Neuzugang Vorstellung und Rückschläge

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M4NU3L
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Registriert: 15. Jun 2023, 09:47

Neuzugang Vorstellung und Rückschläge

Beitrag von M4NU3L »

Hallöle!
Ich bin seit ungefähr einem Monat hier angemeldet und habe hier regelmäßig Trost und hilfreiche Ratschläge gefunden, oft unter Beiträgen in denen andere Leute ähnliches durchmachen mussten. Aktuell wird es wieder ziemlich schlimm, weshalb ich nochmal persönlich nach etwas Trost suchen wollte. Erstmal zu mir: Ich bin Leon, 21 Jahre alt und wurde vor ungefähr 1 1/2 Monaten von meinem Therapeuten und meinem Hausarzt mit einer mittel- bis schweren depressiven Episode diagnostiziert. Zunächst haben wir es mit Paroxetin versucht, da mich zusätzlich auch Angstzustände geplagt haben- sind dann nach 2 Wochen umgestiegen auf 20mg Fluoxetin. Die Umstellung war sehr schwer für mich, mein Therapeut hat mir empfohlen, die 20 mg Paroxetin zuvor über drei tage auf 10mg Paroxetin, und direkt darauf folgend über 3 tage 10mg Fluoxetin umzustellen. Ich bin jetzt seit ungefähr knapp 3 Wochen auf der 20mg Fluoxetin Dosis. Die vergangenen zwei Wochen waren toll - Meine Symptome sind merkbar zurückgegangen, ich konnte Dinge unternehmen, arbeiten, studieren... sogar Spaß und Freude habe ich wieder gespürt! Seit Montag ist alles jedoch wieder äußerst anstrengend, Lebensfreude ist mehr oder weniger Fehlanzeige, der Kampf aus dem Bett am morgen ist deutlich anstrengender, als er sein sollte. Ich habe Angst, dass trotz der Medikamente sich keine Besserung mehr einstellt und ich nun einer weiteren, längeren Episode ins Gesicht blicken muss... Leider ist mein Therapeut auch bis zum 31.07. im Urlaub :( Ich wollte in einer Woche nochmal mit meinem Hausarzt Rücksprache halten bezüglich der Wirksamkeit der Medikamente. Hat jemand ähnliche Erfahrungen mit Rückschlägen kurz nach Beginn der medikamentösen Behandlung gemacht? Ich würde mich sehr für andere Geschichten interessieren :)
Maxegon
Beiträge: 2528
Registriert: 25. Mai 2021, 11:33

Re: Neuzugang Vorstellung und Rückschläge

Beitrag von Maxegon »

Hallo Leon,

es ist ein Irrglaube, man nimmt Medikamente und plötzlich ändere sich etwas, man müsse nur "gut eingestellt" werden und alles wird gut.

Diese Medikamente können nur Hilfsmittel sein, Krücken/ Gehhilfen, doch laufen musst du selbst, du musst aufstehen und loslaufen (wollen), deinen Körper, deinen Geist trainieren.

Wenn du z.Bsp. früh im Bett liegst und alles erscheint trübe und grau, wird es auch trübe und grau bleiben, wenn du nicht aufstehst, die Fenster öffnest und die Sonne hereinlässt, egal welche Pillen du einwirfst.

Du kannst es ändern, wenn die Hilfsmittel (Krücken) helfen, nutze sie!

Wenn du nichts tust, nichts veränderst, wird sich auch nichts verändern. Wie auch?
Von allein?

Ich nehme mal an, dir geht momentan alles auf den Senkel, sogar du gehst dir mittlerweile mächtig auf den Senkel.

Woran liegt es? Was stört dich?

Nerven dich die Anderen? Klappt es beim Studium nicht? Fehlen Freunde, Freundin, ist die Familie doof?
Mangelt es am Geld?

Daß du alt und gebrechlich wirst ... wird es wohl kaum sein.

Was ist es? Was fehlt dir?

Viele Grüße
M4NU3L
Beiträge: 7
Registriert: 15. Jun 2023, 09:47

Re: Neuzugang Vorstellung und Rückschläge

Beitrag von M4NU3L »

