Angst, nie wieder gesund zu werden

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Prausi
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Angst, nie wieder gesund zu werden

Beitrag von Prausi »

Liebe Mitforisten,

kennt ihr die Angst, nie wieder gesund zu werden bzw. dass es nie wieder halbwegs gut wird? Ich kämpfe seit sieben Monaten, mache das mit der Tagesstruktur, bewege mich, ernähre mich halbwegs gesund, war in einer Klinik, gehe seit Juni regelmäßig zur Therapie, probiere Medikamente und so weiter. Aber es ändert sich einfach nichts. Die Depressionsbrille liegt über allem, ich empfinde keine Freude/Lust auf irgendetwas, habe extreme innere Unruhe, weil ich solche Angst habe, dass das nie wieder weggeht. Ich fühle mich so hilflos. Dieser Hoffnungslosigkeit ausgeliefert. Nun soll ich eine kleine Arbeit wieder aufnehmen, habe einen Job ergattert, aber kann mich nicht freuen, überhaupt nicht. Es ist etwas viel Einfacheres als ich früher gemacht habe und in mir heult es "so weit unten bist du jetzt gelandet". Ich bin so fies zu mir, aber kann diesen inneren Kritiker, der mich antreibt mit einer Peitsche, einfach nicht abstellen. Also: Kennt ihr diese Angst und wie geht ihr mit der Hoffnungslosigkeit und Angst um, wenn sie schon so lange dauern?

Liebsten Dank für eure Antworten!
Eure Prausi
Maxegon
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Re: Angst, nie wieder gesund zu werden

Beitrag von Maxegon »

Prausi hat geschrieben: 6. Sep 2023, 18:02
kennt ihr die Angst, nie wieder gesund zu werden bzw. dass es nie wieder halbwegs gut wird? Ich kämpfe seit sieben Monaten, mache das mit der Tagesstruktur, bewege mich, ernähre mich halbwegs gesund, war in einer Klinik, gehe seit Juni regelmäßig zur Therapie, probiere Medikamente und so weiter. Aber es ändert sich einfach nichts. Die Depressionsbrille liegt über allem, ich empfinde keine Freude/Lust auf irgendetwas, habe extreme innere Unruhe, weil ich solche Angst habe, dass das nie wieder weggeht. Ich fühle mich so hilflos. Dieser Hoffnungslosigkeit ausgeliefert. Nun soll ich eine kleine Arbeit wieder aufnehmen, habe einen Job ergattert, aber kann mich nicht freuen, überhaupt nicht. Es ist etwas viel Einfacheres als ich früher gemacht habe und in mir heult es "so weit unten bist du jetzt gelandet".
Hallo Prausi,

was ist denn eigentlich "dieses krank"?

Was fehlt dir? Bist du niedergeschlagen, traurig, hoffnungslos, desillusioniert?
Ist deine Stimmung im Popo?

Dein neuer Job gefällt dir nicht sonderlich, willst (musst) du diesen für immer machen?
Oder ist das nur 'ne Notlösung, besser als nix?

Was machen deine Freunde, deine Familie - gibt's so was?
DepriOesi
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Re: Angst, nie wieder gesund zu werden

Beitrag von DepriOesi »

Hi Prausi, ja das gefühl kommt mir bekannt vor, weil heute auch ein sehr schlechter Tag ist.

