Mitleid, Mitgefühl und Bewunderung

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DieNeue
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Mitleid, Mitgefühl und Bewunderung

Beitrag von DieNeue »

Mitleid, Mitgefühl und Bewunderung


Hallo ihr Lieben,

mich beschäftigt seit einiger Zeit ein Thema, das ich immer nicht wirklich greifen konnte, aber in letzter Zeit hat sich der Gedankenwust etwas gelichtet, so dass ich mittlerweile zumindest weiß, um was es geht. Aber es ist trotzdem so widersprüchlich.
Und zwar geht es um Mitgefühl und Mitleid.
Immer wenn ich höre, dass jemand zu mir sagt, ich würde ihm leid tun wegen meiner Erkrankung/ nicht arbeiten können/etc. oder „es“ würde ihm leid tun, dann kriecht so eine leichte Wut in mir hoch. Ich will kein Mitleid!
Ich bemitleide andere auch nicht dafür, dass sie jeden Tag auf die Arbeit gehen und ihren Lebensunterhalt selber verdienen müssen, während ich mit meiner Rente finanziell abgesichert bin. Oder dass sie im heißen Büro arbeiten müssen, während ich im Sommer im Garten sitzen kann. Oder dass sie kleine Kinder haben, die nachts ständig aufwachen und schreien, während ich immer schön meine Ruhe habe. Für mich ist mein Leben mit der Krankheit mittlerweile so normal geworden, ich weiß schon gar nicht mehr, wie sich das anfühlt, wenn man wirklich „normal“ im Sinne von „gesund“ ist. Und ich will nicht für meine Normalität bemitleidet werden. Das zieht mich nur runter. Es zeigt mir jedes Mal, wie unnormal mein Leben ist im Vergleich zu anderen Leuten in meinem Alter.
Wenn man mich bemitleidet, dann fühlt sich das so an, als wenn der andere auf mich herabsieht. Der andere steht auf einer höheren Position, weil er sein Leben für besser hält und meines für schlechter, weil ich eben in einer Position bin, die er für schlimm hält, sonst würde er mich nicht bemitleiden. Ich komme im Normalfall gut klar mit meiner Situation, ich erkläre auch gerne anderen was oder erzähle was, bin offen, aber wenn andere Leute dann gleich so betroffen sind und mir sagen, wie leid ihnen das tut, was ich erleb, dann bildet sich zwischen ihnen und mir eine Kluft. Ich bin anders als sie und schlechter dran. Jedes Mal, wenn mir jemand sagt, wie leid ich ihm tue, hält er mir vor Augen, wie schlecht (und aussichtlos) meine Situation ist.

Ich erkläre gerne was und sage auch den Leuten klar, was meine Einschränkungen sind und wo ich Rücksichtnahme schön finden würde, aber ich hab manchmal das Gefühl, ich muss meine ganze Weltsicht erklären, weil sie so anders ist als die von „normalen“. Da frag ich mich schon, ob ich
wirklich so weit weg vom Leben anderer bin und es bloß nicht kapier oder mir was vormach. Ich will mich nicht ständig damit konfrontieren, wie beschissen meine Lage ist im Vergleich zu anderen. Und ich will das auch nicht von anderen hören, es reicht mir, wenn ich mich selber damit fertig mache.
Ich bin oft genug voll fertig, weil ich so vieles nicht (mehr) kann und wahrscheinlich nie können werde, und das tut echt weh, aber mir dann jedes mal noch „reindrücken“ lassen müssen, wie scheiße mein Leben aus der Sicht von anderen ist, zu spüren, dass ich irgendwie doch auf dem Abstellgleis steh und die anderen an mir vorbeirauschen und ein Leben leben, mit dem ich nicht viel zu tun hab… und dann halt mal kurz auf dem Abstellgleis vorbeischauen, betroffen gucken und das wars.

