Sich lösen von den Eltern

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Dini
Beiträge: 47
Registriert: 2. Jan 2004, 14:46

Sich lösen von den Eltern

Beitrag von Dini »

Hallo,

ich möchte die eröffnete Diskussion von Ben und Igel als neues Thema aufgreifen, um den Aspekt "lösen vom Elternhaus" neu zu diskutieren.

Nüchern betrachtet hatte ich eine gute Kindheit. Meine Eltern haben mir materiell so ziemlich alles ermöglicht, was ich mir wünschte. Nüchtern betrachtet, habe ich keinen Grund, über meine Kindheit traurig zu sein. Doch die Kehrseite der Medaillie sieht natürlich anders aus. Fakt ist, dass meine Eltern totale Gegensätze sind. Mein Vater war immer mein großes Vorbild. Er ist ein rein rational geprägter Kopfmensch, der Gefühle nur schwer bis überhaupt nicht zeigen kann. Nach ihm habe ich mein Leben orientiert, ich wollte immer so sein wie er, so erfolgreich, so beständig. Also habe ich auch kontinuierlich Leistung erbracht, wo es nur ging, um ihm und seinen Anforderungen gerecht zu werden. Meine Mutter ist eine rein emotionsgesteuerte, zerbrechliche Person, die in ständiger Abhängigkeit meines Vaters lebt. Sie war damals mit mir vollkommen überfordert. Wir hatten jeden Tag Stress. Im Nachhinein betrachtet war meine Kindheit ein einziger Kampf gegen meine Mutter. Das einzige, was ich von ihr und ihrer emotionalen Seite mitbekommen habe, war eigentlich Abhängigkeit von anderen und Hilflosigkeit.

Im Laufe der Jahre habe ich diese emotionale Seite verabscheut und folglich hat sie sich bei mir nie richtig entwickeln können, weil ich es nicht zu lassen wollte, weil ich Angst hatte, so zerbrechlich zu werden wie meine Mutter. Ständig neue Leistungen zu erbringen, um sich und anderen etwas zu beweisen und dabei Gefühle fast vollkommen aus seinem Vokabular zu streichen, ist erstmal furchtbar anstrengend und macht auch schrecklich einsam. Schon in der Kindheit habe ich Symptome entwickelt, die leider als solche "Warnsignale" nie erkannt wurden.

Irgendwann bin ich zusammengebrochen, weil diesem ständigen Konflikt mit mir nicht mehr standhalten konnte. Auf einmal stand ich vor einer Spiegelwand und musste erkennen, dass ich meine eigene Persönlichkeit auf dem Weg verloren hatte, bzw. wahrscheinlich nie eine eigene bilden konnte, durfte. Plötzlich waren jene Vorstellungen und Idole, an die ich mich hielt nicht mehr das Wahre. Ich war gezwungen, mich neu zu orientieren, mich auf die Suche zu mir selbst zu begeben. Ich glaube, das ist eine der schwierigsten Aufgaben eines Menschen überhaupt, rauszufinden, wer man eigentlich ist und wo sein Platz im Leben ist, der einem Erfüllung bringt. Das Ziel habe ich noch lange nicht erreicht, aber ich glaube, das Wichtigste ist, dass man sich auf den Weg begibt.

Es ist traurig, wenn man im Erwachsenenalter, wo von einem erwartet wird, dass man persönlich schon ausgereift ist, zuerst den Weg zu seiner eigenen Identiät finden muss, weil die Eltern in der Kindheit nicht fähig waren, einem diesen Weg zu weisen. Aber ihr habt recht. Es hat keinen Sinn, einen Schuldigen zu suchen. Erwachsen zu sein bedeutet, Verantwortung für sein eigenes Leben zu übernehmen. Wahrscheinlich oder besser sicher waren meine Eltern selbst innerlich noch Kinder, die mit einer Verantwortung für ein weiteres Leben absolut überfordert waren, von daher kann man ihnen keinen Vorwurf machen.

Es liegt an uns, diesen Weg zu sich selbst weiterzugehen, und ich habe mir sagen lassen, dass man mit der Zeit zu jener Selbstsicherheit gelangt, die einen den richtigen Platz im Leben weist, wenn man den Weg nur weiter geht.
Es geht immer irgendwie weiter!