Mich bauen da zwei sachen auf: zum einen kommen wieder bessere Tage & zum anderen bin ich bereits einmal wieder rausgekommen, das muss man halt nochmal machen.
Prausi
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Re: Angst, nie wieder gesund zu werden

Beitrag von Prausi »

Lieber Maxegon,

ich bin einfach permanent traurig und hoffnungslos - trotz Haus, Hund, Katze, tollem Freund, lieber Familie und Therapie. Nein, der Job soll nur zum Wiedereinstieg sein, damit ich abgelenkt bin und überhaupt arbeite. Aber ich habe solche Angst, dass es auch damit nicht funktioniert, mich aus diesem Loch zu holen. Es ist eigentlich nicht schlecht - ich kümmere mich um die Gäste eines Luxushotels und deren Wünsche. Habe aber noch nicht angefangen. Früher habe ich als wissenschaftliche Mitarbeiterin und Führungskraft gearbeitet, war ein richtiger Überflieger, bis zu meinem Zusammenbruch vor eineinhalb Jahren. Dann ging nix mehr und ich dachte, ich müsse mich nur erholen. Aber je länger ich krank geschrieben war, desto schlimmer wurde meine Depression. Es kotzt mich so an, dass ich nicht stolz auf mich sein kann, dass ich trotzdem jeden tag aufstehe und weitermache. Egal, was ich tue, es stellt sich kein Gefühl der Zufriedenheit ein. Ich sitze wie das Kaninchen vor der Schlage: "Wann wird es endlich besser?" Warum helfen denn bei allen anderen die Medis und bei mir tut sich nix?
Prausi
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Re: Angst, nie wieder gesund zu werden

Beitrag von Prausi »

@ DepriOesi: Wie lange hat es denn bei dir gedauert udn was hast du aktiv beigetragen, das es besser wurde? ich kann nicht aufhören, daran zu denken, dass ich doch irgendetws noch tun könnte, damit es wenigstens ein bissel besser wird....
DepriOesi
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Re: Angst, nie wieder gesund zu werden

Beitrag von DepriOesi »

insgesamt rund 8 Monate, wobei es ab der zweiten Hälfte besser wurde, weil die Einbrüche nicht mehr so tief waren. was ich getan habe? die schlechten tage möglichst schnell vergessen, sich über die guten freuen.

hobbies für die schlechten tage gesucht, damit die zeit vergeht (stricken, als mann, lol). hobbies für die guten tage gesucht, wo ma etwas in der hand hatte (holzwerken)...

unabhängig davon hab ich tagebuch geführt, um an schlechten tagen zurücklesen zu können, dass ich ned "zum erstn mal" in der situation bin... und medidation um mich zu erden.

zum job: wenn mans nicht probiert weiß mans nicht. ich habe mich mit meiner therapeutin auf einen 2 wochen plan geeinigt, wo wir schaun ob ich in krankenstand gehen soll oder nicht....
Kante
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Re: Angst, nie wieder gesund zu werden

Beitrag von Kante »

Hi Prausi, es tut mir leid und das tut es wirklich, diese extrem nein extremst Zustände sind hart, ein leid das eigentlich nicht auszuhalten ist.
Ein Wunder das du die Kraft hattest dir einen Job zu suchen. Ein gewisser Antrieb muss noch in dir stecken. All diese negativen Gefühle die du hast werden wieder verschwinden, auch wenn man es in dieser Situation für völlig ausgeschlossen hält. Ausweglos, sinnlos, hoffnungslos usw, all das ist es eben nicht. Ich hatte sehr lange zu kämpfen, es ist es wert zu kämpfen.
Gruß kante
Maxegon
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Re: Angst, nie wieder gesund zu werden

Beitrag von Maxegon »

Prausi hat geschrieben: 6. Sep 2023, 19:13 Nein, der Job soll nur zum Wiedereinstieg sein, damit ich abgelenkt bin und überhaupt arbeite. Aber ich habe solche Angst, dass es auch damit nicht funktioniert, mich aus diesem Loch zu holen. Es ist eigentlich nicht schlecht - ich kümmere mich um die Gäste eines Luxushotels und deren Wünsche.
So einen Job stelle ich mir interessant vor.

So lange du diese Angst (Loch ... nie wieder herauskommen) nährst und beflügelst, wird das auch so sein.

Nenne es selbsterfüllende Prophezeihung oder einfach nur Angst als Garant zum Misserfolg.

Was hast du zu verlieren??? Nimm' diesen Job an, freu' dich und sehe was passiert.