Ich fühle mich ausgeschlossen, weil ich gefühlt nicht wirklich dabei sein kann, weil ich ja die mit dem „schlimmen Schicksal“ bin. Ich möchte einfach nur dabei sein und möchte, dass meine Normalität einfach akzeptiert wird und nicht gleich jedesmal jeder betroffen ist, wenn ich was sag. Ich habe nicht den Eindruck, dass ich rumjammer, zumindest bemühe ich mich. Manchmal hab ich das Gefühl, dass ich die anderen dann wieder „aufpäppeln“ muss, damit sie nicht betroffen sein müssen. Vielleicht kennt ihr ja den Film „Sein letztes Rennen“ mit Dieter Hallervorden. Da gibt es in dem Altenheim auch eine Pflegerin/Therapeutin, die immer auf die alten Leute eingehen will und ihnen sagt, wie schwer das doch ist, ins Altenheim zu kommen, so trostlos, den Tod vor Augen, Abschied nehmen, man hat Angst, ist traurig blabla. Da gibt es eine Szene, wo sie zu Didi ganz ernst sagt „Das Ende, das macht Angst.“ Daraufhin antwortet er „Sie müssen keine Angst haben“, tätschelt ihr die Wange und meint aufmunternd „Geht immer gut aus.“ An das erinnert es mich manchmal.
Andererseits bin ich aber natürlich auch froh, wenn die Leute Verständnis haben und mir ist es lieber, sie haben Mitleid, als dass sie schlecht über mich reden oder mich für nen Schwächling/verrückt/faul etc. halten usw. Also kann ich den Leuten ja nicht pauschal sagen, sie sollen aufhören, mit mir Mitleid zu haben, bzw. mir das zu sagen, weil dann wissen sie erst recht nicht, wie sie mit mir umgehen sollen. So umgehen wie mit jedem geht ja auch nicht.

Es haben auch schon Leute zu mir (oder zu anderen, die es dann mir erzählt haben) gesagt, dass sie mich bewundern, wie ich mich durchkämpfe, was für ein Durchhaltevermögen ich habe, dass ich immer wieder aufstehe, dass ich so stark bin, dass ich nicht aufgebe etc. Das hat mich immer gefreut, dass sie mich so sehen und ich für sie nicht die Schwache bin, die nichts auf die Reihe kriegt. Bzw. ich dachte (oder denke?) immer, die anderen halten mich für „die kleine DieNeue, die nichts auf die Reihe kriegt“, vllt denken sie ja auch, ich hab nichts auf die Reihe gekriegt und jetzt kämpf ich mich halt da raus, und ich bin doch die, die nichts auf die Reihe kriegt, keine Ahnung…
Aber mittlerweile regt es mich manchmal auch auf, weil ich mir (v.a. bei manchen bestimmten Leuten) denke „Schön, dass du mich bewunderst, weil ich mich so durchgekämpft habe. Hättest mir ja helfen können, dann hätte ich nicht so kämpfen müssen!“ Außerdem mach ich nichts Besonderes, ich mach nur das, was ich eben machen muss. Und in der Vergangenheit auch: Was hätte ich denn machen sollen, wenn ich Hartz 4 beantragen muss, mich mit sämtlichen Ämtern und Versicherungen rumschlagen und mich durch die ganze Bürokratie kämpfen muss, damit ich nicht meine ganze Existenz verliere? Und mir leider keiner hilft, weil sich ja leider niemand auskennt und sich leider auch keiner damit auseinandersetzen will? Wenn ich es nicht selber gemacht hätte, wäre meine Situation jetzt um einiges schlechter. Aber dadurch, dass ich immer wieder aufgestanden bin und immer weitergekämpft hab, hab ich mich zum Teil auch selber kaputt gemacht. Und dafür bewundert man mich dann?
Andererseits ist es ja aber auch schön, wenn ich merke, andere Leute sehen auch, was ich geleistet und geschafft habe und tun das nicht als Kleinigkeit ab. Für manche von euch, die kein Verständnis bekommen, ist das wahrscheinlich auch Jammern auf hohem Niveau, aber ich weiß nicht gerade wirklich, wie ich damit umgehen soll.
Das Thema ist irgendwie so komplex… deshalb hab ich mal gegoogelt, was der Unterschied zwischen Mitleid und Mitgefühl ist. (z.B. hier: https://www.zeitzuleben.de/warum-mitlei ... -solltest/" onclick="window.open(this.href);return false;
Irgendwie wäre mir Mitgefühl lieber als Mitleid, aber das kann man ja auch nicht jedem jedesmal verklickern und ist vielleicht auch zu viel verlangt.

Was denkt ihr zu diesem Thema? Erlebt ihr das auch so?

Liebe Grüße,
DieNeue
Katerle
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Re: Mitleid, Mitgefühl und Bewunderung

Beitrag von Katerle »

Danke an DieNeue dieses Thema aufzugreifen.

