Psychosomatische Klinik und damit verbundene Ängste

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Pusteblume2022
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Psychosomatische Klinik und damit verbundene Ängste

Beitrag von Pusteblume2022 »

Hallo zusammen,

ich werde voraussichtlich diese Woche meine Anmeldung für eine Psychosomatische Klinik rausschicken, weil ich ja neben der Depression an einer chronischen Migräne leide.

Ich denke, dass es sinnvoll ist, aber ich habe den Gedanken daran irgendwie bisher trotzdem verdrängt. Also die reale Vorstellung 6 Wochen nicht Zuhause zu sein und in einer fremden Umgebung mit fremden Menschen.

Da es nun konkreter wird, kommen die ersten Ängste hoch, ob ich das schaffen werde?

Ich bin ein sehr heimatverbundener Mensch und liebe meine Wohnung. Sie war in den letzten Monaten quasi meine Burg. Der einzige Ort wo ich mich sicher gefühlt habe. Hinzukommt meine Hochsensibilität und das ich total viel Zeit für mich alleine brauche.

Vielleicht wäre deshalb eine Tagesklinik besser für mich?

Und was ist, wenn dann doch der Krieg losgeht, wenn ich dort bin? (Ich merke, dass ich die ganze Zeit in Alarmbereitschaft bin, obwohl ich nur noch recht wenig Nachrichten schaue aus diesem Grund).

Bin ich überhaupt wirklich krank genug für eine Klinik? Seit drei Tagen geht es mir mal wieder etwas besser. Habe zumindest nicht geweint und auch die Suizidgedanken sind fast weg (keine Sorge, ich habe nie etwas konkret geplant. Nur die Sehnsucht war da).

Auf der anderen Seite steht der Wunsch nach Menschen, denen es ähnlich geht wie mir und Raum und Zeit zu haben mich wirklich mit meinen psychischen Belastungen auseinandersetzen zu können.

Vielleicht könnt ihr mir eure Erfahrungen dazu mitteilen? Wie war ein Aufenthalt für euch? Würdet ihr euch wieder dafür entscheiden? Und was ist der Unterschied zu einer Reha? Das ist mir noch nicht ganz klar.

Liebe Grüße
Eure Pusteblume :hello:
Nachtmensch
Beiträge: 619
Registriert: 30. Dez 2020, 06:39

Re: Psychosomatische Klinik und damit verbundene Ängste

Beitrag von Nachtmensch »

Hallo Pusteblume,

ich habe sowohl vollstationäre als auch tagesklinische Aufenthalte gehabt. Dabei habe ich gute, aber auch weniger gute Erfahrungen gemacht. Vieles hängt auch von der Gruppendynamik ab. Die Einzel Sitzungen waren aber immer sehr aufschlussreich und haben mich etwas weiter gebracht.

Persönlich bevorzuge ich die Tagesklinik, weil ich Probleme habe mit jemandem in einem Zimmer zu schlafen.
Bei einer Reha hat man normalerweise ein Einzelzimmer. Aber eine Reha muss man beantragen, üblicherweise bei der Rentenversicherung. Und die kann eine Reha auch ablehnen. In eine (Akut)Klinik kommt man mit einer Einweisung vom behandelnden Arzt.

VG Nachtmensch
SonneundDunkenheit
Beiträge: 713
Registriert: 25. Jul 2021, 09:24

Re: Psychosomatische Klinik und damit verbundene Ängste

Beitrag von SonneundDunkenheit »

