Setze mich wegen Beziehung unter Druck

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CCC25
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Registriert: 4. Mai 2021, 20:38

Setze mich wegen Beziehung unter Druck

Beitrag von CCC25 »

Hallo zusammen,

meine Freundin hat Depressionen und eine bipolare Störung, hat dies aber mithilfe von Medikamenten gut unter Kontrolle. Bisher lief es in unserer Beziehung gut, doch seit kurzem habe ich viel Stress auf der Arbeit und denke über vieles nach (mein Kopf rattert quasi die ganze Zeit). Ich setze mich wegen einiger Aussagen von ihr unter Druck, mit denen ich bisher gut klar gekommen bin. Ich freue mich ja wenn sie sagt "ich liebe dich so so sehr" und "Du bist das Beste was mir je passiert" ist, aber sie fordert dann natürlich auch, dass ich das dann auch sage und zurückschreibe, aber meine Gefühle sind einfach noch nicht so tief. Ich liebe sie ja, aber das beschäftigt mich, dieses Denken in Extremen, was sicherlich auch in ihrer Krankheit begründet liegt und die Angst, dass meine Gefühle diese Tiefe vielleicht nicht erreichen werden. Und dann kommen bei mir so Gedanken auf wie "Was ist, wenn ich eines Tages zu der Erkenntnis komme, dass sie doch nicht die Frau meines Lebens ist". Und dann kommen andere Sachen hoch, zum Beispiel hat sie vor ein paar Monaten gesagt "wenn ich dich nicht hätte, wüsste ich nicht, ob ich dann noch leben würde". Außerdem hat sie mal gesagt, dass sie ihr Leben alleine wohl nicht auf die Reihe bekommen würde. Es gibt noch mehr Beispiele, die will ich jetzt aber nicht alle auflisten.Das setzt mich einfach total unter Druck. Normalerweise kann ich mit ihr über alles reden, nur über meine aktuellen Zweifel nicht, weil ich ihr auch keine Angst machen möchte.
Ich habe mir deshalb auch einen Therapeuten gesucht, hatte bisher aber nur eine Kennenlernstunde und war noch nicht bereit, über dieses Thema zu reden.

Hat hier zufällig jemand Erfahrung mit dieser oder einer ähnlichen Situation? Ich würde mich über Antworten freuen.
DieNeue
Beiträge: 5474
Registriert: 16. Mai 2016, 22:12

Re: Setze mich wegen Beziehung unter Druck

Beitrag von DieNeue »

Hallo CCC25,

ich kann gut nachvollziehen, dass dich Aussagen wie "wenn ich dich nicht hätte, wüsste ich nicht, ob ich dann noch leben würde" oder "dass sie ihr Leben alleine wohl nicht auf die Reihe bekommen würde" unter Druck setzen. Ich finde es gut, dass du dir Hilfe bei einem Therapeuten suchst.

Ich denke, zum einen gibt es einfach Leute, die ihre Gefühle viel überschwänglicher ausdrücken und Leute, die einfach nicht so überschwänglich sind. Vielleicht muss man sich da auch etwas dran gewöhnen, dass der eine eben nicht genauso ist wie man selbst und man nicht einfach etwas falsches hineininterpretiert.
Inwieweit die bipolare Depression da Einfluss hat, kann ich nicht einschätzen, habe selbst "nur" unipolare.
 
Zum anderen denke ich aber, dass das Thema "Abhängigkeit" in einer Beziehung ein wichtiges Thema ist, v.a. wenn eine Person wirklich mehr Hilfe braucht und alleine nicht so gut klarkommt. Ich finde, das ist nicht nur in Partnerschaften so, sondern kann auch bei Freundschaften problematisch werden oder bei Eltern/erwachsenen Kindern oder Geschwisterbeziehungen.
Je mehr sich der andere an einen hängt, desto mehr Verantwortung bekommt man und desto belastender kann es irgendwann werden.
Gerade solche Aussagen wie "Ohne dich würde ich vielleicht gar nicht mehr leben" sind schon heftig. Da fragt man sich schon, was passiert, wenn man sich vielleicht doch mal trennen will.