Hey Max, danke für die Antwort.
Um es kurz zu fassen- Das reflektieren bringt irgendwie nichts. Der Grund für die Trauer ist jedes mal ein anderer. Ich habe die Hoffnung, das ganze durch die Therapie zu entwirren aber bis dahin heißt es leider erstmal durchhalten. Geld ist nicht wirklich ein Problem, Uni ist derzeit definitiv stressig. Erst in der vergangenen Woche war ein riesenprojekt, was enorm viel Zeit in anspruch genommen hat, arbeitsstunden und gehalt mussten darunter entsprechend leiden. Besserung ist nicht in sicht, genau wie damals in der Schule drängen sich natürlich mehrere Projekte dicht aneinander was abgaben angeht. Aber da ist noch mehr. Vergangenes Wochenende war ich mit meiner Freundin auf einer Messe, alles war toll, viele Eindrücke, pure Lebensfreude. Und dann beginnt die neue Woche, und das alles fehlt. Alles ist wieder normal, grau, stressig. Ich habe akzeptiert, dass es im Leben solche und solche Tage oder Wochen gibt, dass ich aktuell einfach mehr Eindrücke brauche, um mich so richtig glücklich zu fühlen. Aber eine Antwort auf die Frage "Was mir fehlt" kann ich beim besten Willen nicht geben. Aber ich kann durchaus benennen, was mich stört. Es stört mich, dass ich nach 1 1/2 Wochen, in denen es mir wirklich merklich besser ging, plötzlich alles wieder eingestürzt ist. Dass ich am morgen tieftraurig und demotiviert bin ohne sagen zu können, warum.
Viele Grüße
Maxegon
Beiträge: 2528
Registriert: 25. Mai 2021, 11:33

Re: Neuzugang Vorstellung und Rückschläge

Beitrag von Maxegon »

Reflektieren - spiegeln?
Ich würde eher Ursachenforschung dazu sagen.
Um es kurz zu fassen - kennst du die Ursache, kannst du die Wirkung beeinflussen, kennst du sie nicht, kannst du ewig lange 'rumprobieren... auf gut Glück, man kann ja Mal probieren.
Ist das zielführend oder nur sehr beschäftigend?

Ich weiß ja nicht, was du studierst, doch ich lernte, ohne Grundlagen (Ursachen-) forschung und aufbauend auf diese Erkenntnisse, wird eine Veränderung mehr als schwierig, das ist nicht nur bei Naturwissenschaften so.

Uni ist immer stressig, das normale Leben (Futter besorgen, Heim sichern, Mitmenschen) auch. Das ist leider normal, der schnöde Alltag, doch das weisst du alles selbst.

Wenn du dich nicht freuen kannst, dass du körperlich unversehrt bist, du machen kannst, was du willst, die Chance zum Studieren hast, es dir an nichts mangelt, dann geht es dir vielleicht zu gut.
Man könnte es Überdruss nennen, etwas was Menschen z.Bsp. in Angola oder Afganistan völlig fremd ist.

Ja, ich weiß, ein typischer Opa-Satz, ich bin ja auch schon ein alter Sack, doch als ich Mal in Äthiopien oder Malaysia war, bemerkte ich, welcher Reichtum mich umgibt und ich dumme Nuss, habe nichts besseres zu tun als mich zu beklagen, was ich alles nicht habe.

... na ja, vielleicht muss man wirklich erst alt werden, um das zu bemerken.
Kräuterkeule
Beiträge: 8
Registriert: 4. Jul 2023, 17:22

Re: Neuzugang Vorstellung und Rückschläge

Beitrag von Kräuterkeule »

Moin, ich habe seit meinem 11 Lebensjahr eine Depression, diagnostiziert wurde sie mir leider erst vor ca 2 Jahren während eines Stationären Aufenthalts, welcher sich aufgrund einiger aktiven Suizidversuche ergab.
Dort wurde ich zuerst auf Escitalopram eingestellt, diese habe ich dann auch bis zum max. 20mg ausgereizt bis ich keine Unterstützung mehr spürte.
Mein Arzt hat mich dann auf eine Kombination aus Sertralin sowie Quetiapin 100mg Ret. und 50mg nicht ret.)
Damit ging es auch zu Anfang ganz gut.
Mittlerweile ist es aber nichtmehr wirklich spürbar, ich habe wieder stark mit SV begonnen und mittlerweile empfinde ich nicht mehr diese Entlastung...
Ich hatte ende 2022 meine Ausbildung zur Pflegefachkraft angefangen, ich bin nun seit 4 Jahren in der Pflege tätig und hab bisher alle Ausbildungen geschafft, nun bin ich tatsächlich an dem Punkt das ich meine Ausbildung abbrechen muss weil ich es Mental einfach nicht mehr schaffe, ich habe täglich mehrere Panikattacken und meine Gedanken drehen sich nur im Kreis..

Ich erhoffe mir einfach innerhalb von diesem Forum meine Probleme mit Leuten zu teilen welche ähnliche Erfahrungen gemacht haben und vllt den ein oder anderen Rat haben.

