Tiefe Depression meiner Frau durch Trennung nach 30 Jahren

[kiki63]

Hallo
ich habe mich letzten Sommer nach 30 Jahren Ehe von meiner Frau getrennt. Die Trennung hat sich schon sehr lange abgezeichnet trotz Paartherapie und erfolgte nicht aufgrund eines neuen Partners.

Sie ist daraufhin in eine Depression gefallen, die trotz mehrerer Klinikaufenthalte immer schlimmer wird. Momentan ist sie wieder seit 8 Wochen in der Klinik. Sie fleht mich seit Monaten an wieder zurück zukommen, nur so könne sie wieder gesund werden. Die Kommunikation geht immer von ihr aus (Telefon und WhatsApp). Das geht soweit, dass sie an nichts mehr anderes denken kann und komplett verzweifelt ist. Dadurch hat sie keinerlei Kraft um externe Selbsthilfegruppen oder andere Tätigkeiten wahrzunehmen.

Ihre externe Therapeuthin hat deswegen die Behandlung beendet, so dass sie momentan nur 1x/Woche in der Klinik eine Therapiestunde hat (was mir sehr wenig erscheint). Ich bekomme bisher keine Erlaubnis mit ihrem Arzt/Therapeuten zu sprechen.

Von meiner Seite wird immer kommuniziert, dass ich sie jederzeit bei allem unterstütze, aber in die Beziehung komme ich nicht wieder zurück. Dies ist auch für mich belastend, da ich ihr immer wieder einen Korb geben muss und sie keinerlei Ratschläge annimmt.

1) Habt ihr Vorschläge wie ich damit (anders?) umgehen kann?
2) Ist es sinnvoll die Kommunikation komplett abzubrechen?
3) Habt ihr Erfahrung ob nur 1x/Woche Theapiegespräch normal ist?
4) Habt ihr Ideen wie ich/Freunde noch helfen können?

Danke für euren Input

[Windwolke]

Hallo kiki,

ich kann mich Jupiter nur anschließen. Jupiters Zeilen drücken all das aus, was auch ich dir gerne mitgeben und wünschen würde.

Vielleicht hilft es dir, wenn du einmal ein Gespräch mit dem behandelnden Arzt deiner Frau suchst, um zu fragen, wie du dich am besten verhalten bzw. ob du dich komplett zurückziehen sollst. Da dein Anruf dazu dient, das beste Verhalten für deine Frau zu finden, finde ich so ein Telefonat angemessen und niemand sollte etwas dagegen haben. Bei mir in der Klinik war es so, dass für Menschen in vergleichbaren Situationen sogar Kontaktsperren verordnet wurden. Auch wenn das für deine Frau hart wäre, würde es ihr helfen sich langsam zu lösen. Und dir würde es bestimmt auch helfen - in der Hoffnung, dass sie in guten Händen ist und mit anderweitiger Unterstützung bestimmt ihren Weg finden wird.

Ich vermute, deine Frau kann in ihrem offensichtlich schwer depressiven Zustand kaum aufnehmen, was in einem Therapiegespräch verarbeitet werden soll. Deshalb machen mehr Gespräche noch keinen Sinn. Falls es sich um eine Psychiatrische Klinik handelt, wird gewöhnlich erst versucht, passende Medikamente zu finden, um die Stimmung soweit aufzuhellen, dass man überhaupt psychotherapiefähig wird.

Ich wünsche euch beiden alles, alles Gute!
Liebe Grüße,
Mechthild

[Muschelsammlerin]

Nach dreissig Jahren Ehe plötzlich alleine dazustehen, stürzt einen sicherlich in ein tiefes Loch. Ich bin jetzt 33 Jahre verheiratet , unsere Beziehung war und ist nicht einfach, aber ich kann mir nicht vorstellen, ohne meinen Mann zu leben.
Deine Frau hat vermutlich das Gefühl, das Leben alleine nicht meistern zu können, sie muss ganz langsam lernen, nun alles selbst in die Hand zu nehmen und mit Einsamkeit und Verlassenheit klarzukommen. Es kann sicherlich lange dauern , bis sie diesen Zustand akzeptieren lernt und ich fürchte, Du bist vielleicht nicht die richtige Person, ihr dabei zu helfen. Je mehr Du Dich um sie kümmerst, desto mehr wird sie hoffen, dass Du doch noch zu ihr zurückkehrst. An deiner Stelle würde ich den direkten Kontakt zu ihr meiden und auf die Whats app Nachrichten möglichst sachlich zu antworten.Hat sie denn keine "beste Freundin" oder Geschwister, die ihr zur Seite stehen können? Wie sieht es finanziell aus? Ist sie da unabhängig oder wird sie durch Eure Trennung auch noch verarmen? Ich habe eine Freundin, die nach der Trennung auch lange und mehrfach in Therapie war und die inzwischen von Hartz4 lebt, was sie zusätzlich sehr belastet.
Darf ich fragen, wie alt Deine Frau ist? Ich selbst habe gemerkt, dass man ab 60 an Lebensenergie verliert und sich einen Neuanfang kaum mehr vorstellen kann....so fühle ich zumindest. Vielleicht geht es Deiner Frau auch so? Sie müsste etwas finden, was ihr etwas an Lebensfreude zurückgeben kann....bei mir ist es die Malerei und meine zahlreichen kreativen Hobbies.

