"Ausrede" für den Arbeitgeber

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Seb87
Beiträge: 20
Registriert: 10. Apr 2022, 13:07

"Ausrede" für den Arbeitgeber

Beitrag von Seb87 »

Hallo zusammen,

bei mir wird das Thema "Krankschreibung" langsam konkreter, was mich auch vor einige Herausforderungen im Hinblick auf den aktuellen Job stellt.

Eine ganz konkrete Frage ist dabei, was ich eigentlich Kollegen und der Geschäftsführung sagen soll. Ich weiß, dass ich hier theoretisch nichts sagen muss, aber in der Praxis ist das leider nicht so einfach. Man kennt sich teilweise persönlich, es gehört zum guten Ton zu sagen, worum es geht etc. Von allem anderen abgesehen hätte ich die damit verbundenen Probleme einfach gerne aus dem Nacken.

Ich bin leider in einem recht konservativen Unternehmensumfeld unterwegs, wo Themen wie mentale Gesundheit und Co im allerbesten (!) Fall belächelt werden. Trotzdem müsste ich bei einigen Kollegen schon sagen, warum ich für Wochen krank geschrieben bin: Hat hier jemand eine gute Ausrede parat? Stoffwechselprobleme? Auto-Immun-Kram? Entzündliche Magen-Darm-Erkrankung? Was am Herz?

Sollte was sein, bei dem mich Leute in Ruhe lassen - sonst klingelt auch bei Krankschreibung den ganzen Tag das Telefon - und mit dem ich mich später nicht in Widersprüche verstricke. Ich suche mit anderen Warten das Pendant zu "Magen/Darm" auf dem Fehlstundenzettel ;)

Fällt da jemandem was ein? Oder wie würdet ihr das machen, wenn ihr nicht wollt, dass ihr euren Job verliert oder der noch toxischer wird, als er ohnehin schon ist? (Bevor jemand fragt: Der Absprung ist im Laufe des Jahres ohnehin geplant...)

Vielen Dank vorab!
Nachtmensch
Beiträge: 619
Registriert: 30. Dez 2020, 06:39

Re: "Ausrede" für den Arbeitgeber

Beitrag von Nachtmensch »

Hallo Till,

zunächst hängt es schon mal davon ab, welcher Arzt Dich krankschreibt. Kommt die Krankschreibung vom Psychiater, wäre Magen Darm eine blöde Ausrede. Ich hatte auch mal die Problematik und konnte mit meiner Hausärztin vereinbaren, dass die Krankmeldung von ihr kam und nicht vom eigentlich behandelnden Psychiater. In der Firma habe ich über die Erkrankung garnichts gesagt. Weil es eine Privatsache ist. Klar wird man gefragt, was man hat, aber ich muss nicht jede Frage beantworten. Die Frage was haben Sie denn, habe ich mit „ich bin krank“ beantwortet. Dann kam die Nachfrage. Was fehlt ihnen denn? Die ich mit „Gesundheit“ beantwortet habe. Rumlügen, beziehungsweise was erfinden schadet mehr als das es nutzt. Kommt es doch mal raus, ist man als unehrlich gebrandmarkt und ob einem das nachher auch in anderen Situationen nachhängt, liegt ja an denen, denen man nicht die Wahrheit gesagt hat.

Entscheiden musst Du Dich natürlich selbst, was Du kommunizieren willst.
Nicht ohne Grund, steht für den AG keine Diagnose auf der Krankmeldung. Allerdings sieht man eben am Stempel des Arztes auf der Krankmeldung, welches Fachgebiet da behandelt. Oft sind ja Psychiater auch Neurologen, da ist es zumindest nicht eindeutig. Meiner war es aber nicht, daher habe ich meine Hausärztin entsprechend bemüht.

Ich denke, meine Meinung zu dem Thema nutzt Dir wohl nichts, aber ich dachte, ich tue sie mal kund.

