Affäre in der akuten Phase eines Depressiven

Diara
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Re: Affäre in der akuten Phase eines Depressiven

Beitrag von Diara »

Liebe Mirabella,

bei mir ist das Thema ja auch gerade akut, d.h. noch nicht lange her. Und auch für mich ist die Frage nach dem Warum die alles entscheidende gewesen. Aber ich finde die Antwort, die ich darauf bekommen habe, in all ihrer objektiven Logik so unverständlich, dass sie mir letztlich nicht weiter hilft.

Aber vielleicht kannst Du etwas damit anfangen, deswegen versuche ich sie hier mal wieder zu geben. Ich sage aber gleich vorab, dass ich nicht alles davon bedingungslos glaube, eben weil ich aufgrund meines Vertrauensverlustes seinen Aussagen gegenüber äußerst misstrauisch geworden bin.

Ein paar Dinge vorab, damit Du weißt, wie er in die Situation geraten ist, denn auch er ist unter normalen Umständen nicht der Typ, der fremdgeht:

Als das passierte befand er sich in augenscheinlich schlechtem Zustand. Es herrschte sozusagen totaler Stillstand. Er stand spät auf und verbrachte seine Tage meist ungeduscht auf dem Sofa. Schaute fernsehen oder spielte am PC. Verabredungen hielt er meistens nicht ein und machte auch fast nichts im Haushalt. Ich musste mich um alles kümmern, auch um seine Sachen.

Er hätte das gern geändert, aber es ging einfach nicht. Also fühlte er sich furchtbar, hilflos, minderwertig, hatte ein schlechtes Gewissen und das Gefühl von innerer Leere. Hilfe hat er sich aber auch keine gesucht, wie es eigentlich von der Klinik angedacht war. Als er entlassen wurde, war er noch fest entschlossen, eine Therapie zu machen, hatte Pläne und eine echt gute Phase. Das alles war nach einigen Wochen, in denen er wieder zu Hause war aber leider komplett weg.

Als er mich wieder mal versetzt hatte, ich nach Hause kam und sein Chaos beseitigen musste, platzte mir der Kragen und wir führten ein langes Gespräch darüber, dass sich schnellstens etwas ändern muss. Ich weiß noch dass ich meinte, dass es mir ganz egal ist, was er macht, hauptsache er macht irgendwas. Und wenn es Sport, Kino, ein Konzert oder etwas anderes ist, was Spaß macht.
Kurz darauf gingen wir mit Freunden aus und hatten eine gute Zeit. Aber im Alltag änderte sich nichts merklich.

Dann ging er auch mal allein weg weil ich arbeiten musste. Und dabei ist es dann passiert. Zweimal mit der selben Frau aus der Klinik in der er war. Einer Frau, mit der er sich in der Zeit in der Klinik durch ähnliche Problematik sehr verbunden fühlte, die ihm aber gefühlsmäßig nichts bedeutete.

Nun zur Erklärung, die ich bekam:

Er fühlte sich zu Hause in einem Teufelskreis gefangen: Es war langweilig, weil er mit sich nichts anfangen konnte. Er konnte das aber auch nicht ändern, weil er zu nichts Lust hatte. Ich konnte auch nichts mit ihm anfangen. Wir lebten nebeneinander her und ich ärgerte mich andauernd über ihn, weil alles an mir hängen blieb. Das hat er natürlich mitbekommen, auch wenn ich meistens kommentarlos alles erledigt habe. Unser Verhältnis hatte sich kräftemäßig komplett verschoben, ich musste alles organisieren, er fiel mir nur noch zur Last und bereitete Probleme (seine Aussage). Einerseits war er natürlich dankbar dafür, weil er es allein ja nicht geregelt bekommen hat, andererseits fühlte er sich minderwertig, abhängig und auch kontrolliert. Es war eine sehr belastende Situation für uns beide.

Ihm fehlten auch die Impulse von außen. Er sah nur noch seine kleine triste Welt. Und ich sah ihn in diesem Zustand. Unattraktiv, bemittleidenswert, jemand, dem man die einfachsten Sachen wie einem Kind begreiflich machen musste. Und dann war er auf einmal unterwegs, weg von seinen Problemen. Er sagte, er konnte irgendwie wieder er selbst sein, es fühlte sich gut an. Auch dass er sich wieder begehrenswert empfand (obwohl ich ihn nie abgelehnt hatte, und wir auch noch intim waren) Es war aufregend, spannend, brachte wieder einen Aspekt in sein Leben, den er vorher nicht hatte. Er sagte, dass das absolut nichts mit mir zu tun hatte, sondern einzig mit dem, was er das in dem Moment wollte: ein wenig Normalität. So schwer begreiflich das auch immer sein mag.
Deswegen hat er auch daran festgehalten, nachdem er das erste Mal fremd gegangen ist. Es gefiel ihm, nicht die Frau. Es hätte jede x-beliebige sein können. Es ging nicht um sie sondern um einen Anker in die "gesunde Welt". Draußen ging das, zu Hause aus einem mir unbekannten Grund nicht.

