Klagen auf Abfindung?

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Maja_2010
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Registriert: 2. Aug 2021, 10:33

Klagen auf Abfindung?

Beitrag von Maja_2010 »

Guten Tag in die Runde,
da dies mein erster Post hier ist, möchte ich mich kurz vorstellen.
Ich bin 57 Jahre alt und seit über 30 Jahren bei meinem Arbeitgeber angestellt. Seit Juli 2020 bin ich wegen einer mittelschweren Depression (Mobbing) krankgeschrieben. Ich leide sehr unter dieser Situation. Mein AG rührt sich in keinster Weise, ich habe das Gefühl, dass man mich abschieben will. Nun weiß ich nicht, ob ich versuchen soll auf eine Abfindung zu klagen, hinzuzufügen ist noch,dass ich einen GDB 60 habe. Nächstes Jahr im März würde mein Krankengeld auslaufen. Ehrlich gesagt mache ich mir keine großen Hoffnungen auf dem Arbeitsmarkt noch etwas zu finden, wobei ich im Moment auch gar nicht fähig wäre eine neue Stelle anzufangen. Hat jemand von Euch vielleicht ähnliche Erfahrungen gemacht und könnte mir einen Rat geben?
Vielen Dank im Voraus.
LG Maja
Gertrud Star
Beiträge: 3441
Registriert: 30. Jun 2014, 19:09

Re: Klagen auf Abfindung?

Beitrag von Gertrud Star »

Hallo Maja,

ich war in einer ganz anderen Situation, als ich vor vielen Jahren gekündigt wurde. Bei mir in der Firma gab es einen Sozialplan. Ich hätte mindestens 6 Jarhe dort gearbeitet haben müssen, um einen Anspruch auf eine Abfindung haben zu müssen, und daran fehlten noch 2 Monate. Mir teilte der Betriebsrat die Kündigungsabsicht meines Arbeitgebers mit (aus betrieblichen Gründen sollte die Kündigung sein). Ich bat ihn, den Arbeitgeber nach einer Abfindung zu fragen und ich bekam eine - den gesetzlichen vorgeschriebenen Betrag von 6 Jahren minus die fehlenden 2 Monate. Das war allerdings aufgrund der kurzen Beschäftigungsdauer und des doch relativ geringen Lohnes nicht allzu viel, aber trotzdem freute ich mich.

Bei GdB 60 müsste eigentlich das Integrationsamt ein Wort mitzureden haben.

Mache dich am besten vorher auch schlau, wie das mit dem ALG I ist, ab wann man nach Abfindungszahlung überhaupt Anspruch auf das ALG hat.

Gruß Gertrud
Schlumpffine
Beiträge: 421
Registriert: 3. Mai 2020, 18:29

Re: Klagen auf Abfindung?

Beitrag von Schlumpffine »

Hallo Maja_2010,
ich finde es gut, das Du rechtzeitig dich Informieren möchtest.
Zunächst ein kleiner Wermutstropfen, eine Klage auf Abfindung ist von vornerein unsinnig. Die Deutsche Rechtsprechung sieht kein einklagbares Recht auf Abfindung vor.
Trozdem ist es möglich, für den Verlust des Arbeitsplatzes eine "Entschädigung" zu bekommen, die aber immer Verhandlungssache ist.
Die Range reicht von 0 € bis .........
Die Faustformel lautet: Anzahl der Jahre der Beschäftigung X Faktor x Gehalt/Jahr.
Gerade der Faktor beinhaltet viele Variablen, die von 0,5 bis 2,5 reichen könnten.
Eine Rechtliche Beratung würde ich für sehr sinnvoll erachten!!
Mit einem GDB von 60 kann Dich der AG erst entlassen, WENN das Integrationsamt zugestimmt hat und im Vorfeld Gespräche zu Erhalt des Arbeistplatzes gegeben hat.
Für die Anrechnung der Entlassungsentschädigung kann ich die Fachanweisung der Agentur für Arbeit zum § 158 empfehlen.
Einfach Fachanweisung Agentur für Arbeit bei Mr.Google eingeben.
Nach dem Ende des KG bekommst DU "Nahtlosarbeitslosengeld" nach §145 SGB III- auch hier gibt es eine Fachanweisung.
Bis dahin, ruhig Blut, abwarten und Tee trinken
Auch der weiteste Weg beginnt mit einem ersten Schritt. Konfuzius
Worte haben die Macht zu zerstören und zu heilen. Wenn Worte sowohl wahr als auch freundlich sind, können sie unsere Welt verändern. “~ Buddha
Strohi
Beiträge: 388
Registriert: 17. Mai 2015, 22:45

Re: Klagen auf Abfindung?

