Antidepressiva Unverträglichkeit

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Marc23
Beiträge: 2
Registriert: 3. Mai 2017, 22:04

Antidepressiva Unverträglichkeit

Beitrag von Marc23 »

Hey ein liebes "Servus" an alle hier. Bin absolut neu hier und gespannt was und wer mich so alles hier erwartet.
Leider vertrage ich absolut keine Antidepressiva, Mein Körper wehrt sich heftigst mit Nebenwirkungen, überwiegend Magen- Darmbereich.Ich war bereits 8 Wochen in der Klinik und galt dort schon eher als Simulant weil ich keines der Mittel vertragen habe.Tabletten schon gar nicht, drum blieb ich dann bei escitalopramtropfen hängen. Bis zu 10 Tropfen kam ich dann hab ich die Nebenwirkungen nicht mehr ausgehalten.Alle anderen nahmen brav ihre hohen Dosen ohne ein Wort. Seit ich wieder draussen bin experimentiere ich mit meiner Hausärztin weiter. Doch vergeblich. Und es geht mir leider von Tag zu Tag schlechter ohne eine medikamentöse Unterstützung und solange hat eine Psychotherapie mit mir auch keinen Sinn.
Was habt Ihr für Erfahrungen mit Medikamenten gemacht? Freu mich auch auf jeden Tipp wie man das Forum hier am besten nutzt.
So jetzt habt ihr einen mehr im Bunde:-)Ich grüss euch unbekannterweise ganz herzlich und freu mich auf einen regen, freundlichen, mutmachenden Austausch.
Marc (47)
gvman
Beiträge: 289
Registriert: 20. Okt 2015, 10:35

Re: Antidepressiva Unverträglichkeit

Beitrag von gvman »

Hallo Marc.
Es ärgert mich immer wieder, wenn Betroffene keine AD vertragen und dann als Simulant dargestellt werden! Mir geht/ging es genauso. Mein Magen rebelliert gegen jedes! gängige AD. Dabei ist er ja u.a. auch meine Schwachstelle. Ich nehme Sulpirid und Benzodiazepine. Letztere empfehle ich Dir aber nur bei schweren Schlaf- und Angststörungen, wenn eben nichts anderes geht! Sulpirid kann ich Dir nur nahelegen, wenn Du ein nichtsedierendes Medikament brauchst. Es ist sehr magenveträglich und hat sogar positive Wirkungen auf diesen. Ich habe das Medikament jahrelang mit Erfolg eingenommen, bis die Schlafstörungen kamen. Da mussten dann leider BZD zum Einsatz kommen, weil ich ja nichts tolerierte. Meine Geschichte steht u.a. unter "Benzodiazepin-Langzeiteinnahme" . Ich beneide noch heute alle meine Mitpatienten, die AD ohne allzu grosse Probleme mit Erfolg schlucken können. LG Markus
Michael1967
Beiträge: 126
Registriert: 3. Apr 2017, 13:14

Re: Antidepressiva Unverträglichkeit

Beitrag von Michael1967 »

Ich kenne ein ganze Reihe von AD, ein jedes hat seine Nebenwirkungen.
Recht umstritten ist zum Beispiel das Mirtazapin, das bekannt ist für seine Müdigkeits-Überhänge tagsüber, auch wenn man es abends nimmt. Genauso das Maprotilin.
Die Trizyklica machen in der Regel ebenfalls teilweise müde, in der Regel auch sog. anticholinerge Effekte wie Verstopfung und Schleimhauttrockenheit. Das ist manchmal gewüscht wenn man einen nervösen Darm hat.
Die SSRI (Citalopram z.Bsp.) sind berühmt für sexuelle Funktionsstörungen, ansonsten aber relativ zahm. Da DU hier heftig reagierst, ist guter Rat teuer.
Vielleicht nutzt es, die Seltenen Präparate einmal auszuprobieren, mir kommen da spontan folgende in den Sinn: Opipramol, Bupropion, Aripiprazol (off label), Ziprasidon
Weniger Erfolg versprechen vermutlich die SNRI: Milnacipran, Venlafaxin, Duloxetin
Ich würde auf jeden fall Abstand halten, von den serotonergen WIrkungen (SSRI & SNRI), ich denke, da ist für dich der Wurm drinn; nicht jeder Darm verträgt das. Aber die atypischen Mittel müssten vielleicht gehen.
LG Michael
silkesilke
Beiträge: 291
Registriert: 17. Jul 2015, 17:34