Da ich keinen Partner habe, kann ich dir jetzt nur sagen, wie ich es aktuell z.B. bei meinen Eltern mache. Meine Eltern sind sehr wichtig für mich, sie sind mir eine riesen Stütze. Allerdings möchte ich auch nicht alle meine Probleme mit meinen Eltern besprechen, das finde ich zum Einen mit Anfang 30 nicht mehr angemessen und zum Anderen weiß ich auch, das es sie sehr belastet, wenn es mir schlecht geht, und ich möchte nicht, dass jede Gefühlsregung von mir bei meinen Eltern eine Katastrophe auslöst. Ich möchte auch nicht, dass meine Eltern mir ständig helfen müssen (einkaufen, putzen, zu Terminen fahren usw.), weil das auf Dauer für sie auch zu viel wird. Das belastet irgendwann die Beziehung, weil es nur noch um Organisatorisches geht und man gar keine Zeit und Muse für schöne Sachen zusammen hat. Außerdem leben meine Eltern ja auch nicht ewig. Deswegen will ich so selbstständig wie möglich werden.

Ich habe mir deshalb vor ein paar Jahren Hilfe durch das Ambulant betreute Wohnen geholt, d.h. eine Sozialarbeiterin kommt 1-2 mal pro Woche zu mir und hilft mir z.B. bei Erledigungen, bespricht meine Probleme mit mir, hilft mir mein Gedankenchaos zu ordnen, unterstützt mich in Krisen und bei Überforderung usw. Mir hilft es sehr, eine neutrale Person zu haben, bei der ich weiß, sie ist nur für mich da, nimmt nichts persönlich, und hilft mir, wenn es brennt, und ich muss meine Probleme nicht bei Familie und Freunden abladen. Und ich kann auch über Probleme mit der Familie und Freunden reden.
Für meine Eltern ist die Betreuung eine große Entlastung und unsere Beziehung ist viel entspannter als früher.

Das heißt jetzt nicht, dass deine Freundin sich betreuen lassen soll. Ich möchte damit nur sagen, dass ich es wichtig finden würde, wenn sie außer dir sonst noch jemanden hat, auf den sie sich stützen kann. Es ist immer besser, wenn man mehrere Stützen hat, für den Fall, dass eine wegbricht. Macht deine Freundin eine Psychotherapie oder bekommt sie sonst von jemandem Unterstützung?

Was mir gerade kam, ist: Sie sagt jetzt zwar, dass sie ohne dich jetzt vielleicht nicht mehr leben würde. Da  macht man sich dann Sorgen, was in Zukunft wird, wenn sie in der Zukunft weiterhin so auf einen angewiesen ist oder sich so auf einen fixiert.
Ich denke, vielleicht hilft es zu sehen, dass das ja nicht für immer so bleiben muss.
Aber das setzt voraus, dass sie die Problematik versteht und das Thema nicht als Ablehnung ihrer Person versteht. Ich habe mich in meiner Therapie viel mit den Themen Autonomie/Abhängigkeit/symbiotische Beziehungen beschäftigt und es hat sich schon einiges verändert. Aber es war für mich auch nicht so einfach zu verstehen, dass, wenn jemand mehr Freiheit braucht, das nicht automatisch Ablehnung ist und die Beziehung nicht gleich kaputt geht. Ich weiß nicht, inwieweit man lernen kann unabhängiger zu werden, wenn man bereits in einer Partnerschaft ist. Ich kenne es jetzt nur ohne Partner, aber vielleicht haben andere da mehr Erfahrungswerte.
Wichtig für mich war dabei zu verstehen, dass ich mich jetzt nicht komplett um 180° verändern muss, sondern dass es immer ein Pendeln zwischen Nähe und Distanz, zwischen Abhängigkeit und Freiheit ist.

Vielleicht wäre es auch mal gut zuschauen, wo es sich mehr um emotionale Abhängigkeit handelt, und wo es eher praktische Sachen sind, wo sie sich zu sehr auf dich verlässt und wo sie vielleicht auch irgendwie anders Hilfe/Hilfe zur Selbsthilfe bekommen könnte.

Ich weiß nicht, ob dir das jetzt irgendwie weiterhilft... falls du mit dem Therapeuten doch nicht darüber reden kannst, könntest du dich auch an den Sozialpsychiatrischen Dienst (z.B. von Diakonie, Caritas o.ä.) in deiner Nähe wenden. Die bieten auch Beratung bei psychischen Problemen an und sind auch für Angehörige da.

