Tiefe Phase

Rich
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Tiefe Phase

Beitrag von Rich »

Hallo zusammen,
leider komme ich hier nur sporadisch, es ist immer so schwer etwas regelmäßig auf die Reihe zu bringen … oder überhaupt.
Leider mache ich eine sehr schwere Zeit durch, das seit etwa eine Woche. Eigentlich ohne Grund, alles ist so wie es war, Weihnachten war auch ins gesamt schön, ich habe mich da gar nicht so unwohl gefühlt wie es schon mal gewesen ist… vielleicht weil ich in der zeit beruflich sehr viel zu tun habe, aber ich habe zur Zeit nichts anders in Kopf als weg zu gehen. Am liebsten würde ich mich sofort alles hinter mir lassen, ich habe ein ganz mieses Gefühl ständig lügen zu müssen damit niemand aus meiner nähe etwas davon mitbekommen, das wäre von allen in so einer „fröhlichen Zeit“ nicht wünschenswert. Leider ist immer wieder dann die Luft komplett aus und sie kriegen doch was ab, was mich nachhinein noch mehr stört.
Nur gibt in der Zeit nichts was man als Hilfe greifen könnte; Therapie sowieso nicht, ich habe meine von etwa 2 Monaten nach erfolglosen 2 Jahren abgebrochen, bis ich wieder was haben wird es lang dauern, wenn ich überhaupt nochmal damit anfangen kann. Freunde zu reden, Fehlanzeige, jetzt sind fast alle unterwegs oder haben genug um die Ohren. Dasselbe mit irgendeiner Entspannung, alles um mich fühlt sich einfach leer an.
Hat jemand einen Vorschlag was helfen könnte? Ich habe wirklich schieß von den Feiertagen die noch kommen…
Liebe Grüße
Katerle
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Re: Tiefe Phase

Beitrag von Katerle »

Hallo Rich,

was würde dir denn jetzt guttun in der schwierigen Phase? Für ein paar Tage wegzufahren?
Mir ging es gestern auch nicht gut und ich überlegte, was mir evtl helfen könnte. Also ging ich raus bei dem schönen Wetter. Mir ging es aber danach auch nicht wirklich gut... Am liebsten wäre ich weggefahren, um mal was anderes zu sehen, bräuchte mal wieder ne Auszeit. Vor einigen Jahren hatte ich mal wieder einen Rehantrag gestellt, wurde leider abgelehnt und auch, als ich in Wiederspruch gegangen war. Jetzt habe ich den Gedanken, mir so zwei Wochen nochmal selbst zusammenzusparen und habe auch in einer Klinik schon angefragt. Mal schauen, ob ich eine Antwort bekomme. So ne Winterlandschaft würde mir mal so richtig guttun..., jetzt...

LG Katerle
Rich
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Re: Tiefe Phase

Beitrag von Rich »

Hallo Katerle
ich weiß es nicht .. leider kommt es nicht in Frage jetzt weg zu fahren, in der Zeit arbeite ich sehr viel, so kurzfristig Projekt absagen ist in meiner Branche gleich wie Selbstmord, also...ob ein ganz neuer Job danach besser wäre ... daran zweifel ich.
früher hat mir die Arbeit geholfen, ich war irgendwie abgelehnt und könnte die Probleme zumindest für eine kurze Zeit vergessen. es ist aber leider nicht mehr so, ich empfinde dass mehr als eine Belastung und hoffe nur es zu schaffen, irgendwie durch. Erst zwischen 3. und 5. Januar ist etwas mehr Ruhe...
Dass einzige was ich mir vorstellen kann, es könnte helfen, ist mit jemandem zu unterhalten. Die blöden Gedanken kommen immer wieder, leider merkt man selber nur später dass sie nicht gut sind.
Es tut mir leid dass deine Anträge abgelehnt würden ... schwer zu glauben, eigentlich geht um die Gesundheit um nicht um eine einfache "Auszeit". Ich habe es selber nicht versucht so was zu beantragen, als Selbständiger ist so was ziemlich aussichtslos.
warst du schon in einer Klinik? hat es geholfen? das macht mich mehr angst, weiß es nicht ob was gutes wäre. ...
Lg,
Rich
Katerle
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Re: Tiefe Phase

Beitrag von Katerle »

@ Rich

Projektabsagen wäre wohl auch nicht mein Ding.
Wenn dir nach unterhalten zumute ist, dann tue es. Höre dir gerne zu, wenn du magst. Sowas hilft in der Tat, von seinen Gedanken wegzukommen...
Ja, ich war schon in Kliniken und mit Rehas hatte ich bisher auch sehr gute Erfahrungen machen können, auch wenn ich nicht gesund bin...