Re: Antidepressiva Unverträglichkeit

Beitrag von silkesilke »

Hallo Michael,

Worauf stützt sich deine Aussage, SSRI seien relativ zahm? Autoren aktueller Fachartikel sind da wesentlich vorsichtiger in ihrer Bewertung.
http://www.karger.com/Article/FullText/447034" onclick="window.open(this.href);return false;

Silke
Michael1967
Beiträge: 126
Registriert: 3. Apr 2017, 13:14

Re: Antidepressiva Unverträglichkeit

Beitrag von Michael1967 »

Es wäre schön den Artikel auf Deutsch zu haben. Wer hat Lust, den eben mal zu übersetzen?!
In der Tat haben sich die Kritiker zu Wort gemeldet, OT:
"Some of the most frequently reported side effects associated with the use of SSRIs and serotonin noradrenaline reuptake inhibitors (SNRIs) include nausea, diarrhea, dyspepsia, GI bleeding and abdominal pain."
Das ist genau was Marc erlebt hat.
Das ist genau wovor ich ihn gewarnt habe (SSRI & SNRI).

Es sind deutliche Nebenwirkungen, die man früher elegant unter den Tisch fallen ließ, heute kann man den Beschwerden unvoreingenommen ins Auge sehen.
Mein Hinweis bezog sich übrigens auf das Fall-Aufkommen, im Vergleich zu Haldol sind die Nebenwirkungen sicher noch "relativ zahm".
Was in der Geschichte von Mark auffällt: die behandelnden Ärzte sind nicht vollkommen vertraut mit den Nebenwirkungen. Daher resultiert die schräge Kommunikation, suggestiv: "Sie haben wohl keine Depressionen, da Sie jetzt auch noch eine Magen-Darm-Krankheit simulieren?!"
gvman
Beiträge: 289
Registriert: 20. Okt 2015, 10:35

Re: Antidepressiva Unverträglichkeit

Beitrag von gvman »

Guten Morgen.
Es wäre vielleicht gut, mal alle Medikamente aufzulisten, die Du eingenommen hast und unter welcher Leitsymptomatik der Depression Du leidest. Dann kann man eventuell besser Rat geben..
LG
Zarra
Beiträge: 5734
Registriert: 12. Mär 2010, 15:16

Re: Antidepressiva Unverträglichkeit

Beitrag von Zarra »

Hallo Marc,

mit den Nebenwirkungen von ADs nicht klarzukommen, ist das eine.
ohne eine medikamentöse Unterstützung und solange hat eine Psychotherapie mit mir auch keinen Sinn.
Wer hat Dir denn diese Meinung nahegebracht?!?? Ich sehe das anders. Psychotherapie ist eigentlich (fast) immer sinnvoll. Manchmal - ob oftmals oder nur seltener kann ich nicht entscheiden - kann sie erst ihre eigentliche und bessere Wirkkraft entfalten, wenn ein AD wirkt. Tja, und nun gibt es ja auch Menschen, die nicht nur an den Nebenwirkungen knabbern, sondern bei denen mehrere in Normal- oder höherer Dosis eingenommene ADs nichts bewirken (so extrem seltener als andersherum der Fall, aber eben auch möglich); und z.B. in einer Klinik oder auch ambulant werden die ja auch nicht komplett von Psychotherapie ausgeschlossen.

Dann: Du schreibst:
experimentiere ich mit meiner Hausärztin weiter
Nichts gegen Deine engagierte Hausärztin! Doch ein Psychiater hat schlicht mehr Erfahrungswerte.