Nachdem das dann raus kam, ist natürlich alles in sich zusammen gefallen. Seitdem war er zwar regelmäßig außer Haus, ist aber nicht mehr ausgegangen. Er hat den Trugschluss also erkannt. Aber es schien zunächst, als wäre etwas geblieben. Der "Impuls", der ihm endlich wieder Antrieb verschafft hat. Er kümmerte sich wieder um seine Angelegenheiten, zumindest die erste Zeit. Und er wirkte zufrieden damit. Seit einigen Tagen geht wieder oft nichts. Aber das Nötigste macht er. Hält etwas mehr Ordnung, zahlt seine Rechnungen, sucht nach Wohnungen.
Mal sehen, wie lange, er noch kann, die Tendenzen gehen deutlich Richtung Nichts.

Wie ich das alles sehe und warum ich ihm nicht alles glauben kann:

Für mich steht fest, wenn ein Partner fremdgeht, stimmt etwas in der Beziehung nicht. Damit konfrontiert, fiel ihm nichts ein, was es sein könnte, er meinte schließlich nur, wir hätten uns vielleicht auseinander gelebt und es wäre langweilig. Nur lag seine Langeweile ja nicht an mir. Mir war kein Stück langweilig, ich war so gestresst, dass ich Abends hundemüde war.
Auf Nachbohren meinerseits wusste er auf einmal nicht mehr, ob er mich überhaupt liebt. Davor sagte er noch, die andere bedeute ihm nichts und er liebe nur mich. Das machte alles irgendwie keinen Sinn, so dass ich irgendwie tief in mir drin doch vermute, dass er sich ein wenig in sie verguckt hat.

Er ist nicht der Typ der sauer wird, Vorwürfe macht oder mich anderweitig verletzen würde, deswegen dachte ich dann, dass er vielleicht irgendwas in sich reingefressen haben könnte, was er mir nie sagen konnte. Er sagte, da war nichts. Er wollte nur Sex. Die Konsequenzen waren ihm einfach in dem Moment egal.

Sex um sich normal zu fühlen. Das verstehe, wer will. Ich verstehs leider nicht.
Diara
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Re: Affäre in der akuten Phase eines Depressiven

Beitrag von Diara »

ThKr hat geschrieben:In Phasen, wo es mir akut so geht, versuche ich, mich dazu aufzuraffen, irgendetwas zu tun. Irgendetwas, von dem ich denke, dass ich dabei doch irgendetwas spüren muss, mich irgendwie wieder - und sei es nur kurz - lebendig fühlen muss. Und dabei lege ich oft mal eine "Ach was solls"-Haltung an den Tag, die dann neulich zu einem Seitensprung führte. Ich bin nicht stolz darauf, aber es hat funktioniert. Adrenalin tat seinen Dienst, einige Tage lang war ich voller Elan, voller Tatendrang, habe Zukunftspläne geschmiedet und meinen Alltag ohne große Anstrengung gemeistert.
Als ich gepostet habe, hatte ich nur mirabellas Eingangspost gelesen. Und deine Erklärung, ThKr, deckt sich erstaunlich mit den Schilderungen meines Ex-Freundes. Danke für Deine Sichtweise!

Hast Du vielleicht eine Idee, wieso darauf so schnell der Gedanke nach Trennung bei meinem Ex aufgekommen sein könnte? Er meinte, dass er sich mir nicht mehr zumuten wollte aber ich glaube eher, dass er sich selbst die Situation, die aus seiner Kurzaffaire resultierte, nicht zumuten will.

Eine Antwort darauf würde mich echt interessieren!
mirabella
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Re: Affäre in der akuten Phase eines Depressiven

Beitrag von mirabella »

Hallo Diara,

Zeitgleich habe ich etwas n deinem Thread geschrieben:

Danke für die Erklärung deines Freundes.
Ja, ich kann sehr viel damit anfangen!

Die Erklärungen der Erkrankten gleichen sich alle.

Ich selbst habe mit meinem Mann nicht über das Thema gesprochen. Ich vermeide bewusst die Vergangenheit.
Das einzigste was er mir sagte, als es mit den Beiden anfing und ich nach dem Warum fragte, war:
Er wüsste selbst nicht was in ihm gefahren wäre.
Sie hätten keine Beziehung und er würde sie auch nicht lieben.

Sein Therapeut sagte, dass viele Depressive nach Anerkennung suchen und sich diesbezüglich austoben wollen!

Lg
ThKr
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Re: Affäre in der akuten Phase eines Depressiven

Beitrag von ThKr »

!!!Triggerwarnung!!!

Hallo Diara,

Betrogen werden ist immer übel, und ich glaube fast, es gibt überhaupt keine Antwort auf das "Warum", mit der man hinterher einverstanden ist.

Zu deiner Frage, warum dein Ex sich dann gleich trennen wollte [habe ich doch richtig verstanden, oder?].
Auch ich habe seit dem Seitensprung immer wieder über eine Trennung nachgedacht, aus verschiedenen Gründen. Die sind sicher nicht direkt auf deinen Fall zu übertragen, aber vielleicht findest du darin ein Körnchen Erkenntnis, und sei es nur ein "Da! Da ist wieder diese verkorkste Denkweise, die irgendwie alle Depressiven haben" ;)

1. Schlechtes Gewissen. Meinem Freund ist Treue sehr wichtig und ich fand, ich hätte nicht das Recht, mit ihm zusammen zu sein, wenn ich diesem Grundsatz nicht entsprechen würde.