Nun, Mitleid brauche ich auch nicht, wobei es mir eher geholfen hätte, von einigen während meines Rentnerdaseins auch mal etwas Mitgefühl erfahren zu dürfen und nicht Abwertung bzw. z. T. Auch Rücksichtslosigkeit, was bis zum sich Lustig machen ging bzw. Zum dumm oder faul abgestempelt werden, worauf ich aber nun nicht weiter darauf eingehen werde.

Es gibt in meinem Umfeld Leute, die mir weiter Achtung und Wertschätzung bzw. Etwas Mitgefühl entgegenbringen, aber wie gesagt, ich durfte auch die andere Seite kennenlernen und war dem auch schutzlos ausgeliefert. War auch immer wieder aufgestanden und auch von manchen als stark eingeschätzt worden bzw. Wurde auch bewundert, was auch noch so ist.Vor denjenigen fällt es mir auch leichter, mich zu öffnen, wobei ich bei anderen wieder vorsichtiger bin, was von mir zu erzählen aus Gründen, wie bereits schon erwähnt.
Jedenfalls sehe ich das so. Ich bin zwar nicht mehr in meinem Job, meistere aber auch als Rentner meinen Alltag und bin auch in einem V. Ausserdem unterstütze ich auch hin- und wieder junge Leute dabei, kreativ zu sein, was mir sogar auch viel Freude macht, ebenso ab und zu von meinen Kindern für unseren Enkel gebraucht zu werden. Dabei versuche ich auch auf meine Grenzen zu achten. Ebenso bei meiner S.

Wünsche weiterhin Kraft und Durchhaltevermögen, liebe Grüße Katerle
Yoshy
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Re: Mitleid, Mitgefühl und Bewunderung

Beitrag von Yoshy »

Hallo,
das Thema beschäftigt mich auch sehr.
Ich kämpf zwar noch in der Arbeitswelt und versuche dort eine Veränderung zu bewirken, dass ich für mich sagen kann, ok...das ist jetzt mein Weg!

Aber im privaten Bereich war es nicht zu vermeiden dass Jeder meine Lage mitgekriegt hat und da merke ich, ich komme mehr in die Isolation, weil ich die betroffenen, mitleidigen Blicke und so einstudierte emphatische Sprüche sehr schlecht aushalte.
Und wenn ich dann innerlich wütend werde, kommt auch gleich wieder das schlechte Gewissen und die Gedankenspirale geht wieder los.

LG
Yoshy
DieNeue
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Re: Mitleid, Mitgefühl und Bewunderung

Beitrag von DieNeue »

hallo ihr,

danke schon mal für eure Beiträge.
Guinevere7 hat geschrieben:Aber, wäre man denn Mensch, wenn man mit anderen kein Mitgefühl bzw. Mitleid hätte? Andere Schicksale einem nicht berühren würden.
Naja, das ist ja im Prinzip das Problem. Auf der einen Seite finde ich es gut, wenn Leute mein Leid sehen. Wenn sie das überhaupt nicht wahrnehmen oder mich deswegen schlecht behandeln würden, würde ich mich auch schlecht fühlen. Nur ist mir halt in letzter Zeit aufgefallen, dass ich mich dabei auch immer wieder schlecht fühle, wenn jemand sagt, ich würde ihm leid tun oder wenn derjenige total betroffen ist. Dann wird manchmal eine eigentlich gute/neutrale Situation für mich negativ und zieht mich runter. Ich weiß aber auch, dass die Leute es ernst meinen und nicht einfach so einstudierte Phrasen aussprechen. Deswegen ist es ja so blöd, deswegen sauer zu sein.
Mir tun auch immer wieder andere Leute leid, mich berührt es ja auch, wenn es jemand anderem schlecht geht. Und ich bin auch froh, wenn ich jemandem erzählen kann, wie schlecht es mir gerade geht und der Andere sich Zeit für mich nimmt und auch überreisst, wie scheiße die Situation gerade ist. Einfach da sein und Verständnis zeigen. Und nicht gleich sagen "Aber dieses..., aber jenes..., wenn du das machen würdest, dann würde es besser, warum machst du nicht xy usw."