Meine eigenen Erfahrungen: Das kann wirklich auch innerhalb einer Gruppe sehr variieren (z.B. innerhalb der SSRIs: bei Sertralin kam ich aufgrund der Übelkeit auf keine wirksame Dosis; bei Fluoxetin hatte ich zwar eine Anfangsübelkeit, die aber erträglich war (bei einer Dosiserhöhung habe ich die beiden Kapseln versetzt eingenommen; ein paar kleine Tricks gibt es auch, die es ggf. erleichtern können) - und die sich vor allem im Laufe der Zeit komplett legte; dazu muß man aber sachte anfangen, so daß es erträglich bleibt, und lange genug durchhalten).

Wahrscheinlich nicht wirksam genug, aber ggf. einen Versuch wert, falls Du auch zukünftig nichts Erträgliches findest: hochdosiertes Johanniskraut, z.B. Laif900, auch verschreibungsfähig, - wahrscheinlich merkst Du aber erst 6-8 Wochen nach Ersteinnahme etwas davon; und daß es nicht auf den Magen-Darm-Trakt wirkt, ist auch nicht gesagt, nur vermutlich verträglicher als die chemischen ADs.

LG, Zarra

EDIT: sinnentstellender Tippfehler - "eine" statt "keine" (bei Übelkeit von Sertralin - jetzt korrigiert)
Zuletzt geändert von Zarra am 14. Mai 2017, 16:01, insgesamt 1-mal geändert.
Marc23
Beiträge: 2
Registriert: 3. Mai 2017, 22:04

Re: Antidepressiva Unverträglichkeit

Beitrag von Marc23 »

Hallo Zarra, danke für Deine ausführliche Antwort, Du scheinst schon viel Erfahrung mit den Themen zu haben, was man auch an der Anzahl Deiner Beiträge sieht.
Wie geht es Dir denn selbst mittlerweile?
Was die Hausærztin angeht hast Du recht. Sir hat eine Zusatzausbildung in Psychotherapie. Die erstrn Sitzungen hätte ich bei einem Psychiater, Chefarzt ad, aber hatte in keinster Weise das Gefühl reflektiert zu werden, er fragte Mich viel, schrieb viel, aber es war nie ein richtiger Dialog. Natürlich merkte ich wie fundiert alles war was er sagte.
Aber er hinterfragte mich nie, so dass ich das Gefühl hatte es wird in mir etwas in Gang gesetzt.
Nunja, viel besser geht es mir bei der Ärztin auch nicht das muss ich zugeben. Ich bin nur durch eine zusätzliche Angststörung gehandicapt und kann mich nicht zu weit von zuhause entfernen,sonst bekomme ich Panik mein Radius ist begrenzt, ich muss mir das erst wieder erarbeiten, wie auch immer.Bevor ich die Zeilen speichere schicke ich sie lieber gleich ab.ich meld mich dann nochmal.Hoffe ich stress Dich nicht, aber es fühlt sich hier fast besser an als beim Arzt:-)Danke
Zarra
Beiträge: 5734
Registriert: 12. Mär 2010, 15:16

Re: Antidepressiva Unverträglichkeit

Beitrag von Zarra »

Hallo Marc,

die Zahl der Beiträge muß nichts aussagen ... Und ich habe mich schon lange Jahre vor meiner Anmeldung, noch zu Zeiten, als es noch kein Internet gab, mit Depression herumgeschlagen(*). Doch Depression ist nicht gleich Depression, das kann für den einzelnen schon auch ganz Unterschiedliches bedeuten; psychische Zusatzdiagnosen und andere Umstände spielen ja auch eine Rolle. Hier im Forum findet man sicherlich überdurchschnittliche viele, die lang und chronisch betroffen sind. Es gibt aber auch sicher noch mehr, bei denen irgendwann alles wieder ganz bis halbwegs normal läuft. Und ganz vieles dazwischen!

Also laß Dich nicht abschrecken!