2. Zwischen uns passt sowieso einiges nicht so richtig, da hatte ich überlegt, das ein Seitensprung ja ein "prima Anlass" sei, der Beziehung "endlich ein Ende zu setzen" [Dieser Gedanke in diesem Wortlaut steht so in meinem Notizbuch. Allerdings strotzt der ganze Eintrag nur so vor dem üblen Zynismus, der immer dann die Oberhand gewinnt, wenn ich sonst überhaupt nicht mehr mit der Welt zurechtkäme. Das ist also nicht die Meinung, die ich im Normalfall vertreten würde, allerdings stand ich im Moment des Notizbucheintrages voll und ganz dahinter. Soviel zur Grundeinstellung in manchen Momenten... :/ ]

3. Wenn 'einmal mit wem anders in die Kiste hüpfen' mir einige Tage lang durchs Leben hilft, wäre dann nicht 'single sein und ausnutzen, dass man als junger, einigermaßen attraktiver Mensch in einer Stadt voller Studenten lebt' die perfekte Selbsttherapie? - Freilich weiß ich in klaren Momenten auch, dass das nicht die beste Idee ist, wenn man die gesundheitlichen Risiken bedenkt, die Gefahr, sich bald einen unschönen Ruf zu holen, und natürlich den Fakt, dass einem mit einem Menschen, den man in dunklen Momenten an seiner Seite haben kann, viel mehr geholfen ist.

4. Ich hatte mich tatsächlich ein bisschen in meinen Seitensprung verguckt.

5., hier kommt die Triggerwarnung ins Spiel: Ich hatte schwer mit Suizidgedanken zu kämpfen, die so konkret wurden, dass ich mich bewusst von Freunden abgekapselt habe, um ihnen dann so wenig wie möglich zu fehlen. Und von meinem Freund wollte ich mich davor eben auch trennen, einerseits aus dem selben Grund, andererseits damit er nicht im Nachhinein zur Zielscheibe von "Das hättest du doch bemerken müssen!"s wird.


Noch ein paar allgemeine Gedanken: Ich denke, dass die Erklärung deines Ex, dass er sich dir nicht mehr zumuten will, viel Wahres enthält. Als depressiver Mensch ist man eine Belastung für seine Mitmenschen, und man ist sich dessen bewusst, auch wenn es vielleicht nicht so scheint, da man es nicht mal eben ändern kann. Der Wunsch nach Trennung kann dann durchaus gemeint sein als "ich weiß, dass ich dir nicht guttue. Und du liegst mir am Herzen, deshalb will ich dir nicht länger zur Last fallen". [Tatsächlich so was wie meine "Lebensphilosophie": Wenn ich schon keinen nützlichen Beitrag zur Gesellschaft leiste, so kann ich wenigstens den Menschen in meinem Umfeld so wenig schaden wie möglich.]

Aber auch an deiner Vermutung, dass er sich selbst die Situation nicht mehr zumuten wollte, ist sicher was dran: Die Affäre hat eurer Beziehung nicht gut getan, er fühlte sich sicher schlecht deswegen, du warst verletzt - manche Beziehungen lassen sich nach so etwas wieder reparieren, andere nicht. Und als Mensch, der von sich selbst schon oft überfordert ist, kann man sich erst recht leicht davon überfordern lassen, die Beziehung zu einem anderen Menschen wiederherzustellen.
[Von mir persönlich kenne ich auch die Tendenz, lieber das Weite zu suchen, statt mich einer schwierigen Situation zu stellen. Mobbing in der Schule --> Wechsel aufs Internat. Im Studium den falschen Leuten gegenüber frech geworden --> Studiengangs- und Ortswechsel. Das kann ein persönlicher Tick von mir sein, oder was depressionsspezifisches, ich weiß nicht. Falls es deinem Ex auch so ging: Affäre gehabt --> aaaaaah raus aus dieser Beziehung! Fort von allem, was mich noch ewig an diesen Fehler erinnern wird! ;) ]

Hoffe, mit diesem Roman irgendwem (außer mir selbst) geholfen zu haben und wünsche noch einen schönen Abend!

Tess
Noli timere messorem.
- RIP, Terry Pratchett.
mirabella
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Re: Affäre in der akuten Phase eines Depressiven

Beitrag von mirabella »

Danke THKR,

Mir hat dein Roman auf jeden Fall geholfen.
Vorallem Punkt 1 und 2 würden zutreffen.
Mein Mann kennt meine Einstellung sehr genau.

Zu der Zeit seines Verhältnisses fande er unsere Beziehung auch schlecht. Hatte wohl mit der Depri zu tun, nur die negativen Dinge im Kopf zulassen.

Habt ihr wieder zueinander gefunden?

Lg
mirabella
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Re: Affäre in der akuten Phase eines Depressiven

Beitrag von mirabella »

Habe noch etwas vergessen....

Man kann nur verzeihen, wenn man versteht!
Und verzeihen heisst auch gleichzeitig verabeiten.