Liebe Grüße Dini.
sewi
Beiträge: 1606
Registriert: 15. Feb 2013, 23:02

Re: Sich lösen von den Eltern

Beitrag von sewi »

kool2
Beiträge: 12
Registriert: 6. Jan 2004, 22:58

Re: Sich lösen von den Eltern

Beitrag von kool2 »

dini, du bist schon ganz schön weit, in der rekonstruktion deiner emotionalen herkunft. das klingt sehr weise, sehr abgeklärt. ich war 1998 in der fachklinik am hardberg und mein thema war nicht mehr und nicht weniger als der ablösungskonflikt von den eltern. ich war damals 20 jahre alt, wollte ausziehen, fühlte mich aber total kraftlos und überfordert, auch von der erwartungshaltung. ich wollte raus, wollte weg. erstmal mich selber alleine ausprobieren und danach erst ein zukunftsziel definieren anstatt umgekehrt. am ende meiner 10wöchigen therapie wurden meine eltern eingeladen. meine extrem empathische therapeutin schmetterte danach "die therapie ist gescheitert. ihr sohn kommt zurück auf den hardberg". das war als schockeffekt gegen meine eltern gedacht. aber (leider) hatte sie recht. ich gehe jetzt, sechs jahre später, nochmal hin. ich habe zwar direkt nach dem hardberg meine erste eigene wohnung bezogen und bin seitdem fünfmal umgezogen, u.a. in wgs. Aber ich habe u.a. eine Suchtverlagerung gemacht und andere Dinge, um nicht wirklich verantwortlich sein zu müssen.
in den jahren dazwischen haben sich aber meine eltern erholt. meine mutter geht endlich wieder arbeiten, mein vater setzt sich derweil zur Ruhe und liest Bücher über Phliosophie und Esoterik.
Ich habe meine Eltern entlastet und das gibt auch mir mehr Freiheit. Aber irgendwie komme ich noch nicht mit meinem Leben zurecht und fühle mich mit 26 Jahren wie ein Zwanzigjähriger. Ich hab schon graue Haare.
Holgerman
Beiträge: 0
Registriert: 1. Okt 2003, 07:32

Re: Sich lösen von den Eltern

Beitrag von Holgerman »

Hallo Dini!

Ich glaube im folgenden Satz von dir steckt schon dein ganzes Problem: "Meine Eltern haben mir materiell so ziemlich alles ermöglicht, was ich mir wünschte."

Du scheinst in deiner ganzen Kindheit überhaupt nicht gelernt zu haben, Emotionen zu empfinden. Das ist kein Vorwurf an dich, wahrscheinlich hast du keine wirklichen Emotionen empfunden. Geld ist nicht alles, geliebt zu werden, ist viel mehr!

Gruß
Holgerman
Dini
Beiträge: 47
Registriert: 2. Jan 2004, 14:46

Re: Sich lösen von den Eltern

Beitrag von Dini »

Hallo zusammen,

ich danke euch allen für eure Antworten und freue mich zu entdecken, dass der Ablösungskonflikt mit dem Elternhaus doch ein ziemlich zentrales Problem darstellt.

Ja, ich bin mit Sicherheit noch lange nicht an jenem Ende angelangt, wo man sich selbst kennt und vielleicht auf eine erwachsende Art und Weise wieder zu seinen Eltern finden kann, um sie als gleichberechtigte Personen anzusehen. Der Weg ist so lang und ich ertappe mich immer wieder dabei, dass ich doch den Rat meines Vaters suche, dass ich instinktiv versuche, mein Leben nach seiner Persönlichkeit zu gestalten, obwohl ich doch erkannt habe, dass ich über immense emotionale Seiten verfüge, zu denen ich jedoch bis jetzt noch keinen Zugang finden konnte. Wäre Abstand hier die beste Methode? Einfach nicht mehr so oft hinfahren? Es werden aber Frage und Vorwürfe kommen und ich müsste erklären. Sie würde es aber nicht verstehen, weil sie aus ihrer Sicht mit ihren damaligen Möglichkeiten alles richtig gemacht haben.