Mich, Überqualfizierten, überredete man mal zum Bierkästen sortieren ... entweder ist man dafür geboren :mrgreen: oder beginnt, dann den Sinn des Lebens anzuzweifeln.🤮
Du hast mit Menschen zu tun, das kann von sehr lustig bis sehr schrecklich sein, aber auf alle Fälle interessant und anspuchsvoll.

Trau' dich!

Und!!! Rede dir nicht ein, du seist unheilbar krank und dieses Tief würde ewig dauern ... auch so eine Prophezeiung.
DieNeue
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Re: Angst, nie wieder gesund zu werden

Beitrag von DieNeue »

Hallo Prausi,
Prausi hat geschrieben: 6. Sep 2023, 18:02 Es ist etwas viel Einfacheres als ich früher gemacht habe und in mir heult es "so weit unten bist du jetzt gelandet". Ich bin so fies zu mir
Ich finde es auch, ehrlich gesagt, ein bisschen fies gegenüber den Leuten, die regulär solche Jobs ausüben. ;) Hältst du von denen genauso wenig? Würdest du die genauso behandeln wie dich?
Wie willst du dann mit deinen Kollegen auf der Arbeit umgehen, die auch auf so einem "niedrigen Niveau" arbeiten?
Vielleicht hilft es, (für den Fall, dass du von ihnen besser denkst als von dir) zu versuchen, dich auch so zu sehen wie sie?
Ich finde es wichtig, im Leben zu lernen sich nicht nur über seine Leistung zu definieren. Sonst bekommt man spätestens Probleme, wenn man in Rente geht oder älter und gebrechlich wird.
Natürlich kannst du scheitern. Das ist dann hart, aber auch da wird die Welt nicht untergehen. Es ist ein weiterer Schritt zu lernen und sich zu entwickeln. Es geht im Leben nicht nur darum zu leisten. Und selbst wenn du da scheitern solltest, wirst du einen Weg finden, damit umzugehen und einen Weg da raus finden. Versuch dich nicht fertigzumachen, sondern es eher als Lernchance zu sehen.
Warte erstmal ab, bis du dort anfängst. Noch weißt du nicht, ob es dir gut tut, aber es ist ein guter Plan. Von daher gehe einen Schritt nach dem anderen. Mach dir nicht noch zusätzlich Vorwürfe, dass du dich nicht darüber freuen kannst. Das ist einfach der Depression geschuldet. Du musst dich auch nicht darüber freuen. Du steckst in einer schlimmen Situation, da wäre jeder andere auch angespannt.
Deine Therapie läuft auch noch nicht so lange. Es dauert, bis sich Dinge wirklich ändern können.
Maxegon
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Re: Angst, nie wieder gesund zu werden

Beitrag von Maxegon »

Hallo Prausi,

glaube nicht alles: "Du steckst in einer schlimmer Situation, ..." oder " diese Extremzustände sind hart, ... eigentlich nicht auszuhalten".
Manchmal frage ich mich, ist das Mitgefühl oder Extrem-Negativ-Motivation???

Natürlich ist das nicht alles prickelnd, ich kenne es ja auch, aber unter Aufbauen oder Mutmachen verstehe ich etwas anderes!

Viele Grüße an alle Mutmacher🤗
DieNeue
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Re: Angst, nie wieder gesund zu werden

Beitrag von DieNeue »

Maxegon hat geschrieben: 6. Sep 2023, 20:10 Manchmal frage ich mich, ist das Mitgefühl oder Extrem-Negativ-Motivation???
Ich empfinde es schon als mitfühlend, wenn mir jemand bestätigt, dass meine Situation schlimm ist und ich mir deswegen nicht auch noch Stress machen muss, weil ich denke, ich müsste mich jetzt auch noch freuen, obwohl ich das gerade eh nicht kann. Für mich nimmt sowas den Druck raus.