LG Katerle
Rich
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Re: Tiefe Phase

Beitrag von Rich »

Hallo,
Nett dass du bereit bist zuzuhören. Vermutlich hast du selber mit den eigenen Gedanken zu kämpfen..
Bei mir geht es fast immer um große Unsicherheit, der Eindruck dass ich nichts erreicht habe und, egal was ich jetzt tue, werde ich nichts mehr erreichen können. Das schleppe ich mit so gut wie die ganze Zeit, ich versuche immer wieder dagegenzuhalten, manchmal ist aber kaum möglich. Und immer wenn ich denke, ich könnte etwas neues machen um eine Verbesserung zu erreichen, habe ich wie eine Mauer vor mir der sofort alle Hoffnungen blockiert.
Das mit eine Zeit in einer Klinik habe ich mir oft gedacht, vielleicht wäre es ein neuer Anfang. Aber wie bereits geschrieben, bekommee ich Angst... keine Ahnung..
Sorry wenn ich zu viel auf einmal geschrieben habe.
Liebe Grüße
Rich
Kegelkitty
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Tiefe Phase

Beitrag von Kegelkitty »

Hallo,
mir geht es gerade ähnlich, wie Rich. Ich bin bei der Arbeit ganz gut aufgehoben, aber wenn ich zuhause bin ist alles anders. Mir wurden schon verabredete Termine mit Freunden kurzfristig abgesagt auf die ich mich gefreut hatte. Das hat mich weiter ins Loch gestoßen. Ihr seid nicht allein, laßt uns reden. Das tut gut.
Liebe Grüße an Euch
Katerle
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Re: Tiefe Phase

Beitrag von Katerle »

Hallo Rich,

nöö, du hast nicht zuviel auf einmal geschrieben, es ist völlig in Ordnung.
Warum solltest du nichts erreicht haben? Du hast deine Arbeit und sonst noch was? Hast du noch Deine Unsicherheit verstehe ich schon irgendwie. Nur versuche mal deine Gedanken in eine positive Richtung zu lenken, indem du dir sagst, DU HAST WAS ERREICHT. Und dann frage dich mal ernsthaft, was? Okay, ich hatte auch mal solche Gedanken... Aber seit ich in der Reha war..., das hatte mich so gestärkt..., ich mich als wertvollen Menschen gefühlt. Leider dann in meiner Umgebung nicht so, wenn ich da nicht meine Kinder gehabt hätte, die mich immer daran erinnert haben, was gut hinbekommen zu haben? Zu kämpfen? Oder ich hatte auch damals sehr für meine Mutter und auch für meine Geschwister gekämpft... Eines Tages hatte ich keine Kraft mehr... und ich ging in die Klinik, danach in die Reha... Ich hatte auch Angst... Aber das war eines meiner mit besten Entscheidung in meinem Leben, auch wenn ich danach noch einiges auszustehen hatte... Wünsche einen guten Abend, LG Katerle.
Katerle
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Re: Tiefe Phase

Beitrag von Katerle »

Kegelkitty hat geschrieben:Hallo,
mir geht es gerade ähnlich, wie Rich. Ich bin bei der Arbeit ganz gut aufgehoben, aber wenn ich zuhause bin ist alles anders. Mir wurden schon verabredete Termine mit Freunden kurzfristig abgesagt auf die ich mich gefreut hatte. Das hat mich weiter ins Loch gestoßen. Ihr seid nicht allein, laßt uns reden. Das tut gut.
Liebe Grüße an Euch
Hallo Kegelkitty,

ich kannte das Gefühl, auf Arbeit immer gut aufgehoben zu sein. Aber verabredetete Termine mit Freunden habe ich größtenteils eingehalten, ausser einmal, da ging es mir schlecht. Aber das hatten wir dann nachgeholt...
Sowas kann ich gut nachvollziehen, wenn verabredete Termine abgesagt werden kurzfristig. Ich meine, es kann immer was sein, nur dann kann man darüber reden und es evtl. später nachholen, oder? Liebe Grüße Katerle.
Rich
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Re: Tiefe Phase

