Abgrenzung Depression zu gesunder Niedergeschlagenheit

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Louissa
Beiträge: 59
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Abgrenzung Depression zu gesunder Niedergeschlagenheit

Beitrag von Louissa »

Liebe Leute,

erst einmal ein Hallo in die Runde, da ich hier neu bin :hello: . Ich bechäftige mich seit einiger Zeit mit der Frage, wo die Grenze zwischen einer Depression und einer sinvollen Reaktion der Psyche auf belastende Lebensumstände verläuft.

Der Hintergrund dazu:
ich bin vor einiger Zeit bei einer Psychotherapeutin aufgeschlagen, vorrangig weil ich sehr empfindlich auf Geräusche reagiere und daher belastende Schlafstörungen habe, aber auch, weil ich emotional sehr empfindlich auf alles Mögliche reagiere. Sie verwies mich bzgl. der Schlafstörungen an einen Hausarzt, meinte aber ich würde depressiv wirken und wir sollten an meinen "emotionalen Defiziten" arbeiten. Mir geht es tatsächlich nicht gut, und ich bemerke zunehmende Symptome, die man einer Depression zuschreiben könnte (häufiges plötzliches Heulen, fehlende Freude im Alltag, kein Antrieb, kaum Energie, Konzentrationsdefizite,...) aber ich schreibe das v. A. dem Schlafmangel, gesundheitlichen Wehwehchen, deren Diagnose sich zieht, einer belastenden Wohnsituation, der Pandemie, meinem sozialen Rückzug und meiner Unzufriedenheit im Job zu. Außerdem sind andere psychische Probleme aufgekeimt, die ich eigtl. bereits im Griff zu haben geglaubt hatte. Zusammen genommen ist das keine schöne Lebenssituation und im Grunde ist es ja eigentlich eine sinnvolle Reaktion, wenn meine Psyche Alarm schlägt, und mir zeigt, dass ich etwas in meinem Leben ändern muss. Das Problem dabei ist, dass mir das seit geraumer Zeit nicht gelingt, obwohl ich mich darum bemühe. Das zehrt an den Kräften und es geht mir inzwischen wirklich nicht gut. Die Psychotherapie hat bislang nicht wirklich etwas gebracht und ich spiele mit dem Gedanken, sie abzubrechen, allerdings war es nicht leicht, überhaupt einen Therapieplatz zu bekommen. Kurzum: ich bin gerade etwas ratlos, weil ich nicht weiß, wie ich meine Situation gerade bewerten soll, und welche Schritte jetzt sinnvoll wären.

Dass hier keine Diagnose gestellt werden kann oder sollte, ist mir bewusst, aber anhand welcher Faktoren kann man eine Grenze ziehen zwischen einer "echten" Depression, und einem gesunden psychischen "Alarm"? Wenn ich ich den Auslöser kenne, ist es dann überhaupt eine Depression?

Ich bin gespannt auf Eure Meinungen.
Liebe Grüße
Lavendel64
Beiträge: 546
Registriert: 27. Dez 2017, 14:44

Re: Abgrenzung Depression zu gesunder Niedergeschlagenheit

Beitrag von Lavendel64 »

Hallo Louissa,

da noch niemand geantwortet hat, versuche ich mich daran. Es gibt ja im Internet diverse Fragebögen zur Selbstdiagnose. Mich haben sie mehr verwirrt als geholfen, vieles lässt sich nicht so einfach beantworten.

Für mich persönlich (mit Diagnose rezidivierende Depression) ist es wichtig, in Zeiten, in denen es mir nicht gut geht, zu unterscheiden zwischen den Folgen einer Überforderung, aus der eine Depression werden wird, wenn ich nicht gegensteuere und der Depression (dann brauche ich Hilfe).
Eine Überforderung ist kurzfristig, ich merke, ich bin schlapp, komme morgens nicht richig hoch, ich schaffe es nach der Arbeit aufs Sofa und penne sofort ein. die Freude am täglichen Leben ist auf Null.
Inzwischen habe ich kein Problem mehr damit, mir das einzugestehen - ich weiß auch, dass es keinen Auslöser geben muss. Als Allheilmittel ist bei mir: RUHE. Nur das tun, was unbedingt lebensnotwendig ist und Ausschau halten nach schönen Dingen. In solchen Phasen brauche ich mein Büchlein, in das ich abends drei bis fünf Dinge notiere, die positiv waren. Der Raubvogel am Straßenrand, eine schöne Blume, ein netter Kommentar eines Mitmenschen: in dieser Richtung. Nimmt man diese Kleinigkeiten wahr (so dass sie abends noch im Kopf sind), hat es auch in der Seele Positives bewirkt. Nach und nach kann ih mich so aus der Krise herausarbeiten.