Mal abgesehen sind deine Beiträge auch nicht immer so super mitfühlend und motivierend. ;)
Deheteleef
Beiträge: 598
Registriert: 7. Nov 2022, 17:01

Re: Angst, nie wieder gesund zu werden

Beitrag von Deheteleef »

Prausi hat geschrieben: 6. Sep 2023, 18:02 Nun soll ich eine kleine Arbeit wieder aufnehmen, habe einen Job ergattert, aber kann mich nicht freuen, überhaupt nicht. Es ist etwas viel Einfacheres als ich früher gemacht habe und in mir heult es "so weit unten bist du jetzt gelandet". Ich bin so fies zu mir, aber kann diesen inneren Kritiker, der mich antreibt mit einer Peitsche, einfach nicht abstellen.
Überqualifizierung kann durchaus zu Motivationsproblemen führen. Das ist eine Tatsache. Andererseits kann eine befristete niedere Tätigkeit auch wieder ein Sprungbrett sein.Der Mindestlohn (12 Euronen)) muss aber gewährleistet sein.
Seelenkrebs ist heilbar! :hello:
Katerle
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Registriert: 25. Sep 2014, 10:30

Re: Angst, nie wieder gesund zu werden

Beitrag von Katerle »

Hallo Prausi,

ja ich habe auch Angst, nie wieder gesund zu werden, schon länger. Aber mache weiterhin das Beste aus jedem neuen Tag.

LG Katerle
Senif
Beiträge: 1347
Registriert: 23. Jul 2023, 21:42

Re: Angst, nie wieder gesund zu werden

Beitrag von Senif »

Ja, das kenne ich. Ich dachte, mein Leben ist vorbei. War es aber nicht. Es dauert nur sehr lange, bis sich alles wieder reguliert hatte. Und bis dahin musste ich irgendwie mit den Symptomen klar kommen. Ich möchte quasi jedem hier Mut machen, dass man wieder heraus finden kann. Viele Genesene sind ja nicht mehr im Forum und können das leider nicht mehr schreiben.
momadome
Beiträge: 610
Registriert: 2. Aug 2009, 15:03

Re: Angst, nie wieder gesund zu werden

Beitrag von momadome »

Hallo,
Einige Genesene gibt es doch, die hier mitlesen. Ich gehöre dazu.

Nach langen Jahren der unerkannten Depression, Zusammenbruch, einjährigem Klinikaufenthalt ( stationär/teilstationär), vielen Ups und Downs geht es mir heute gut.

Ich habe meine psychische Erkrankung genauso akzeptiert wie meine körperlichen chronischen Baustellen. Diese Akzeptanz ist wichtig, um einen guten Umgang zu finden.

Was ist Gesundheit? Ist es nur die Abwesenheit von Krankheit? Dann wären mindestens 70 % der Menschen krank. Die meisten leben jedoch mit ihren Erkrankungen nach einer gewissen Zeit der Anpassung gut und lebenswert weiter, egal ob psychisch oder physisch.

LG jojoma
TJTobi
Beiträge: 6
Registriert: 5. Sep 2023, 18:48

Re: Angst, nie wieder gesund zu werden

Beitrag von TJTobi »