VG Nachtmensch

PS. Auch ob man ans Telefon geht, wenn die Firma oder Kollegen anrufen, ist die eigene Entscheidung.
Seb87
Beiträge: 20
Registriert: 10. Apr 2022, 13:07

Re: "Ausrede" für den Arbeitgeber

Beitrag von Seb87 »

Hallo Nachtmensch,

vielen Dank für die Antwort, vermutlich hast Du mit vielem Recht und der Hinweis mit der Krankschreibung ist auch sehr wertvoll - danke! Ich hör mich noch ein bisschen um und rede auch mal mit dem Arzt, vll. hat der noch ne Idee. Ich musste auch mal wegen einer Migräne mit Aura nach Hause, daraus könnte ich ggf. auch was machen. Wenn man arbeitet, bis der Körper aufgibt, ist das kurioserweise akzeptiert :D

Nur zum PS muss ich noch was sagen: Ob ich ans Telefon gehe, wenn Kollegen anrufen, ist eben nicht meine Entscheidung und ich hatte noch keinen Arbeitergeber (waren immerhin drei...) bei dem das so gewesen wäre. Wer nicht erreichbar ist, fliegt. Das ist Mist, ich suche mittelfristig einen Job, bei dem das nicht so ist, das ändert aber nichts daran, dass das in vielen Firmen gängige Praxis ist. Habe von einem Gesellschafter vor kurzem mal den folgenden schönen Satz gehört: "Wenn ein Mitarbeiter kompliziert ist, treffen wir die betriebliche Entscheidung, ihn rauszuwerfen. Morgen treffen wir dann die betriebliche Entscheidung, dass wir doch jemanden brauchen. Für die, die damit ein Problem haben, gibt es unsere Anwälte."

Will hier keinen Streit vom Zaun brechen, das ist nur einfach so ne Sache für mich. Entsprechende Jobs und Firmen sind beknackt, aber manchmal merkt man das erst, wenn es zu spät ist bzw. man nicht mehr so einfach aus der Sache raus kommt. Nochmal, das heißt nicht, dass das gut ist und ich will dieses blöde Leiden für den Job auch nicht romantisieren, aber mit der Außenperspektive übersieht man da schnell was.
Gartenkobold
Beiträge: 2054
Registriert: 9. Jul 2020, 09:26

Re: "Ausrede" für den Arbeitgeber

Beitrag von Gartenkobold »

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Zuletzt geändert von Gartenkobold am 22. Apr 2022, 17:36, insgesamt 1-mal geändert.
Nachtmensch
Beiträge: 619
Registriert: 30. Dez 2020, 06:39

Re: "Ausrede" für den Arbeitgeber

Beitrag von Nachtmensch »

Hallo Till,

ich wüsste nicht, dass man als Krankgeschriebener telefonisch erreichbar sein muss. Erklär das mal jemandem der zum Beispiel nicht reden kann, wegen der Erkrankung (Stimmband oder Mandel Entzündung oder OP.)
Aber klar, es gibt natürlich Arbeitgeber, die schert es einen Dreck. Dennoch hast Du Rechte. Was Du freiwillig machst, ist natürlich allein Deine Entscheidung.

Wenn Du den AG aber eh wechseln willst, solltest Du Dich auf deine Gesundheit konzentrieren, gerade auch deshalb, damit Du bei einem anderen AG leistungsfähig bist.

Falls Du keine Rechtsschutzversicherung für Arbeitsrecht hast, oder nicht in einer Gewerkschaft bist, würde ich mich an Deiner Stelle um eines davon kümmern. Als Arbeitnehmer braucht man sowas leider heutzutage. Nicht alles was in einer Firma zum guten Ton gehört ist auch immer rechtens. Allerdings gibt es Pflichten sowohl für den AN, als auch den AG. Eine Offenlegung der Diagnose, gehört nicht dazu. Sich Ausreden diesbezüglich einfallen lassen zu müssen, auch nicht.

Hab ja keine Ahnung welche Position Du in der Firma inne hast, als normaler Fachangestellter kann man sich gegenüber dem AG heute in nichts sicher sein und steht am Ende auch nach Jahrzehnten loyaler mitarbeit und etlichen positiven zusprüchen vielleicht aus ganz anderen Gründen doch bei der AfA auf der Matte.

VG Nachtmensch
Suchende2
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Registriert: 29. Sep 2020, 08:05

Re: "Ausrede" für den Arbeitgeber

Beitrag von Suchende2 »

Hallo Till,

meine direkten Vorgesetzten und die Betriebsarztvorsitzende wissen bei mir Bescheid.
Allerdings weiß ich, wie ein Teil der Belegschaft mit Kollegen umgeht, die offen eine Erkrankung wie Depression zugeben.
Deshalb habe ich für mich als Schutz entschieden, daß ich, wenn ich wieder arbeitsfähig bin, sagen werde, ich habe eine schwer einzustellende Stoffwechselstörung. Da Sertralin bei mir wirkt, entspricht das auch zum Teil der Wahrheit.

Alles Gute,
Suchende
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