Eine "echte" Depression ist eine andere Hausnummer. Heftiger, mit noch weniger Antrieb. Der Übergang dürfte aber fliessend sein. Ich kann dir nicht sagen , an welchem Punkt ich mir Hilfe holen würde. Glücklicherweise habe ich eine Therapeutin, bei der ich jederzeit kurzfristig einen Termin bekommen würde.
Das ist mal mehr, mal weniger hilfreich.

Ich finde, dass Psychotherapeuten bisweilen an der Realität vorbei empfehlen. Dinge zu ändern, sind auf Grund der Lebenssituation manchmal nicht möglich. Bei einer Therapeutin führte das tatsächlich dazu, dass wir die Therapie beendet haben, weil ich nicht bereit war, die Änderung anzunehmen, die sie als Allheilmittel betrachtete. Ich sehe die Aufgabe der Therapeuten dann darin, mit mir an der Akzeptanz der Situation zu arbeiten.
Vielleicht erwartest Du von der Therapie zu viel? Sie "heilt" ja nicht, sondern wägt Möglichkeiten ab, macht Dir bestenfalls bewusst, wo ein Knoten in der Seele ist. Und hiflt ein wenig beim Entwirren.

LG Lavendel
***Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen ***
hundethomas
Beiträge: 1192
Registriert: 28. Aug 2022, 21:04

Re: Abgrenzung Depression zu gesunder Niedergeschlagenheit

Beitrag von hundethomas »

liebe Louissa,

ich vermute dass du wie ich, auch ein hochsensibler Mensch bist. Und da ist die Grenze zur Depression

schnell überschritten. Gerade in unserer heutigen Leistungsgesellschaft ist es sehr schwer zu

"überleben." Unserer moderne westliche Gesellschaft ist Wohlstand, Erfolg, Leistung bringen

sehr wichtig. Da wir Fortschritt damit gemessen, wiviel Geld verdiene ich, was kann ich mir leisten

und kaufen, ein Haus bauen usw....

Aber immer mehr Menschen können da nicht mehr mithalten, werden krank und depressiv..........

Fortschritt, immer schneller, weiter, höher, besser...Aber was ist mit uns depressiven Menschen,

dem geschiedenen Manager, dem alten Menschen im Pflegeheim......

Heute sind viel mehr Menschen depressiv als früher, es gibt viel mehr zerbrochene Beziehungen,

daraus leidende Menschen und Kinder,,,,,,,,,

Als eher sensibler Mensch leidest du da noch mehr darunter............

Nichts gegen Bildung, Fortschritt.......Aber für den Menschen, nicht gegen den Menschen.

Arbeit ist gut, und ich arbeite auch gerne. Aber nicht mit so viel Druck, Erwartung..............

Heute versuche ich alternativ einfacher zu leben. Ich muss nicht alles haben, was andere haben,

ich darf auch mal schwach sein, muss nicht immer stark sein. Und ich darf mich lieben und

annehmen, so wie ich bin. Und das darfst DU auch.

Oh, und ein ganz herzliches Willkommen hier im Forum. Und das du hier Liebe, Annahme und

Hilfe für dich finden darfst.


liebe, leise Grüße,
Ulli1905
Beiträge: 38
Registriert: 14. Sep 2022, 08:51

Re: Abgrenzung Depression zu gesunder Niedergeschlagenheit

Beitrag von Ulli1905 »

Hallo liebe Louisa,
auch von mir ein herzliches Willkommen und danke für das spannende Thema!

Es hat mich den ganzen Tag über schon beschäftigt ... ich melde mich dazu später noch mit meinem "Abschlussergebnis" ;)

Liebe Grüße,
die Ulli
747er
Beiträge: 386
Registriert: 10. Jul 2022, 10:20

Re: Abgrenzung Depression zu gesunder Niedergeschlagenheit

Beitrag von 747er »

Ich glaube auch, dass der Übergang fliessend ist, aber nur jeder für sich sagen kann, ab welchem Punkt er Hilfe braucht.

