Gruppenreisen aushalten

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yellohmellow
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Gruppenreisen aushalten

Beitrag von yellohmellow »

Hallo,

Ich komme gerade zurück von einer Gruppenreise mit dem Bus. Die anderen Teilnehmer waren mir alle unbekannt. Sie waren fröhlich und gesellig. Ich dagegen war stumm und konnte mit ihnen keinen Kontakt herstellen.

Ich fühlte mich total außen vor. Zunehmend hatte ich das Gefühl, immer kleiner zu werden, nicht körperlich sondern als Mensch, völlig wertlos.

Trotz Medikamenten ist mir das immer wieder bei Reisen mit einer (unbekannten) Gruppe passiert. Es beeinträchtigt mich stark, je länger die Reise dauert. Schlaflose Nächte gehören auch dazu.

Es war für mich nach langer Pause ein Versuch, es nochmal zu probieren, auch auf Anraten eines Therapeuten. Aber ich finde kein Mittel dagegen.

Kennt jemand solche Zustände? Und, hat jemand von Euch einen Weg gefunden, damit besser umzugehen? Ich sehe für mich im Moment nur die Möglichkeit, solche Reisen zu meiden. Aber ist ja an sich schade, vor ein paar Tagen war ich in Venedig und hatte angesichts der Schönheit des Orts zumindest für Momente ein Glücksgefühl, aber der Preis dafür ist für mich zu hoch, leider.

LG yellohmellow
f32-axolotl
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Re: Gruppenreisen aushalten

Beitrag von f32-axolotl »

Hallo Yellohmellow,

das ist vielleicht eine blöde Frage, aber warum machst du denn Gruppenreisen mit dem Bus, wenn sie dir nicht gut tun?
yellohmellow
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Re: Gruppenreisen aushalten

Beitrag von yellohmellow »

f32-axolotl hat geschrieben:Hallo Yellohmellow,

das ist vielleicht eine blöde Frage, aber warum machst du denn Gruppenreisen mit dem Bus, wenn sie dir nicht gut tun?
die Frage ist natürlich berechtigt.
Ich reise grundsätzlich gern, besonders Städtereisen mag ich. Und diese werden häufig zu einem für mich akzeptablen Preis nur per Bus angeboten. Mit dem Auto selber z.B. nach Venedig zu fahren ist mir zu anstrengend und auch teurer.

Das Problem ist auch nicht die Busreise an sich, was mir Probleme bereitet, sind die Mitfahrenden, die mir völlig fremd sind. Das ist was in mir, hat nichts damit zu tun dass die Mitreisenden nicht nett sind oder so.

Ich besuche z.B. eine Selbsthilfegruppe, wo ich überhaupt keine phobischen Ängste habe, weil die Menschen mir vertraut sind. Vielleicht wäre es für mich leichter, wenn es Gruppenreisen für Depressive gäbe, so ähnlich wie es ja auch spezielle Angebote für Senioren gibt. Hab nur leider noch nie so ein Angebot gesehen.
Monchen12345
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Re: Gruppenreisen aushalten

Beitrag von Monchen12345 »

Hallo yellowmellow,

Nur kurz: meine Großeltern sind früher immer mit der Caritas auf Senioren-Freizeiten gefahren. Vielleicht gibt es ja auch bei dir Verbände die sowas anbieten.
T Ally
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Re: Gruppenreisen aushalten

Beitrag von T Ally »

Hallo,

auch ich habe einige Reiseziele per Gruppenreise aufgesucht. Dabei bin ich mittlerweile auf Minigruppen ausgewichen. Dort sind oft Einzelreisende dabei, mit denen man dann beim gemeinsamen Kochen o.ä. gut ins Gespräch kommt. Und dabei habe ich auch schon Depressive kennengelernt, mit denen dann ein guter Austausch erfolgte, aber auch mein Ruhebedürfnis wurde akzeptiert.
Vor zwei Jahren habe ich eine längere Reise mitgemacht, die mich am Ende nach 1,5 Wochen überfordert hat. Ich musste dann noch ein paar Tage aushalten und habe im Kleinbus viel geschlafen. In diesen Jahr habe ich dann die Reisedauer angepasst, es war eine kürzere Reise, die ich gut ausgehalten habe.