Beitrag von Rich »

Hallo zusammen,
Die Tendenz extrem auf den Anderen zu reagieren habe ich auch, sogar sehr ...
Wenn jemand was absagt, denke ich sofort, es geht um mich... kann natürlich auch sein, nur denke ich früher nicht so reagiert habe bzw. das hat mich nicht so gejuckt ...
In meinem Beruf ist man ständig unter Druck, alles muss immer klappen, am besten sofort. Ich fühle mich ständig von den Kollegen beobachtet, so dass ich Fehler mache zum Teil nur weil ich nicht zur Ruhe komme. Es ist aus dem Grund sehr schwer mich auf Erfolgserlebnisse bei der Arbeit zu stützen... am Ende belastet mich noch mehr, auch wenn ich weiß, das was ich habe ich sehr viel Wert und vielen anderen würde sich freuen das zu erreichen was ich erreicht habe..
Vielleicht reden hilft doch, ich habe seit gestern mehr hier geschrieben als in letztem halben Jahr, seit dem ich mich hier angemeldet habe. Würde mich freuen wieder von euch zu hören.
Ganz liebe Grüße
Rich
Katerle
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Re: Tiefe Phase

Beitrag von Katerle »

Guten Morgen Rich und alle,

bei mir ist es so, wenn sich jemand aus meinem Freundeskreis lange nicht meldet, denke ich auch, es hat was mit mir zutun, obwohl ich dann versuche, meine Gedanken wieder auf was anderes zu lenken, Positives.
Darf ich fragen, was für einen Beruf du ausübst?
Naja, wenn ich so darüber nachdenke, wäre mein beruflicher Weg anders verlaufen. Aber es ist nun mal so gekommen, wie es war und es ist ja wohl auch so, egal was man erreicht hat, hauptsache man ist damit zufrieden.

Gerne Rich, schreib ruhig weiter, wenn es dir hilft. Freue mich auch weiter von dir oder euch zu lesen.

Wünsche einen angenehmen Tag,
Katerle
Rich
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Re: Tiefe Phase

Beitrag von Rich »

Hallo,
Ich bin von Beruf Musiker, arbeite aber auch als Lehrer.
Fahre jetzt aus einer Probephase nach Hause, und leider mit dem miesen Gefühl, meine Aufgaben gar nicht erfüllt zu haben. Habe die ganze Zeit den Eindruck von den Kollegen beobachtet und kritisiert zu werden. Aber vielleicht habe ich tatsächlich nicht geleistet was von mir erwartet wird. Wie soll ich das beurteilen? Gibt es Probleme oder bilde mir was ein? Die Kommunikation ist so schwierig, umso größer die Unsicherheit.
Jetzt nehme ich das alles mit nach Hause, kaue alles nach und in zwei Tagen komme ich wieder um die Konzerte zu spielen. Da muss dann alles klappen, der Betrieb ist ein Schleudersitz, man fliegt da ganz schnell raus. Es sind keine gute Voraussetzung um eine schöne Zeit mit der Familie zu verbringen, auch wenn sie so kurz.
Ich weiß es nicht ob ich damit ausdrücken kann was mir durch den Kopf geht. Kann mir vorstellen, wer das liest denkt ich mache daraus ein Drama… aber sehr dramatisch fühlt sich das ganze an, auch wenn ich irgendwie weiß, es hätte nicht so sein müssen.
Ich wünsche einen guten Rutsch, bis hoffentlich bald
Rich
Camille
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Re: Tiefe Phase

Beitrag von Camille »

Hallo Rich,

Ich kann dir nur helfen indem ich dir sage, dass ich hier mitlese und mitfühle.