Bei mir war es lange so, dass ich zwar merkte, dass sich Zeichen einer drohenden Depression einstellten, wie Antriebslosigkeit, ich aber trotzdem noch voll funktioniert habe. Irgendwie packte ich es immer wieder, mich von dem Abgrund wegzuziehen. Ich erlaubte mir dann einfach, Dinge auch mal nicht zu tun. Müsste ich eigentlich mal wieder joggen gehen, kann mich aber gar nicht dazu aufraffen? Gut, dann gehe ich eben nicht joggen. So konnte ich mir eine Weile den Druck selber verringern.

Aber die Dinge liefen, grade beruflich, weiter nicht gut, und so kam ich nie wirklich zur Ruhe. Und irgendwann funktionierte es nicht mehr, mich von dem Abgrund wegzuziehen. Immer mehr Dinge fingen an mich zu überfordern, und dann kam dieser eine Morgen, wo ich mich ernsthaft fragte, ob ich nicht einfach im Bett bleiben sollte. Mir wurde bewusst, dass ich seit Wochen keinen Sport mehr gemacht hatte, dass ich an nichts wirklich Interesse hatte, und mir alles irgendwie hoffnungslos erschien. Da wusste ich, ich bin nicht mehr am Rand vom Abgrund, ich bin schon im freien Fall.
Jogi2014
Beiträge: 47
Registriert: 22. Jul 2014, 11:07

Re: Abgrenzung Depression zu gesunder Niedergeschlagenheit

Beitrag von Jogi2014 »

Hallo zusammen,
war gerade kurz davor einen eigenen, neuen Beitrag zu verfassen und habe in diesen mal reingelesen und mich in dem letzten post sehr wiedererkannt. Auch wenn das jetzt nicht zur Überschrift passt: wie bist Du da wieder rausgekommen. Ich bin am Anfang einer Therapie, die mir aber bisher nicht so viel hilft. Meine Ärztin meint ich müsse wohl lernen damit umzugehen. Ich kämpfe morgens ganz oft, um in den Tag zu starten, aber es fällt immer schwerer und ich merke, dass meine Hoffnung auf Besserung schwindet.
Aber vielleicht poste ich das doch nochmal extra.

Liebe Grüße
Ulli1905
Beiträge: 38
Registriert: 14. Sep 2022, 08:51

Re: Abgrenzung Depression zu gesunder Niedergeschlagenheit

Beitrag von Ulli1905 »

Viele viele Gedanken die zu diesem Beitrag gekommen sind. Vier Jahre habe ich mich dagegen gewehrt, die Depression als Krankheit anzuerkennen. Widerwillig habe ich vor vier Wochen zum zweiten Mal Antidepressiva genommen, weil ...die Antriebshemmung so stark würde, dass ich mir nicht mehr vorstellen konnte SO weiterzuleben. Und da ist für mich eindeutig die Abgrenzung zur Niedergeschlagenheit!

Die ersten drei Wochen waren schwer, weil zuerst nur die sedierende Wirkung einsetzte ... aber seit einer Woche LEBE ich wieder und fühle mich beim Aufwachen wieder "normal". Ich habe endlich wieder Appetit und kümmere mich mit Frude um das Thema Essen ... ich gönne mir kleine Freuden wie heute ein Eis auf die Hand ... nach dem Frühstück :) ...

Ein schwerer Schritt für mich - aber welche Erleichterung nun ...

Liebe Grüße,
die Ulli
Jogi2014
Beiträge: 47
Registriert: 22. Jul 2014, 11:07

Re: Abgrenzung Depression zu gesunder Niedergeschlagenheit

Beitrag von Jogi2014 »

Mir fällt auf, dass ich auch hin und herschwanke, Depression, leicht, mittel bis geht doch wieder, vielleicht doch nicht richtig krank. Eine klare Aussage habe ich nicht, 'Verdacht auf' steht bisher nur im Raum bzw schwarz auf weiß.
Die Frage nach Medikamenten wurde mir noch nie gestellt, weder von TherapeutIn noch vom Hausärztin. Irgendwie will ich auch gar nicht unbedingt was einnehmen, aber ich denke mir, ich selbst kann es auch nicht beurteilen, ob es nicht doch dran wäre. Was Du geschrieben hast klingt sehr positiv. ZB. Normal Aufwachen.
Es heisst immer - in Berichten, Pages etc zum Thema - lass Dir helfen. Einfach ist das aber nicht, so meine Erfahrung.
Es kostet Überwindung wieder zum Arzt zu gehen, bei mir aktuell in erster Linie Erschöpfung, Müdigkeit, wenig Freude, morgens ein Kampf um den Alltag zu starten etc. Aber hatte auch erst Covid und Müdigkeit ist erst seitdem so extrem. Von daher denke ich auch immer, was hat was ausgelöst oder zumindest verstärkt.
LG
Lavendel64
Beiträge: 546
Registriert: 27. Dez 2017, 14:44