Hallo Prausi,

auch ich kenne diese Hoffnungslosigkeit. Letztes Jahr war ich wieder über ein halbes Jahr in einem Loch. Ich Stelle mir dann jedesmal die Frage wieso weiterkämpfen wenn man doch niemals glücklich sein wird. Irgendwann Stelle ich mir die Frage: warum nicht? Also wieso nicht einfach weiterkämpfen, auch ohne zu Wissen warum und wofür? Einfach etwas tun. Sich zu denken es geht doch eh nicht schlimmer. Einfach loslassen und die Angst überwinden. Ja das ist einfacher gesagt als getan aber das ist das einzige was ich dann noch habe.
Versuche es zu akzeptieren und entwickele einen Gedanken der dich antreibt, worauf du immer zurückfreifen kannst.
Ich hatte Mal eine gute Freundin und auch Ex Freundin, die, wenn ich in einem Loch war, mir nie gesagt hat was ich gerne hören wollte. Ich hab mich angegriffen gefühlt aber irgendwann verstanden das man genau das hören soll. Es wird niemand kommen der dich aus dem tief holt. Freunde und Familie hören zu, doch verstehen es meist nicht. Auch diese Menschen haben ihre Probleme und kämpfen.
Im Endeffekt kann man alles schaffen! Gib nicht auf. Schaffe dir deine kleine eigene Welt. Tu was auch immer du tun musst damit es dir besser geht und denk nicht soviel drüber nach.

Alles gute für dich!
IvonneSun
Beiträge: 62
Registriert: 18. Mär 2022, 16:21

Re: Angst, nie wieder gesund zu werden

Beitrag von IvonneSun »

Liebe Prausi, diese Angst kenne ich zu gut. Und den inneren Kritiker erst recht!
Seit mittlerweile 20 Jahren chronische Depressionen habe ich mir JETZT ERST zugestanden, eben nicht mehr zu funktionieren. Funktionieren war nämlich meine Antwort auf Alles. Jahrelang Therapie, Klinik, Rehas, Medis schlucken, daneben fleißig arbeiten gehen, weiterqualifizieren, damit ich ja die Beste bin, mir mehr Verantwortung aufladen als nötig, schlechtes Gewissen bei Arbeitsunfähigkeit. Und meine Kraft ließ immer mehr nach. Immer längere Arbeitsunfähigkeiten trotz reduzierter Tagesarbeitszeit und homeoffice. Frustrierte Kollegen. Keine Perspektive.

Mittlerweile vertraue ich darauf, dass es so wie bisher nicht mehr weitergehen kann. Es wird weitergehen, auch das weiß ich. Vieles hängt bei mir mit Selbstfürsorge zusammen. Im Laufe Erkrankung haben sich auch meine Wertvorstellungen geändert.
Und Du sorgst mittlerweile besser für Dich: Klinik, Therapie, Medikamente, Selbsthilfeforum. Da geht noch mehr, liebe Prausi. Überleg mal, was Du gerne machst, außer Deinen ehemaligen verantwortungsvollen Job. Vielleicht ist ja dort ein Ansatz. Der Körper und die Seele melden sich nicht grundlos. Etwas muss verändert werden. Und Du MUSST lernen, Dich selbst gut zu behandeln, sonst kommst Du da nicht raus. Auch wenn das auf Andere egoistisch wirkt, bisher warst Du bestimmt jemand, der auf sich selbst am Wenigsten Rücksicht genommen hat. Das wird Dein Umfeld irritieren, aber lass Dich nicht abbringen! Und der kleine Job im Luxushotel ist auch Selbstfürsorge- probier Dich aus!

Ich wünsche Dir viel Kraft auf Deinem Weg. Es lohnt sich, versprochen!
Maxegon
Beiträge: 2528
Registriert: 25. Mai 2021, 11:33

Re: Angst, nie wieder gesund zu werden

Beitrag von Maxegon »

Prausi hat geschrieben: 6. Sep 2023, 19:13 Es kotzt mich so an, dass ich nicht stolz auf mich sein kann, dass ich trotzdem jeden tag aufstehe und weitermache.
... Ich sitze wie das Kaninchen vor der Schlage: "Wann wird es endlich besser?" Warum helfen denn bei allen anderen die Medis und bei mir tut sich nix?
Hallo Prausi,

dann bleibe doch ein paar Tage liegen und stehe gar nicht auf! :mrgreen: ... das wird dich erstmal anöden.

Mal in Ernst, du kannst so viel machen, gehe raus, begib' dich unter Menschen, man kann sie ja erstmal aus sicherer Distanz beobachen oder fahre ein paar Tage weg, verändere deine Umgebung, wo dich keiner kennt.
Wo du nicht "funktionieren" musst.

