kannst wie Du meinst zu müssen.

Mir haben die Gespräche mit meiner (kinderlosen) Therapeutin über diese Situation sehr geholfen. Verständnis und Nachsicht für mich geweckt. Mich beruhigt.

Du tust was Du kannst. Und das ist genug.
Du bist genug. Sei so Mama, wie es für Dich gut ist. Dann ist es auch für den kleinen gut. Er hat nichts davon, wenn Du an Idealvorstellungen verzweifelst. Und schon bald, wenn er älter wird, wird er Dich so gut kennen wie niemand sonst - und wunderbar damit zurechtkommen, wie Du bist. Denn für ihn bist Du perfekt, genau so wie Du bist.
Mach Dir also mehr Gedanken um Deine Bedürfnisse und Dein Befinden. Denn wenn es Dir gut geht, dann geht es Euch allen besser.
Maxegon
Beiträge: 2528
Registriert: 25. Mai 2021, 11:33

Re: Ich bin nicht gerne Mutter

Beitrag von Maxegon »

Ephemera hat geschrieben: 6. Jan 2024, 00:09
Du tust was Du kannst. Und das ist genug.
Du bist genug. Sei so Mama, wie es für Dich gut ist. Dann ist es auch für den kleinen gut. Er hat nichts davon, wenn Du an Idealvorstellungen verzweifelst. Und schon bald, wenn er älter wird, wird er Dich so gut kennen wie niemand sonst - und wunderbar damit zurechtkommen, wie Du bist. Denn für ihn bist Du perfekt, genau so wie Du bist.
Mach Dir also mehr Gedanken um Deine Bedürfnisse und Dein Befinden. Denn wenn es Dir gut geht, dann geht es Euch allen besser.
Welch' kluge Worte!
Traue deinem Gefühl.
Wie bereits erwähnt, half mir der Austausch mit anderen Menschen sehr.
Nicht alle Ideen, Vorschläge waren ideal, selbst die nicht so vortrefflichen Ansichten halfen mir, das für mich (uns) Richtige herauszufinden.
"Perfekt" wird man nie sein, doch man kann es gut machen.
niri76
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Registriert: 26. Aug 2022, 10:06

Re: Ich bin nicht gerne Mutter

Beitrag von niri76 »

Hallo!

Also ich bin Mutter. Und ja ich bin gerne Mutter.
Aber das war nicht immer so. Nach der Geburt meines Sohnes hatte ich eine postnartale Depression. Seidtem bekomme ich immer wieder Episoden.
Und ich habe mich so geschämt, dieses Kind nicht annehmen zu können. Ich habe wie ein Roboter funktioniert. Ich habe ihn versorgt. Mehr war nicht drin. Ich hatte das Gefühl nur noch eine Belastung zu sein. Nichts mehr wert zu sein. Ich habe viel geweint und war überfordert.
Erst als ich in Behandlung bei einem Psychiater war und ich Medikamente bekommen habe, ging es mir langsam besser. Bis ich meinen Sohn eines Tages angesehen habe und plötzlich doch diese bedinungslose Liebe da war. Noch heute schäme ich mich für meine nicht vorhandenen Gefühle und fühle mich schuldig. Mein Sohn lässt sich nicht gern in den Arm nehmen oder berühren. Da denke ich, dass es daran gelegen hat, dass ich in den ersten drei Monaten nicht richtig annehmen konnte. Nicht kuscheln konnte. Ob das stimmt oder nicht...Ich weiß es nicht.
Mein Sohn ist mit einem Gendefekt geboren wurde. Als er klein war, war noch nicht klar, wie sich das auf sein Leben auswirkt. Wir waren immer in Sorge als Dauerzustand. Mittlerweile ist er 17 Jahre alt und hat zum Glück keine Einschränkungen.

Deine Situatuion ist jetzt so wie sie ist. Jetzt geht es darum, damit lernen umzugehen. Und wer weiß, vielleicht geht es Dir irgendwann wie mir. Du siehst Deinen Sohn an und fühlst diese bedingungslose Liebe. Das wünsche ich Dir.

LG
niri76
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