[Windwolke]

Liebe Muschelsammlerin,

mir geht es genauso. Ich bin der depressive Partner, mein Mann hat alle Höhen und Tiefen mit mir durchgestanden und liebt mich auch heute nach 25 Jahren noch. Ich bin so dankbar dafür! Wir können uns beide nicht vorstellen, ohne einander zu leben. Das macht mir oft Angst, denn für mich ist die Fantasie, mein Mann würde mich verlassen oder sterben, ein Albtraum. Ich bin sicher, mir würde es so gehen wie Kikis Frau. Es muss die Hölle sein. Trotzdem muss ich mir immer wieder klar machen, dass mein Mann auch plötzlich sterben könnte. Ich weiß nicht, was dann passieren würde. Das ist eine so schreckliche Vorstellung, dass ich sie möglichst nicht lange weiterfantasiere. Ich glaube, meinem Mann geht es ähnlich, was ich natürlich immer unglaublich und wie ein Wunder empfinde, da es schon eine riesige Belastung ist, Depression mitzutragen.

Liebe Grüße!
Mechthild

[kiki63]

Danke für eure Meinung und Ratschläge. Anbei noch Antworten auf eure Fragen:
1) ja - ihre größte Angst ist die Einsamkeit (alleine im Haus wohnen) und alleine mit dem Leben klar zu kommen, obwohl sie einen guten Freundeskreis hat, der sie auch unterstützten will (aber meine Frau kann sehr schwer Hilfe annehmen - schon immer)
2) Kontaktaufnahmen werden immer von ihr initiiert, auf die ich sehr sachlich antworte. Ich versuche den Kontakt zu minimieren - auch aus Selbstschutz für mich
3) finanziell ist sie gut abgesichert und unabhängig
4) das mit der Lebensenergie ist tatsächlich so. Sie ist 58 und alles Neue fällt ihr sehr schwer und hat Angst davor. Vorschläge für Beschäftigung gibt es sehr viele aber alle werden abgelehnt bzw. sie hat keine Kraft dafür

Frage: habt ihr Erfahrung, ob Privatkliniken bessere/mehr Therapieprogramm bieten als die kassenzugelassenen Kliniken? Oder gibt es da keinen Unterschied (ausgenommen vielleicht Essen und Zimmer)?

[Muschelsammlerin]

Ob Privatkliniken bessere Angebote haben, weiß ich persönlich nicht. Ob das der "Knackpunkt" ist, wage ich zu bezweifeln. Man muss Hilfe und Angebote auch annehmen und für sich nutzen wollen...wahrscheinlich ist Deine Frau (noch) nicht bereit dazu. Diese Depression lähmt sie, ich kenne das gut. Und mit 58 fängt es schon an, dass man immer schlechter mit neuen Herausforderungen klar kommt, erst recht, wenn man krank ist.
Es tut mir leid für Deine Frau, dass sie so leiden muss, aber Du wirst ihr nicht helfen können, ein neues Leben anzufangen.Wenigstens hat sie keine materiellen Sorgen,- irgendwann wird sie sich umorientieren müssen, das wird sie irgendwann realisieren. Gut, dass sie ein funktionierendes soziales Umfeld hat, das haben viele nicht (ich eingeschlossen).
Mir hat die Kunst-Therapie sehr gut getan und ich habe durch die kreativen Ausdrucksmöglichkeiten sehr viele gute Einsichten erfahren....vielleicht ist das ja auch etwas für Deine Frau!

[kiki63]

Hallo Muschelsammlerin
du hast es richtig erkannt - meine Frau muss die Angebote nutzen wollen - momentan ist sie leider noch nicht so weit. Ich hoffe sie schafft es bald.
Danke für deinen Input