Zu oft werde ich das aber nicht machen, da ich meine verbleibenden Kräfte gut einteilen muss.
DieNeue
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Re: Gruppenreisen aushalten

Beitrag von DieNeue »

Hallo yellohmellow,

hast du denn den Anspruch an dich selbst, dass du viel mit den anderen reden oder machen solltest?
Mir wäre das auch zu viel, ein ganzer Bus voller fremder Leute, da brauche ich nicht mal ne Sozialphobie.

Sind das Reisen, wo man immer ein gemeinsames Programm hat? Vielleicht wäre es besser, einfach in der Gruppe mit dem Bus hinzufahren und dann vor Ort ganz unabhängig dein eigenes "Programm" zu machen. Stelle ich mir etwas entspannter vor als immer einer Gruppe hinterherzuhetzen. Wenn ich da so an unsere Fahrten in der Schule etc. denke...
Bin mal mit dem Bus zum Schifahren gefahren, da hat man die Anderen den ganzen Tag nicht gesehen.
Vielleicht würde das auch das Gefühl von "Ich bin anders als die Anderen, ich bin schlechter, weil ich nicht so fröhlich drauf bin etc." etwas verdrängen. Vielleicht trifft man sich dann abends mit der Gruppe im Hotel wieder und jeder hat was anderes zu erzählen. Manchmal ist es bei mir auch so, dass die schönsten Momente dann sind, wenn ich irgendwas alleine erlebe. Ein schöner Moment im Wald alleine ist irgendwie anders als wenn andere dabei sind, die dann rumquatschen oder wieder weiterwollen.
Oder vielleicht mag ja jemand von deiner SHG mal mitfahren?

Hoffe, ich konnte dir etwas helfen. Und wie gesagt, Reisen mit unbekannten Leuten ist anstrengend, ob Sozialphobie oder nicht. Es sind ja ständig neue Reize, man muss immer austarieren, wer passt jetzt zu mir, wer nervt mich, gehe ich jetzt mit denen mit oder den anderen, bleibe ich noch bei den Anderen, obwohl ich schon bettreif bin usw.
In solchen Situationen kam ich mir auch schon irgendwie anders als die Anderen vor, auch schon vor den Depressionen, und habe mich dann innerlich zurückgezogen und schlecht gefühlt.
Bist du eher introvertiert oder extrovertiert? Da sind die Bedürfnisse und die Umgebung, die man braucht, ja auch unterschiedlich.

Liebe Grüße,
DieNeue
yellohmellow
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Re: Gruppenreisen aushalten

Beitrag von yellohmellow »

T Ally hat geschrieben:Hallo,

auch ich habe einige Reiseziele per Gruppenreise aufgesucht. Dabei bin ich mittlerweile auf Minigruppen ausgewichen.
Zu oft werde ich das aber nicht, machen, da ich meine verbleibenden Kräfte gut einteilen muss.
Hallo T Ally,

Danke für den Tipp! Die Anzahl der Mitreisenden könnte meine Verfassung tatsächlich positiv beeinflussen bei Reisen. Vielleicht kannst Du mir per PM mitteilen, wo man solche Minigruppenreisen buchen kann.

Du hast vollkommen recht damit, Acht zu geben, seine Kräfte einzuteilen, sich nicht zu überfordern.

LG yellohmellow
yellohmellow
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Re: Gruppenreisen aushalten

Beitrag von yellohmellow »

Monchen12345 hat geschrieben:Hallo yellowmellow,

Nur kurz: meine Großeltern sind früher immer mit der Caritas auf Senioren-Freizeiten gefahren. Vielleicht gibt es ja auch bei dir Verbände die sowas anbieten.
Hallo Monchen12345,

Danke für den Hinweis. Ich werde das mal recherchieren, ob es solche Angebote in meinem Umfeld gibt.

LG yellohmellow
yellohmellow
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Re: Gruppenreisen aushalten

Beitrag von yellohmellow »

DieNeue hat geschrieben:Hallo yellohmellow,

hast du denn den Anspruch an dich selbst, dass du viel mit den anderen reden oder machen solltest?

Oder vielleicht mag ja jemand von deiner SHG mal mitfahren?