Ich finde, das Ganze ist so ein zweischneidiges Schwert. Und deswegen find ich es schwierig, damit umzugehen. Ich freu mich weiterhin über eure Meinungen. :)

Liebe Grüße,
DieNeue
Katerle
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Re: Mitleid, Mitgefühl und Bewunderung

Beitrag von Katerle »

Genau, einfach da sein, Zeit für denjenigen zu haben, dem es schlecht geht und Verständnis.

Tut mir leid, sage ich auch bei anderen oder ich nehme sie/ihn in den Arm bzw. halte die Hand. Das habe ich auch bei meinen Kindern so gemacht und auch bei meiner M. Oder meinem M., und bei meinen S.
Katerle
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Re: Mitleid, Mitgefühl und Bewunderung

Beitrag von Katerle »

Eine sehr nette Ärztin sass einmal unmittelbar nach einer OP vor mir, nachdem ich aufgewacht war und streichelte meine Hand und mir kamen die Tränen. Mir hatte das sehr gut getan...LG
Katerle
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Re: Mitleid, Mitgefühl und Bewunderung

Beitrag von Katerle »

@ DieNeue

Wobei ich auch denke, wenn es einen schlecht geht und ihm Mitgefühl entgegengebracht wird und es ihm danach noch schlechter geht, dass er/sie das für sich deshalb nicht annehmen kann, weil er/sie vielleicht denkt, es nicht verdient zu haben, dass sich jemand sorgt.

Eine andere Ärztin in einer stationären PT hatte mal angefangen zu weinen, als ich meine Geschichte erzählte... Und ich nahm sie in Arm...LG
DieNeue
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Re: Mitleid, Mitgefühl und Bewunderung

Beitrag von DieNeue »

Hallo Manu,

ja, ich glaube, mir macht das dann auch Angst, wenn jemand ein Drama aus meiner Erkrankung macht bzw. so arg davon betroffen ist. Dann kommen bei mir auch wieder Befürchtungen hoch, (was ist wenn, was wenn ich nie wieder arbeiten kann, wenn es wieder schlimmer wird, ich will das nicht nochmal, anscheinend geht es mir ja doch nicht so gut wie ich denke usw.)
Vielleicht bin ich deswegen nach dem Besuch beim Psychiater auch immer etwas fertig. Der holt mich jedes Mal auf den Boden der Tatsachen zurück. Vielleicht ist das mit dem Mitleid dann besonders schlimm, wenn es einem eigtl ganz gut geht.

Das Beispiel mit deiner Freundin ist interessant. Hat sie denn viel gejammert, war die Stimmung bei ihr auch extrem schlecht, oder war es eher so, dass sie auch Rücksicht genommen hat und vllt versucht hat, nicht zu jammern oder nicht ihre ganze Last bei dir abzuladen? (Wahrscheinlich ja sehr schwer bei schweren Depressionen) Ich frage, weil ich versuche, andere Leute nicht mit meinen Problemen zu belasten. Ich hab mir professionelle Hilfe gesucht, da kann ich dann über schwierige Dinge reden und muss nicht meine Familie/Freunde damit belasten. Ich sag den Leuten auch, wenn wir etwas unternehmen, was ich an Rücksichtnahme brauche, damit ich dabei sein kann, und warum ich Sachen evtl. anders mache, damit sich keiner Gedanken machen braucht, was mit mir ist. (Und für die anderen ist das auch besser, wenn sie Rückicht nehmen, ich werd nämlich schnell sehr gereizt und patzig, wenn es mir zu viel wird. ;) )
Aber nachdem du geschrieben hast, dass du das nicht mit ansehen konntest, wie dünn sie war, dass sie sich so schlecht konzentrieren konnte, etc. also die ganzen sichtbaren Symptome, habe ich mir gedacht, dass vielleicht nicht nur durch das, was man sagt, Mitleid hervorruft, sondern auch dadurch, dass man sich anders verhält als "normale" Menschen und die anderen deutlicher sehen als ich, wo ich mich unterscheide. Für mich ist es ja normal, dass ich z.B. nicht mehr so schnell laufen kann, aber für Leute, die mich nur von früher kennen... oder auch dass ich so zugenommen habe durch die Medikamente... hab ich mich schon daran gewöhnt, aber bei Leuten, die mich schon lange nicht mehr gesehen haben, hab ich schon immer Schiss, dass die dann nen Schock bekommen oder mich nicht mehr erkennen...
Ich dachte immer, wenn ich offen drüber rede, ist es für die anderen weniger schlimm, aber hm... vielleicht sehen die anderen einen doch nochmal anders und meine Einschränkungen deutlicher, als ich mich selbst bzw. die Einschränkungen sehe.
Man kann sich eh an sehr viel gewöhnen, wenn man muss. Ich habe mittlerweile extrem viele Lebensmittelunverträglichkeiten und das können manche Leute dann beim Essen auch nicht mit anschauen. Da heißt es dann auch "Oh Gott, was?? Das alles darfst du nicht essen? Das würde ich niiiiie aushalten. Das ist ja furchtbar. Was, und das und das und das darfst du auch nicht essen??" Und ich denk mir immer: "Leeeeeuteeee, lassst mich einfach in Ruhe essen!" Wenn man mich da ständig ausfragt und mir vorsagt, was ich ja alles tolles nicht mehr essen kann, dann hab ich mit den Einschränkungen beim Essen mehr Probleme als wenn mir keiner beim Essen zuschaut und seine Kommentare dazu abgibt. Und aushalten würden das die meisten, wenn sie müssten, nur die Vorstellung davon ist so furchtbar.