Wenn du ständig wie ein Kaninchen vor der Schlange sitzen bleibst, wird sich nichts ändern, selbst ein medikamentiertes Kaninchen, bleibt was es ist.

Hopple durch die Gegend, verweile wo es dir gefällt und ziehe weiter, wenn es doof ist.
Wenn du erschöpft bist, mache eine Pause.🐰

Auch bei mir helfen keine Medikamente.
Warum? ... weil ich vielleicht nicht daran glaube ...

Ich weiß, was mich aus meiner Niedergeschlagenheit 'rausholt, die vielen kleinen Dinge, jedes einzeln, scheinbar unwichtig, aber in der Summe entscheidend.
Jeder hat da andere Bedürfnisse, ein Kaffee am Morgen, ein gutes Gespräch, ein Lächeln, ein Lob, welches ich gebe oder gar bekomme, frisch geputzte Schuhe :) ,
Essen, was mir schmeckt, ... einfach Aufmerksamkeit und (!) wenn ich das alles nicht bemerke, werde ich ganz schnell zum hypnotisierten Hasen, nur ohne Schlange.

Gib' dir Zeit, sei nachsichtig und probiere.

:hello:
Zuletzt geändert von Maxegon am 8. Sep 2023, 10:15, insgesamt 1-mal geändert.
Max_
Beiträge: 583
Registriert: 19. Jan 2018, 11:46

Re: Angst, nie wieder gesund zu werden

Beitrag von Max_ »

IvonneSun hat geschrieben: 7. Sep 2023, 12:39 Seit mittlerweile 20 Jahren chronische Depressionen habe ich mir JETZT ERST zugestanden, eben nicht mehr zu funktionieren. Funktionieren war nämlich meine Antwort auf Alles. Jahrelang Therapie, Klinik, Rehas, Medis schlucken, daneben fleißig arbeiten gehen, weiterqualifizieren, damit ich ja die Beste bin, mir mehr Verantwortung aufladen als nötig, schlechtes Gewissen bei Arbeitsunfähigkeit. Und meine Kraft ließ immer mehr nach. Immer längere Arbeitsunfähigkeiten trotz reduzierter Tagesarbeitszeit und homeoffice. Frustrierte Kollegen. Keine Perspektive.
Hallo IvonneSun,
mich interessiert, was du geändert hast, als du das Funktionieren-Müssen aufgeben konntest? Auszeit, anderer Job, Rente?

Lieben Gruß
Max
IvonneSun
Beiträge: 62
Registriert: 18. Mär 2022, 16:21

Re: Angst, nie wieder gesund zu werden

Beitrag von IvonneSun »

Hallo Max,
ich habe als Kind auf einem Schlag sämtliche vertrauensvolle Bezugspersonen verloren und bin nach einer traumatischen Jugend bei Stiefeltern ohne jegliche Habe von dort geflohen. Ich hatte seitdem kein Vertrauen in die Menschen und keine Sicherheit. Es gab Zeiten, da hat es niemanden interessiert, wie`s mir (Kind) geht. Vielmehr war ich willkomene Putzkraft, Kinderbetreuerin, Bauhelferin und ansonsten nicht schützens-, liebens- und beachtenswert. Leider eine schreckliche Aschenputtelgeschichte.