Bist du eher introvertiert oder extrovertiert? Da sind die Bedürfnisse und die Umgebung, die man braucht, ja auch unterschiedlich.

Liebe Grüße,
DieNeue
Hallo DieNeue,

Ich glaube, Menschen die keine Sozialphobie hatten oder haben, können das nicht wirklich nachvollziehen, was da abläuft. Gestern in der SHG hab ich das Thema auch angesprochen und mir fiel so ein Bild ein, um es verständlich zu machen. Es ist wie ein Unkraut, was ganz schnell wächst und alles überwuchert und erstickt, was an Leben sonst da ist.

Es hat nichts mit besonderen Ansprüchen zu tun, es geht mir einfach um einen normalen menschlichen Austausch, der mir in der angesprochenen Situation nicht möglich ist.

Es hat auch nichts damit zu tun, introvertiert oder extrovertiert zu sein, unter vertrauten Menschen bin ich einfach anders als unter Fremden. Bei Kindern spricht man ja davon, daß manche „fremdeln“. Das bezeichnet noch am besten, was mich belastet. Möglich ist auch, daß ein Kindheitstrauma die Ursache für mein Problem ist, meine Mutter starb, als ich noch ein Baby war. Vielleicht ist mir deswegen das sog. Urvertrauen abhanden gekommen.

Deine Idee, Leute aus der SHG zu fragen, hatte ich auch schon. Immerhin fahre ich seit fast 10 Jahren jedes Jahr mit jemandem aus der Gruppe in Urlaub, was ich alleine sonst nicht machen könnte. Aber für Städtereisen konnte sich bislang noch keiner so recht begeistern.

LG yellohmellow
Waldbär
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Re: Gruppenreisen aushalten

Beitrag von Waldbär »

yellohmellow hat geschrieben:Aber für Städtereisen konnte sich bislang noch keiner so recht begeistern.
Hallo,

mir fällt da als Alternative bei Städtereisen die Bahn ein.

Und ich bin auch schon mit der Bahn zu verlängerten Wochenenden nach Florenz und nach Prag gereist. Das war jedesmal sehr komfortabel und wirklich wunderschön.

Bei Bahnreisen hast du den Vorteil, dass du die Unterkunft individuell direkt in den schönen Zentren (Prag) oder mittelalterlichen Altstädten (Florenz) buchen kannst.

Ich war zwar mit Frau und Tochter unterwegs. Aber das kannst du doch leicht auch alleine organisieren?
yellohmellow
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Re: Gruppenreisen aushalten

Beitrag von yellohmellow »

Waldbär hat geschrieben: mir fällt da als Alternative bei Städtereisen die Bahn ein.

Ich war zwar mit Frau und Tochter unterwegs. Aber das kannst du doch leicht auch alleine organisieren?
Hallo Waldbär,

Für mich ist es leider ein Problem, allein zu reisen, egal ob Bus oder Bahn, solange ich keine vertrauten Personen um mich habe.

Ist ein guter Gedanke, ich weiß was Du meinst, würde aber meine besch... Situation nicht ändern. Ich weiß nicht, ob das hier möglich ist, aber ich fände es toll, wenn es hier im Forum ein Unterforum zum Thema "Gemeinsame Aktivitäten" gäbe, wo man seine Pläne vorstellen könnte und sich andere. die das auch interessiert, einklinken könnten. Ist mir jetzt nur mal ganz spontan so eingefallen....

LG yellohmellow

Nachtrag: ich habe jetzt eben erst bemerkt, dass es sowas Ähnliches ja schon gibt, ein bisschen versteckt unter dem Begriff "Nutzertreffen". Aber vielleicht werde ich dort ja fündig.
Melina17
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Re: Gruppenreisen aushalten

Beitrag von Melina17 »

Hi Yelloh,

ich bin`s, Melina, hab ich dich gefunden! War gar nicht so einfach, wußt nicht, welches Forum und dann klapte in einem die Anmeldung nicht....

Und dann mußt ich noch gucken, wo ich dir antworte...obwohl, hätt ich auch PN machen können? Keine Ahnung, Technik ist eigentlich gruselig für mich, streßt. Einfach nen thread zu suchen fand ich einfacher.