Beitrag von Strohi »

Hallo Maja,

während meiner Berufstätigkeit war ich lange Zeit Vorsitzender des Betriebsrats und auch Ehrenamtlicher Richter beim Arbeitsgericht, danach beim Landesarbeitsgericht.

In Deutschland gibt es - trotz anderer Meldungen, Informationen, Hinweisen von Anderen usw. - kein Recht auf eine Abfindung; eine Abfindung bekommt man nur, wenn ...
- zwischen Arbeitnehmerin und Arbeitgeber ein - beidseitig aber freiwilliger (!) - Aufhebungsvertrag geschlossen wird, mit dem man in gegenseitigem Einverständnis das bestehende Arbeitsverhältnis (am Besten mit Berücksichtigung der arbeits- und sozialrechtlichen Bestimmungen!) beendet, wofür man seitens der Arbeitnehmerin, des Arbeitnehmers eine Abfindung aushandeln und in dem Aufhebungsvertrag vereinbaren kann,
- der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis gekündigt hat, die Arbeitnehmerin, der Arbeitnehmer beim zuständigen Arbeitsgericht form- und fristgerecht die Kündigungsschutzklage eingereicht hat und sich Klägerin/Kläger auf Grund von Vermittlungen des Arbeitsgerichts mit der/dem Beklagten auf die Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung einigen.

Eine weitere Möglichkeit, eine Abfindung zu bekommen, besteht darin, wenn Betriebsrat und Arbeitgeber sich in einem Interessenausgleich und Sozialplan einigen, dass ausscheidende Beschäftigte eine Abfindung erhalten (also, wenn der Arbeitgeber mehrere Arbeitsplätze abbaut, z.B. wegen wirtschaftlich-finanzieller Probleme, wegen Rationalierungsmassnahmen und dergleichen mehr).

Also, eine Klage auf Abfindung würde vom Gericht ohne Weiteres abgelehnt bzw. wegen mangelndem Rechtsgrund abgewiesen werden.

Kannst Du das Mobbing beweisen? Hast Du Dir in GOOGLE schon mal angeschaut, was arbeitsrechtlich (!!) als Mobbing verstanden wird?
Wenn im Rahmen dieser Mobbing-Kriterien Mobbing zu beweisen ist, kannst Du etwas unternehmen (was jedoch, ich möchte Dir da keine falschen Hoffnungen machen, sehr schwer sein wird - ich weiss, dass das oft anders dargestellt und beschrieben wird, auch von Anwälten, die gerne ein Mandat einwerben möchten).

Wegen Deines Hinweises auf den GdB, der spielt zunächst einmal keine Rolle, der wird nur interessant, wenn der Arbeitgeber tatsächlich von sich aus das Arbeitsverhältnis kündigen möchte. Dann muss er sich zunächst vom Integrationsamt/Schwerbehindertenstelle sozusagen die Erlaubnis einholen. Auch das ist jedoch für Arbeitgeber weniger schwer als es aussieht, denn das Integrationsamt/Schwerbehindertenstelle darf gesetzlich nur prüfen, ob die Kündigung alleine und ausschliesslich deshalb ausgesprochen werden soll, weil der Arbeitgeber sozusagen eine(n) Schwerbehinderte(n) los werden möchte. Nur wenn das einwandfrei feststeht, und der Arbeitgeber keine (anderen) stichhaltigen Gründe für die beabsichtigte Kündigung vorträgt, darf das Integrationsamt/Schwerbehindertenstelle der Kündigung rechtswirksam widersprechen.

In der Rubrik zu "Depression, Behörden, Ämter usw." gibt es einige Threads, die sich mit dem Thema beschäftigen "Krankengeldanspruch läuft aus - was nun?" oder ähnliche Titel. Dort kannst Du Dir einen Überblick verschaffen.

Und ansonsten kannst Du natürlich immer und jederzeit fragen, wenn Du Fragen hast.

Liebe Grüsse
Strohi
Maja_2010
Beiträge: 2
Registriert: 2. Aug 2021, 10:33

Re: Klagen auf Abfindung?