Jetzt verstehe ich auch das mein Mann sich immer noch in meiner Gegenwart unwohl fühlt, obwohl wir täglich mehrmaligen kontakt haben.
Schlechtes Gewissen!?
Botus
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Re: Affäre in der akuten Phase eines Depressiven

Beitrag von Botus »

- Es gibt Männer, die lieben ihre Frau (das ist dann sozusagen ihre Mami).

- Sie lieben auch ihr Verhältnis (das ist dann sozusagen ihre Freundin).

- Sie lieben auch den Seitensprung (das ist dann sozusagen ihr "Leben").

Neben diesem Beispiel gibt es auch zahllose andere Lebensmodelle, in denen Menschen das Partnerschaftliche nicht mit einem einzigen Partner leben, sondern mit mehreren gleichzeitig.

Ich will das Thema Beziehungen nicht schlecht reden, sondern lediglich Klarheit darüber schaffen, dass "normale" Beziehungen in unserer heutigen Welt immer mehr zu einer Seltenheit werden. Über diese Entwicklung muss man sich im Klaren sein. Dann fällt es leichter, den einen oder anderen Unsinn zu verstehen und das viele Gegrübel entfällt.
mirabella
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Re: Affäre in der akuten Phase eines Depressiven

Beitrag von mirabella »

Da hast du in gewisser Weise recht, dobi.
Du darfst aber nicht vergessen das es sich hierbei um an depression erkrankte Menschen handelt.
Mein Mann war nie ein Fremdganger, ich war Mami, Freundin und Geliebte für ihm.

Lg
Botus
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Re: Affäre in der akuten Phase eines Depressiven

Beitrag von Botus »

Ich will ja auch nur sagen, dass sowas heutzutage die Normalität ist.

Es gibt Millionen, die irgendwen heiraten oder als Partner bekommen, aber nach einer Zeit von X Jahren ist das quasi ein ganz anderer Mensch.

Genauso häufig gibt es auch die Veränderungen in der Psyche von Menschen. Wenn man nur diejenigen zählt, die damit zum Arzt gehen, ist man schon bei mehr als 20 Mio.

Rechnet man auch die dazu, die nicht zum Arzt gehen, kann man sich denken, wie gering die Chance ist, jemanden ohne diesbezügliche Probleme kennen zu lernen.

Dieser Fall ist ab einem bestimmten Alter quasi ausgeschlossen, denn für eine normale Partnerschaft braucht man ja zwei ohne diesbezügliche Probleme.
Zuletzt geändert von Botus am 24. Feb 2016, 12:26, insgesamt 1-mal geändert.
mirabella
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Re: Affäre in der akuten Phase eines Depressiven

Beitrag von mirabella »

Klar, dass kann mit jedem passieren.
Aber man lernt ja aus jeder Erfahrung die man macht.

Ich finde es auch erschreckend, vor allem wenn man selbst in diesem Thema involviert ist, wie oft man jetzt hört oder liest, wer alles daran erkrankt ist.

Ich denke schon, wenn man weiss um welche Erkrankung es sich handelt, kann man auch in einer Beziehung besser damit umgehen und auf den Partner eingehen, vorausgesetzt es hat vorher soweit alles gepasst.

Lg
Botus
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Re: Affäre in der akuten Phase eines Depressiven

Beitrag von Botus »

Dass es vorher perfekt gepasst hat, gehört ja dazu. Was meinst Du wohl, warum die ganzen Typen, die meiner Ex lebenslang hinterher eiern, diese Ausdauer an den Tag legen.
Swiss
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Re: Affäre in der akuten Phase eines Depressiven

Beitrag von Swiss »

Hallo mirabella, meine liebe Leidensgenossin,
kurzer Beitrag von mir zum Thema Verzeihen. Da sagt unsere Paartherapeutin, das ist eine Entscheidung, die man trifft. Wenn du am Tag x die Entscheidung triffst, dass du ihm verzeihst, dann ist es so. Du triffst auch eine Entscheidung, wenn du heiratest. Das ist nicht nur Liebe und grosse Gefühle! Man wiegt alles ab und überlegt sich diesen Schritt....Zorn, Wut usw. sind Gefühle aber Verzeihen ist eine Entscheidung, die du triffst und hinter der du dann stehen solltest. (Natürlich nachdem du alles genau abgewogen hast und denkst, dass du hinter dieser Entscheidung stehen kannst...)
Wir packen das! Irgendwann....
GLG
Diara
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Re: Affäre in der akuten Phase eines Depressiven

Beitrag von Diara »

ThKr hat geschrieben: Noch ein paar allgemeine Gedanken: Ich denke, dass die Erklärung deines Ex, dass er sich dir nicht mehr zumuten will, viel Wahres enthält. Als depressiver Mensch ist man eine Belastung für seine Mitmenschen, und man ist sich dessen bewusst, auch wenn es vielleicht nicht so scheint, da man es nicht mal eben ändern kann. Der Wunsch nach Trennung kann dann durchaus gemeint sein als "ich weiß, dass ich dir nicht guttue. Und du liegst mir am Herzen, deshalb will ich dir nicht länger zur Last fallen". [Tatsächlich so was wie meine "Lebensphilosophie": Wenn ich schon keinen nützlichen Beitrag zur Gesellschaft leiste, so kann ich wenigstens den Menschen in meinem Umfeld so wenig schaden wie möglich.]