Nun zum Thema:
Ich war ja auch sehr lange sehr sozialphob unterwegs, ich glaub, etwas schüchterneres als mich hättest du unter der Sonne nicht finden können. Ich war stumm wie ein Fisch, nur beim Ansehen wurd ich schon rot und stotterte rum.

Ich hab da irgendwann ne 180Grad wendung hingekriegt (nicht zuletzt auch durch Citalopram), mein Freund kann sich das nicht vorstellen, wie ich mal war.

Unter anderem hab ich aber einfach "geübt". Damals fanden in der VHS so "Psychose-Seminare" statt. es ging um alles psychische, nicht nur Psychosen.

Und da bin ich hin, sagte mir, da bist ja in bester Gesellschaft und da man auf jeden Fall reden mußte, mußt ich da durch.

Ich saß also, schweißgebadet, mit puterotem Kopf und überschlug mich beim reden. Sagte mir aber "ja und?" Unangenehm, aber nicht gefährlich. Und die Leute reagierten gar nicht, wurd akzeptiert.

Ich reiß mich heut immer noch nicht darum, großeReden zu halten, aber ich kann`s notfalls. Und wenn ich doch nochmal rot werde (was selten vorkommt) ist es mir egal.

Bei mir ist es eher die Menge an Menschen, die den Unterschied macht, nicht die Vertrautheit.

Was genau streßt dich also an diesen reisen? Würdest du dich trauen, einfach mit nem menschen nen Gespräch anzufangen? Fährt deine Frau mit? Wenn nicht, warum nicht?

So, nachdem du ja "drüben" einfach weg bist (ganz verstanden hab ich`s nicht), hoff ich, können wir hier wieder plaudern.

Liebe Grüße

Melina
yellohmellow
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Re: Gruppenreisen aushalten

Beitrag von yellohmellow »

Hallo Melina,

Ich freue mich, daß Du mich gefunden hast!

Rot werde ich auch nur noch selten, höchstens wenn ich zu lange in der Sonne liege und mich nicht eingecremt habe. :-)
Aber die Angst, allein in Urlaub zu fahren und nur mit Fremden zusammen zu sein, die ist nach wie vor da. Die mögliche Ursache dafür habe ich ja hier schon mal angedeutet. Ursachen zu kennen ändert allerdings noch gar nichts an den Symptomen.

Einmal ist es mir gelungen, mit einer Frau, die ich im Chat kennengelernt hatte, 14 Tage in Urlaub zu fahren. Wir haben uns allerdings vor der Reise zwei oder dreimal getroffen und gemeinsam was unternommen. Und ich habe ihr von vornherein reinen Wein eingeschenkt, ihr also deutlich gemacht, daß ich nicht alleine verreisen kann und sozialphobisch bin. Sie wußte auch daß ich verheiratet bin und nicht an einer neuen „Beziehung“ interessiert bin. Sie hat das alles akzeptiert und es hat sehr gut funktioniert.

Seit Anfang des Jahres ist meine Frau auch im Rentenalter und deshalb hat sich das Problem erledigt. Du weißt ja, daß wir Anfang des Jahres gleich für 9 Wochen im Urlaub auf Gran Canaria waren.

Zu dem Problem mit dem anderen Forum schicke ich Dir noch eine pm

LG yellohmellow
Melina17
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Re: Gruppenreisen aushalten

Beitrag von Melina17 »

Hi Yelloh,

ich muß jetzt nochmal genauer nachhaken, was genau streßt dich denn an fremden Menschen?

Hast du das Gefühl, du müßtest unbedingt ins Gespräch kommen? Setzt du dich da vielleicht selbst zu sehr unter Druck?

Hast du das Gefühl, zu sehr unter Beobachtung zu stehen und das ist dir unangenehm?

Theoretisch könnte man ja auch in einer Gruppenreise die ganzen Aktivitäten genießen, auch wenn man allein bleibt.

Mich würd also interessieren, was GENAU dich streßt.

Vielleicht kannst du mir noch mit technischen Dingen helfen...gibt es hier auch sowas, wo man in thread, in denen man selbst aktiv ist, schnell reinkommt?