Dann auch eine gute Nacht euch allen.

Liebe Grüße,
DieNeue
DieNeue
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Re: Mitleid, Mitgefühl und Bewunderung

Beitrag von DieNeue »

Hallo Katerle,

danke auch für deine Beiträge.

Du hast immer wieder schon mal davon geschrieben, was du dir alles anhören musstest. Das ist echt heftig. Voll gut, dass du trotzdem auch Leute hast, die dich schätzen. Ja, das stimmt, mit den Leuten, die mich bewundern kann ich auch offener sein bzw. fühl mich nicht ganz so "klein".
Katerle hat geschrieben:Eine andere Ärztin in einer stationären PT hatte mal angefangen zu weinen, als ich meine Geschichte erzählte... Und ich nahm sie in Arm
Oh, das ist ja krass... eine Mitpatientin von mir hat auch erzählt, dass ein Pfleger Tränen in den Augen hatte, als sie ihre Geschichte erzählt hat...
Katerle hat geschrieben:Eine sehr nette Ärztin sass einmal unmittelbar nach einer OP vor mir, nachdem ich aufgewacht war und streichelte meine Hand und mir kamen die Tränen. Mir hatte das sehr gut getan
Das war ja echt toll von der Ärztin. Da fühlt man sich gleich besser aufgehoben. Ich hatte mal eine OP und da hat mich auch die OP-Schwester gefragt, ob ich Angst habe. Da hat sie mir dann den Arm um die Schulter gelegt und mich dabei in den OP reingeschoben. Und mich dann bei der OP voll abgelenkt. Solche Leute könnte man öfter brauchen!

Liebe Grüße,
DieNeue
DieNeue
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Re: Mitleid, Mitgefühl und Bewunderung

Beitrag von DieNeue »

Hallo Yoshy,

danke für deinen Beitrag. Hast du denn auch Leute, die normal mit dir umgehen und dir nicht mit Mitleid oder irgendwelchen Standardsprüchen kommen?

Viele Grüße,
DieNeue
Katerle
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Re: Mitleid, Mitgefühl und Bewunderung

Beitrag von Katerle »

Nein, krass finde ich das nicht. Die Ärztin hatte halt mitgefühlt und mir ging/geht das auch bei anderen, dass ich Tränen in den Augen habe.
Sowas hatte ich auch vor einer OP erlebt, dass ich von der Ärztin gefragt wurde, ob ich Angst hätte und sie nahm meine Hand.

Jedenfalls ist mir jemand, der Mitgefühl zeigt tausendmal lieber, als in seiner Krankheit schlecht behandelt zu werden. Und ich gehe mit Menschen so um, wie ich mir selbst wünsche, umgegangen zu werden. Wünsche einen angenehmen Freitag. Liebe grüße Katerle
Yoshy
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Re: Mitleid, Mitgefühl und Bewunderung

Beitrag von Yoshy »