Kool, ich denke, auch du hast dein Problem erkannt. Du hast den Schritt mit der Lösung vom Elternhaus mehr oder weniger aus Affekt begangen, wolltest einfach nur raus, hattest aber eigentlich keine Vorstellung wie und wohin. ICh könnte mir schon vorstellen, dass die WGs so eine Art "Familienersatz" für dich darstellen sollten, was sie natürlich nicht sind. Dort bekamst du nicht die Wärme und die Geborgenheit, die du gesucht hast, also bist du in die Suchtschiene abgerutscht, um dich von dem Leid zu betäuben. Bitte sag mir, falls ich falsch liege.

Es ist so schwierig. Ich habe auch erkennen müssen, dass zwar spätere Partner in gewisser Weise den Durst nach Geborgenheit, Emotionen und Liebe stillen können, aber doch immer jener große See der Traurigkeit übrigbleibt, der in der Kindheit entstanden ist. Depressionen, Ängste, etc. alles entsteht. Ich glaube, diesen See kann man nur austrocknen, wenn man über lange Jahre hinweg immer mehr Abstand gewinnt, die Anerkennung und Bestätigung woanders sucht und so sein eigenes Selbstbewusstsein prägt. Ich glaube nicht, dass du deinen Eltern jemals zur Last gefallen bist. Du warst krank und deine Eltern haben für dich gesorgt, das ist ganz normal.

Diese Schwierigkeit habe ich aber auch bei mir entdeckt. Ich habe mich während meiner Krankheit, die mich während meiner Ausbildung überkam, total schlecht gefühlt, weil ich in finanzieller Abhängigkeit meiner Eltern lebte und nicht mehr funktionieren konnte. Doch diese Hilflosigkeit gab mir auch die Kraft, die Ausbildung trotz der Schwierigkeiten zuende zu führen. Was jedoch bleibt ist das schlechte Gewissen, was meine Mutter mir heute noch versucht einzureden, so nach dem Motto: "Ohne uns wäre alles, was du jetzt machst, nicht möglich gewesen."- Danke. Oftmals bin ich an diesen Sätzen und vor allem an dem Druck, sich immer eigenständig zu bemühen, sein eigenes Leben zu führen, sich seine eigene Welt zu schaffen und doch immer wieder in die Abhängigkeit der Eltern zurückgeholt zu werden, verzweifelt. Vor einiger Zeit habe ich jedoch angefangen, mich zu fragen, wieso meine Mutter das tut. Die Antworten darauf haben mir veranschaulicht, dass meine Mutter selbst in absoluter Abhängigkeit lebt, damit nicht klarkommt und mich mit aller Gewalt versucht, ebenfalls in dieser Abhängigkeit zu halten, um nicht ganz alleine dazustehen. Sie ist eine arme Frau. Diese Erkenntnis gibt mir etwas Überlegenheit. Aber die wirkliche Abkapselung ist noch lange nicht vollzogen.

Ja, Holger, du hast recht. Was meine Emotionen anbelangt, bin ich eine ziemlich arme Sau. Durch meine Krankheit musste ich erkennen, dass ich sehr wohl über mächtige Gefühle verfüge, die mich manchmal lähmen, weil ich nicht mit ihnen umgehen kann. Zu lernen, dass GEfühle zu zeigen keine Schwäche sondern eine Stärke ist, ist verdammt schwierig.
Es geht immer irgendwie weiter!




Liebe Grüße Dini.
axelito
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Registriert: 22. Okt 2003, 12:29

Re: Sich lösen von den Eltern

Beitrag von axelito »

erst mal ein Schreibtest...hab mich gestern geärgert

Liebe Dini,

...hab dir gestern nachmittag ein Posting geschrieben. Beim anklicken auf -Abschicken-ist mir die Information zugestellt worden,das es derzeit nicht möglich ist im Forum zu arbeiten. So ein Mist! All meine Gedanken sind unwiederbringlich zerstört.
Lg,gandolph
axelito
Beiträge: 146
Registriert: 22. Okt 2003, 12:29

Re: Sich lösen von den Eltern

Beitrag von axelito »

...doch jetzt erscheint es möglich zu sein...also los.

@Dini,ich will mich jetzt daran erinnern was gestern beim schreiben alles hoch gekommen ist.

Bevor ich anfange zu schreiben muss ich dir mitteilen das mich der Zustand stark verunsichert, nicht mehr genau alles widergeben zu können,was ich gestern alles niedergeschrieben hatte. Bin am zögern und doch überwiegt meine Mitteilung.
Denn dein Thema ist auch mein Thema.

