Familie als Belastung

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Rich
Beiträge: 45
Registriert: 15. Jan 2018, 23:04

Familie als Belastung

Beitrag von Rich »

Hallo zusammen,

Bin schon eine Weile hier angemeldet, aber nicht besonders aktiv.
Schon seit lange habe ich hier nichts geschrieben, trotzdem könnte sein dass manche die das lesen mich „kennen „.
Egal, eigentlich. Man fühlt sich immer irgendwie verpflichtet alles zu erklären, warum auch immer. Tatsache ist dass ich seit längerem mit Depression (oder wäre die Plural Form hier besser?) zu kämpfen habe. Therapien, große Probleme um zu Schlafen und den Alltag zu bewältigen, Tiefen und Höhen (öfters das erste als das zweite) gehören zu meinem Lebenslauf, ich denke viele kennen das alles sehr gut, was die Einzelheiten zu beschreiben überflüssig macht.
Ich habe aber immer mehr Schwierigkeiten mit meiner Familie klar zu kommen. Die Beziehung zu meiner hat sehr gelitten. Ich fühle mich unendlich einsam und bekomme da keine Unterstützung. Mir ist bewusst, sie würde sehr wahrscheinlich meine Aussage als Unfug einstufen, trotzdem so fühle ich es. So ist es dann, zumindest für mich.
Ein Paar sind wir schon lange nicht mehr; wenn überhaupt miteinander gesprochen wird, dann um Termine zu besprechen. Und auch das klappt oft nicht.
Ich habe wollte immer wieder einfach abhauen; alles hinter mir lassen, weil ich keinen Sinn für mein Leben finde. Was meine Familie angeht, ist dieses Gefühl in der letzten Zeit immer stärker geworden.
Ich tue es aber nicht. Weil ich keine Alternative kenne. Und weil ich zwei Kinder habe, die wohl doch einen Papa brauchen, auch wenn er zu vielen nicht fähig ist.
Nur ist für mich schwer zu erkennen, ist die Depression wirklich schuld daran, dass alles so schlecht läuft wie es läuft? Oder wäre das Familienleben so oder so nichts anderes als jetzt ist? Ist es nicht zu bequem zu sagen, mir geht es nicht gut und deshalb ist alles sowieso hoffnungslos? Und wenn es doch besser wäre, ich würde mich von meiner Familie trennen? Wenn es an der Depression liegt, wäre das eine krasse Fehlentscheidung....
Es ist so schwer zu alles zu erklären was mir durch den Kopf geht. Aber hat jemand etwas ähnliches durchgemacht?
Liebe Grüße euch,

Rich
Unhappy38

Re: Familie als Belastung

Beitrag von Unhappy38 »

Hallo Rich,

oje, das ist genau mein Thema, ich bin jetzt aber zu müde und werd dir daher morgen was dazu schreiben.

Liebe Grüße
Unhappy
Katerle
Beiträge: 11309
Registriert: 25. Sep 2014, 10:30

Re: Familie als Belastung

Beitrag von Katerle »

Hallo Rich,

erinnere mich an dich.
Familie kann durchaus eine Belastung sein, wenn man keine Unterstützung erfährt... usw. Auch ich kannte Einsamkeit, Schweigen, um einiges zu nennen..., auch erfuhr ich keine Unterstützung.
Mir ging es lange in der Beziehung schlecht und ich war verzweifelt. Irgendwann reichte es mir und ich hatte es satt, dass mit mir weiter schlecht umgegangen wurde (was ja auch nicht gerade förderlich für meine Gesundung war). Hatte schon einiges an Klinikaufenthalten hinter mir, was mir auch immer wieder Kraft gab. Doch in meiner Umgebung änderte sich nichts. Also entschloss ich mich, nach einer Lösung zu suchen, damit ich mich besser fühlte und ich suchte mir eine W. (da hatte ich allerdings schon einiges durchgemacht, psychisch als auch physisch.)
Ging meinen Weg langsam und nahm mir auch jemanden zu Hilfe, bei der Umsetzung meines vorhabens. Mein P. staunte nicht schlecht (wollte keine Trennung), aber ich zog das durch. Ich hatte auch Ängste, doch mit der Zeit verbesserte sich unsere Beziehung und heute sind wir auch weiter zusammen. Ausserdem wollte ich meine Beziehung mal vom Abstand her betrachten, ob es sich überhaupt noch lohnte, die Familie aufrechtzuerhalten.
Heute bin ich froh, diesen Weg der räumlichen Trennung gegangen zu sein, auch wenn ich schon länger viel ausgehalten hatte in der Beziehung. Aber es hat sich gelohnt und dafür bin ich dankbar.