Danke, Kräuterkeule
MissMikse
Beiträge: 466
Registriert: 14. Mär 2023, 20:07

Re: Neuzugang Vorstellung und Rückschläge

Beitrag von MissMikse »

Hallo Leon,

6 Wochen Behandlung sind bei einer Depression so gut wie nichts. Wenn die Depri mittelschwer bis schwer ist, dann hat die sich nicht von gestern auf heute aufgebaut - und genau so wenig geht sie von einem auf den anderen Tag wieder weg. Auf dem Weg raus kann (und wird es wahrscheinlich) immer wieder mal "Rückschläge" geben, so wie du es aktuell erlebst.

Darf ich dich ehrlich fragen, ob du vielleicht nach Beginn der Behandlung durch irgendwelche Aktivitäten den restlichen Mist beiseite geschoben hast, dich dadurch besser gefühlt hast, und jetzt aber merkst, dass das nicht die Lösung ist? Denn du schreibst, es geht dir besser wenn du mit deiner Freundin unterwegs bist, du hast sogar Spaß. Aber das sind ja schlussendlich nur Ablenkungen vom Alltag. Und klar: wenn dann wieder Alltag ist, dann sind auch die Probleme wieder da.

Reflektieren bringt immer was, auch wenn du schreibst, dass hier jedes mal ein anderer Grund für die Traurigkeit da ist. Eine schwere Depression hat man in der Regel auch nicht aus einem einzigen Grund. Da spielen immer mehrere Faktoren rein und es sind mehrere Baustellen gleichzeitig offen. Und mal tritt halt der eine Grund, mal ein anderer Grund mehr nach vorne. Hast du mal versucht, diese Sachen aufzuschreiben? Manchmal ergibt sich dadurch mit der Zeit ein klareres Bild, weil man besser sichten und sortieren kann, was dir eigentlich so alles durch den Kopf geht. Könnte auch in der Therapie helfen, damit dein Therapeut schneller einen Überblick hat, was bei dir alles so los ist und wo es vielleicht am besten ist, zuerst anzufangen.

Hab Geduld - dazu brauchst du noch Kraft und Ausdauer. Depressionen aufzulösen ist nicht einfach und braucht Zeit. Hab auch keine Angst vor diesen "Rückschlägen". Sie sind lästig, ja. Aber ich hab die Erfahrung gemacht, dass ich jedes mal was daraus lernen konnte, was mich wieder ein Stückchen stärker gemacht hat und wieder 1 oder 2 Knoten gelöst hat - und das ist das beste was passieren kann für die Zukunft.

@Kräuterkeule: bist du in Behandlung? Hast du Hilfe vor Ort? Bei SV und Panikattacken usw. ist das Forum vermutlich leider nicht der richtige Ort für Hilfe für dich. Ich hoffe, du findest Hilfe vor Ort.
M4NU3L
Beiträge: 7
Registriert: 15. Jun 2023, 09:47

Re: Neuzugang Vorstellung und Rückschläge

Beitrag von M4NU3L »

Maxegon hat geschrieben: 5. Jul 2023, 14:21 Reflektieren - spiegeln?
Ich würde eher Ursachenforschung dazu sagen.
Um es kurz zu fassen - kennst du die Ursache, kannst du die Wirkung beeinflussen, kennst du sie nicht, kannst du ewig lange 'rumprobieren... auf gut Glück, man kann ja Mal probieren.
Ist das zielführend oder nur sehr beschäftigend?
Hallo Max, ich habe heute etwas über deine Worte nachgedacht. Eigentlich habe ich mit meinem Therapeuten vereinbahrt, die Ursachenforschung mit ihm gemeinsam durchzuführen, sobald dieser wieder aus dem Urlaub ist. Bis dahin sollte ich versuchen, die negativen Gefühle in den Hintergrund zu drücken und mich zu entspannen. Aber ich habe mich etwas mehr zu dem (hochkomplexen) Thema Depression belesen, und habe einige interessante Dinge über mich gelernt. Die Quellen die ich dafür verwendet habe waren entweder Erfahrungsberichte von praxiserfahrenen Psychologen oder wissenschaftliche Arbeiten.
Zunächst einmal sei gesagt, ich bin ein extrem logischer Mensch. Wenn du mich fragst "Warum bist du depressiv?" kann ich dir direkt vier bis fünf handfeste Tatsachen und Events nennen, die bestimmt dazu beigetragen haben. Damit verfehle ich aber komplett das Thema. Meine Depression entstammt einem emotionalen, keinem logischen Thema. Fakt ist, der Grund meiner Depression, bin ich selbst. Ich habe über Monate hinweg mich selbst in meinem Kopf als Hochstapler defamieren wollen. Als ein Betrüger, der seiner Freundin belügt und eine falsche Beziehung vorgaukelt. Weil ich nie gelernt habe, was Liebe eigentlich ist. Ich habe immer gedacht, Liebe sei das Allheilmittel schlechthin. Sobald man in einer Beziehung ist, kann es einem nicht schlecht gehen, alles muss immer zu 100% zufriedenstellend sein - Wenn das nicht so ist, ist die Liebe weg. Das ist eine höchst unrealistische und unreife Vorstellung von Liebe, vermittelt durch fragwürdige Rollenbilder, bizarre gesellschaftliche Werte und idealisierende Fiktion. Ware Liebe ist kein "verliebt sein" wo man immer mit dem Partner oder der Partnerin zusammen sein will. Das hatte ich für die ersten 6 Monate, hatte seine Vor- und Nachteile. Aber irgendwann wird eine Beziehung reifer, ruhiger. Man empfindet nicht mehr die ganze Zeit die verrückten Schmetterlinge, sondern eine tiefe, ruhige Verbundenheit. Liebe braucht Arbeit und Aufmerksamkeit. Das habe ich erst im Verlauf der letzten paar Monate gelernt und es war eine unheimlich harte Lektion. Bis es endlich klick gemacht hat, habe ich mich fast täglich fertig gemacht, beleidigt, schikaniert. Ich kann unmöglich eine Person, die mir so nahe steht, anlügen oder etwas vormachen. Ich habe offen und ehrlich mit ihr über diese Themen gesprochen - und sie konnte mich komplett verstehen. Wir sind gemeinsam zu dem Entschluss gekommen, dass wir uns beide weiterhin wohl fühlen in der Beziehung, einander Vertrauen. Es würde sich vielleicht nicht mehr die ganze Zeit so wild und turbulent anfühlen wie in den ersten Monaten des zusammenseins, aber das gehört zum Leben dazu. Ich habe das akzeptiert, jetzt muss ich es aber noch verinnerlichen.