Aber auch an deiner Vermutung, dass er sich selbst die Situation nicht mehr zumuten wollte, ist sicher was dran: Die Affäre hat eurer Beziehung nicht gut getan, er fühlte sich sicher schlecht deswegen, du warst verletzt - manche Beziehungen lassen sich nach so etwas wieder reparieren, andere nicht. Und als Mensch, der von sich selbst schon oft überfordert ist, kann man sich erst recht leicht davon überfordern lassen, die Beziehung zu einem anderen Menschen wiederherzustellen.
[Von mir persönlich kenne ich auch die Tendenz, lieber das Weite zu suchen, statt mich einer schwierigen Situation zu stellen. Mobbing in der Schule --> Wechsel aufs Internat. Im Studium den falschen Leuten gegenüber frech geworden --> Studiengangs- und Ortswechsel. Das kann ein persönlicher Tick von mir sein, oder was depressionsspezifisches, ich weiß nicht. Falls es deinem Ex auch so ging: Affäre gehabt --> aaaaaah raus aus dieser Beziehung! Fort von allem, was mich noch ewig an diesen Fehler erinnern wird! ;) ]
Liebe Tess,

vielen Dank! Das hast Du sehr ausführlich und nachvollziehbar beschrieben. Zum ersten zitierten Absatz muss ich sagen, dass er genau das wortwörtlich auch zu mir gesagt hat. Er will sich mir nicht mehr zumuten.

Zum zweiten denke ich, dass das sehr gut zu der Situation passt, die den ganzen Prozess in Gang gesetzt hat. Er neigt schon zu extremem Meideverhalten. Wirkt so, als denkt er über die Trennung nicht einmal mehr nach. Tut er wahrscheinlich wirklich nicht, weil er ja derzeit ganz andere Baustellen hat, da ist das nur eines unter vielen.
Für mich ist das trotzdem echt doof gerade. Ich hab mich immer noch nicht an den Gedanken gewöhnt, dass er sich so benommen hat und ich jetzt die einzige bin, die drunter leiden muss. Auch wenn das nicht gerade rational ist empfinde ich es als unfair.
mirabella
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Re: Affäre in der akuten Phase eines Depressiven

Beitrag von mirabella »

Hallo,
Mein Mann hat mir das gestern so erklärt, das er momentan zu keiner Beziehung fähig ist.
Er meidet jeden engeren Kontakt weil er immer noch keine Nähe zulassen kann.


Er genießt es momentan allein zu sein und widmet sich seiner einzigste Freude, das Skifahren.

Zu seinem Verhältnis hat er nur noch selten Kontakt und wüsste auch das es auf Dauer nicht funktionieren würde.
Wie und für wem er empfinden wird, wenn seine Gefühle wiederkehren, weiss natürlich Niemand.

Lg
Botus
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Re: Affäre in der akuten Phase eines Depressiven

Beitrag von Botus »

Ich denke, dass das auch ein bißchen mit dem Geschlecht zu tun hat. In Gesprächen, wie sie Männer untereinander führen, wäre es was ganz Normales, dass er daran Spaß hat und es als befreiend empfindet. Da würden viele sagen, dass es ihnen ähnlich geht. Die meisten sagen früher oder später, es wäre richtig geil, fernab von all dem Heckmeck irgendwo ganz allein in ner kleinen gemütlichen Hütte an einem einsamen See zu wohnen.

Wenn man in einen Mann hineinschauen möchte, wäre es ratsam, dies nicht ausschließlich aus weiblicher Perspektive zu tun. Umgekehrt gilt natürlich das Gleiche.

Liebe Grüße vom Dobi
Bine36
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Registriert: 11. Sep 2015, 14:03

Re: Affäre in der akuten Phase eines Depressiven

Beitrag von Bine36 »

Ich glaube Männer sind in vielen Punkten einfach anders als Frauen. Für mich als Frau stellt sich aber trotzdem die Frage wie er mit einer anderen schlafen konnte und dann wieder mit mir? Klar wir waren getrennt aber er weiß von meinen Gefühlen für ihn. Er sagte ich sei ihm wichtig und das Gefühl von Nähe das er für mich empfindet zieht ihn zu mir. Für mich ist es aber trotzdem eine Verletzung und ich habe zumindest zum Teil einen Schlussstrich gezogen. Den Kontakt ganz abbrechen habe ich dennoch nicht. Aber Zeit für mich habe ich mir erbeten.
Botus
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Re: Affäre in der akuten Phase eines Depressiven

Beitrag von Botus »

Das ist doch schon immer so gewesen. Überleg` mal, wie oft Du ein Taxi siehst. Die Zahl der Prostituierten ist um ein Vielfaches höher. Was meinst Du, wie viele es davon gibt und die haben richtig zu tun. Viele, die diese Dienste in Anspruch nehmen, haben eine Frau, viele haben eine Familie, Kinder usw. All das ist ihnen sehr wichtig und das meinen sie aufrichtig. Trotzdem gehen sie zu Nutten. Das erscheint auf den ersten Blick auch unlogisch, aber so ist die Welt nun mal. Viele sind halt nicht so "tief" in ihrer Seele, in ihren Gefühlen, in ihrem Geist. Viele sind in dieser Hinsicht eher schlicht gestrickt. Wenn man sich darüber im Klaren ist, belastet es einen nicht mehr so sehr, wenn solche Sachen geschehen. Es sind auch nicht nur Männer, die sowas machen. Oft ist es auch umgekehrt und da ist dann der Mann derjenige, der verzweifelt, weil das Reden und das reale Handeln seiner Partnerin stark voneinander abweichen.

