Hallo ihr,
ich habe euren Thread etwas unregelmäßig mitverfolgt, deswegen weiß ich nicht mehr alle Details, aber ich möchte mich trotzdem mal als Betroffene zu Wort melden. Ich finde es immer wieder krass, zu hören, wie sich Angehörige fühlen und wie sie denken, weil für mich das "depressiv-sein" mittlerweile so normal ist... Von daher sehe ich sehr oft, wie unterschiedlich die Wahrnehmung von Betroffenen und Angehörigen ist und wie ein und dasselbe Verhalten völlig unterschiedlich interpretiert wird.
Wenn ihr jemandem mit Depressionen besser verstehen lernen wollt, dann kann ich euch diese beiden Threads hier empfehlen:
http://www.diskussionsforum-depression. ... 58#p520458" onclick="window.open(this.href);return false;" onclick="window.open(this.href);return false;" onclick="window.open(this.href);return false;
http://www.diskussionsforum-depression. ... 57&t=35827" onclick="window.open(this.href);return false;" onclick="window.open(this.href);return false;" onclick="window.open(this.href);return false;
Der erste ist aus dem Angehörigenforum, wo auch jemand in einer ähnlichen Situation wie ihr steckt, vielleicht habt ihr ihn ja schon gelesen. Hier habe ich einiges erklärt, wie man so als Betroffener "tickt". Der zweite Thread ist aus dem Bereich für Betroffene, wo eine Angehörige wissen wollte, wie man sich als Betroffener eigentlich fühlt, was einen überfordert, wie einem der Partner helfen kann etc.
Ich könnte euch hier jetzt massenweise schreiben, aber vieles haben ich und andere schon in den beiden Threads geschrieben, deshalb nur die Links. Vielleicht helfen euch die Beiträge dort, die Krankheit besser zu verstehen.
Oft zweifeln Depressive an ihren Beziehungen, vielleicht helfen euch die Threads auch hier weiter. Als Depressiver ist man bezüglich Gefühlen so unsicher mit sich selbst, dass es gut sein kann, dass derjenige, wenn er die Depression los wäre, gar nicht mehr zweifeln würde. Bitte gebt eure Partner nicht auf.
Das Wichtigste ist allerdings natürlich, dass der Betroffene einsieht, dass er ein Problem hat und sich damit auseinander setzen will. Vielleicht kann euch hier der Sozialpsychiatrische Dienst (SpDi) weiterhelfen. Den gibts bei Diakonie/Caritas/Awo etc. Das ist eine Beratungsstelle für Leute, die psychische Probleme haben oder auch für Angehörige. Dort arbeiten i.d.R. Sozialarbeiter, vllt auch Psychologen. Man kann dort einmal hingehen oder auch öfter/regelmäßig und dort seine Probleme besprechen, mal Ordnung in das ganze Chaos im Kopf bringen. Der Dienst wird oft auch als Überbrückung genutzt, bis man einen Therapieplatz hat, oder wenn man erstmal keine Therapie machen will. Die Leute haben dort auch Schweigepflicht, die Krankenkasse erfährt nichts davon, man braucht keine vorherige ärztliche Diagnose und das ganze ist auch kostenlos. Vielleicht wäre das auch eine Anlaufstelle für euch als Angehörige. Ich denke, es ist gut, wenn man sich selber auch mal wo auskotzen kann über alles, was gerade los ist und worüber man sich Sorgen und Gedanken macht, gerade auch wenn man im Umfeld wenig Verständnis erntet, wie bei dir, Sonne. Mein Vater war auch eine Zeit lang regelmäßig beim SpDi, während er auf einen Therapieplatz gewartet hat und er hat hinterher gemeint, die Gespräche dort hätten ihm mehr gebracht als die Therapie. Muss natürlich nicht immer so laufen, aber es wäre eine Möglichkeit auch für euch.
Bezüglich dem Selber-schaffen-wollen: Ich brauche auch oft Hilfe und es kotzt mich echt an, weil ich eigentlich nicht darauf angewiesen sein will. Aber irgendwann kam mir der Gedanken, dass es in einem Wirtschaftsunternehmen eigentlich auch so ist. Dort nennt man es halt nur Outsourcing.
Wenn ich beispielsweise in der Marketing-Abteilung sitze und eine riesige Werbekampagne machen und dafür tausende von Briefen an Kunden rausschicken will, dann setze ich mich auch nicht alleine an den Schreibtisch und kuvertier tausend Briefe, schließlich hat man wichtigeres zu tun. Entweder man hat einen Azubi/Praktikant, dem man das aufdrücken kann (
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) oder ich gebe diese Aufgabe an eine externe Firma, die darauf spezialisiert, so eine Werbekampagne umzusetzen und davon lebt, dass sie eben Millionen von Briefen anderer Firmen zusammenkleben und verschicken. Da würde keiner auf die Idee kommen, zu sagen, der Marketingchef ist hilflos, schafft das nicht alleine, ist zu blöd dazu... Nein, man würde wahrscheinlich sogar sagen, er arbeitet effizient, weil er die zeitfressenden Aufgaben nach außen gibt.