Ich kenne deine Selbstzweifel - war ich gut genug? Oder stimmt mein Gefühl und alle haben mich so komisch angeschaut, weil ich den Erwartungen nicht entsprechen konnte. Was ist real - was ist verzerrte Wahrnehmung. Und vor lauter Gedankenkreisen lässt die Konzentration nach - es passiert eine kleine Unachtsamkeit - mein innerer Richter fühlt sich bestätigt. Das kann ein Teufelskreis werden.

Die Arbeit als Musiker ist da gnadenlos. Das verstehe ich sehr gut und zugesagte Konzerte können nicht folgenlos abgesagt werden. Ist das ein großes Orchester in dem du spielst? Zählt da wirklich jede Stimme oder spielt du ein Solo? Vielleicht geht es zunächst erst einmal darum, die Konzerte gut über die "Bühne" zu bringen. WEnn es dir hilft schreibe bitte weiter. Was hat dir bisher immer geholfen gegen "Lampenfieber." Ein Duft? Eine Meditation? oder Bewegung?


Vielleicht gibt es da ja was

Herzliche Grüße
Camille
Katerle
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Re: Tiefe Phase

Beitrag von Katerle »

Hallo Rich und alle,

verstehe, wie du dich fühlst und wie dramatisch sich das Ganze anfühlt. Übrigens, interessante Berufe, aber auch nicht einfach... Weiß nicht, ob es dir was hilft, wenn ich dir das schreibe. Also als ich in der Klinik war, meinte eine kompetente Ärztin zu mir, ich sei nicht auf der Welt, um die Erwartungen anderer zu erfüllen... Ich habe nämlich immer versucht, es allen recht zu machen, wenn du verstehst, was ich meine. Das gab mir zu denken...

Wünsche dir und allen anderen hier auch einen guten Rutsch und vor allem viel Gesundheit fürs neue Jahr 2019.

Herzliche Grüße
Katerle
Katjusha
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Re: Tiefe Phase

Beitrag von Katjusha »

Hallo Rich,

es tut mir sehr Leid, dass du so viel Stress bei der Arbeit hast, das kann ziemlich belastend sein.

Warum willst du keine Therapie weitermachen? Hast du deine Therapiestunden schon alle aufgebraucht? Ich musste früher auch einige Therapien ausprobieren, die alle erfolglos waren, bevor ich für mich die kognitive Verhaltenstherapie entdeckt habe. Die hat mir richtig gut geholfen, sie ist vor allem sehr gut, wenn man viele negative Gedanken hat, wenn man mit sich selber unzufrieden ist. Die Prinzipien von der kognitiven Verhaltenstherapie wurden sehr gut im Buch von David Burns "Feeling good: Depressionen überwinden" dargelegt und ich kann es dir nur empfehlen.

Ich hoffe, dass die Feiertage bei dir gut gelaufen sind, Liebe Grüße
Rich
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Re: Tiefe Phase

Beitrag von Rich »

Hallo zusammen,
erst, ein frohes neues euch alle!
Ich habe mich auf die viele Beiträge hier sehr gefreut…
Ich komme aus meinem ersten Konzert zurück … es war ganz schwierig. Ich war die ganze zeit sehr angespannt, vielleicht habe ich alles richtig gespielt, gut fand ich trotzdem nicht. Gefühlt war es so, als ich ständig Angst hätte, als ich immer eine Bestätigung der Anderen gebraucht hätte, um sicher zu sein dass was ich grad tue in Ordnung ist. Die kam natürlich nicht … ich spiele immer Solo Stimmen, also was ich spiele spielt keiner mehr. Ich kann mich nirgends stützen, wenn ich was tue dann bin ich für mich alleine. Und wenn was schief geht, ist es klar, dass ich es war.
In den wenigen Nummer, die ich nicht mitspielt habe ich das Orchester nur zugehört … es war so wie wenn ich in falschem Film wäre.
Das Ganze kommt diese Woche noch 2 mal, ich hoffe es geht schnell vorbei…
Meine Therapie hat mich überhaupt nicht geholfen … ich war da drei Mal die Woche, mehr als 160 Mal. Am Ende war ein Kampf dahin zu gehen, ich habe es gar nicht gemocht. Trotzdem lange durchgehalten, dachte es ist was Wichtiges und wollte nicht später hören, ich hätte mich nicht angestrengt, um mein Zustand zu verbessern. Aber als ich Probleme bei der Arbeit bekommen habe, weil ich angeblich schlecht vorbereitet war, habe ich genug von dem Zeitfresser Therapie gehabt und habe mich entschieden es zu lassen…ich wollte die Zeit für etwas was mir wirklich wichtig ist nutzen. So wie das aktuelle Projekt läuft, scheint es so zu sein, dass meine Rechnung nicht aufgegangen ist.
Es war irgendwie gut zu schreiben, ich hoffe es ist verständlich, ich habe ohne groß darüber nachzudenken los gelegt.
Grüße,
Rich
Katerle
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Re: Tiefe Phase