Du musst immer davon ausgehen, dass Menschen, die im realen Handeln eher wechselhaft und unzuverlässig sind, aus Ausgleich dafür oft erstaunliche Fähigkeiten entwickelt haben, sich mittels Redekunst erfolgreich als etwas anderes zu verkaufen. Kürzer gesagt sollte man nicht alles glauben, was jemand erzählt. Die Eigenschaften eines Menschen zeigen sich in seinem realen Handeln und nicht in seinen Fähigkeiten in der Redekunst.
mirabella
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Re: Affäre in der akuten Phase eines Depressiven

Beitrag von mirabella »

Ja, das stimmt!

Es gibt Menschen die kein Gefühl zum Sex brauchen und Menschen da geht es nur mit Gefühl.

Da in der Depression oft das Gefühl ausgeschaltet ist, aber das Bedürfnis bei vielen bleibt, kommt es zu Sex ohne Gefühl.
Da die Empathie auch meist fehlt, denken sie auch in diesem Moment nicht an Moral oder an uns, dass es uns verletzen könnte.

Ich habe mir zu diesem Thema nun viele Gedanken gemacht.
Und die Aussage "wir waren ja getrennt" finde ich ziemlich wichtig!
Wir sind ja auch nicht eifersüchtig auf die Sexpartner die vor unserer Zeit waren.

Ich habe in der Zeit des getrenntsein, als ich einen Schlussstrich ziehen wollte, auch einige dates gehabt. Und ganz ehrlich, hätte mir einer davon gefallen, wäre Sex nicht ausgeschlossen gewesen.
Ich habe mich alleine gefühlt, brauchte Liebe und Zärtlichkeit, da ist man/frau auch ein leichtes Opfer.

Lg
Diara
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Re: Affäre in der akuten Phase eines Depressiven

Beitrag von Diara »

Dobermann hat geschrieben: Du musst immer davon ausgehen, dass Menschen, die im realen Handeln eher wechselhaft und unzuverlässig sind, aus Ausgleich dafür oft erstaunliche Fähigkeiten entwickelt haben, sich mittels Redekunst erfolgreich als etwas anderes zu verkaufen. Kürzer gesagt sollte man nicht alles glauben, was jemand erzählt. Die Eigenschaften eines Menschen zeigen sich in seinem realen Handeln und nicht in seinen Fähigkeiten in der Redekunst.
Auch wenn der Zusammenhang gerade etwas anders war, sehe ich das als einen Kern in der Betrugsproblematik an. Geredet, erklärt, begründet, sich besser dargestellt, als es wirklich war wird viel. Nicht nur bei kranken Menschen, auch in Betrugsfällen von gesunden Partnern. Das, was ich z.B. zu hören bekommen habe, klang ja auch alles irgendwie nachvollziehbar aber es ist nun mal eben so, dass die Handlungen entscheidend sind. Man steht ja nicht auf einmal zwei Meter neben sich und hat nicht mehr die Wahl nein zu sagen. Man wollte es ja unter Umständen in dem Moment sogar oder hat es drauf angelegt. Die Konsequenzen spielten keinerlei Rolle. Es ist bewusst passiert, und das ist für mich das entscheidene. Und nicht, ob man hinterher eine gute Erklärung dafür findet.
mirabella
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Registriert: 1. Jul 2014, 20:43

Re: Affäre in der akuten Phase eines Depressiven

Beitrag von mirabella »

Diara,

Ich glaube nicht das die Erklärung für mich so wichtig ist.

Wichtig wäre für mich, das es abgeschlossen ist und nicht wieder vorkommt.
Erst dann kann man verzeihen und auch vergessen.

Niemand, auch gesunde Menschen, sollten sagen, mir würde das nie passieren!
Sag niemals nie!
Man macht oftDinge im Leben, die man sich im nachhinein nicht erkläre kann.
Wie sollen es Erkrankte, denen jegliches Gefühl fehlt?

Lg
balsamico
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Re: Affäre in der akuten Phase eines Depressiven

Beitrag von balsamico »

Guten Morgen zusammen,

mir geht es da ähnlich wie Dobi und Diara – ich nehme eine Person auch eher durch ihr Handeln als durch das Reden wahr. Ganz blöd wird es für mich, wenn das nicht wenigstens halbwegs deckungsgleich ist.

Zu den Affären des depressiven Partners kann ich aus eigener Erfahrung nichts sagen – ich halte es jedoch für sehr individuell und nicht so sehr symptomatisch, ob Jemand so etwas braucht oder nicht.

Aber ungeachtet der Erklärung des Warum und des möglichen Verzeihens bleibt bei den meisten ja doch die Verletzung. Ich muss da immer an Männer denken, die z.B. ihre Frauen verprügeln. Der Umstand, dass dieser Mann z.B. eine gewaltgeprägte Kindheit hatte, lässt ja die dicke Backe der Frau nicht schneller abschwellen. Es ist allerdings leichter, sich selbst zu erklären, warum man sich dennoch nicht von diesem Menschen lösen kann.

