Meinem Vater helfen

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traumkünstler
Beiträge: 1
Registriert: 17. Jun 2019, 15:57

Meinem Vater helfen

Beitrag von traumkünstler »

Hallo,
nur mal im voraus: Ich bin selbst nicht depressiv, sondern mein Vater.
Er ist Mitte 50 und leidet seit ein paar Jahren an Depressionen. Das hat viele Gründe: andauernd finanzielle Probleme (Schulden, auch an uns), Schmerzen (Rücken und Schulter, wegen seines starken Übergewichts durch zu viel Alkoholkonsum), Schlafmangel, Unzufriedenheit an seinem Arbeitsplatz und immer wieder kleinere weitere Probleme. Er kommt nicht mehr aus dem Bett, liegt stundenlang wach, kann sich aber nicht aufrappeln aufzustehen. Am Wochenende steht er dann irgendwann auf, isst ganz wenig bis gar nichts und schläft weiter, erreicht also gar nichts- vom Briefe öffnen bis zu seinem "Nebenjob" von zu Hause aus. Höchstens grillt er abends, woran er wirklich Spaß hat, wie er sagt, auch wenn er oft vom langen Stehen Rückenschmerzen bekommt. Er erreicht nichts, weil er zu müde und kraftlos ist. Nur wir muntern ihn ein bisschen auf, sein Bier und Grillen. Nur könnte er viel für seine Gesundheit tun und sich besser fühlen, wenn er seinen Alkohol und Nikotinkonsum reduzieren würde, regelmäßig essen würde, irgendwie abnehmen. Aber durch seine weiteren Probleme rafft er sich nicht auf und schafft es nicht, sich zu motivieren. Immer wieder versucht er es, schreibt auch mal Tagebücher (das er aber abbricht), reduziert ein wenig seinen Alkoholkonsum (aber er "belohnt " sich nach einem anstrengenden Tag oft mit mehr Bier und fällt so ins alte Muster zurück)

Ich würde ihm so gerne irgendwie helfen. Mich macht die ganze Situation auch fertig, ihn so kraftlos und voller Schmerzen zu sehen, den Stapel an Briefen und Mahnungen, wie oft das WLAN oder Ähnliches gesperrt wird... Leider bin ich Schülerin, kann also finanziell gar nicht helfen, was vermutlich eine große Hilfe wäre, wenn wir endlich aus diesen finanziellen Problemen und Schulden raus kommen. Aber ich möchte ihn glücklich machen, etwas, was ihn motiviert, etwas zu machen... bald hat er Geburtstag. Leider kann ich nichts Großes vorbereiten, weil ich bald im Auslandspraktikum bin und erst eine Woche vor seinem Geburtstag da bin.
Hättet ihr Ideen? Wir haben ihm und unserer Mutter schon einen MyDays Gutschein geschenkt, den sie noch nicht eingelöst haben...
Candless
Beiträge: 190
Registriert: 7. Okt 2018, 22:10

Re: Meinem Vater helfen

Beitrag von Candless »

Liebe traumkünstler,

die Situation ist ziemlich belastend, das kann man sich vorstellen!

Wenn ich es hier richtig lese, hat dein Vater eine Depression mit den typischen Symptomen, kein Antrieb, kommt nicht aus dem Bett, kaum Lebensfreude, Alkohol- und Nikotin in ungesunder Menge, daraus gesundheitliche Folgen wie Übergewicht, und dann ungelöste Probleme, Schulden und Vermeidung des Öffnens von Briefen.

Du machst dir verständlicherweise grosse Sorgen und suchst eine Lösung. Grundsätzlich darf man erst einmal keine schnellen Verbesserungen erwarten, das ist alles sehr langwierig. Eine Frage wäre: Ist er in Therapie? Und hat er eine ärztliche Behandlung? Ich denke, es wäre ganz wichtig und ein erster Schritt in die richtige Richtung, dass er eine Therapie beginnt. Schreibe doch mal, wie das aussieht, ist er einsichtig, dass er eine Depression hat? Geht er in Therapie oder war er vielleicht schon mal in einer Therapie?

Dann das Problem mit den Schulden. Du schreibst von deinen Eltern, also deine Mutter lebt auch mit euch zusammen? Dann könnte sie mit der Schuldnerberatung Kontakt aufnehmen und einen Termin vereinbaren. Sie könnte dann probieren, ihn zu bewegen, mitzugehen oder eben alleine gehen. Falls sie mit euch zusammenlebt, könnte doch auch sie die Briefe öffnen? Oder gibt es Gründe, die dagegen sprechen?

Als selbst Angehöriger kann ich nur grundsätzlich sagen, dass Verständnis ganz wichtig ist, und dass man keine Vorwürfe macht, denn die Betroffenen können nichts dafür, dass sie depressiv sind und sich eine Depression eben so auswirkt. Ihn liebevoll unterstützen, wo es geht und ihn nicht verlassen, weil er derzeit natürlich vieles sehr ungeschickt und nachteilig angeht. Er macht das nicht mit Absicht. Wenn derjenigen ein stabiles soziales Netz hat, die ohne wenn und aber zu ihm halten und Verständnis aufbringen und probieren, die Probleme nach und nach anzugehen und ihn unterstützen, etwas gegen seine Krankheit zu unternehmen, ist das schon sehr gut.

Ich denke, du machst das gut und tust, was dir möglich ist. Es ist auch wichtig, dass du gesund bleibst in dieser belastenden Situation. Hast du Freunde, mit denen du das auch besprechen kannst? Falls nicht, ist es natürlich auch möglich, dass man sich als Angehörige professionelle Unterstützung holt. Hast du schon einmal darüber nachgedacht?

Wenn du noch ein paar mehr Infos gibst, könnte man vielleicht noch besser verstehen, was da so los ist. Falls du magst, schreibe doch noch was dazu.

Ganz liebe Grüsse und ganz viel Kraft!
Ich bin hier, weil ich mich mit anderen Angehörigen offen über alles austauschen möchte.
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