Und hier zum Forum: Probiere einfach aus, ich kann Dich nur ermutigen!
(Einzelfragen sind oft gut in den entsprechenden Unterforen untergebracht. So mehr der persönlichere Austausch oder auch der Austausch zu allgemeineren Fragen findet oft unter "Umgang mit der Krankheit" statt. Manchmal findet man auch über die Suchfunktion für sich selbst Hilfreiches; nicht alle Beiträge und Aussagen veralten.)

(*) ... und ich stand damals, Anfang/Mitte der 1990er Jahre sehr allein mit der Diagnose da, konnte eigentlich mit niemandem reden - in Zeiten von Internet und Foren u.ä. ist das alles überhaupt nicht mehr vorstellbar.

Und es hängt immer viel davon ab, wieviel persönlich paßt (Ärzte, Psychotherapeuten, Kliniken; auch ob der Arzt einen guten Griff mit dem vorgeschlagenen AD tut). Ich glaube, ich habe immer wieder immer irgendwie weitergesucht. Wirklich gut und hilfreich und deutlich weiterbringend waren bei mir persönlich: Der erste Psychologe meines Lebens in einer psychologischen Beratungsstelle (das war aber wohl totales persönliches Glück!!). Ein Klinikaufenthalt (der zweite), der damals zwar sozusagen dann endete, als es ans Eingemachte hätte gehen können (keine Ahnung, ob das möglich gewesen wäre; keine Ahnung, wo ich dann heute stände -- eine Verlängerung war dort einfach formal nicht vorgesehen), der aber im Nachklang (!) vieles anscheinend für mich grundlegend änderte (vor allem von meinem Gesamtlebensgefühl her; aber auch z.B. hinsichtlich Todeswünschen - unmotiviert kam danach gar nichts mehr, mit "Anlaß" nur noch gut durchschau- und händelbar), dadurch, daß irgendwelche inneren Zeiger nur ganz leicht verschoben wurden. Viel zu spät ein ambulanter Therapeut, der nochmals deutlich etwas veränderte bzw. es schaffte, diese Veränderungen in mir anzustoßen (davor nur "schlechte" oder nichtsbringende Erfahrungen).
Doch das hast Du ja bereits selbst erkannt, wann etwas weiterhilft, weiterhelfen kann. Das netteste Gegenüber hilft in diesem fachlichen Krankheitszusammenhang nicht, wenn die Begegnung nichts anstößt.

Wie es mir selbst inzwischen geht: Sagen wir es so: Ich will auf keinen Fall zurück, die Zeit auf keinen Fall zurückdrehen. Vor allem die starke Verzweiflung ist weg, vielleicht sogar komplett weg. Klar kann auch das Alter (inzwischen 54) und mehr "Gesetteltheit" und XYZ eine Rolle spielen, doch sicher nicht nur. Schon länger hatte ich jetzt auch keinen Einbruch mit massiven Schlafstörungen mehr - doch ich achte wohl auch auf Voranzeichen, vermeide Streß, ... würde aber in diesem Fall sofort wieder entsprechende ADs einnehmen. Und das war auch kein kurzer Weg, sondern eher einer mit langem Atem. Und andererseits weiß ich auch, daß sich das ganz schnell unter Belastungen u.ä. unter Umständen ändern kann; ich weiß, daß ich da anfällig bleiben werde. Das nicht so Gute: Ich konnte mit der Erschöpfung immer weniger gut umgehen, erholte mich immer weniger, fand auch nicht so recht die Ursachen - und so beziehe ich seit über fünf Jahren eine teilweise Erwerbsminderungsrente und arbeite nur noch 50 %: eine deutliche Erleichterung und so viel besser für mich machbar. - Wenn alles, alles gut wäre ... ... würde ich mich wohl nicht hier im Forum herumtreiben ;-).

Der Vorteil des anonymen Forums ist ja, daß man sich nicht gestresst fühlen muß - keiner muß hier antworten, sondern kann es tun, falls er oder sie es will. Wenn man anderweitig beschäftigt ist oder gerade nicht kann oder nicht will - dann halt nicht. Ich empfinde das als Vorteil.

Dir einen guten Austausch hier!

LG, Zarra
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