Mich zu lösen von meiner Mutter, von meinen Vater und meinen Stiefpapa ist gerade ein Aspekt in meinen Thread-Die Gefühle bewegen sich-.Schreib sozusagen gerad von meiner Mutter.Mit ihr fange ich an. Bei ihr hab ich den größten Schmerz lokalisiert.Da liegen meine Gefühlstrümmer herum.

Sich von ihr zulösen ist mit viel Schmerz begleitet.Eigentlich tümple ich noch vor mich hin,weil sich nichts an Gefühlen lösen will. Vielleicht ein Zeichen in mir. Nein, der Deckel bleibt noch zu.

Tut mir leid. Kann doch noch nichts schreiben.Lg,gandolph
tomroerich
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Re: Sich lösen von den Eltern

Beitrag von tomroerich »

Hallo Dini,

an deiner Beschreibung deiner Eltern fällt auf, dass alle beide etwas hatten, was dem anderen genau fehlte. Dein Vater ein Rationalist, deine Mutter ein "Gefühlsduselchen", das ohne die Stärke des Vaters nicht leben konnte. Andererseits brauchte aber dein Vater auch deine Mutter als diejenige, die voller Gefühle steckt, die ihm selber fehlen bzw. die er nicht fühlen kann. Hast du dich als Kind für den Vater entschieden, weil er dir mehr Sicherheit bieten konnte und verachtest du deine Mutter für ihre Schwäche? Für Kinder ist es sehr schwierig, ein schwaches Elternteil zu haben- sie wollen Eltern, die stark und verlässlich sind, darum wäre deine Entscheidung aus Kindersicht normal und verständlich. Bloß hast du damit ja auch den mütterlichen Anteil in dir ebenfalls versenkt.

Was deine Eltern offensichtlich nicht geschafft haben, nämlich in ihrer eigenen Persönlichkeit die fehlenden Eigenschaften zu integrieren, das bleibt nun dir übrig. Etwas geheimnisvoll könnte man sagen, du musst die Aufgabe deiner Eltern übernehmen, was ich aber auf dich bezogen meine und darauf, dein Inneres zu integrieren und aufzuhören, Teile davon abzulehnen.

Du hast schon Recht, man begibt sich auf den Weg (bzw. die Depr. wirft einen auf diesen Weg) und dann stolpert man eben los, ohne zu wissen, was hinter der nächsten Biegung lauert. Es ist immer ein ungewisser Weg, denn auf der Suche nach sich selbst sucht man etwas, das man gar nicht kennt. Es ist wie in Märchen, in denen jemand einen Schatz sucht, von dem er nur gehört hat und nicht weiß, wie er ihn finden soll. Jedenfalls gibt dieser Jemand sein altes Leben auf und zieht in die Welt hinaus. Dann kommen Riesen, wilde Tiere oder andere Prüfungen, die man alle bestehn muss, bevor man schließlich von einer Fee oder einem anderen Helfer den entscheidenden Tipp bekommt. Aber ohne sich auf den Weg zu machen, wird man nichts finden.

Gruß von

Thomas
Betroffene für Betroffene

http://www.depressionsliga.de
Dini
Beiträge: 47
Registriert: 2. Jan 2004, 14:46

Re: Sich lösen von den Eltern

Beitrag von Dini »

Hallo Thomas!

Ich danke dir für deine sprachlich sehr reizende Zusammenfassung. Es ist genauso wie du schreibst!

Der Weg ist aber auch das Ziel.
Es geht immer irgendwie weiter!




Liebe Grüße Dini.
girasol
Beiträge: 40
Registriert: 9. Jan 2004, 23:10

Re: Sich lösen von den Eltern

Beitrag von girasol »

Hallo Dini,

Auch wenn du dir noch sehr wünschst, den "See der Traurigkeit" auszutrocknen, wird es dir wahrscheinlich nicht gelingen, denn Erinnerungen kann man nicht streichen. Vielleicht solltest du deine Sichtweise versuchen zu ändern. Ich weiß, dass das nicht leicht ist, ich arbeite auch daran, aber ich sehe manchmal auch bunte Fische im See und Bäume am Ufer sehen und Boote mit Menschen drin auf dem Wasser fahren. Ich wünsche dir viel Mut auf deinem Weg.