Du kannst auch so mal auf Abstand gehen von deiner Familie, dass du z. B. mal alleine wegfährst für ein paar Wochen. (wenn es für dich finanziell machbar ist).

Naja, einfach abhauen wenn man Kinder hat, ist schwierig...
Mit Hilfe einer Therapie könntest du die Ursache oder ihr Beide mit Hilfe einer Paartherapie herausfinden, warum es in eurer Familie Schwierigkeiten gibt, um so gemeinsam an den Problemen arbeiten zu können. Du könntest aber auch erstmal in eine Klinik gehen, um erst mal zur Ruhe zu kommen und um etwas Abstand zu bekommen zu der belastenden Situation zu Hause. Ansonsten kann man dann immer noch den Weg der Trennung gehen.



Weiterhin alles Gute, Kraft und Durchhaltevermögen
für dich, Katerle
Zuletzt geändert von Katerle am 28. Dez 2019, 12:26, insgesamt 1-mal geändert.
Unhappy38

Re: Familie als Belastung

Beitrag von Unhappy38 »

Hallo Rich,

hier kommt meine versprochene Antwort. Ich habe deinen Beitrag gelesen und mich direkt angesprochen gefühlt weil ich mich in vielen Punkten ähnlich fühle. Ich habe auch zwei Kinder, lebe sehr lange in einer Beziehung und unsere Ehe besteht eigentlich nur noch aus gemeinsamer Erledigung der anfallenden Arbeiten, Pflichten, Kindererziehung. Irgendwann haben wir uns als Paar verloren.

Am Anfang meiner Therapie dachte ich auch, dass die Beziehung sich möglicherweise durch die Depression so verschlechtert hat aber nachdem ich monatelang versucht habe daran zu arbeiten und sehr viel nachgedacht habe ist mir klar, dass es die schlechte Ehe ist, die die Depression mit ausgelöst hat. Ich fühlte immer stärker eine emotionale Distanz zu meinem Mann und diese Entfremdung wurde immer schlimmer. Ich kann dir gar nicht sagen, wie einsam und isoliert ich mich oft mitten in der Familie fühlte und immernoch fühle. Äußerlich funktioniere ich und ein Korsett aus Arbeit und Kinderbetreuung hält meinen Alltag aufrecht aber innerlich ist einfach nur Leere und Einsamkeit...

Das muss aber natürlich auf dich nicht zutreffen. Einfach abhauen mit zwei Kindern ist nicht drin. Solche Fantasien hatte ich auch schon, einfach meine Koffer zu packen und mal ganz weit weg zu fahren. Für zwei Tage habe ich mir das mal erlaubt. Ansonsten hat man nunmal Verantwortung und zwar sein Leben lang. Das ist oft schwierig aber im Grunde empfinde ich die Elternschaft auch als die wichtigste und schönste Aufgabe in meinem Leben. Ich denke schon, dass man genau hinschauen und versuchen sollte die Beziehung zu retten. Oft wird es ja besser wenn man die Konflikte aufarbeitet (seine Kommunikation ändert, mehr Ich-Botschaften sendet, also sagen wie man selber sich bei etwas fühlt und nicht immer mit "du" angreifen usw), man kann auch schöne Aktivitäten gemeinsam planen und versuchen in eine Positiv-Spirale zu kommen (hat bei uns leider nicht geklappt). Das sind alles Tipps, die mein Ex-Therapeut mir gegeben hat und die ich wirklich lange versucht habe umzusetzen. Irgendwann habe ich aber gemerkt, dass nur von meiner Seite der Wunsch nach Änderung besteht, das unsere Bedürfnisse doch sehr weit auseinander gehen.