Hallo Pusteblume, ich habe mir ganz bewusst eine Klinik gesucht, wo ich ein Einzelzimmer hatte. Was anderes wäre mir wegen meiner hohen Reizoffenheit und massiven Schlafstörungen nicht möglich gewesen. So konnte ich mich zurückziehen wenn notwendig. Meine Therapeutin hatte dafür zuvor eine Stellungnahme für die Klinik verfasst.
Der Aufenthalt in der Klinik wird maßgeblich davon bestimmt wie man mit den anderen Patienten der Kerngruppe zurecht kommt und ob die Chemie zum Kerntherapeuten stimmt (da kann man nicht viel mehr tun als sich den Gegebenheiten zu stellen). Ich habe nach drei Wochen um den Wechsel zur Cotherapeutin gebeten, weil ich kein Vertrauen zum Therapeuten aufbauen konnte. Dem wurde auch stattgegeben.
Auch wenn es dir vielleicht gerade gut geht, hattest du ja einen Grund warum du in eine Klinik wolltest und brauchst keine Angst zu haben, nicht krank genug zu sein. In der Regel dauert es doch auch eine geraume Zeit ehe man einen Platz bekommt (wenn nicht akut) und wenn du dann den Platz wirklich nicht mehr benötigst, dann sagst du ab. Es wird dich auch keiner zwingen 6 Wochen zu bleiben, wenn es nicht gewollt ist. In meiner Klinikzeit (8 Wochen) ist kaum jemand vor den regulären Ende der angesetzten 6 Wochen abgereist. Höre in dich hinein und sei dir gewiss, du bist nicht die einzige mit Zweifeln und Ängsten.
Ich hatte übrigens das Gefühl, dass die wirklich krass instabilen Patienten weniger gut vom Klinikaufenthalt profitierten als jene, die sich mit einer gewissen Stabilität auf den Klinikalltag einlassen könnten.
Ich habe mich ganz bewusst gegen eine Tagesklinik entschieden trotz meiner massiven Ängste in Bezug auf Klinik. Ich wollte aus dem System raus, mich um nichts kümmern müssen....
Liebe Grüße
Max_
Beiträge: 583
Registriert: 19. Jan 2018, 11:46

Re: Psychosomatische Klinik und damit verbundene Ängste

Beitrag von Max_ »

Hallo Pusteblume2022,

ich war vor zwei Jahren das erste Mal in einer psychosomatischen Klinik. Hat sehr lange gedauert, bis ich den Schritt gewagt habe. Ich konnte mir nicht vorstellen, 6 Wochen in so einem Kontext zu verbringen und hatte große Ängste davor. Aber auch großen Druck.

Der Aufenthalt war dann das Beste, was mir mit der Erkrankung passieren konnte. Ich habe unheimlich nette Menschen kennengelernt, mit denen ich noch heute Kontakt habe und woraus sogar Freundschaften entstanden sind. Das war für mich eigentlich das Heilendste – sich eingebettet fühlen in einen Kreis von Menschen, denen es aktuell ähnlich (schlecht) geht.

Auf Basis meiner persönlichen Erfahrung kann ich es daher empfehlen.

Alles Gute!
Max
CountryJonny
Beiträge: 16
Registriert: 3. Mär 2022, 12:02

Re: Psychosomatische Klinik und damit verbundene Ängste

Beitrag von CountryJonny »

Hallo Pusteblume,

ich habe gerade meinen Antrag für die Reha eingereicht und warte nun auf Rückmeldung.
Wie lange hat es bei dir gedauert?

Persönlich verspreche ich mir viel von so einem Aufenthalt. Es ist ein Lichtblick, aus der ganzen Symptomatik herauszukommen.
Ich wünsche dir, dass du dich auf einen vollstationären Aufenthalt und das dortige Verfahren einlassen kannst.

Diese Chance sollten wir annehmen, da sonst nicht viel bleibt.
Versuche einfach dich positiv auf die Maßnahme einzustimmen und bei den Angeboten im Hinterkopf zu behalten, dass es dir zum Besten dienen kann.
Allerdings sollte man auch seine kritische Brille aufhaben und nicht alles als fix hinnehmen.

Ich hoffe, dass ich dir etwas helfen konnte.