Beitrag von Katerle »

Danke Rich, dass wünsche ich dir auch für das neue Jahr und vor allem Gesundheit.

Das ist natürlich nicht einfach, wenn du immer Solo Stimmen spielst. Kann deine Anspannung auch nachvollziehen.
Du wirst schon richtig gespielt haben, denke ich. Zwar kam keine Bestätigung von den anderen und das braucht man auch nicht zu erwarten, aber Kritik kam ja nun auch nicht. Also darfst du auch zufrieden sein. Drücke dir weiterhin die Daumen für diese Woche.
Das dir die Therapie nichts brachte, ist schade. Aber du hast dich entschieden und das zählt erstmal.

Wünsche dir weiterhin Kraft,
Katerle
Camille
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Re: Tiefe Phase

Beitrag von Camille »

Ach Rich,

Ich weiß nicht, was ich dir schreiben soll. Wenn ich wüsste, wie man mit solch abgrundtiefen Selbstzweifeln und Versagensängsten umgehen kann, wäre ich nicht hier im Forum. Ich kenne das selbst so gut, alles was ich bin und mache permanent in Frage zu stellen. Was du geschrieben hast, hätte auch von mir sein können - auch wenn mich Bestätigung von außen leider auch oft nicht ausreicht, nicht an mir zu zweifeln.
. Ich war die ganze zeit sehr angespannt, vielleicht habe ich alles richtig gespielt, gut fand ich trotzdem nicht. Gefühlt war es so, als ich ständig Angst hätte, als ich immer eine Bestätigung der Anderen gebraucht hätte, um sicher zu sein dass was ich grad tue in Ordnung ist. Die kam natürlich nicht
Auch wenn du dich selbst nicht gut fandest - ob berechtigt oder nicht, darum geht es gerade nicht - du DARFST trotzdem etwas nachsichtiger und liebevoller mit dir umgehen. Du hast es geschafft - obwohl es dir gerade überhaupt nicht gut geht. Dafür darfst du dich auf alle Fälle loben. Und auch stolz auf dich sein. Das zeigt wieviel Kraft und Durchhaltevermögen du hast. Das ist eine Stärke, die dir auch helfen kann im Kampf gegen deine "Krankheit."

Wie schlecht es dir ging, macht mir folgender Satz klar
In den wenigen Nummer, die ich nicht mitspielt habe ich das Orchester nur zugehört … es war so wie wenn ich in falschem Film wäre.
Das könnte so in Richtung Dissoziation gehen. Ich bin kein Psychiater oder Psychologe daher kann ich nur Vermutungen anstellen. Aber sich wie in einem Film fühlen - sich nicht mehr richtig spüren können oder wahrnehmen können, gehört zu den Schutzmechanismen unserer Seele - wenn sie sich nicht mehr anders gegen den inneren Schmerz zu helfen weiß, als sich "vom Körper" abzuspalten. Und ja da empfehle ich dir schon, dir professionelle Hilfe zu holen.


Ich verstehe sehr gut, dass nach der Enttäuschung mit deinem ersten Therapieversuch eher hoffnungslos bist. Ich selbst hatte vor Weihnachten das Gefühl, dass mein momentaner 2. Versuch völlig in die falsche Richtung geht und es besser wäre aufzuhören. Aber vielleicht haben andere hier aus dem Forum Recht und man findet erst nach einer gewissen Zeit, den "richtigen Therapeuten" und die passende Therapieform. Ich möchte dich auf alle Fälle ermutigen, noch nicht die Flinte ins Korn zu werfen.