So, dann guck ich mal nach PN :)

Liebe Grüße

Melina :hello:
yellohmellow
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Re: Gruppenreisen aushalten

Beitrag von yellohmellow »

Hi Melina,

Was mich genau ängstigt bzw. stresst läßt sich gar nicht so einfach beantworten. Grundsätzlich gilt, daß Fremdheit eine große Rolle dabei spielt, also daß weder das Gegenüber mich kennt noch ich mein Gegenüber. Vermutlich ist es ein frühkindliches Phänomen, was ich nie so ganz ablegen konnte: Kinder „fremdeln“ ja auch häufig in einer fremden Umgebung.

Kindheitserlebnisse haben vermutlich dazu beigetragen. Du kennst die Geschichte vermutlich schon, deswegen nur kurz: mit 3 Jahren starb meine Mutter. Ich war, mit Abstand von ca. 10 Jahren (Grund war der 2. Weltkrieg) das jüngste von 6 Geschwistern. Mein Vater heiratete kurz nach dem Tode der Mutter wieder. Die Stiefmutter wurde von mir sofort als Bezugsperson angenommen, von den viel älteren Geschwistern jedoch überhaupt nicht. Das trieb einen Keil zwischen mir und meinen Geschwistern, ich verstand nicht, warum sie die Stiefmutter ablehnten, sie hassten mich, weil ich immer zu ihr hielt. Ich lebte in ständiger Angst vor den Geschwistern. Als meine Stiefmutter mich irgendwann zum Kindergarten brachte, weinte ich so heftig und klammerte mich an ihrem Rockzipfel fest, daß sie mich wieder mitnahm.

Vertrauen aufbauen zu Gleichaltrigen gelang mir erst in der Schulzeit, da fand ich in der Grundschule einen Freund, der endlich auch mal zu mir hielt, eine ganz neue Erfahrung. Aber auch der Aufbau dieser Freundschaft dauerte sehr lange, wäre mein Freund nicht so hartnäckig gewesen, wäre es vermutlich nicht dazu gekommen.

Das ist sozusagen meine Last, die mich auch heute noch hindert, offen zu sein gegenüber Menschen, die mir fremd sind.

Zu Deiner Frage: man kann (oben auf der Seite links) einen Thread bzw. hier wird es Thema genannt,beobachten. Wenn dann neue Nachrichten zum Thema dazu kommen, bekommt man eine kurze Benachrichtigung an seine Emailadresse, wo auch ein Link drin ist, um direkt zu der neuen Nachricht zu gelangen.

LG yellohmellow
Melina17
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Re: Gruppenreisen aushalten

Beitrag von Melina17 »

Hi Yelloh,

ja, deine Geschichte kenn ich ja, ist für mich dann auch nachvollziehbar, daß du fremden Menschen gegenüber mißtrauisch bist.

Mir ist trotzdem noch nicht klar, was genau du fühlst, wenn da jetzt andere Menschen kommen.

Hast du Angst, die könnten dir irgendwas tun oder dich einfach nur nicht mögen, also mehr Angst vor Ablehnung oder mehr vor negativen Ereignissen?

Bei mir war das ja eher durch meinen brutalen Vater, daß ich mehr Angst hatte, die könnten mir was tun. Ich hab auch immer jeden Menschen sofort auf seine Schwachstellen hin abgeklopft, damit ich im Notfall was zum zurückschlagen habe.

Also kein Vertrauen zu haben, war bei mir auch lange Zeit Thema, kein Vertrauen zu mir selber, zu keinem Menschen und nicht in die Welt.

Was wär so das schlimmste, was du dir vorstellen könntest, was in einer Begegnung mit einem fremden Menschen geschehen könnte?

Wie erlebst du dich selbst, wenn du "fremdelst"? Fühlst du dich allein, hilflos? Was genau macht es so unangenehm?

Ich hoffe, du nimmst mir die vielen Fragen nicht übel, aber ich würd es so gern besser verstehen.

Ich weiß ja, wie das ist, wenn da noch irgendwie was "unerlöstes" in einem ist, wie einem das noch zusetzen kann.

Trotzdem bist du ja ein "gestandenes Mannsbild" und hast dein Leben gut im Griff.

Und du hast so einen Zugang zur Kunst, da beneid ich dich ja drum, ich denke, das kann echt hilfreich sein.

Wünsch dir erst mal was.