Das genügt aber erstmal an reflektion und Ursachenforschung. Ich habe diese Erkenntnisse für mich notiert, und werde sie bei meinem nächsten Termin ansprechen. Allgemein würde ich sagen, meine Lage hat sich seit Montag gebessert. Die Morgen sind nach wie vor anstrengend, aber irgendwie schon machbar. Für heute gehe ich gleich zum Sport, und mache mir dann einen entspannten und wohl verdienten Feierabend.
Vielen Dank für deinen Input!
Liebe Grüße, Leon
Manuel999

Re: Neuzugang Vorstellung und Rückschläge

Beitrag von Manuel999 »

Hi Leon,
Antidepressiva machen nicht gesund.
Antidepressiva sind eine Stütze, mehr nicht.

Es macht eher gesund, wenn Du beginnst, Dein Leben positiver zu gestalten. Dazu musst Du herausfinden, was Dir persönlich gut tut.

Es ist falsch, sich nur auf Medikamente zu verlassen, so dachte ich in Deinem Alter auch noch. Und ja, grad' am Beginn der Einnahme von Medikamenten verschlechtert sich der Zustand oft noch mehr, da der Körper Zeit braucht mit der Einspielung.
Auch eine Gewohnheit des Körpers an das Medikament, und immer wieder umstellen von Medikationen, sind vollkommen normal.

Verlasse Dich bitte nicht nur auf Medikamente.

Ein Arzt sagte mir sogar mal, eine Stunde Sport gleicht der Wirkung von einer Tablette Antidepressiva. Aber das ist auch zu leicht gesagt, manchmal benötigt man einfach auch die medikamentöse Stütze-zusätzlich.

Viele liebe Grüße
Taminar
Beiträge: 7
Registriert: 11. Jul 2023, 19:59

Re: Neuzugang Vorstellung und Rückschläge

Beitrag von Taminar »

Hallo alle Zusammen,

Ich bin Taminar, leide seit meiner jugend unter depressionen, mit 30 hatte ich ein Burn out, mittlerweile bin ich 45 und ich habe das Gefühl es wird von jahr zu Jahr zu schlimmer hinzu kommt das ich tatsächlich allein bin und es macht nichts besser, ich habe angst vor Menschen, viele interressiert es nicht wie es dir tatsächlich geht.

ich arbeite auf dem ersten Arbeitsmarkt, habe auch ein auto, zum glück, die Frage ist nur wie lange ich das alles halten kann, arbeit habe ich seit 5 jahren und hin und wieder bekome ich aber deprischübe ich komm dann zwar teilweise wieder raus durch die arbeit, aber das kann doch nciht alles im Leben sein, Oder ? aufgrund meiner Geschcihte was mir alles passiert ist habe ich mit meiner Familie gebrochen, Freunde habe ich keine, ich wurde immer nur ausgenutzt in allen erdenklichen und schrecklichen Variationen die man sich nur vorstellen kann.

Viele liebe Grüße
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