Beitrag von Maja_2010 »

Vielen Dank schon einmal für Eure ausführlichen Antworten! Vielleicht habe ich mich mit der Überschrift "Klagen auf Abfindung" etwas falsch ausgedrückt. Ich weiß, dass ich kein Anrecht auf eine Abfindung habe, da ich schon vor 1 Jahr mit einem Rechtsanwalt über den Vorfall gesprochen habe. Ich meine ob ihr es in meiner Situation versuchen würdet eine Abfindung zu bekommen. Eigentlich wollte ich aufgrund meines GDB 2025 in Vorruhestand gehen, aber das hat man mir nun gründlich versaut. Die ganze Situation belastet mich sehr, ich weiß halt nicht wie es weitergehen soll. Finanziell hat man mich damit ganz schön unter Druck gesetzt. Nicht nur, dass ich kein Gehalt mehr bekomme, mir gehen ja auch etliche Rentenpunkte verloren, wenn ich es nicht mehr schaffe beruflich wieder Fuß zu fassen. Es macht mich wütend, traurig und lähmt mich, dass man mit mir nach über 30 Jahren Betrienszugehörigkeit so umgeht. Der Betrieb rührt sich in keiner Weise, man hat mich schon ausgemustert. Meine Stelle wurde nach 4 Monaten neu besetzt und eine gleichwertige Stelle gibt es nicht. Wir haben übrigens keinen Betriebsrat und sind ca. 100 Mitarbeiter.
Schlumpffine
Beiträge: 421
Registriert: 3. Mai 2020, 18:29

Re: Klagen auf Abfindung?

Beitrag von Schlumpffine »

Hallo,
da bleibt nur den Taschenrechner rausholen und nachrechnen.
Du kannst ja bei der DRV eine Rentenauskunft einholen und Hochrechnungen anstellen.
Ja, Rentenpunkte sind wichtig , verändern aber das Ergebnis nur marginal, wenn man kurz vor dem Renteneintritt steht.
Google mal nach der Faustformel für die Rente.
Du kannst Dir auch bei der DRV oder einem Versicherungsältesten verschiedene Rentenmodelle berechnen lassen.
Fakt ist:
- spätestens im März nächsten Jahres wird dich die Arbeitsagentur auffordern, einen EM-Antrag zu stellen(§ 145 SGB III).
- Konfrontation mit AG droht ebenfalls im März

Dein Arbeitsplatz kann zwar neu (befristet) besetzt werden,dein Arbeitsverhältnis bleibt aber unangetastet.
Hier droht dann im März die Konfrontation mit dem AG, da er Dir einen Behindertengerechten Arbeitsplatz stellen MUSS (SGB 9), wenn die EM-Rente nicht anerkannt wird.
Alternativ : Post von Strohi
Je nach Qualifikation kann es mit 57 sehr schwer werden,eine neue Arbeitsstelle mit entsprechenden Gehalt zu finden. :o
Junge,ungebundene Mitarbeiter die wenig Gehalt fordern und befristet eingestellt werden , sind sicher aus AG-Sicht einfacher zu händeln :o :) .
Mögliche Entlassungsentschädigungen, müsstet Du Dir beim Bezug von ALG 1 anrechnen lassen.
Sprich dich mit deinem Thera ab, wie man die Situation am besten händelt.
Hier im Forum wirst Du viele Mitglieder mit ähnlicher Vita finden.
Gruß
Schlumpffine
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Strohi
Beiträge: 388
Registriert: 17. Mai 2015, 22:45

Re: Klagen auf Abfindung?

Beitrag von Strohi »

Hallo Maja,

eigentlich müsstest Du von der DRV-Bund - also dem Rentenversicherer, an den die Rentenbeiträge im Zuge der Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen gezahlt wurden und der Dir die Altersrente (und ggfs eine Erwerbsminderungsrente) zahlt - in den letzten Jahren jährlich immer eine Renteninformation bekommen haben.
Darin werden Dir die Renten, auf die Du Anspruch hast, mitgeteilt. Hast Du die denn bekommen? Dann kannst Du Dir die Aktivitäten, die Schlumpffine empfohlen hat ("Taschenrechner rausholen und nachrechnen", "eine Rentenauskunft einholen"), sparen, weil in dieser Renteninformation alle wichtigen Daten enthalten sind.

Wie sieht denn Dein Psychiater/Neurologe (= Facharzt beim Thema psychische Krankheiten) und Dein Therapeut bzw. Deine Therapeutin Deine gesundheitliche Situation?