(Ökonomische) Sicherheit habe ich mir selbst durch schwere Arbeit und ohne Rücksicht auf meine Bedürfnisse geschaffen. Der Verlust des Vertrauens in andere Menschen ist nicht behoben, aber soweit abgeschwächt, dass ich es schaffe, meinem Partner zu vetrauen und der dazugehörigen Familie. Das hat trotz Therapien Jahre gedauert. Prägung: Wenn ich nicht leiste, bin ich nicht sicher. Nur, immer leisten schafft niemand, es gehört noch mehr zum Menschsein. Ich kann einfach nicht mehr. Ich bin mal wieder krankgeschrieben. Gott sei Dank auch durch meinen GdB in einem eher sicheren Job, aber mittlerweile ist auch das mir gerade egal. So wie bisher gehts nicht mehr weiter. Und ich kann mir nur selber helfen, und meinem Umfeld, wenn ich das anerkenne. Ich bin erneut in einer Klinik angemeldet, danach sehe ich weiter. Am Schwersten fällt mir diese Einstellung gegenüber meinem Partner, wir wissen alle, dass Depressionen von Nicht Erkrankten nicht verstanden werden können..Da muss ich immer wieder zu mir stehen und auf Ruhepausen beharren oder auch auf Änderungen, wenn mir etwas nicht gut tut.
Chibi
Beiträge: 44
Registriert: 18. Jul 2023, 22:40

Re: Angst, nie wieder gesund zu werden

Beitrag von Chibi »

Hi,

Dieses Gefühl hatte ich zu Beginn, nachdem ich meine erste Diagnose bekommen habe, auch. Aber eigentlich ist es für mich gar nicht mehr so schlimm chronisch krank zu sein. Ja, gerade in den schlechten Phasen frustriert es mich sehr aber es würde mich auch frustrieren, selbst wenn ich irgendwann gesund werden würde. Ich versuche mich mehr darauf zu konzentrieren mit der Krankheit zu leben und mich um mein Leben im hier und jetzt zu kümmern. Das ist nicht immer einfach, aber sonst würde ich wahrscheinlich endgültig durchdrehen.

Gibt es etwas, dass die Kraft gibt? Mir hilft es eine Routine zu haben und Positiv Tagebuch zu schreiben. Vielleicht wäre das auch nützlich für dich.
Bleib stark!

- Chibi
Max_
Beiträge: 583
Registriert: 19. Jan 2018, 11:46

Re: Angst, nie wieder gesund zu werden

Beitrag von Max_ »

Hallo IvonneSun,

danke für deine Erläuterung. Was du in deiner Kindheit erfahren musstest, liest sich sehr traurig. Die daraus entstandene Prägung, dass du leisten musst, um Sicherheit zu haben, hat dein Leben lange bestimmt… bis jetzt. Jetzt löst du dich offenbar davon und überwindest diese Annahme (sie hat dir aber sicher geholfen, nach der Jugend autark und selbstständig zu werden?). Von Bedeutung ist ja, was nun folgt? Welchen neuen Glaubenssatz du entwickelst? Und wie dein Umfeld damit umgeht.

Ich habe auch eine Prägung bzw. eine „Überlebensregel“, die erhöhte Leistung von mir fordert. Aber nicht zwecks Sicherheit, sondern „nur“ um Aufmerksamkeit und Zuwendung zu bekommen. Diese aus dem System rauszubekommen, ist schwer. Immer wieder tappe ich in die Falle. Aber mit dem Bewusstsein dafür und der Hilfe von außen arbeite ich daran, eine freundlichere Annahme zu entwickeln.

LG Max
Mountainbiker
Beiträge: 224
Registriert: 19. Sep 2020, 18:15

Re: Angst, nie wieder gesund zu werden

Beitrag von Mountainbiker »

Prausi hat geschrieben: 6. Sep 2023, 19:13 Lieber Maxegon,

Früher habe ich als wissenschaftliche Mitarbeiterin und Führungskraft gearbeitet, war ein richtiger Überflieger, bis zu meinem Zusammenbruch vor eineinhalb Jahren. Dann ging nix mehr und ich dachte, ich müsse mich nur erholen.
Wie kam es deiner Meinung nach zu dem Zusammenbruch?