Man findet sich auch eine Lösung speziell für dich.


Du hast einen Beruf, der dir glaube ich viel bedeutet - und mit deiner Musik kannst du so viele Seelen und Herzen erfreuen. Wer weiß, wie viele du glücklich gemacht hast gestern - obwohl du selbst an dir zweifelst. Das wünsche ich mir, dass du das siehst und annimmst.


Ob es für dich in deinem Zustand gut und förderlich ist, die nächsten Konzerte auch zu spielen, kannst nur du entscheiden. Ich glaube - nein ich bin mir sicher, dass unabhängig davon sich ein Weg für dich finden lässt. Wie auch immer der aussieht. Ich weiß, wie schwer und schmerzhaft das ist und wieviel Angst damit verbunden ist.

Ich schaffe diesen Weg für mich allein selbst ja auch nicht - bin auch selbst noch sehr unsicher, wer oder was mir helfen könnte - ja und tue mich auch sehr schwer Hilfe anzunehmen,weil ich mich schäme, weil ich finde, dass es viele andere viel mehr verdient hätten.....

Ich wünsche dir alles Gute

Herzliche Grüße
Camille

Und bitte schreibe weiter, wenn es dir gut tut.
Und bitte korrigiere mich, wenn ich etwas falsch verstanden habe.
Katerle
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Re: Tiefe Phase

Beitrag von Katerle »

Liebe Camille, glaub mir, ich dachte auch mal so, dass ich es nicht wert sei und das es andere viel mehr verdient hätten... DU HAST ES GENAUSO VERDIENT, WIE JEDER ANDERE, HILFE IN ANSPRUCH ZU NEHMEN! Wir sind alle Menschen...mit unseren Schwächen und Stärken... LG Katerle.
Rich
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Re: Tiefe Phase

Beitrag von Rich »

Liebe Camille,
vielen Dank für die ermutigende Wörter. Du hast nichts falsch verstanden, ganz in Gegenteil.
Das mit Hilfe brauchen bzw. verdienen ist bi mir immer eine große Frage … brauche ich sie wirklich? Bin ich nicht selber Schuld jetzt die Probleme zu haben die ich habe, da zu sein wo ich grad bin?
Ich war wie bereits geschrieben mit meiner Therapie sehr unzufrieden … ich vergesse es nicht, dass der Therapeut erst nach etwa 6 Monate mir über eine Diagnose Depression wörtlich was gesagt hat. Das hat mich gewundert … nach seiner Meinung absolut normal, aber ich hätte es gerne gewusst wo ich grad stehe. Bis heute frag ich mich eben, habe ich das tatsächlich? Leider ist Depression nicht etwas was man mit Blutwerten klar definieren kann.
Warum denkst du, dass andere mehr Hilfe verdient hätten als du?
Ich werde wohl die nächsten 2 Konzerten machen, jetzt das abzusagen würde gleich bedeuten, ich spiele nie mehr in diesem Orchester. Und ja, mein Beruf ist mir wichtig, ich habe dadurch vieles erreicht und habe sehr viel da investiert. Der Gedanke, ich könnte irgendwann Musik nicht mehr machen macht mich sehr unruhig. Ich glaube, wenn es passieren würde, müsste ich noch mehr gegen das Gefühl kämpfen, nichts erreicht zu haben.
Grüße,
Rich
Holgi
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Re: Tiefe Phase

Beitrag von Holgi »

Moinsen Rich

Da ich auch Musik mache, aber in meiner Freizeit, ist das Thema doch etwas wichtig für mich.

Und ich würde mal sagen - Fahr mal ein wenig runter.

Du bist Berufsmusiker.
Das ist ein geiler Job.
Denn du gibst mit dem was du tust anderen Menschen eine Freude.
Das solltest du nie vergessen.

Jeder Musiker hat immer Selbstzweifel.
Bevor er sein Instrument in die Hand nimmt.
Bevor er die Bühne betritt.
Und besonders wenn das erste Lied anfängt.