Re: Abgrenzung Depression zu gesunder Niedergeschlagenheit

Beitrag von Lavendel64 »

Lieber Jogi,

für mich war tatsächlich der schwerste Schritt die Akzeptanz. Ich habe mich lange gegen die Diagnose gesträubt, bin nicht zum Arzt gegangen, habe bei Internet-Fragebögen mich selbst beschummelt ... dabei ging es mir definitiv nicht gut.
Bis der Tag kam, an dem nicht smehr ging und ich nichts mehr leugnen konnte. Mich der Realität stellen musste. Es war immer noch ein langer Weg, auf dem ich oft dachte, das hilft doch alles nicht.

Mir half auch der Spruch einer ärztin "Manche Tage muss man einfach nur überstehen", der hilft mir, wenn es mal arg kommt. Der nächste Tag könnte besser sein. Manchmal schon die nächste Stunde.

LG Lavendel
***Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen ***
Jogi2014
Beiträge: 47
Registriert: 22. Jul 2014, 11:07

Re: Abgrenzung Depression zu gesunder Niedergeschlagenheit

Beitrag von Jogi2014 »

Liebe Lavendel,
Danke. Akzeptanz ist wichtig, aber auch sehr schwierig. Wenn es etwas besser geht, neige ich dazu optimistisch zu denken, geht doch wieder. Das ist einerseits eine gute Eigenschaft, aber führt auch dazu zu verdrängen und sich nicht mit der Situation zu beschäftigen, wenn man die Kraft hätte.
Was mir auch gefehlt hat waren klare Aussagen von Leuten, die sich 'damit auskennen'. Ich war/bin bei Ärzten und TherapeutInnen, irgendwie gab es nie eine klare Diagnose. Das half mir auch nicht. Was genau sollte ich akzeptieren.
Jetzt bin ich am Anfang einer Therapie die mir klarer erscheint und hoffe voranzukommen.
Das für mich gesunde Gleichgewicht zwischen sich durchbeißen obwohl ich mich mies fühle insbes morgens und doch mal krank melden, muss ich noch finden. Aber die Erfahrung, dass der nächste Tag ggf viel anders und besser aussieht, die stimmt halt schon - zum Glück - auch wenn man es im Moment nicht glaubt .
LG
Jogi
Zuletzt geändert von Jogi2014 am 2. Okt 2022, 14:09, insgesamt 1-mal geändert.
Louissa
Beiträge: 59
Registriert: 14. Sep 2022, 22:10

Re: Abgrenzung Depression zu gesunder Niedergeschlagenheit

Beitrag von Louissa »

Hallo!

vielen Dank für Eure zahlreichen und interessanten Antworten und für die nette Begrüßung!
Ich sehe wie viele von Euch auch einen fließenden Übergang zwischen einer persönlichen Krise und einer „echten“ Depression.

Da psychische Erkrankungen sich wie ein roter Faden durch meine Familie ziehen, ist davon auszugehen, dass Ersteres bei mir auch schnell zu Letzterem führen kann. Nachdem ich wegen Schlafstörungen an einen Psychiater überwiesen wurde, hat der meinen Gesamtzstand nun auch als behandlungsbedürftig eingestuft und mir nahegelegt, zusätzlich zur Psychotherapie ein Antidepressivum zu nehmen. Dass ich das gar nicht mehr ablehne, ist für mich schon ein Zeichen, dass ich eine Schwelle überschritten habe, ab der ich nicht mehr gesund bin. Jetzt will ich einfach nur noch raus aus diesem Zustand, gerne auch mit Pillen, wenn das nötig ist. Früher habe ich die vehement abgelehnt.