Gruß vom Mountainbiker
Das Leben ist wie Radfahren. Man fällt nicht, solange man in die Pedale tritt.
MissMikse
Beiträge: 466
Registriert: 14. Mär 2023, 20:07

Re: Angst, nie wieder gesund zu werden

Beitrag von MissMikse »

Hallo Prausi,

du kämpfst nun seit 7 Monaten. Das erscheint dir wie eine ewig lange Zeit. Aber überleg mal, wie lange es gedauert hat, bis dein Zusammenbruch kam, und wieviel in der Zeit schief gelaufen ist, was nun bereinigt werden muss. Das waren sicher nicht nur Monate, sondern eher Jahre. Und was in vielleicht 5-10 Jahren kaputt gegangen ist, lässt sich nun mal nicht in einem halben Jahr wieder reparieren/ändern usw.

Vielleicht hat auch ein Stück weit dein Job dazu beigetragen, dass es so gekommen ist? Und somit ist es gerade gut, dass du nun was anderes versuchst in Bezug auf die Arbeit?! Ich beobachte das auch bei mir und den Kollegen: ich bin immer eine der Besten, immer auf dem Laufenden, hinterfrage alles, sehe Probleme und versuche diese zu lösen usw. Aber wofür? Es stresst mich und macht mich kaputt. Während andere einfach nur 0815 ihren Job machen (und teilweise noch nicht mal halbwegs ordentlich). Die bekommen aber das gleiche Geld wie ich und haben weniger Stress. Muss also vielleicht nicht sein, sich selbst so unter Druck zu setzen und unbedingt "was leisten" zu wollen.
Dein neuer Job klingt doch toll! Luxushotel klingt nicht nach "jetzt bin ich ganz unten angekommen". Und Gästebetreuung kann sehr schön sein. Wenn deine Gäste zufrieden sind, dir Lob aussprechen oder danke sagen oder vielleicht ein gutes Trinkgeld geben: das kann dich zufriedener machen als eine einsame Führungsposition. Vielleicht warst du selbst schon mal in so einem Hotel oder Spa als Gast und warst dankbar für die "guten Geister" im Hintergrund, die dir einen schönen Aufenthalt beschert haben? Hast du dich ihnen überlegen gefühlt? Oder warst du einfach nur dankbar für ihre Arbeit und ihre Bemühungen?

Ansonsten hab ich den Eindruck, dass du vielleicht machst und tust und fast schon in blinden Aktionismus verfällst, in der Hoffnung: je mehr ich mache, umso schneller wird es besser. Dazu kann ich nur sagen: das kann eine böse Falle sein. Manchmal ist runter kommen, Ruhe und Entspannung viel hilfreicher als noch was und noch was und noch was zu machen.

Und dann stellt sich mir noch die Frage: was verstehst du unter "besser werden"? Wie sieht das "besser" in deinem Leben aus?
Ich formuliere mal überspitzt: ein größeres Haus? Ein anderer Mann? Ein neues Haustier? Ein Job mit einem Einkommen von mindestens x? Ein neues Auto? Sind das die Sachen, die unser Leben besser machen?
Oder sind es vielleicht doch die liebevollen Menschen, die wir schon in unserem Leben haben und mit denen wir Zeit verbringen können? Ist es ein sonniger Tag, den du auf dem Balkon verbringen kannst? Ein gutes Buch? Ein Glas Wein in trauter Zweisamkeit mit deinem Mann?

Wie heißt es immer so schön: das Bessere ist der Feind des Guten. Versuch mal dein Leben ganz unvoreingenommen und rein analytisch zu betrachten. Was gibt es Gutes in deinem Leben? Für welche Dinge kannst du dankbar sein?

Aber um beim Thema zu bleiben: es wird immer gute und schlechte Zeiten geben in unserem Leben. Aber wir dürfen uns die guten Zeiten nicht schlecht machen indem wir schon wieder Angst haben vor schlechten Zeiten. Und in den schlechten Zeiten dürfen wir nicht vergessen, dass es auch gute Zeiten gibt. So gelingt der Balanceakt, der sich Leben nennt. ;)
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