Liebe Grüße

Melina

Ach so, zur Übersichtlichkeit, das find ich ja nicht so gelungen, ich guck wenig in meine mails, naja, ist das hier dann halt nicht so praktisch
yellohmellow
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Re: Gruppenreisen aushalten

Beitrag von yellohmellow »

Liebe Melina,

Du kannst alles fragen, ist kein Problem, im Gegenteil, das zeigt mir ja, daß Du mehr wissen möchtest, die Dinge hinterfragst.

Im Grunde hast Du bereits Deine Frage selbst beantwortet. Es stimmt, in Gesellschaft von Fremden fühl ich mich zunehmend hilflos und allein. Es ist so ein Gefühl, als ob mir der Boden unter meinen Füßen wegbricht.
Ich weiß nicht mehr, woran ich mich festhalten kann. Da ist dann ja nicht mehr der Rockzipfel der Stiefmutter.
Ich fühle mich im wahrsten Sinn des Wortes mutterseelenallein.

Dieses Gefühl führt dann zu einer immer mehr zunehmenden Anspannung, die kaum noch auszuhalten ist, je länger es andauert. Ich habe dann echt Angst verrückt zu werden, die Kontrolle zu verlieren. Ich glaube, das zu verstehen fällt schwer, wenn man es nicht selbst durchstehen mußte.

Bei Dir ist es ja eher eine Angst vor körperlicher Gewalt, hervorgerufen durch frühkindliche schlimme Erfahrungen mit dem Vater. Ich habe in der Angstsituation am meisten Angst vor mir selber, wie weit diese innere Anspannung noch geht und wo sie endet.

Ich glaube nicht, daß das jemand nachvollziehen kann, der es noch nie erlebt hat.

Dir geht es hoffentlich einigermaßen gut, kann Dein Freund in seiner Branche denn jetzt wieder arbeiten?
Am wichtigsten ist aber immer, daß man liebt und ein schönes Zuhause hat.

Liebe Grüße

yellohmellow
Melina17
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Re: Gruppenreisen aushalten

Beitrag von Melina17 »

Hi Yelloh,

so wie du das beschreibt, klingt das für mich schon nach Trauma, du regredierst in solchen Augenblicken, wenn du unter fremden Menschen bist?

Könnte es helfen, zu versuchen, eine klare Trennlinie zu ziehen? Also dir zu sagen, du bist jetzt nicht 4 oder 5, sondern ein erwachsener Mann und diese fremden Menschen sind nicht deine Geschwister oder sonst irgendwie negative Personen von früher?

Ich erleb das des öfteren mit meinem Freund, der hatte ne schwierige Mutterbeziehung und projiziert deshalb öfter mal in mich. Wenn ich ihm dann deutlich mache, ich bin nicht wie seine Mutter, denk, fühl und handle ganz anders, dann schafft er es oft, die Projektionen wieder zurückzunehmen.

Größeres Problem ist allerdings eher, daß er sich manchmal selbst wie seine verinnerlichte Mutter benimmt und das war auch bei mir ein großes Problem, daß ich auch einiges negative von meinem Vater wiederholte.

Diese Problematik hast du zum Glück nicht, oder? Also du verhälst dich nicht wie deine Geschwister? Na,die prägen einen in der Regel nicht so.

Ich glaub, korrigierende positive Erfahrungen mit fremden Menschen könnten dir vielleicht guttun. Hast du schon mal darüber nachgedacht, da evtl verhaltenstherapeutisch ranzugehen? Also vielleicht ganz bewußt den Kontakt zu fremden Menschen suchen und versuchen, mit ihnen ein schönes Gespräch herzustellen. An einer Bushaltestelle vielleicht. Oder mit einem Hundebesitzer.

Wie ist das in Geschäften bei dir...wenn du da auch das erste Mal auf Fremde triffst, macht dir das auch Probleme?

Wie ist/war das in einem Job? Da kamen doch auch immer wieder fremde Menschen, war das ein Problem? Oder war das einfacher, weil sie ja so Probleme hatten, hast du dich da vielleicht sicherer gefühlt? Ich hab witzigerweise auch die erste Angst vor Menschen in einem Krankenhaus verloren. Die konnten mir nix tun, außerdem waren die "ehrlicher", die "persona" fällt ab, wenn man krank ist, und "echte" Menschen fand ich immer weniger bedrohlich.