Vielleicht lohnt es sich ja, mal ganz genau hinzusehen, aus welchen Gründen man seine Leidensfähigkeit stückchenweise immer weiter nach oben schraubt, die eigenen Grenzen stets etwas weiter ausdehnt? Das kann natürlich mit einer persönlichen Entwicklung zu tun haben und man entwickelt tatsächlich eine neue Sichtweise auf grundsätzliche Werte.

Ebensogut kann es aber auch mit eigenen Bedürftigkeiten zu tun haben, die einem diese Leidensfähigkeit beschert. Und dann ist es enorm wichtig, eine Erklärung vorzuhalten, mit der man selbst gut leben kann.

Liebe Mirabella – tut mir wirklich sehr leid, was sich da bei Euch abspielt.
Du schreibst, es sei Dir wichtig fürs Verzeihen, dass es abgeschlossen ist und nicht wieder vorkommt. Naja, das kannst Du Beides ja niemals genau wissen. Woran würdest Du das denn festmachen?

Du schreibst ja selbst im folgenden Satz, es kann Jedem passieren – wie also verschaffst Du Dir dann die für Dich benötigte Sicherheit?

Liebe Grüße
balsamico
Diara
Beiträge: 48
Registriert: 2. Dez 2015, 19:48

Re: Affäre in der akuten Phase eines Depressiven

Beitrag von Diara »

mirabella hat geschrieben:Diara,

Ich glaube nicht das die Erklärung für mich so wichtig ist.

Wichtig wäre für mich, das es abgeschlossen ist und nicht wieder vorkommt.
Erst dann kann man verzeihen und auch vergessen.
Hallo mirabella!

Es geht bei mir nicht in erster Linie nur ums verzeihen. Sicher könnte ich das irgendwann. Einfach auch um für mich damit abzuschließen.
Das größere Problem ist das Vertrauen. Das ist eben etwas, was man nicht bewusst steuern kann. Man kann sich auch nicht dazu entschließen, wieder zu vertrauen, so wie man sich dazu entschließen kann, es gut sein zu lassen und zu versuchen zu vergeben.
Es mag sein, dass man Vertrauen irgendwann zu einem gewissen Teil wieder erlangt aber ein erhöhtes Misstrauen wird bleiben. Der Partner muss nur mal mit Freunden allein ausgehen - eigentlich eine normale Sache. Ich könnte die Zweifel aber wahrscheinlich nicht ausblenden. Eben weil man nie wissen kann, ob es nicht wieder vorkommt.
In diesem Fall macht es eine Erklärung, warum etwas passieren konnte vielleicht doch einfacher, weil man dann vermeindlich ausschließen kann, dass es auch in anderen Situationen passiert. Was natürlich auch keine 100%ige Sicherheit ist.
Diara
Beiträge: 48
Registriert: 2. Dez 2015, 19:48

Re: Affäre in der akuten Phase eines Depressiven

Beitrag von Diara »

balsamico hat geschrieben: Zu den Affären des depressiven Partners kann ich aus eigener Erfahrung nichts sagen – ich halte es jedoch für sehr individuell und nicht so sehr symptomatisch, ob Jemand so etwas braucht oder nicht.
Hallo balsamico!

Ja, genau so sehe ich das auch. Gleiches gilt auch für andere negative Handlungen, wie etwa lügen, verletzend zu werden oder dem Partner Vorwürfe zu machen. Es schreiben ja auch immer mal wieder Betroffene hier sinngemäß, dass sie sowas nie machen würden. Also muss da schon was dran sein.
balsamico hat geschrieben:Aber ungeachtet der Erklärung des Warum und des möglichen Verzeihens bleibt bei den meisten ja doch die Verletzung. Ich muss da immer an Männer denken, die z.B. ihre Frauen verprügeln. Der Umstand, dass dieser Mann z.B. eine gewaltgeprägte Kindheit hatte, lässt ja die dicke Backe der Frau nicht schneller abschwellen.
Das ist ein guter Vergleich. Der Schmerz bleibt derselbe, selbst wenn man weiß, wieso man ihn zugefügt bekommen hat. Und die Verarbeitung seitens des Verletzten benötigt die selben Mechanismen.
Und die selbe Zeit, wenn nicht sogar mehr. Weil mit der Rechtfertigung, die man gern finden möchte, verzögert sich die Bereitschaft, sich dem Heilungsprozess auszusetzen. Erlebe ich gerade selbst bei mir. Ich könnte schon viel weiter sein, würde es sich um eine stinknormae Affäre handeln. Aber anstatt meine Wunden zu lecken und zu heulen, dass so ein gemeiner Kerl mich betrogen hat, verbringe ich immer noch Stunden mit dem Wunsch, das vernünftig auseinander gesetzt zu bekommen.
balsamico hat geschrieben:Vielleicht lohnt es sich ja, mal ganz genau hinzusehen, aus welchen Gründen man seine Leidensfähigkeit stückchenweise immer weiter nach oben schraubt, die eigenen Grenzen stets etwas weiter ausdehnt? Das kann natürlich mit einer persönlichen Entwicklung zu tun haben und man entwickelt tatsächlich eine neue Sichtweise auf grundsätzliche Werte.