Auch merke ich mittlerweile, das ich nicht, wie früher, mit Lebensstilmaßnahmen ausreichend gegensteuern kann. Nach einem Spaziergang in der Sonne geht es mir zwar kurzfristig etwas besser, der Effekt ist aber nicht nachhaltig und reicht nicht aus, um Freude am Leben zu empfinden. Früher hatte ich auch psychische Probleme, habe da aber, vielleicht dank einem Lebensstil voller Sport, Schlaf und Sozialkontakten, die Kurve gekriegt. Damals war noch genug Antrieb vorhanden, um an mir selbst zu arbeiten, und das habe ich sehr intensiv genutzt.

Da mein jetziger Zustand jetzt schon seit >1 Jahr andauert und immer schlimmer wird, habe ich beschlossen, alle Register zu ziehen: Tabletten, Psychotherapie weiter wahrnehmen und wenn ich wieder ein wenig mehr Energie habe, schrittweise mehr schöne Dinge in meinen Alltag integrieren. Noch muss ich 1,5 Wochen warten, bis ich die erste Tablette nehmen kann, sonst ist die Packung zu Ende, bevor ich den ersten Check–up–Termin für die Einstellung habe. Ich bin wirklich gespannt, wie sich das anfühlen wird :? , und ob die Tabletten bei mir überhapt wirken :roll:

Liebe Grüße!
Jogi2014
Beiträge: 47
Registriert: 22. Jul 2014, 11:07

Re: Abgrenzung Depression zu gesunder Niedergeschlagenheit

Beitrag von Jogi2014 »

Hallo Louissa,
ich wünsche Dir viel Erfolg mit den Medikamenten und fände es Klasse, wenn Du nach einiger Zeit einen update verfassen könntest.
Ich habe und hatte bisher keine Medikamente genommen, aber bin mir in letzter Zeit nicht sicher ob das nicht doch sinnvoll sein könnte.
Liebe Grüße
Jogi
Louissa
Beiträge: 59
Registriert: 14. Sep 2022, 22:10

Re: Abgrenzung Depression zu gesunder Niedergeschlagenheit

Beitrag von Louissa »

Hallo Jogi,

dank Dir! Ich habe mich doch dagegen entschieden, Psychopharmaka zu nehmen, nachdem ich mich über die Handhabung und Wirkung etwas genauer informiert hatte (s. thread „Fluoxetin“ in Pharmakotherapie).

Ich bin gerade das zweite Mal wegen der Geräuschkulisse umgezogen und hier ist es auch ziemlich hellhörig, aber die jetzigen Bewohner schlafen immerhin öfter mal aus, d.h. ich habe auch ein paar Nächte mehr Schlaf bekommen können. Da habe ich wieder gemerkt, wie sehr der meine Grundstimmung und Funktionalität im Alltag beeinflusst, und dass nicht die „Depression“ das Problem ist, sondern meine Geräuschempfindlichkeit und der chronische Schlafmangel, der in Kombination mit Alltagssorgen unfassbar zermürbend sein kann. Statt zu versuchen, mit Pillen trotzdem glücklich zu sein, will ich mich daher jetzt wieder dem eigentlichen Problem widmen, solange ich wieder besser zurechtkomme.

Ich bin nicht per se gegen Psychopharmaka, habe aber den Eindruck, dass sie einem oft zu schnell von Ärzten hinterhergeworfen werden – auch bei leichten und psychoreaktiven Depressionen, wo sie eigentlich gar nicht eingesetzt werden sollten oder helfen. Für mich selbst stellen sie nur eine Option dar, wenn ich wirklich nicht mehr anders weiter weiß, und keine Möglichkeit sehe, meine Probleme auf anderem Wege anzugehen, sowie durch Verhaltensmaßnahmen daran zu arbeiten, dass es mir wieder besser geht. Letzteres funktioniert bei mir nämlich, wenn ich die Energie dazu finde. Und falls die wieder längerfristig verschwinden sollte, laufen mir die Pillen ja nicht davon.

Liebe Grüße!
Jogi2014
Beiträge: 47
Registriert: 22. Jul 2014, 11:07

Re: Abgrenzung Depression zu gesunder Niedergeschlagenheit

Beitrag von Jogi2014 »

Hallo Louissa,
es ist gut, dass Du hier eine neue Erkenntnis hast und auch wieder besser schlafen kannst. Halbwegs häufiger Schlaf ist so wichtig, das weiß ich aus eigener Erfahrung.
Alles gute dafür und dass Du Dich ohne Medikamente wieder besser fühlst.
Mich würde aber interessieren wie Du zum Psychiater gekommen bist. Hast du das selber angesprochen oder dein Arzt Dir geraten? Ich war bisher noch nie beim Psychiater, wurde mir auch nicht nahegelegt, aber ich brauche aktuell irgendeine Perspektive und denke darüber nach das bei meinem Hausarzt anzusprechen obwohl ich irgendwie auch bei Antidepressiva zurückhaltend bin.