Sonst gilt natürlich, was generell für Traumata gilt, schwierig, vor dieser Hürde steh ich ja auch. Und mein Trauma ist komplett unbewußt. Also ich weiß ja schon grob, was ich erlebt hab, und daß das krass war, aber trotzdem, wenn ich z.B in einem Tunnel bin...die Gefühle, die dann kommen....ich spür nur namenloses Entsetzen, aber ich kann nicht sagen, wovor.

Was du sonst beschreibst, von Angst, die Kontrolle verlieren oder verrückt werden...das kennt jeder Angstkranker. Und das bin ich ja auch, von daher kann ich das auch absolut nachvollziehen.

Ich hoffe, du kriegst das für dich noch irgendwie gelöst, aber inwieweit bist du da heute noch mit konfrontiert? Also deine Frau fährt mittlerweile mit? Weil wenn man nicht mit in Berührung kommt, macht das ja nix. ich fahr zum Beispiel auch keinen Aufzug und laß mir auch von niemandem einreden, das gehört aber zum Leben dazu. Tunnel meiden ist schon schwieriger, aber mein Freund hat da was ausfindig gemacht, wo man tatsächlich in Wegbeschreibungen Tunnel mit bestimmten Längen ausschalten kann. Toll, ne? Ein Herz für Phobiker :)

Bis denni

Melina
yellohmellow
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Re: Gruppenreisen aushalten

Beitrag von yellohmellow »

Hi Melina,

Ich sehe das auch so, mein Verhalten als Erwachsener wird durch ein frühkindliches Trauma in bestimmten Situationen stark beeinflusst.

Sich dann zu sagen, ich bin ja kein Kind mehr sondern erwachsen, ist bei mir zwecklos, auch verständlich, weil das unterschiedliche Ebenen betrifft. Das traumatische Erleben spielt sich auf der emotionalen Ebene ab, der Vorsatz, sich zu sagen, daß man ja kein Kind mehr ist, ist ein rationaler Gedanke. Beides läßt sich nur sehr schwer miteinander verbinden.

Ich habe ja eine VT gemacht vor einigen Jahren und genau das als Aufgabe vom Therapeuten bekommen, was Du vorschlägst. Es hat leider nicht funktioniert. Ich bin eine Woche allein in Urlaub gefahren und habe mich bewußt zum Essen an Tische gesetzt, wo bereits schon andere saßen. Ich habe versucht, Gespräche zu führen, hab aber gefühlt Blut geschwitzt und war zunehmend angespannt, so daß das Gespräch schon bald im Sande verlief.

Komischerweise ist es bei der Arbeit anders, da kann ich durchaus mit Fremden Kontakt aufnehmen. Vermutlich sehe ich mich in diesen Situationen mehr in einer Rolle, in der ich ja relativ sicher bin. Ich trete da nicht als „yellohmellow“ auf, sondern als Therapeut, Berater, Lehrer, Taxifahrer usw. (hab ich alles schon mal gemacht früher).

Aktuell ist es wie gesagt für mich so, daß ich versuche, Situationen, die mir nicht gut tun, möglichst zu vermeiden, genauso wie Du es machst bei Deiner Tunnelangst. Möglicherweise könnte eine Traumatherapie helfen, aber für mich macht das zum jetzigen Zeitpunkt wenig Sinn, weil ich auch ohne solche Herausforderungen ganz gut klar komme.

Ich bin ja wie Du weißt schon lange in einer Selbsthilfegruppe für Menschen mit einer Depression. Dort mache ich immerhin auch immer wieder die Erfahrung, mich Fremden gegenüber öffnen zu können, ganz ohne Angst.Es kommen ja immer mal wieder Neue dazu, andere scheiden aus. Sicher hilft es mir dabei auch, daß ich ja nur mit 1 oder 2 Fremden konfrontiert werde, der Rest der Gruppe ist mir ja vertraut. Aber es ist eine schöne Erfahrung, trotz meines Traumas, auch als „yellohmellow „ und nicht nur in einer Rolle, Fremden angstfrei begegnen zu können.

LG yellohmellow
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