Ebensogut kann es aber auch mit eigenen Bedürftigkeiten zu tun haben, die einem diese Leidensfähigkeit beschert. Und dann ist es enorm wichtig, eine Erklärung vorzuhalten, mit der man selbst gut leben kann.
Ich glaub, in Sachen Krankheit wichtiger Menschen ist jeder bereit, seine Leidensfähigkeit nach oben zu schrauben. Das Leben ändert sich dann eben von einem Tag auf den anderen komplett. Ist ja auch bei Leuten so, die ihre alten Eltern zu Hause aufnehmen und pflegen. Das sind Ausnahmesituationen, die in der Regel irgendwann ein Ende haben.
Bei den Depressionen ist es ähnlich. Man wird da mit reingezogen, und das meistens so schnell, dass man gar keine Zeit hat, sinnvolle Abwehrmechanismen zu entwickeln.
Dann will man natürlich wieder in den Ursprungszustand zurück. Und daran hält man sich fest. Was anderes bleibt einem ja nicht als zu hoffen, dass das irgendwann ein Ende hat.

Von Bedürftigkeit würde ich da erstmal nicht reden. Nicht so lange, wie man sich irgendwann kritisch damit auseinander setzt, dass man im Begriff ist, über die eigenen Grenzen zu gehen und sich ein Stück weit selbst zu vergessen. Das ist immerhin ein real stattfindender Verlust und somit eine Extremsituation für Angehörige.
Kritisch finde ich es erst, wenn man ein Jahr lang auf der selben Stelle stehen bleibt.
balsamico
Beiträge: 153
Registriert: 19. Apr 2013, 09:50

Re: Affäre in der akuten Phase eines Depressiven

Beitrag von balsamico »

Hallo Diara,

genau das meinte ich:
Diara hat geschrieben:Von Bedürftigkeit würde ich da erstmal nicht reden. Nicht so lange, wie man sich irgendwann kritisch damit auseinander setzt, dass man im Begriff ist, über die eigenen Grenzen zu gehen und sich ein Stück weit selbst zu vergessen. Das ist immerhin ein real stattfindender Verlust und somit eine Extremsituation für Angehörige.
Kritisch finde ich es erst, wenn man ein Jahr lang auf der selben Stelle stehen bleibt.
ich kann gut nachvollziehen, was Du schreibst. Von Bedürftigkeit würde auch ich keinesfalls von Anfang an sprechen. Genau wie Du sehe ich es als ziemlich normal an, dass ein kranker Partner natürlich Unterstützung erhält und meine eigenen Belange im Hintergrund stehen.

Ich meine eher die ganz offensichtlich destruktiven Strukturen, die sich im Laufe der Zeit ergeben. Wenn eben der Angehörige ganz deutlich spürt, dass er über seine Kräfte geht und sich nicht mehr um sich selbst kümmern kann, nur noch den Partner im Fokus hat und sich selbst geradezu vergisst. Dem Grunde nach ist es die gleiche Dynamik, wie sie bei den Betroffenen oft zu finden ist und die dann in die Depression führt.

Im Laufe der Zeit (allerdings spreche ich hier von Jahren) ist es gut möglich, dass sich schleichend ein neuer Status Quo in der Partnerschaft entwickelt, der eine gewisse Aufopferung von Seiten des Angehörigen dann schon voraussetzt – also auch dann noch, wenn gerade gar keine akute Not vorliegt. Eine gewisse Gewöhnung an die Dauerrücksichtnahme und das Hintenanstellen eigener Bedürfnisse.

Es ist sehr subtil, was sich da abspielt und lange Zeit scheinbar reibungslos funktioniert.
Falls Dich das interessiert, schau' doch mal nach Jürg Willi - ein bekannter Psychoanalytiker und Paartherapeut. Wenn Du seinen Namen und "Kollusion" ergoogelst, findest Du interessante Informationen dazu.

Liebe Grüße
balsamico
mirabella
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Registriert: 1. Jul 2014, 20:43

Re: Affäre in der akuten Phase eines Depressiven

Beitrag von mirabella »

Diara,

Das meine ich.
In 1. Linie geht es mir auch ums verzeihen, damit es mir wieder besser geht, um das Geschehene zu verarbeiten.

Ob ich das was Geschehen ist, vergessen , Vertrauen wieder aufbauen kann um unsere Beziehung wieder auf zu nehmen, dass weiss ich heute auch noch nicht.

Ich denke auch mal, dass es darauf ankommt wie der Mensch vorher war.
Ich weiss von meinem Mann das er in seinem Leben nie fremd gegangen ist.
Er wurde in vorherigen Beziehungen betrogen!

Es kommt darauf an, ob es sich lohnt, dem Partner noch eine Chance zu geben, wie die Beziehung vorher war, etc

Ich gebe dir damit Recht, das es nicht einfach sein werden würde, vorallem die 1. Zeit, nicht ständig daran zu denken, wem lernt er jetzt kennen, wenn er alleine raus geht.

Soweit denke ich noch gar nicht.

Für mich ist es erstmal wichtig das er gesund wird und ich mit dem was passiert ist, klarkomme.

Lg
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