Liebe Grüße,
DieNeue
Empathie58
Beiträge: 266
Registriert: 23. Okt 2017, 21:48

Re: Setze mich wegen Beziehung unter Druck

Beitrag von Empathie58 »

@DieNeue

Liebe DieNeue,

Deine Beiträge lese ich immer besonders gern, weil ich sie als fundiert, abgewogen und wertschätzend empfinde. Das gilt für den in diesem Thread in besonderem Maße.
DieNeue hat geschrieben:... Ich habe mich in meiner Therapie viel mit den Themen Autonomie/Abhängigkeit/symbiotische Beziehungen beschäftigt und es hat sich schon einiges verändert. Aber es war für mich auch nicht so einfach zu verstehen, dass, wenn jemand mehr Freiheit braucht, das nicht automatisch Ablehnung ist und die Beziehung nicht gleich kaputt geht. Ich weiß nicht, inwieweit man lernen kann unabhängiger zu werden, wenn man bereits in einer Partnerschaft ist. Ich kenne es jetzt nur ohne Partner, aber vielleicht haben andere da mehr Erfahrungswerte. ...
Ich denke (und habe die Erfahrung gemacht), dass das auch in einer Partnerschaft funktionieren kann. Voraussetzung ist, dass beide Menschen dafür offen und in der Lage sind, darüber ehrlich miteinander zu sprechen, die eigenen Bedürfnisse mitzuteilen und in adäquater Form für sich einzutreten.

Also möchte ich insoweit Mut machen und kann damit vielleicht auch dem Threadstarter eine positive Einstellung dazu vermitteln.

Liebe Grüße
Empathie58
CCC25
Beiträge: 4
Registriert: 4. Mai 2021, 20:38

Re: Setze mich wegen Beziehung unter Druck

Beitrag von CCC25 »

Vielen Dank euch beiden erstmal für die netten Antworten und eure Hilfsbereitschaft.

Meine Freundin geht seit langem regelmäßig zum Therapeuten, im Normalfall einmal pro Woche. Jetzt gerade wurden bei ihr zudem die Medikamente umgestellt, mal schauen wie sich das entwickelt. Sie hat noch einen guten Freund, der aber auch gleichzeitig mein guter Freund ist (ein Dilemma) sowie ihre Familie. Aber eine andere außenstehende Person, die ihr ein bis zwei Mal die Woche hilft hat sie nicht.

Ich werde am Dienstag mit meinem Therapeuten doch mal über das Problem reden und dann vielleicht auch mit meiner Freundin, denn aktuell bin ich innerlich zerrissen. Ein Großteil von mir will die Beziehung bewenden, aber da habe ich wiederum auch total Angst vor. Meine Gedanken ihr gegenüber sind deshalb aber immer öfter böse und gemein, und ich hasse mich für solche Gedanken, und dann geht es soweit, dass mich die Situation so fertig macht, dass ich anfange zu weinen, auch wenn ich bei ihr bin. Kann ihr dann aber auch nicht sagen, dass es mit ihr zusammen hängt, weil ich Angst habe dass sie sich noch mehr Gedanken macht und schlecht fühlt. Aber aktuell kostet es mich Unmengen an Energie, die Beziehung am laufen zu halten. Zudem schlafe ich deshalb schlecht und habe immer öfter Albträume.

Eigentlich ist sonst nichts anders als vor ein paar Wochen, vielleicht hilft es aber echt zu wissen, wenn da noch eine andere Person wäre, die ihr Halt gibt, damit ich nicht mehr so einen Druck habe. Ich habe die Hoffnung, dass es dann wieder besser wird. Und wenn nicht würde ich mir auch nicht ganz so viele Sorgen machen, wenn ich dann merke, dass ich doch Schluss machen muss.
DieNeue
Beiträge: 5474
Registriert: 16. Mai 2016, 22:12

Re: Setze mich wegen Beziehung unter Druck

Beitrag von DieNeue »

Hallo CCC25,

danke für deine Antwort. Es scheint wirklich, als würde die ganze Last der Beziehung auf dir liegen.
Ich denke auch, dass es gut wäre, mal mit dem Therapeuten über das Thema zu sprechen. Wenn du deswegen schon nicht mehr schlafen kannst, in ihrer Gegenwart deshalb weinst und gemeine Gedanken hast, zeigt das, unter welch starkem Druck du stehst.
Mit dem Therapeuten könntest du dann auch das Gespräch mit deiner Freundin vorbereiten. Sowas mache ich auch ab und zu mit meiner Betreuerin bei wichtigen Gesprächen.
Ich denke auch, dass ihr beide irgendwann mal darüber reden solltet. Sie merkt ja zum einen, dass es dir nicht gut geht und zum anderen ist meiner Erfahrung nach Reden in einer Beziehung sehr wichtig.
Wie alt seid ihr beide denn? Nur um es mal etwas einordnen zu können...
Was ich noch sagen wollte: Natürlich sollte man auf Depressive und ihre Labilität Rücksicht nehmen, aber es bringt auf Dauer auch nichts, wenn man Probleme nie anspricht. Deine Freundin hat ja eine Therapeutin, mit der kann sie nach eurem Gespräch auch noch darüber reden. Auch wenn das Gespräch mit deiner Freundin nicht so gut laufen sollte, heißt das nicht, dass Hopfen und Malz verloren ist. Manches muss man erstmal sacken lassen und verarbeiten. Vielleicht reagiert sie ja aber auch verständnisvoll.