Ich wünsche dir aber, dass ihr es wieder hin bekommt. Vielleicht hilft euch ja in der Tat eine Paartherapie.
Ich wünsche dir alles Gute,

Unhappy
Rich
Beiträge: 45
Registriert: 15. Jan 2018, 23:04

Re: Familie als Belastung

Beitrag von Rich »

Liebe Unhappy, liebe Katerle

Vielen Dank für die Antwort.

Es tut auf jeden Fall gut zu wissen, man ist nicht der einzige der so was durchmacht.

Ich frage mich oft ob eine Trennung in dieser Art gut wäre ... auch eine Klinikaufenthalt würde mir schon empfohlen. Ich tue mich aber so schwer damit. Ich bin beruflich gezwungen immer wieder unterwegs zu sein, mal für einen Tag, auch eine ganze Woche. Diese Zeit ist für mich aber alles außer erholsam. Ich schleppe die ganze Zeit Sorgen mit, von allen um die Kinder. Auch wenn ich weiß, es kann eigentlich nichts passieren. Trotzdem, als der Arzt über sechs bis acht Wochen in der Klinik gesprochen hat, dachte ich sofort, es wäre einfach nicht möglich.

Und wenn in paar Wochen mich schon erschrecken, wie wäre wenn ich tatsächlich mich von der Familie trennen würde? Könnte ich so was überhaupt verkraften? Und wenn es keinen Ausweg gibt, weil z.B. meine Frau sich entscheidet zu gehen?

Also, die Angst läuft so oder so mit. Und so mache Ich weiter, du, Unhappy, hast ja so gut beschrieben, man erledigt weiter das was man erledigen muss und als Paar findet man sich nicht mehr. Nur weil es sein muss, nur weil es anders nicht geht, nur weil man denkt, die Kinder brauchen wohl beide Elternteile, und ich, der sowieso den Kinder nicht viel bieten kann, soll mindestens versuchen eine halbwegs handlungsfähige Familie aufrechtzuerhalten.

Einmal habe ich meine Gefühle hier so beschrieben, es fällt mir gleich wieder ein: ich mache weiter, behalte alles für mich und habe dabei das Gefühl die ganze Zeit ein Paket mit einer Zeitbombe zu schnüren. Früher oder später geht alles in die Luft, und das macht mich Angst.

Liebe Grüße,

Rich
Katerle
Beiträge: 11309
Registriert: 25. Sep 2014, 10:30

Re: Familie als Belastung

Beitrag von Katerle »

Lieber Rich,

ja das tut wirklich gut, zu wissen, man ist nicht allein und ich kann auch deine Angst nachvollziehen.

Nun, es ist ein Unterschied, ob du beruflich für ne Zeit lang von deiner Familie getrennt bist und deine Sorgen mit dir herumschleppst, (verständlich, dass sowas nicht erholsam ist) oder du in einer Klinik bist, wo du die Möglichkeit hast, sich auf dich zu konzentrieren und dabei über deine Sorgen reden kannst.

Ehrlich gesagt, konnte ich mir damals anfangs einen sechswöchigen Klinikaufenthalt auch nur schwer vorstellen. Aber im Nachhinein war das die richtige Entscheidung für mich.
Auf jedem Fall kannst du nicht wissen, wie es ausgeht für euch als Paar. Ein Versuch ist es auf jedem Fall wert.

Eine Paartherapie z. B. bringt auch nur was, wenn Beide dazu bereit sind, sich darauf einzulassen.

LG Katerle
Unhappy38

Re: Familie als Belastung

Beitrag von Unhappy38 »

Guten morgen Rich,

das kann ich gut nachempfinden, das du Angst hast, das geht mir genauso. So eine Entscheidung zu treffen ist anstrengend, vor allem wenn es einem so schlecht geht und man eigentlich keine Kraft dafür hat.

Ich hoffe, dass ich in einem Jahr alles überstanden habe. Ich hätte schon viel früher eine Therapie machen müssen, dann wäre einiges vielleicht besser gelaufen. Aber es ist wie es ist - und besser jetzt als noch zehn Jahre später.

Ich wünsche dir viel Kraft und nimm dir Zeit für die Entscheidung. Sowas ist ein langer Prozess, man trennt sich nicht innerhalb vier Wochen von seinem Partner wenn man 10 oder 20 Jahren zusammen ist.
Liebe Grüße,
Unhappy
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