Ciao Elke

Dini wrote:
> Hallo,
>
> ich möchte die eröffnete Diskussion von Ben und Igel als neues Thema aufgreifen, um den Aspekt "lösen vom Elternhaus" neu zu diskutieren.
>
> Nüchern betrachtet hatte ich eine gute Kindheit. Meine Eltern haben mir materiell so ziemlich alles ermöglicht, was ich mir wünschte. Nüchtern betrachtet, habe ich keinen Grund, über meine Kindheit traurig zu sein. Doch die Kehrseite der Medaillie sieht natürlich anders aus. Fakt ist, dass meine Eltern totale Gegensätze sind. Mein Vater war immer mein großes Vorbild. Er ist ein rein rational geprägter Kopfmensch, der Gefühle nur schwer bis überhaupt nicht zeigen kann. Nach ihm habe ich mein Leben orientiert, ich wollte immer so sein wie er, so erfolgreich, so beständig. Also habe ich auch kontinuierlich Leistung erbracht, wo es nur ging, um ihm und seinen Anforderungen gerecht zu werden. Meine Mutter ist eine rein emotionsgesteuerte, zerbrechliche Person, die in ständiger Abhängigkeit meines Vaters lebt. Sie war damals mit mir vollkommen überfordert. Wir hatten jeden Tag Stress. Im Nachhinein betrachtet war meine Kindheit ein einziger Kampf gegen meine Mutter. Das einzige, was ich von ihr und ihrer emotionalen Seite mitbekommen habe, war eigentlich Abhängigkeit von anderen und Hilflosigkeit.
>
> Im Laufe der Jahre habe ich diese emotionale Seite verabscheut und folglich hat sie sich bei mir nie richtig entwickeln können, weil ich es nicht zu lassen wollte, weil ich Angst hatte, so zerbrechlich zu werden wie meine Mutter. Ständig neue Leistungen zu erbringen, um sich und anderen etwas zu beweisen und dabei Gefühle fast vollkommen aus seinem Vokabular zu streichen, ist erstmal furchtbar anstrengend und macht auch schrecklich einsam. Schon in der Kindheit habe ich Symptome entwickelt, die leider als solche "Warnsignale" nie erkannt wurden.
>
> Irgendwann bin ich zusammengebrochen, weil diesem ständigen Konflikt mit mir nicht mehr standhalten konnte. Auf einmal stand ich vor einer Spiegelwand und musste erkennen, dass ich meine eigene Persönlichkeit auf dem Weg verloren hatte, bzw. wahrscheinlich nie eine eigene bilden konnte, durfte. Plötzlich waren jene Vorstellungen und Idole, an die ich mich hielt nicht mehr das Wahre. Ich war gezwungen, mich neu zu orientieren, mich auf die Suche zu mir selbst zu begeben. Ich glaube, das ist eine der schwierigsten Aufgaben eines Menschen überhaupt, rauszufinden, wer man eigentlich ist und wo sein Platz im Leben ist, der einem Erfüllung bringt. Das Ziel habe ich noch lange nicht erreicht, aber ich glaube, das Wichtigste ist, dass man sich auf den Weg begibt.
>
> Es ist traurig, wenn man im Erwachsenenalter, wo von einem erwartet wird, dass man persönlich schon ausgereift ist, zuerst den Weg zu seiner eigenen Identiät finden muss, weil die Eltern in der Kindheit nicht fähig waren, einem diesen Weg zu weisen. Aber ihr habt recht. Es hat keinen Sinn, einen Schuldigen zu suchen. Erwachsen zu sein bedeutet, Verantwortung für sein eigenes Leben zu übernehmen. Wahrscheinlich oder besser sicher waren meine Eltern selbst innerlich noch Kinder, die mit einer Verantwortung für ein weiteres Leben absolut überfordert waren, von daher kann man ihnen keinen Vorwurf machen.
>
> Es liegt an uns, diesen Weg zu sich selbst weiterzugehen, und ich habe mir sagen lassen, dass man mit der Zeit zu jener Selbstsicherheit gelangt, die einen den richtigen Platz im Leben weist, wenn man den Weg nur weiter geht.
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