LG Jogi
Louissa
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Re: Abgrenzung Depression zu gesunder Niedergeschlagenheit

Beitrag von Louissa »

Hallo Jogi,

ich musste noch eine andere Sache mit meinem Hausarzt besprechen. Dann sind wir auf das Thema Schlaf gekommen und haben gemeinsam beschlossen dass er mich zum Psychiater/Neurologen überweist. Je nachdem, wie sich deine Beschwerden äußern, könnte es sinnvoll sein, abzuklären, wie dein Gesundheitszustand allgemein ist, sowohl was mögliche Ursachen, als auch Folgen der psychischen Beschwerden angeht. In einigen Fällen gibt es ja auch Zusammenhänge mit somatischen Krankheiten, z. B. mit chronischen Entzündungen oder Stoffwechselerkrankungen. Erst mal mit dem Hausarzt zu sprechen und einen Checkup zu machen kann daher m. E. nicht schaden.

Zum Psychiater kannst du aber auch ohne Überweisung. Der dürfte die bessere Adresse sein, wenn du vorhast, dich medikamentös behandeln zu lassen und das professionell begleiten zu lassen. Allerdings ist meine Erfahrung, dass gerade Psychiater gerne einfach mal ausprobieren, ob Psychopharmaka etwas bringen, und hier sehr freizügig mit Verschreibungen sind. Was sollen sie auch sonst machen – ist ja im Grunde die einzige Methode, wie sie praktizieren. Ich für meinen Teil finde es nicht sinnvoll, Medis zu nehmen, die in den Hirnstoffwechsel eingreifen, und langfristig nicht unerhebliche Nebenwirkungen haben, solange dazu keine klare Indikation besteht. Wenn ich mich zurückerinnere, wie oft mir Psychopillen angeboten wurden, als ob sie Bonbons wären, wird mir übel. Und ich bin sehr froh, meine teils wirklich schlimmen psychischen Zustände in der Vergangenheit aus eigener Kraft und ohne Pillen in den Griff bekommen zu haben. Das gibt Selbstvertrauen und hilft auch bei Rückfällen. Ich denke, egal ob du Pillen nimmst oder nicht, du solltest immer die Verantwortung für dein Wohlbefinden und deine Gesundheit übernehmen.

Mein Persönliches Vorgehen bei Psychoproblemen ist, mir als Allererstes einen Psychologen zu suchen, also jemanden, der spricht und nicht verordnet. Psychologen können i. d. R. auch ganz gut einschätzen, ob eine begleitende Pharmakotherapie sinnvoll ist. Leider ist es ein ziemlich mühseliges Unterfangen, bis man mal wen findet, der einen freien Platz hat, aber ich denke es lohnt sich, dran zu beleiben.

So oder so: letztenendes entscheidest nur du, ob du Medikamente schlucken willst, oder nicht. Beraten lassen kann man sich beim Arzt ja auch völlig unverbindlich, und wenn es sich falsch anfühlt, sagst du einfach vielen Dank und tschüss ;) .

LG
Louissa
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Registriert: 14. Sep 2022, 22:10

Re: Abgrenzung Depression zu gesunder Niedergeschlagenheit

Beitrag von Louissa »

Hallo Winfried,

tut mir leid für Dich, dass Du so eine Odyssey durchlaufen hast. Du kannst stolz auf Dich sein, dass Du Dich da durchgekämpft hast!

Dass Nichts von Dauer ist, ist in der Tat sehr tröstlich. Auch wenn man sich in einer Krise nicht vorstellen kann, dass sich das Leben einmal anders anfühlen wird, kann man dann doch irgendwann auf das Wissen zurückgreifen, wenn man die Erfahrung gemacht hat. Dadurch gewinnen schöne Momente an Bedeutung und Wert, und unschöne Zustände werden ein kleines bisschen erträglicher :) .

Ich wünsche Dir alles Gute!
Liebe Grüße
Antworten