Deine Krankenkasse wird Dir rechtzeitig schriftlich mitteilen, wann Dein Anspruch auf das Krankengeld endet. Wenn Du und Deine Fachärztin bzw. Dein Facharzt sowie Deine Therapeutin bzw. Dein Therapeut der Meinung seid, dass Du dann noch nicht wieder arbeitsfähig bist, musst Du bei der örtlich zuständigen Agentur für Arbeit einen Antrag auf Zahlung des Arbeitslosengeld 1 (ALG 1) stellen, und zwar nicht (!!), weil Du arbeitslos bist, sondern weil über Deine Erwerbsfähigkeit noch nicht entschieden wurde (= sehr wichtige Formulierung, damit Du bei der Agentur für Arbeit sozusagen auf die richtige Bearbeitungs-"Schiene" kommst und nicht als Arbeitslose behandelt wirst (das Stichwort lautet: "Nahtlosigkeitsregel"; siehe dazu GOOGLE).

Wenn das richtig läuft (die korrekte Fofmulierung ist dafür ausschlaggebend), bekommst Du dann noch eine bestimmte Zeit das sogenannte "Nahtlosigkeits"-Arbeitslosengeld (das wird, in Abhängigkeit von Deinem Lebensalter und Deiner sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigungsdauer, so lange gezahlt als wärst Du arbeitslos, also mindestens zwölf Monate).

Bevor Dein Anspruch auf das ALG1 endet, wird Dir das von der Agentur für Arbeit schriftlich mitgeteilt; spätestens dann solltest Du schnell einen Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung bei der DRV-Bund stellen.

Bis dahin ist es - für die Erfolgsaussichten des Rentenantrags - sehr wichtig, dass Du zur stationären Behandlung der Depression (und ggfs der weiteren psychischen Krankheiten, die die behandelnden Fachärzte diagnostiziert haben) in mindestens einer Reha-Klinik und in einer Akut-Klinik warst, und dass Du regelmässig bei Deinem Facharzt warst sowie dass Du Antidepressiva nimmst, denn bei der DRV-Bund gilt der gesetzlich festgelegte Grundsatz "Reha vor Rente", der bedeutet, dass - bevor eine Rente wegen Erwerbsminderung genehmigt/gezahlt wird - alle möglichen Behandlungen ambulanter und stationärer Form gemacht und versucht worden sind, um die Erwerbsfähigkeit wiederherzustellen.

Es klingt jetzt vielleicht doof und blöd und nicht empathisch, aber für Dich ist es jetzt wichtiger, Dich auf die Behandlung Deiner Krankheit zu fokussieren und zu konzentrieren als Dich mit dem Verhalten Deines Arbeitgebers zu beschäftigen. Bitte verstehe es nicht falsch: Ich will damit Deinen Arbeitgeber keinesfalls entschuldigen oder von Schuld freisprechen, mir geht's nur ausschliesslich um Dich.

Liebe Grüsse
Strohi
Strohi
Beiträge: 388
Registriert: 17. Mai 2015, 22:45

Re: Klagen auf Abfindung?

Beitrag von Strohi »

Hier eine Info-Seite zur Nahtlosigkeitsregelung:

https://sozialversicherung-kompetent.de ... elung.html" onclick="window.open(this.href);return false;
Strohi
Beiträge: 388
Registriert: 17. Mai 2015, 22:45

Re: Klagen auf Abfindung?

Beitrag von Strohi »

... und eine Info-Seite zur Anspruchsdauer von ALG 1:

https://www.arbeitsagentur.de/finanziel ... oehe-dauer" onclick="window.open(this.href);return false;
Winterkind04
Beiträge: 362
Registriert: 27. Sep 2020, 06:52

Re: Klagen auf Abfindung?

Beitrag von Winterkind04 »

Hallo,

also ich würde erstmal einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente bei der DRV stellen. Mit GDB 60 hast du ja auch gute Chancen. Vll. hast du auch die Möglichkeit dich beim VDK beraten zu lassen.

Zu Ende des Krankengeldes wirst du ausgesteuert und musst dich bei der Agentur für Arbeit melden. Dann hast du entsprechend erstmal Anspruch auf Arbeitslosengeld. Dort wird dann geprüft ob du noch arbeitsfähig bist oder eh Antrag auf Erwerbsminderungsrente stellen musst.

Erwerbsminderungsrente wäre das beste Mittel zur Überbrückung bis zur Rente. Da, dies aber sehr aufwändig ist ggf. Mit Widerspruch und Klage würde ich das früh genug in Angriff nehmen
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