Hallo Die Neue,

Jetzt da du mich direkt fragst.....ja gibt es, zwar wenige aber zwei Personen aus dem engsten Umfeld.
Zur Zeit bin ich sowieso extrem empfindlich, ich hoff das wird wieder. Am 26.2. hab ich endlich einen Facharzttermin bis dahin bin ich krankgeschrieben. Und ab April vielleicht Chancen auf eine
Psychotherapie.
Ich mach eigentlich alles nur noch mit mir selbst aus, z.B denken alle aja die nimmt ihre Tabletten
.....alles gut, wird schon!
Das ich aber gerade nix nehm, weil ich nix vertrag kann ich niemandem sagen, weil sich dann wieder alle Sorgen machen und mir wieder die Zweifel kommen ob es richtig ist endlich mal auf mich zu hören.
LG
Yoshy
Gertrud Star
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Re: Mitleid, Mitgefühl und Bewunderung

Beitrag von Gertrud Star »

Ich erinnere mich an eine Begebenheit, bevor ich in den OP-Bereich ankam. Im Krankenhaus, auf dem Bett gefahren, im Lift, bekam ich soviel Angst vor der OP und vor allem dem , was danach kommen könnte. Als die Fahrstuhltür zu ging, lächelte mich die Krankenschwester einfach an und streichelte mir ganz kurz über die Wange. Auf einmal wurde ich viel ruhiger, und alles erschien viel einfacher. Worte waren nicht mehr nötig.

Wenn es doch mit den Psychogeschichten auch so wäre, dass man jemanden hätte, der einen in den Arm nimmt, oder einfach berührt. In der gefühlsmläßigen und sozialen Isolation, auch finanziell bedingt, ist das wohl nur ein Traum, der wohl eher nicht in Erfüllung geht.
Musikant
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Re: Mitleid, Mitgefühl und Bewunderung

Beitrag von Musikant »

Hallo DieNeue,

meine Erfahrung ist, dass ich in Hinblick auf Mitleid/ Mitgefühl/ Bewunderung usw. meistens das bekomme, was ich nach Außen in meine Umwelt (authentisch, sonst hat es keinen Sinn) ausstrahle.
Anders gesagt: Ich habe es zu einem nicht unerheblichen Teil selbst in der Hand, was mir andere Menschen an Gefühlen entgegen bringen.
Wenn das Leben Dir Zitronen gibt, mach' Zitronenlimonade draus!
Katerle
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Re: Mitleid, Mitgefühl und Bewunderung

Beitrag von Katerle »

Also wenn mich was sehr berührt, kommen mir die Tränen. Zum Beispiel, wenn ich mich von meinen Kindern verabschieden muss oder wenn mich eine Geschichte eines nahestehenden Menschen berührt. Oder auch eines anderen Menschen, wie zum Beispiel Natascha Kampusch. Letzte Nacht konnte ich wieder nicht so gut schlafen und da schaltete ich meinen Fernseher ein. Da lief gerade ein Film über Natascha Kampusch. Erst wollte ich wegschalten, weil mir solche Filme überhaupt nicht guttuen und schon garnicht nachts. Aber es ging mit meiner A. Mich hatte der Film jedenfalls sehr berührt und ich merkte auch, dass mir Tränen kamen... Übrigens schließe ich mich abends immer ein, auch tagsüber... LG
Musikant
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Re: Mitleid, Mitgefühl und Bewunderung

Beitrag von Musikant »

Guinevere7 hat geschrieben:Lieber Musikant,
vielleicht reicht ja, wie bei DieNeue *wink* , Depression und Harz4, dass Mensch betroffen ist.
Bitte schreibe doch auf was Du hinaus willst, dann kann ich sicherlich antworten. Danke!
Wenn das Leben Dir Zitronen gibt, mach' Zitronenlimonade draus!
Huhu-Uhu
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Re: Mitleid, Mitgefühl und Bewunderung

Beitrag von Huhu-Uhu »

Huhu DieNeue,

du hast so recht!
Mir geht es auch so, dass ich mich ganz komisch fühle, wenn mir jemand sein Mitleid ausspricht. Ich glaube das liegt daran, dass ich dann befürchte, derjenige fängt an mich wie ein rohes Ei zu behandeln.
Meine Eltern tun das zum Beispiel... Sie vermeiden dann Themen die mich "aufregen" könnten, wollen mich ständig zu sich einladen und mich sonst wie bekochen... als würd ich morgen sterben! Tu ich aber nicht...