Viel Mut und Erfolg für deine Gespräche.

Liebe Grüße,
DieNeue
CCC25
Beiträge: 4
Registriert: 4. Mai 2021, 20:38

Re: Setze mich wegen Beziehung unter Druck

Beitrag von CCC25 »

Kurzer Nachtrag: ich glaube dass die oben erwähnten negativen Gedanken ein Schutzmechanismus sind, um nicht zu viele Gefühle zuzulassen, sie halten mich etwas auf Distanz. Mir fällt es generell nicht so leicht, Gefühle anderen Menschen gegenüber zuzulassen, obwohl ich eigentlich ein emotionaler Mensch bin (Filme bewegen mich zum Beispiel). Ich hoffe dass ich diese Gefühle wieder ein Stück weit mehr zulassen kann, wenn ich nicht mehr das Gefühl habe, die einzige Stütze für meine Freundin zu sein.

Die obigen Zeilen wollte ich gerade abschicken, doch inzwischen hattest du, @DieNeue, noch eine Antwort geschrieben, darauf will ich noch kurz reagieren.

Wir sind beide 30, ich bin rund ein halbes Jahr älter als sie. Muss dazu sagen, dass bei mir auch noch dazu kommt, dass es die erste richtige Beziehung für mich ist.

Ich werde mit meinem Therapeuten darüber sprechen und das Gespräch vorbereiten, sollte es mir aber vorher nochmal schlechter gehen, muss ich ihr meine Situation einfach sofort schildern, denn anders funktioniert es nicht.

Danke für deine aufbauenden Worte, sie geben mir viel Kraft und die Hoffnung, dass sich doch noch alles richten wird.

Liebe Grüße,
CCC25
DieNeue
Beiträge: 5474
Registriert: 16. Mai 2016, 22:12

Re: Setze mich wegen Beziehung unter Druck

Beitrag von DieNeue »

Hallo CCC25,
CCC25 hat geschrieben: ich glaube dass die oben erwähnten negativen Gedanken ein Schutzmechanismus sind, um nicht zu viele Gefühle zuzulassen, sie halten mich etwas auf Distanz.
Das ist interessant, was du schreibst. Den gleichen Gedanken hatte ich neulich bei mir auch. Ich mache manchmal in Gedanken Sachen schlecht, obwohl ich sie eigentlich auch gerne hätte, und ich glaube, das kommt manchmal auch daher, um mich davor zu schützen, dass es zu sehr wehtut, dass ich sie durch meine Krankheit nicht haben kann.

Ja, du kannst natürlich auch einfach so mit ihr sprechen. Bei uns in der Familie hat es manchmal auch gekracht und es wurden nicht nur schön gesittet gut vorbereitete Gespräche geführt ;) Das ist manchmal einfach so und kann ja auch zum Ziel führen.

Nur mal so eine andere Frage aus Interesse: Was ist denn eine "richtige" Beziehung? Ich habe das schon von vielen Leuten gehört, kann damit aber nicht so wirklich was anfangen. Vielleicht bin ich naiv, aber ich denke mir immer, entweder meine ich es ernst mit der Beziehung oder nicht und wenn ich es nicht ernst meine, dann lass ich es gleich.

Liebe Grüße,
DieNeue
CCC25
Beiträge: 4
Registriert: 4. Mai 2021, 20:38

Re: Setze mich wegen Beziehung unter Druck

Beitrag von CCC25 »

Ich habe mich vor zwei oder drei Jahren mal mit einer Frau über 6 Wochen getroffen, wir waren aber nicht auf der gleichen Wellenlänge. Sie hat dann geschrieben dass sie nach dem Urlaub erstmal keine Zeit hat, sich weiter zu treffen, und ich habe es dann einfach abgehakt und habe dieser Zeit auch nicht hinterher getrauert.

Mit meiner aktuellen Freundin bin ich ca. 13 Monate zusammen, und mit ihr kann ich mich super über alles unterhalten. Wir haben auch ähnliche Interessen, einen ähnlichen Musikgeschmack und ähnliche Zukunftsvorstellungen, von daher ist das meine erste wirkliche Beziehung.
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