Ich habe früher selbst in einer Band gespielt.
Ich kenne diese Gefühle gut.

Du kannst hundert mal auf einer Bühne den selber Song spielen.
Und dennoch ist es jedes mal anders.
Und das macht es doch aus.

Das ist doch das Besondere - Musik -

Ich weiß nicht warum du dich in Frage stellst.
Aber ich denke das du ein großartiger Musiker bist, der nur nicht weiß wie gut er ist.

Liebe Grüße

Holgi
..........................................................
Quaere Verum!
Katerle
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Re: Tiefe Phase

Beitrag von Katerle »

Morgen Rich,

von Schuld kann da wohl nicht die Rede sein, aber in einer Depriphase empfindet das man leider so...
Warum solltest du nie wieder Musik machen können? Wenn du deine Musik liebst, wirst du sie auch weiter machen können... LG
Camille
Beiträge: 602
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Re: Tiefe Phase

Beitrag von Camille »

Lieber Rich,

Es fällt mir gerade es schwer zu antworten
Warum denkst du, dass andere mehr Hilfe verdient hätten als du?
Vielleicht, weil es mir sehr ähnlich geht, wie dir.

Aber nichts tun, bedeutet aufgeben.

Daher versuche ich es weiter.

Und ja - Musik ist ein Geschenk - das du anderen geben kannst - egal, wie es sich für dich anfühlt

Camille
Katjusha
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Re: Tiefe Phase

Beitrag von Katjusha »

Hallo Rich, ich wünsche dir und anderen Forum-Mitglieder Frohes Neues Jahr und viel Freude und Glück!

Ich glaube vom ganzen Herzen, dass du ein Toller Musiker bist, sonst hättest du dein Studium nicht geschafft, deinen tollen Job nicht bekommen und deine Solo-Partei nicht gespielt. Ich habe früher einige Studenten aus der Musikhochschule gekannt und ich weiß, wie schwer das ist, sich professionell mit der Musik zu beschäftigen. Du bist wahrscheinlich dir gegenüber sehr fordern und deine Angst einen Fehler zu machen ist viel zu groß. Das nennt man Perfektionismus. Da erwarten die Menschen einfach zu viel von sich selber, sie können auch die erfolgreichste Personen auf der Welt sein, sie werden trotzdem ständig nach eigenen Fehler suchen. Wenn man ein Perfektionist ist, ist man immer mit sich selber unzufrieden und dabei spielt es keine Rolle, was man tatsächlich geschafft hat. Deine Anspannung und Angst scheint mir ziemlich groß zu sein.

Mit einer Psychotherapie kenne ich das viel zu gut, ich war 20 Jahre lang depressiv (seitdem ich 13 war). Ich musste leider sehr viele Therapien ausprobieren: Psychonanalyse, Tiefenpsychologie, Verhaltenstherapie und das natürlich über Jahre, ich habe mir schon gedacht, dass ich für immer so bleiben werde. Aber dann hatte ich endlich Glück und habe die kognitive Verhaltenstherapie für mich entdeckt und ich kann sagen, dass ich nach so vielen Jahren Depression zu 90% geheilt bin und das finde super! Du könntest das auch Mal probieren.

Liebe Grüße

Katja
DieNeue
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Re: Tiefe Phase

Beitrag von DieNeue »

Hallo Rich,
Rich hat geschrieben: Das mit Hilfe brauchen bzw. verdienen ist bi mir immer eine große Frage … brauche ich sie wirklich? Bin ich nicht selber Schuld jetzt die Probleme zu haben die ich habe, da zu sein wo ich grad bin?
Das eine hat mit dem anderen doch nichts zu tun. Nur weil ich meine Probleme selbst verursacht habe, heißt das doch nicht, dass man keine Hilfe braucht/brauchen darf oder nicht verdient hat!