Vielleicht kommt das daher, weil so wenig Menschen wissen, was in einer an Depression erkrankten Person vor geht. Dann haben sie Angst etwas falsches zu sagen, wollen mitfühlend wirken und werden dann komisch?

Wenn meine Freundin zu mir sagt, dass ich ihr leid tue, hab ich damit kein Problem. Warum? Sie kennt meine Situation, bemitleidet mich nicht einfach nur weil ich krank bin, sondern versteht meine Nöte. Und sie behandelt mich nicht als wäre ich grenzdebil...

Da es aber ohne Erklärung bei den Leuten nicht ankommen wird gibt es wohl nur zwei Möglichkeiten: runterschlucken und ignorieren, oder doch mal hinsetzen und erklären was die eigene Krankheit wirklich für einen bedeutet.

Jetzt möchte ich mich noch für das Thema bedanken, das lag mir auch schon lange auf der Seele, jetzt konnte ich es endlich in Worte fassen. ^^

Grüsse, Huhu-Uhu
DieNeue
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Re: Mitleid, Mitgefühl und Bewunderung

Beitrag von DieNeue »

Huhu-Uhu hat geschrieben:Jetzt möchte ich mich noch für das Thema bedanken, das lag mir auch schon lange auf der Seele, jetzt konnte ich es endlich in Worte fassen. ^^
Ja, bitte, gerne :)

Mich beschäftigt das auch schon länger, aber ich konnte es irgendwie nie richtig einordnen. Das war bis jetzt ein Gefühlswirrwarr, dass ich nicht mal wusste, warum es mir gerade so "komisch" geht, weil ich immer so empfindlich auf irgendwelche Aussage reagiert habe, die ich aber nie als Aussagen eingeordnet hätte, die mich runterziehen könnten. Es ist ja auch nett, wenn Leute einem verständnisvoll begegnen und sagen, dass ihnen meine Situation leid tut, und nicht unfreundlich reagieren. Oder wenn sie mich bewundern, wie ich mich durchkämpfe. Aber irgendwie blieb da anscheinend doch immer irgendwas hängen, was mich unterbewusst beschäftigt hat. Und das konnte ich dann bis vor kurzem auch nicht einordnen. Wie ich das dann gemerkt habe, weiß ich gar nicht mehr ;)
Das geht mir auch öfters mal so, dass mich unterbewusst irgendwas beschäftigt, es mir schlecht geht und ich nicht weiß warum. Irgendwann geht mir (oder jemand anderem) ein Licht auf und ich denke mir "Na klar, ist doch eigentlich logisch, warum bin ich da nicht gleich drauf gekommen..."

Liebe Grüße und allen eine gute Nacht!
DieNeue
Musikant
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Re: Mitleid, Mitgefühl und Bewunderung

Beitrag von Musikant »