Und im Prinzip ist das im Leben auch so, wenn ich ein Problem habe, mit dem ich nicht weiterkomme. Dann setze ich mich auch nicht auf meinen übertragenen Schreibtischstuhl und klebe meine tausend Briefe zusammen. Sondern irgendwann denke ich mir auch, irgendwie muss das doch auch einfacher gehen. Dann informier ich mich, kaufe vielleicht eine Kuvertiermaschine oder oder oder...
Also das ist für mich eine eher aktive Einstellung dem Problem gegenüber, als passiv. Vielleicht kann man dann den Weg zu einem Psychologen/Sozialpsychiatrischen Dienst nicht als Versagen sehen, nach dem Motto "Das ist das allerletzte, was ich machen werde.", sondern eher nach dem Motto "Ich gehe hin, schau mal, was der so zu bieten hat und wenn das zu meinem Problem passt, dann nutz ich die Chance. Und wenn nicht, dann nicht."
Klingt vielleicht kalt und so als würde man Leute nur ausnutzen wollen - so meine ich das aber nicht! Sondern eher in die Richtung: Was trägt dazu bei, dass ich meinem Ziel schneller näher komme? Warum sollte ich (Lebens-)Zeit verschwenden mit Sachen, die ich schneller geregelt bekommen würde, wenn ich mir Hilfe holen würde (oder quasi mein Problem/Teilproblem "outsourcen" würde
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) Das heißt nicht, dass man sich so durchs Leben mogeln soll, aber ich z.B. neige dazu, mir alles schwieriger zu machen als es ist.
Wenn ich so lese, was ich geschrieben habe, klingt das echt ein bisschen egozentrisch... ich mogle mich jedoch nicht durchs Leben und nutze auch keine Leute aus, bin froh, wenn ich auch mal etwas für jemand anderen tun kann. Aber es ist ein bisschen eine andere Sichtweise... und auch interessant, dass sich unter so tollen Bezeichnungen wie "Outsourcing" eigentlich auch nichts anderes versteckt, als dass man Hilfe braucht. Und sie dann auch nutzt.
(Wenn ihr mit dem Gedankengang gar nichts anfangen könnt, vergesst es einfach, okay!
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)
@ Matthias: Hab gerade noch mal deinen Eintrag gelesen, wo du über euer Gespräch schreibst und dass du zuerst an eine Affäre gedacht hast. Ich denke, da kann dir der erste Link vielleicht helfen. Hab da was dazu geschrieben, wie man sich fühlt und warum man seine Gefühle nicht wirklich ausdrücken kann.
Und das mit dem Auf-WhatsApp-online-sein-aber-nicht-schreiben: Das fühlt sich mit Sicherheit scheiße an (warte auch gerade auf ne Nachricht von jemandem... und schaue 50 mal am Tage meine Mails nach
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), aber vielleicht ist es eine Erklärung, dass sie z.B. mit anderen Leuten schreibt, weil sie mit denen einfach über irgendwas harmloses schreiben kann. Wenn sie aber mit dir schreibt, dann hängt immer gleich das Damoklesschwert "Beziehung, wie gehts weiter, lieb ich ihn oder nicht, soll ich gehen oder bleiben, was macht er, wenn ich dieses oder jenes tue etc" über euch. Und das ist Stress und belastend (für euch beide).
Und ich könnte mir auch vorstellen, dass sie schon öfter schaut, ob du online bist. (und am Ende schauen beide nur und schreiben nichts
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) Auch wenn es bei Clarissa so war, dass eine dritte Person mit im Spiel war, dann muss das Nicht-schreiben-auf-WhatsApp nicht gleich das Schlimmste bedeuten
Ich hoffe, ich konnte euch ein wenig weiterhelfen. Es ist ein langwieriges Gewusel und Aufdröseln von Knoten, bis man mal ungefähr versteht, wie man mit der Krankheit umgehen soll (für beide Parteien), aber bei mir wurde es irgendwann besser. Meine Eltern wussten auch nicht, wie sie mit mir umgehen sollten (das wusste ja nicht mal ich
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), aber jetzt haben wir einiges dazugelernt und es geht besser. Vielleicht ist das auch ein (klitze-) kleiner Hoffnungsschimmer...
Viele Grüße und eine gute Nacht! Gebt die Hoffnung nicht auf!
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