Wenn du dein Auto halb in den Graben gefahren hast, weil du aus Spaß im Winter Schlangenlinien gefahren bist, und jetzt die Straße blockierst, kannst du dein Auto auch nicht einfach alleine rausziehen. Weder mit den Händen rausschieben (außer du bist Popeye), noch hast du gleich ein anderes Auto zur Stelle, mit dem du dein Auto rausziehen kannst. Da brauchst du Hilfe. Auch wenn's vielleicht peinlich ist, aus so einem Grund im Graben zu liegen. Selbst wenn du es alleine versuchst: Die anderen Verkehrsteilnehmer werden dir schon irgendwann erzählen, dass du dir endlich mal helfen lassen und dein Auto endlich abschleppen lassen sollst, anstatt die Straße zu blockieren, damit sie endlich weiterfahren können.

Oder um mal beim Auto zu bleiben: Du lässt dein Auto immer reparieren, wenn es kaputt ist. Egal ob du jemandem drauf gefahren bist oder jemand anderes dir.

Lässt du den Zahnarzt auch nur die Löcher füllen, bei denen du weißt, dass du sie nicht selbst verursacht hast?

Lässt du den Therapeuten auch nur die Teile deiner Seele "reparieren", den du nicht selbst "kaputt" gemacht hast, so à la "Sagt der Therapeut: Ihr Trauma aus Ihrer Kindheit können wir schon behandeln, da sind ja Ihre Eltern dran schuld, aber bei dem Mobbing in der Schule wird es schwierig. Das müssten wir aufteilen, denn schließlich haben nicht nur die anderen gemobbt, sondern auch Sie mit Ihrem Verhalten die Mobbing-Situation gefördert..." Das wäre doch Quatsch!

Natürlich dürft ihr Hilfe in Anspruch nehmen, genauso wie jeder andere auch!

Liebe Grüße,
DieNeue
Rich
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Re: Tiefe Phase

Beitrag von Rich »

Hallo Zusammen,

Ich habe mich möglicherweise nicht ganz richtig ausgedruckt … es geht nicht darum, keine Hilfe suchen zu müssen, sondern, was für welche. Ich meine, habe ich die Probleme die ich habe, wegen meiner Depression oder weil ich nicht professionell genug war? Dass ich meine Abschlussprüfung zeigt vielleicht, so unbegabt war (oder bin) ich nicht. Die Zeit vergeht aber, die Herausforderungen ändern sich, die Schwierigkeiten auch. Und das in jedem Beruf … nur in meiner zeigt sich irgendwie anders, der Druck ist schon sehr hoch, ich arbeite überall als selbstständige, was bedeutet, wenn jemand sagt, ab morgen brauche ich nicht mehr zu kommen, weil meine Leistung nicht mehr die Erwartung entspricht oder aus welchem Grund auch immer, dann bin ich draußen … das meinte ich mit nicht mehr Musik machen zu können. Ich könnte denke ich immer Musik machen, aber als ich mich entschieden habe das als hauptberuflich zu machen, müsste ich einiges überwinden. Geld, Zeit, die Beziehung zu meinen Eltern, vieles habe ich geopfert, um meinen Traum zu verwirklichen. Wenn ich damit nicht mehr weiterkomme, wenn ich gar keinen Erfolg im Beruf habe, muss ich dann mit mir das Gefühl mitschleppen, auch da versagt zu haben?

Auch diese Herausforderungen haben mich damals motiviert diesen Beruf zu wählen. Ich wollte keinen langweiligen Job, dachte ich. Nun wird man älter, ist das auch nicht ein Grund, um Schwierigkeiten zu bekommen? Das ganze mit der Depression hat erst angefangen als in meiner Familie was Schlimmes passiert ist, erst danach (sind knapp 7 Jahren vorbei) habe ich angefangen Probleme zu haben, oder den Symptomen einer depressiven Erkrankung, um die Wörter meines ehemaligen Therapeuten zu nutzen.

Ich tue mich immer noch schwer mit der „Diagnose“, Depression zu haben … wie geschrieben, auch mein Therapeut hat lange das so nicht gesagt, „aus therapeutischen Gründen“, meinte er. Ich habe kann nicht das offen sagen, ich habe das. Oder nicht …
Ich habe morgen das letzte Konzert, hoffe nur das professionell genug über die Bühne zu bringen. Heute war ich den ganzen Tag alleine zu Hause, es war irgendwie nicht so toll, was anders hätte mir vielleicht besser getan.

Liebe Grüße an alle,

Rich
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