Hallo Guinevere7,

natürlich habe ich gelesen, dass DieNeue Bezieherin von Alg II (landläufig Harz IV genannt) ist. Das bedeutet: wenn man auf Alg II angewiesen ist, dann bekommt man per se schon mal Mitleid von anderen, weil man ja auch nichts anderes nach Außen ausstrahlt bzw. ausstrahlen kann. Wie soll es auch anders gehen, wenn man keine Arbeit hat und mit ganz wenig Geld im Monat auskommen muss?
Ja, in den Augen vieler Menschen ist das wohl (leider) so und es ist auch meine Erfahrung.
Aber dahinter verbirgt sich doch auch die Frage des Maßstabs, der dabei angelegt wird und es ist nicht zuletzt auch eine Frage dessen, was jede/r einzelne genau unter Lebensqualität versteht. Mitunter kann sich an dieser Stelle der Maßstab verschieben, oder man legt einen ganz anderen Maßstab mit einer völlig anderen Maßeinheit an.
Auf diese Weise entsteht ein Bild, das wir nach außen tragen und das andere von uns sehen.
Bevor jetzt der Gedanke aufkommt 'ja, so gescheit(?) daherreden ist leicht': ich war jahrelang Alg II Bezieher, bevor ich und man auch beim JobCenter eingesehen hat, dass es bei meinem Verlauf der Multiplen Sklerose wohl doch keinen Sinn mehr hat, einen Arbeitsplatz zu suchen, weil das Finden eines Arbeitsplatzes und die daraus resultierende dauerhafte und regelmäßige Arbeit in meinem Fall unwahrscheinlich bzw. nicht mehr möglich ist. So bekomme ich nun also die Grundsicherung (das ist gleich dem Regelsatz beim Alg II) vom Sozialamt.
Natürlich hat sich durch die MS meine Maßeinheit geändert und durch die Depression bin ich nach langer Zeit dann irgendwann einmal darauf gekommen, dass ich mit meinen bisherigen Maßstäben nicht wirklich weiter komme bzw. ich mich mit der Depression in einer Endlosschleife befinde, wenn ich nicht etwas ändere.
Heute kann ich aus Überzeugung sagen 'mir geht es (vom Grundsatz her) gut', weil das Fundament wieder in Ordnung ist und das transportiere ich bewusst und auch unbewusst (authentisch halt) nach außen und bekomme so manches dafür, aber Mitleid ist nicht dabei.
Auch das war ein sehr langer, mühsamer Weg und heute ist noch immer nichts wirklich leicht. Aber die Mühe ist es allemal wert!
Anders ausgedrückt: ich habe wirklich , wirklich, wirklich viel in meinem Leben verloren, aber seit ich angefangen habe, manches zu ändern und mich den Gegebenheiten anzupassen, gewinne ich wieder mehr und mehr dazu.
Ein letzter Satz: natürlich habe ich auch diese Tage, die 'für die Tonne' sind, wo ich mal wütend oder traurig oder auch mal völlig wackelig auf den Beinen bin, wo einfach nichts geht - ich muss aus diesem Grund jeden Tag achtsam mit mir umgehen, damit aus diesen einzelnen schlechten Tagen nicht wieder Wochen, Monate oder Jahre der Depression werden.
Wenn das Leben Dir Zitronen gibt, mach' Zitronenlimonade draus!
Katerle
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Re: Mitleid, Mitgefühl und Bewunderung

Beitrag von Katerle »

Guinevere7 hat geschrieben:Liebe Katerle,

ah, ich bin heute auch müde, wieder erst um halb 5 geschlafen, aber, im Bett liegen geblieben.

Hab ich glaub ich noch nie gesehen den, Film, aber mich rührte ihr Schicksal auch sehr, zu Tränen. Vielleicht ist das, weil wir Mütter sind ;-) . Damals, als sie entführt wurde, war meine Tochter entweder Vorschule oder 1. Klasse, und kann mich noch erinnern, dass sehr darauf geachtet wurde, wenn z.B. ein fremdes Auto ständig vor der Schule stand. Das war dann schon verdächtig.

Auf Facebook werden manchmal Vermisstenanzeigen geteilt. Klar, bin ich berührt.

Lieber Musikant,

vielleicht reicht ja, wie bei DieNeue *wink* , Depression und Harz4, dass Mensch betroffen ist.

War schon ne Weile nicht mehr bei Euch essen. Ob da die Allergene https://www.wko.at/branchen/tourismus-f ... A3_OOe.PDF" onclick="window.open(this.href);return false;" onclick="window.open(this.href);return false; in der Speisekarte, bei den Speisen aufgeführt sein müssen (?) . Dachte zu Anfangs, das wäre Quatsch. Es weiß eh jeder, auf was er allergisch ist.
Mal abgesehen davon, dass viele nicht wissen wie gekocht wird :-), gibt es doch sehr viele, die nicht wissen, wie sich eine Nahrungsmittelunverträglichkeit äußern kann. Mit z.B. Müdigkeit, Blähungen, Verstopfung, Durchfall, Bauchschmerzen, Schluckstörungen, Herzrasen, Kopfschmerzen etc.. Für mich ein bisserl fraglich, ob die, die da bemitleiden es bei sich selber nur nicht in Zusammenhang bringen.

Fakt ist, dass es hier schon sehr viele gibt, die speziell Weizenmehl und Zucker meiden, und es geht ohne bedeutend besser.
Ja manu, dass wird wohl so sein. Mein S. kam auch mal nicht von der Schule (1.Klasse) nicht nach dem Unterricht heim. Da hatte ich mir solche Sorgen gemacht... War dann nochmal zur Schule und da hatte ihn die Horterzieherin mit schlafen lassen. Zum Glück war nichts passiert...
Was die Natascha Kampusch alles über sich ergehen lassen musste... Und auch was die Mutter durchmachte..., total krass sowas...

Einen schönen Sonntagabend noch,
herzlichst Katerle
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