VG

CountryJonny
Hörnchen2020
Beiträge: 34
Registriert: 29. Nov 2020, 21:03

Re: Psychosomatische Klinik und damit verbundene Ängste

Beitrag von Hörnchen2020 »

Hallo, Pusteblume,
auch ich bin vor fast zwei Jahren in eine psychosomatische Klinik mit der Angst gegangen, dass sie mich dort sofort wieder nach Hause schicken - ich bin dann 11 Wochen dort geblieben. Ich würde die Entscheidung, dorthin zu gehen, wieder treffen, wenn es nötig sein sollte. Die Auszeit vom Alltag, sich nur auf sich selbst konzentrieren, viele hilfreiche Gespräche mit Mitpatienten, die fast am wichtigsten waren, haben diese Zeit für mich zu einer besonderen Erfahrung gemacht, die ich nicht mehr missen möchte. Ich habe in dieser Zeit sehr viel über mich gelernt, was ich auch jetzt noch nutze. Ich hatte auch eine Klinik gewählt, die nur Einzelzimmer hatte, auch im Akutbereich.
Pusteblume2022
Beiträge: 15
Registriert: 2. Feb 2022, 09:31

Re: Psychosomatische Klinik und damit verbundene Ängste

Beitrag von Pusteblume2022 »

Hallo ihr Lieben,

vielen Dank für eure Antworten und sorry, dass ich mich erst jetzt wieder melde. Wie das so ist, in meinem Eröffnungspost dachte ich noch, dass es mir doch eigentlich gerade zu gut für eine Klinik geht und schwupps ging es wieder für 2 Tage tief runter. Ich bin dann einfach nicht in der Lage zu vielen Dingen, eben auch nicht hier zu schreiben.

Ihr habt meinen Entschluss in eine Klinik zu gehen noch mal bestärkt. Die, die ich im Kopf habe, bietet zu einem Kostenaufschlag auch Einzelzimmer an. Ein Mehrbettzimmer würde für mich aus tausend Gründen auch nicht in Frage kommen.

Ich hoffe, dass ich jetzt die Tage meine Anmeldung abschicken kann. Ich warte noch auf einen Bericht von meinem Therapeuten, den die Klinik braucht.

Ich kenne mich da ja noch nicht mit aus, aber ich würde sagen, dass ich keine Reha beantrage, sondern quasi in die Akutklinik eingewiesen werde.

Ja, am meisten "freue" ich mich auf Menschen, denen es ähnlich geht wie mir und wir einander verstehen können. Auf der anderen Seite machts mir auch etwas Angst. Denn insbesondere zwischenmenschliche Konflikte ziehen mich halt immer wieder sofort wieder tief runter in die Depression. Kriege das nicht mehr bewältigt.

Liebe Grüße eure Pusteblume
Besenbärin
Beiträge: 100
Registriert: 3. Aug 2018, 10:34

Re: Psychosomatische Klinik und damit verbundene Ängste

Beitrag von Besenbärin »

Liebe Pusteblume

schön zu hören, dass du dich durchgerungen und entschieden hast, und dass du eine hoffnugnsvolle positive Haltung hast!

Ein bisschen "Bammel" ist ganz normal, denn es ist ja eine unbekannte Situation, und es ist extrem mutig und klug, dass du es wagst!

Sicher wirst du mit manchen "Leidensgenossen" weniger gut können, mit anderen besser - und vielleicht gibt es auch Disharmonie, grade wenn ihr auch GRuppentherapie hat, ist es ganz klar, dass manche auch etwas in einem auslösen, oder man selber löst was in einem anderen aus - aber es ist eben ein geschütztes Feld, in dem die Ärzte, Theapeuten und pfleger dafür sorgen, idealerweise, dass jeder sich in dem Maße geborgen und in dem Maße heausgefordert fühlt, wie er/sie es aktuell bewältigen kann und zum Gesundwerden nutzen.

Als ich damals akut stationär war, war ich zu Beginn ganz tief unten - habe fast nur noch geweint und war verzweifelt - in den ersten Wochen waren alle Ärzte und Therapeuten sehr behutsam mit mir, haben mich aufgebaut, stabilisiert und gestützt.... später, als ich aus der tiefsten Krise raus war, haben sie mir dann auch mehr zugetraut und mich dann auch ein bisschen gefordert - aber immer respektvoll und konstruktiv.

Ich drücke die Daumen, dass es nun zügig geht.
lg
B
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